Traktat: E Pluribus Unum - Vielfalt in Einigkeit

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E pluribus unum - Vielfalt in Einigkeit

Rolf Keil





E pluribus unum - Vielfalt in Einigkeit

Traditionen der Loge Lessing Nr. 769

Meine Brüder, es soll darum gehen, die Traditionen der Loge Lessing Nr. 769 zu erklären und in den historischen Kontext der Freimaurerei in der Weimarer Zeit sie einzuordnen. Dass die Geschichte der Loge nicht im offiziellen Gründungsjahr 1945 beginnt, mag die Tatsache belegen, dass in den Annalen der Großloge als Gründungsdatum der „Lessing" der 26. Oktober 1930 erscheint.

Wenn wir die Situation der königlichen Kunst im Rhein Main Gebiet anschauen, dann meine lieben Brr. , können wir uns an der Vielfalt der Lehrarten und der bei uns erlebbaren Rituale freuen. Diese entspannte Vielfalt, um die uns Brr. aus ganz Deutschland beneiden, ist durch die Bildung der Vereinigten Großlogen im Jahr 1958 möglich geworden, die die Vielfalt in der Einheit sichert. Für uns ist eine Situation kaum vorstellbar, wie sie nur fünfundzwanzig Jahre vorher geherrscht hat. Denn wenn heute die Vielfalt in der Einheit der VGLvD existiert, dann fehlte diese Klammer in der Endphase der Weimarer Republik. Wir machen einen Zeitsprung in das Jahr 1932, das Jahr vor der Machtübernahme durch die NSDAP.

In Deutschland arbeiteten elf Großlogen, von denen neun in Deutschland allgemein anerkannt waren und zwei nur Anerkennungen aus dem Ausland hatten.

ca. 21.300 Mitglieder, 23 Innere Oriente, 95 Schottenlogen, 182 Johannislogen, 61 Kränzchen ( P.: 24.06.1740, N.: Nationaler Christlicher Orden "Friedrich der Große " am 27.04.1933, + 15.07.1935)

Ca. 3.800 Mitglieder, 41 Logen, 20 Kränzchen (I.: 12.01.1741 ,+ 18.04.1933)

Ca. 20.370 Mitglieder, 4 Provinzial-Großlogen, 19 Kapitel, 54 Andreaslogen, 180 Johannislogen, 59 Kränzchen (G.: 24.06.1770, N.: Deutsch-Christlicher Orden am 30.01.1933, + 15.07.1935)

(GMLEB) ca 3.000 Mitglieder, 26 Logen, 5 Kränzchen (I.: 1.03.1788, + 20.03.1933)

(GLvP) ca. 10.970 Mitglieder, 1 Provincial-Großloge, 23 Innere Oriente, 107 Johannislogen, 17 Kränzchen ( L: 11.06.1798, N.: Deutsch-Christliche Orden "Zur Freundschaft", + 16.07.1935)

Ca. 5.000 Mitglieder, 54 Logen, 9Kränzchen (I.: 4.02.1811, r.: 30.07.1935)

ca. 6.920 Mitglieder, 45 Logen, 37 Kränzchen (I.: 28.09.1811, N.: Deutsch-Christlicher Orden von Sachsen 27.04.1933, + 15.07.1935)

(GLzE) 890 Mitglieder, 10 Logen, 2 Kränzchen (I.: 22.03.1846 + 15.07.1935)

ca. 1.851 Mitglieder, 10 Logen, 5 Kränzchen (G.: 16.11.1904, N.: Deutsch-Christlicher Orden 30.01.1933, + 20.07.1935)

ca. 1000 Mitglieder, 29 Logen, davon 2 in Palästina (I.: 27.07.1930, r.: 27.03.1933, danach Exil in Palästina

Die Situation im Rhein-Main-Gebiet im Jahr 1933 spiegelt diese Zersplitterung wieder: Hier arbeiteten im Jahre 1933 sechzehn Logen, die acht verschiedenen Obödienzen angehörten.


1. Große National Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln" 1. Johann Wolfgang zum flammenden Stern, Frankfurt (G.: 15.12.1909 ) 2. Aufwärts zum Licht, Frankfurt (G.: 4.03.1927)

2. Großloge "Zur Sonne" Zur Eintracht und Freimütigkeit, Frankfurt ( P.: 24.09.1911 ) 3. Große Landesloge der Freimaurer v.D. ( FO ) Wilhelm zur Unsterblichkeit, Frankfurt (I.: 9.11.1894) 4. Große Mutterloge des Eklektischen Bundes 1. Zur Einigkeit, Frankfurt (I. 27.06.1742 Union, London ) 2.Sokrates zur Standhaftigkeit, Frankfurt (I.: 4.12.1801 RY) 3. Zur aufgehenden Morgenröthe, Frankfurt (I.: 12.06.1808 GOF ) 4. Carl zum aufgehenden Licht,Frankfurt (19.12.1816) 5. Zum Frankfurter Adler, Frankfurt (I.: 2.02.1832 GOF) 6. Carl zum Lindenberg, Frankfurt (I.: 21.04.1849 GzS ) 7. Carl und Charlotte zur Treue, Offenbach (I.: 4.04.1813, EB )

5. Große Loge von Preußen, gen. "Royal York" Goethe, Frankfurt (I.: 5.11.1911 ) 6. Großloge von Hamburg Hammonia zur Freundschaft, Frankfurt (I.: 23.11.1913) 7. Symbolische Großloge von Deutschland 1.Goethe zu den drei Säulen, Offenbach (I.: 26.10.1930) 2.Spinoza, Frankfurt (I.: 22.01.1933) 8. Freimaurerbund "Zur aufgehenden Sonne" Sokrates, Offenbach (Daten der Gründung nicht bekannt, die Loge tritt später zur Symbolischen Großloge über und nimmt den Namen „Goethe zu den drei Säulen" an.


Die Freimaurerei nach dem ersten Weltkrieg Verschaffen wir uns zunächst einen groben Überblick über die Situation der deutschen Freimaurerei in der Weimarer Zeit. Hierbei muss aufgrund des gewählten Formats vieles an der Oberfläche bleiben. Die Frage der Internationalen Bestrebungen innerhalb der Freimaurerei, sei es in der Form von Verbänden oder der Teilnahme an Kongressen, muss ebenso außen vor bleiben, wie zum Beispiel der Versuch, durch Kaderorganisationen wie den „Wetzlarer Ring" die Logen stärker im Völkisch/Nationalsozialistischen Dunstkreis zu verorten. Man kann die Handlungen der Großlogen nicht ohne die Berücksichtigung der damals herrschenden Stimmung in der deutschen Bevölkerung verstehen. Niemand kann mit Gewissheit sagen, wie er damals gehandelt hätte. Aus der Perspektive der Nachgeborenen erscheint es leicht, richtig von falsch zu unterscheiden. Es geht mir hier nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum die Rahmenbedingungen zu beschreiben, die zurzeit der Gründung der Logen „Spinoza" und „Goethe zu den drei Säulen" vorherrschend waren.

Die Meinungsverschiedenheiten zwischen den christlichen und den humanitären Großlogen bestanden schon immer, aber sie hatten sich nach dem ersten Weltkrieg stark verschärft. Die altpreußischen Großlogen hatten ihren "rein nationalen Standpunkt" und ihre christliche Ausrichtung bekräftigt, die gegen sie gerichteten Angriffe wegen der Judenfrage verurteilt, und die bei den anderen vorhandenen "pazifistischen und kosmopolitischen" Anschauungen kritisiert. Grob vereinfachend kann man feststellen, dass die „Altpreußischen" Großlogen den verlorenen Krieg und den Vertrag von Versailles als nationale Schande und Demütigung empfanden, sie waren damit durchaus auf Seiten der Majorität des deutschen Volkes. Nicht zuletzt aufgrund Ihrer starken Bindung an das Kaiserhaus hatten sie starke Anpassungsschwierigkeiten an die Situation der Weimarer Republik. Sie wählten einen Weg der Abschottung und verweigerten den Kontakt mit den Großlogen der „Feindmächte". In einem Schreiben des Bundesdirektoriums der GNML z.d.3 WK an alle Johannislogen hieß es u.a. (Koner Sil.)"... verbietet uns unsere Auffassung von deutscher Ehre, mit französischen Großlogen in Verhandlungen einzutreten, zunächst mindestens so lange Deutschland nicht frei ist von der ihm zu Unrecht aufgebürdeten Last, die Schuld am Weltkriege zu tragen, und solange noch Teile unseres Deutschen Reiches unter dem Druck fremder Besatzung stehen...." Dieser Haltung schlossen sich zunächst auch die „humanitären" Großlogen an. Diese Einigkeit in der Abschottung konnte aber die Differenzen im Großlogenbund (dem Zusammenschluss der sich gegenseitig anerkennenden Großlogen ) nicht auflösen. Die Spaltung in ein National-Völkisch-Christliches Lager und in eine eher konfessionslose-offene-liberale Richtung verstärkte sich zunehmend. 1922 schließlich traten die „Altpreußischen" Logen aus dem Großlogenbund aus. Der Austritt erfolgte: "wegen den pazifistischen und kosmopolitischen Anschauungen der humanitären Großlogen und deren Angriffe auf die Haltung der christlichen Großlogen zur Judenfrage". Damit wurden Ursache und Wirkung vertauscht, waren es doch die „Altpreußen" die sich von der englisch geprägten Maurerei verabschiedet hatten und das Christliche Bekenntnis, ja sogar die Rassezugehörigkeit zur Bedingung für die Aufnahme in den Bund gemacht hatten. So führt zum Beispiel Bruder Awe in der Jahresversammlung der 3WK am 18.Mai 1928 aus, nachdem er das Christliche Bekenntnis zur „Conditio sine qua non" erklärt hatte: „Auch die Rassefremdheit ist für die Bruderkette nicht tragbar. Ein letztes tiefes inneres Empfinden wird uns einem Rassefremden gegenüber nicht brüderlich vertraut fühlen lassen." . Die „Altpreußischen" Großlogen gerieten immer mehr in einen Strudel der Abgrenzung gegenüber den „Humanitären", verbunden mit einer Anbiederung an das Völkisch -Nationale Lager. Damit soll nicht verkannt werden, dass bei vielen Brüdern in den Logen ein anderer, offenerer Geist herrschte und das Freimaurer wie Stresemann in Logen der „Altpreußen" wirkten. Die Haltung ihrer Großlogen war eine andere. Als Beispielhaft für die Haltung der „Altpreußen" seien hier einige Zitate angeführt: „..da gibt es indessen Schwärmer, denen dieses Gelöbnis (Liebe Gottes und des Nächsten) noch nicht weit genug geht, die jene Mahnung Gott und Menschen herzlich zu lieben, noch erweitern wollen durch die Ausdehnung der Liebe auf „alle" Menschen. Diesen Schwärmern und Phantasten...sind wir zu folgen nicht imstande..... Wir jedenfalls weisen jeden Humanitätsdusel in jeglicher Form und unter jeglichem Namen, wie Internationalismus, Pazifismus oder wie auch sonst immer, weit von uns, nicht etwa weil es unerreichbare Ideale, sondern weil es überhaupt keine erstrebenswerten Ideale sind.." (ZK der GLLvD 1930)

Bereits im Johannisgruß von 1926 lesen wir:"Die Gemeinsamkeit des Schöpfers beseitigt indes nicht die Unterschiede zwischen Rassen, Völkern und Individuen, Unterschiede, die in der Geschichte eine viel zu große und entscheidende Rolle gespielt haben, als das sie unbeachtet bleiben könnten. Die Verkennung und Unterschätzung dieser Unterschiede, die verhängnisvolle, zwar aus reinsten Beweggründen, aber aus physiologischer und psychologischer Unwissenheit geborene Humanitätsschwärmerei hat zu einer Vermischung und Entartung aller Kulturen, Kunstrichtungen, Rassen und Völker, zu einer Sintflut geführt, die alles in früherer Reinkultur Veredelte und Hochwertige ersticken zu wollen droht. Diesen trüben schlammigen Fluten sucht der Orden, der von jeher bemüht war, höchste Veredelung durch sorgsamste Auslese und Reinerhaltung seines Bestandes zu erreichen, einen Damm entgegenzusetzen".(Zirkelkorrespondenz 1926, S, 245f.) Im Versuch sich über die Zeiten zu retten, versuchten die Großlogen sich mit den neuen Machthabern ins Benehmen zu setzen. Der Großmeister der Großloge von Hamburg bot Hitler in einem Schreiben die Einsicht in die Akten und Archive seiner Großloge an, das oberste Ordenskapitel der GLLvD hatte bereits 1931 um eine Unterredung mit Hitler nachgesucht, freilich vergebens. Bruder Hans-Hermann Höhmann weist in seinem hervorragenden Artikel „Europas verlorener Friede“ Br. August Horneffer die Rolle des „Chefideologen“ und Wegbereiters einer extremen nationalistischen Grundhaltung innerhalb der Großen Loge von Preußen zu, und er belegt dies mit zahlreichen Zitaten Horneffers selbst. „Unter Berufung auf das „wundervoll anschauliche Lebensbuch Hitlers" begrüßt Horneffer ausdrücklich vier Aspekte der NS-Bewegung aus freimaurerischer Sicht (den Willen zur Erneuerung und Wiedergeburt, den Willen zum Bauen, den Willen zur Überwindung des Parteiwesens und den Willen zur Gefolgschaft), weiterhin hatte er von der NSDAP gefordert, sich durch Schaffung eines leitenden inneren Ordens eine bessere Organisation zu verschaffen. Horneffer schreibt, zu den Grundlagen der Freimaurerei würden „Ein- und Unterordnung" gehören, und nur eine „verwirrte Freimaurerei wie z.B. die italienische hat den Liberalismus zum Prinzip erhoben und sich aus diesem Prinzip heraus Mussolini widersetzt." Ferdinand Runkel (GLLvD) kommt im Abschluss seines dreibändigen Werkes „Geschichte der Freimaurerei in Deutschland" zu ähnlichen Ergebnissen: „Die Bewegung, die unter dem Zeichen des Hakenkreuzes steht, ist von einer Kraft und Schichtentiefe, wie Deutschland sie ähnlich nur in der Erhebung von 1813 erlebt hat... Diese Kräfte zu einer geschlossenen vaterländischen Front zusammenzuschließen, wäre eine erhabene Aufgabe der Freimaurerei Deutschlands." Nach der „Machtergreifung" Hitlers im Januar 1933 steigerte sich die Zustimmung zum Nationalsozialismus, wobei die vormaligen Großlogen der „Christlichen Tradition" stets betonten, mit „Tarnung" habe dieser „neue Beginn" nichts zu tun. August Horneffer schreibt sehr deutlich: „Sollte der Orden für die völlige Hingabe unserer Persönlichkeit nur das kleinste Hindernis bilden, sollte die Zugehörigkeit zu ihm uns nur im geringsten abziehen, ablenken, uns untüchtiger oder unwilliger machen, unser Sein für die von unserem Volkskanzler aufgerichteten Ziele einzusetzen, dann muss er verschwinden ." Am 12. April 1933 schrieb die Große National- und Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln" an die Parteileitung der NSDAP u.a.: "Wir haben beschlossen, den bisherigen Gesamtnamen unseres Bundes umzubenennen in „Nationaler Christlicher Orden Friedrich der Große". Die Beziehungen ... zu deutschen Logen, die Juden und Judenstämmige aufnehmen, (sind) seit einem Jahre endgültig abgebrochen. Die große Mehrheit unserer Mitglieder rechnet sich nach Gesinnung und Haltung zur Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, und die Leitung unseres Ordens ist vom gleichen Geist beseelt“.

Im Oktober 1933 sandten GNML 3WK und Royal York (jetzt Nationaler Christlicher Orden „Friedrich der Große" und Deutsch-christlicher Orden „Zur Freundschaft") aus Anlass des Austritts Deutschlands aus dem Völkerbund folgendes (von ihnen selbst so genanntes) „Treuegelöbnis" an „Reichskanzler Hitler, Obersalzberg"; „Wir begrüßen mit Stolz und Freude den Entschluß der Reichsregierung, der allein der Ehre und Würde des deutschen Volkes entspricht, und stellen uns in treuer Gefolgschaft hinter unseren Reichskanzler." (Ordensblatt, herausgegeben von dem „Nationalen Christlichen Orden Friedrich der Große" in Berlin) Die Große Landesloge hatte die Kontinuität nationaler Orientierung des Ordens seit 1918 über die zwanziger Jahre hinweg betont: ,Es ist das, was sich in unserem Orden ereignet hat, ein Vorgang, der sich aus einer inneren Notwendigkeit schon seit 15 Jahren entwickelt hat und sich nun spontan, gleichgesinnt mit den Geschehnissen der nationalsozialistischen Revolution, vollzogen hat ... In derselben Form, wie die nationalsozialistischen Führer, hatten schon längst die Führer unseres Ordens auch das Übel erkannt, das in der süßlichen Form des pazifistischen Gedankens auf unserer Seele lastete, unter der diese Seele bis zur vollständigen Entkräftung und Entmannung litt."“ An dieser Stelle ist deutlich zu sagen, dass die organisierte Freimaurerei ab 1933 nicht mehr existierte. Es gab noch einzelne Logen (bis 1934) und es gab die National - Christlichen Orden, die, wie das oben zitierte Schreiben der Großen Nationalen Mutterloge exemplarisch zeigt, sowohl von den Ritualen, als auch und wichtiger von den Inhalten, mit der Freimaurerei nichts mehr zu tun hatten. Die Orden hatten den „Arierparagraphen" übernommen und damit endgültig die Basis der Freimaurerei verlassen.

Die „Humanitären" Großlogen unter Druck

Das Abdriften des Großteils (nach Mitgliedern) der deutschen Maurerei ins völkisch/ deutschnationale verstärkte den Druck auf die „Humanitären" Großlogen, die sich immer mehr als vaterlandslose, unzuverlässige Subjekte verunglimpft sahen. Viele reagierten mit Anpassung. Die Großloge „Zur Sonne" aus Bayreuth, bis dahin ein Hort der Liberalität, veranstaltete nun „Vaterlandsfeiern" bei denen der Tempel mit der schwarz/weiß/roten Flagge geschmückt war. Zug um Zug wurde die bisher praktizierte Ritualfreiheit eingeschränkt. Das „Weiße Buch" mit der Aufschrift „GOTT“, dass durch die Reform von Ficke 1861 eingeführt wurde und das in den Logen der „Sonne“ alternativ zur Bibel zugelassen war, durfte fortan nur noch neben der Bibel aufliegen.

Es wurden schließlich im Jahr 1931 auf Drängen der Loge „Ruprecht zu den fünf Rosen" die „Heidelberger Thesen" Verabschiedet, von denen Br. Paul Selter schreibt: „Damit hat der nationale und religiöse Orthodoxismus" die GL „Zur Sonne" ganz ergriffen." Die Großloge „Zur Sonne“ hatte sich im Jahr 1933 in die "Deutsche Gesellschaft für Kultur und Wissen" umbenannt und die Arbeit eingestellt. Aus ihr ist das Freimaurer Museum in Bayreuth hervor gegangen. Eine Sonderrolle auf Seiten der „Humanitären" nimmt die Großloge des Eklektischen Bundes, in Frankfurt ein. Diese Großloge hatte in der Zeit zwischen 1901 und 1918 zwei jüdische Großmeister, sie erlaubte den Besuch von internationalen Kongressen, und bestand auf dem Völker verbindenden Ansatz und Religionsfreiheit der Freimaurerei. Dadurch war der Eklektische Bund auch auf der Seite der „Humanitären" Großlogen in einer Außenseiterposition. Erst recht seit es im Jahr 1927 zur [ „Frankfurter Begegnung“ kam, der ersten Annäherung nach dem Krieg zwischen der deutschen [anerkannten- Einfügung RK] und der französischen Frei¬maurerei. Die Großloge und ihr Großmeister hatten sich danach gröbsten Angriffen von fast allen Seiten zu erwehren, denn die Öffentlichkeit hatte darin den schlimm¬sten Vaterlandsverrat gesehen, die christlichen Großlogen fast ebenso, die anderen humanitären Großlogen hatten das Treffen nicht unterstützt und sogar vier Logen des Eklektischen Bundes waren strikt dagegen gewesen. So hatte es dem Zeitgeist entsprechend in den eklektischen Logen vielfach Austritte und wohl auch Logenwechsel von Brüdern gegeben, denen die Ausrichtung ihrer Logen nicht völkisch-national genug war; den amtierenden Großmeister Br. Ludwig Ries hatte dies aber in seiner Überzeugung nie beirrt. ... 1928 hatte er am 10. Stiftungsfest der als internationalistisch und pazifistisch verrufenen Großloge von Österreich teilgenommen und sich danach in Berlin den schärfsten Anfeindungen der Berliner Großmeister gestellt. Auch der Forderung einiger Logen war nicht statt¬gegeben worden, dass der Austritt der eklektischen Brüder entweder aus der Universellen Freimaurer Liga (UFL)- denn lange schon hatte die Idee der Liga in eklektischen Bruderkreisen Anklang gefunden - oder aus der Bundesloge zu erfolgen hab. Als Br. L. Ries 1929 sein Amt als Großmeister niedergelegt hatte, führte noch einmal ein Bruder der Morgenröthe, Br. Arnold Lazarus, als Zug.GM die Geschäfte der Großloge, zu einer Zeit, als die Hetze des Nationalsozialismus schon bedrohlich war, bevor sie dann - nach der Machtübernahme - in Verfolgung und Gewalt gegenüber der Bruderschaft ausartete. Der 1930 gewählte, letzte Gro߬meister Br. Friedrich Ganser brachte den Eklektischen Bund mit den Großlogen von Hamburg und Bayreuth in die Verhandlungen über die Wiederaufnahme der gegen¬seitigen Beziehungen mit der englischen Großloge ein, der erforderliche Beschluss zur Beziehungsaufnahme im Frühjahr 1932 war aber nicht einfach gewesen. Letzt¬lich war ihm noch beschieden, mit seiner Großloge auf die hereingebrochene Katas¬trophe - die nationalsozialistische Machtergreifung am 30. Januar 1933 - zu rea¬gieren. Sie reagierte einzigartig beispielhaft, indem sie nach 150 Jahren am 20. März, auf einstimmigen Beschluss ihres Großbeamtenrates ihre Arbeit einstellte, um den Logen volle Handlungsfreiheit in ihren Beschlüssen über das weitere Verhalten im Naziregime zu geben. Selbstverständlich hatte es im Eklektischen Bund auch einige Logen gegeben die dem völkisch-nationalen Zeitgeist entsprechend der humanitären Ausrichtung der Großloge immer entgegengewirkt hatten. Sie machten dann von dieser Handlungsfreiheit auch sofort Gebrauch, indem sie sich einer der altpreußischen Großlogen anschlossen, welche sich in Nationale bzw. Deutsche Christliche Orden umbenannt und gehofft hatten, dass sie dadurch als „judenreine Nicht-Freimaurer“ gelten und vom nationalsozialistischen Regime als christliche Orden anerkannt würden. [Dies gilt im zum Beispiel für die Loge „zur Einigkeit" die sich der 3WK unterstellte -RK] Die meisten eklektischen Logen hatten dagegen ohne Großlogenzugehörigkeit ver¬sucht so gut wie möglich weiter zu arbeiten, aber 1933 hatte sich der Terror der NSDAP gegen die Freimaurerei verstärkt Die Brüder waren nach Tempelarbeiten vielfach Anpöbeleien auf der Straße ausgesetzt gewesen und hatten während der Arbeiten immer mit gewaltsamem Eindringen zu rechnen gehabt. Als dann den Beamten die Mitgliedschaft in einer Freimaurerloge untersagt wurde, waren den Logen eine große Anzahl von Brüdern nominell verloren gegangen. Die meisten hatten jedoch die innerliche Verbindung aufrecht erhalten und viele sogar noch am Logen leben teilgenommen.1934 wurden dann aber den Logen ohne Großlogen¬zugehörigkeit ihre Vermögen und Logenhäuser beschlagnahmt und das Inventar konfisziert, so dass eine Weiterarbeit unmöglich war und die Logen einfach ihre Arbeiten einstellten ] Im Jahr 1932 nahmen die Humanitären Großlogen „Zur Sonne", des Eklektischen Bundes und der Großen Loge von Hamburg den Kontakt zu England wieder auf, was seitens der „Altpreußen" mit dem Abbruch der Beziehungen beantwortet wurde. Mindestens die Großloge „Zur Sonne" muss gegen sich gelten lassen, diesen Beschluss nicht nur aus innerer Einsicht getroffen zu haben, sondern im wesentlichen, um der Symbolischen Großloge zuvor zu kommen, die bereits erfolgreiche Anerkennungsverhandlungen mit der schweizerischen und der Österreichischen Großloge bestanden hatte. Ich zitiere aus der Denkschrift der GL zur Sonne, Br. Bernhard Beyer von 1932: „Unter diesen Umständen (der Ablehnung der Anerkennung der SGL durch die UGLE Einschub RK) wäre es von uns eine geradezu unverantwortliche Kurzsichtigkeit, ja eine Pflichtvergessenheit gewesen, wenn wir die Wiederaufnahme der Beziehungen zur englischen Großloge abgelehnt hätten. Wir hätten riskiert, dass auch die Großloge von England eines Tages in die Arme der Symbolischen Großloge getrieben wurde." Die ehedem „Humanitären" Großlogen von Hamburg, Sachsen und Darmstadt übernahmen den „Arierparagraphen" und wandelten sich in Orden oder Bünde um und hörten auf Freimauer zu sein. Das Licht von Hamburg allerdings, wurde von zwei Auslandslogen in Chile bewahrt. Die Geschichte der „Humanitären" Großlogen endet im Frühjahr 1933. Neue Großlogen betreten die Bühne Die Situation in der deutschen Maurerei war also, gelinde gesagt, verworren. Die Probleme zwischen den deutschen Großlogen waren über Jahrzehnte gewachsen, sie wurden nochmals verstärkt, durch die Neugründungen des Freimaurerbundes zur aufgehenden Sonne (F.z.a.S.) und der Symbolischen Großloge (SGL).


Der Freimaurerbund zur aufgehenden Sonne

Im Jahr 1907 gründete sich unter Br. Heinrich Loeberich der Freimaurerbund "Zur aufgehenden Sonne" (F.z.a.S.). Hierbei wurde zunächst der Name eines Freimaurerbundes nur zur Tarnung gewählt, gedacht war an einen „Freidenkerbund" und entsprechende „Freidenkerlogen". So wurde auf das Gradwesen der regulären Freimaurerei verzichtet, auch der „Schurz" wurde abgelehnt. Grundlage des Bundes war zunächst die monistische Vernunftreligion. Von Anfang an bekannte sich der F.z.a.S. zum Pazifismus und zur Völkerverständigung. Die etablierten Großlogen reagierten mit schroffer Ablehnung. Der Bund legte auf diese Anerkennung allerdings auch keinerlei Wert. Immerhin definierte sich der F.z.a.S. in Abgrenzung zur „hergebrachten" Freimaurerei. Sehr bald schon aber wandelte sich der Bund in seinem Selbstverständnis zu einem wirklichen Freimaurerbund, und nahm Bezug auf die „Alten Pflichten" von 1723. Es kam zu Ritualänderungen und der Einführung der drei Grade. Allerdings blieb es bei der Ablehnung des Symbols des G.B.A.W. und dem Ersetzen der Bibel durch ein weißes Buch mit leeren Seiten. Der F.z.a.S. machte in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg eine rasante Entwicklung. Dies ist zum einen sicher auf eine intensive Werbung in Printmedien zurück zu führen. Darüber hinaus traf der F.z.a.S. aber bei einem Teil der deutschen Bevölkerung auf das Gefühl nach Frieden und Verständigung. Es gelang Männer wie den Chemiker und Nobelpreisträger Ostwald, Tucholsky und Carl von Oszietzki für den Bund zu begeistern. Mit Rudolf Penzig fand sich ein Großmeister, der Ausstrahlungskraft hatte, seine „Logengespräche" vor allem aber sein „Freimaurerlehrbuch" zeugt von dem hohen Niveau, dass der F.z.a.S. erreicht hatte. Das Bekenntnis des F.z.a.S. zu Völkerverständigung, Pazifismus, zu einer Befriedung Europas und zur Weltbruderkette -mit der Anbahnung freundschaftlicher Beziehungen zu den Brüdern im Ausland- brachte ihm, trotz aller Bedenken wegen der Gründungsgeschichte, die Anerkennung des Grand Orient und der Grande Loge de France. Es brachte auch gewisse Sympathien auf Seiten der humanitären Freimaurer in Deutschland, vertiefte jedoch den Graben zu den altpreußischen Großlogen. Die, in der Gründung bewusst angelegte, fehlende Anerkennung im etablierten deutschen Freimaurertum führte schließlich innerhalb des F.z.a.S. zu heftigen Kontroversen. Viele Brüder des Bundes empfanden es peinlich, von der althergebrachten Maurerei nicht zur Kenntnis genommen zu werden. Es kam zu Doppelmitgliedschaften, verbunden mit einer Regularisierung. Bevorzugt wurden hierfür Logen der Grand Loge de France (GLdF), aber auch Österreichische und Tschechischen Logen gewählt. In Deutschland boten einzelne Logen der Großloge „zur Sonne" eine zweite Heimat. Viele der Brr. die im Ausland regularisiert wurden, machten dort auch die Bekanntschaft mit den Graden des Alten und Angenommenen Schottischen Ritus (A.A.S.R.) Die Anerkennungsfrage führte schließlich zur Spaltung des F.z.a.S. und zum Auszug einer Gruppe von 600 Brüdern, die den Grundstock der Symbolischen Großloge von Deutschland (SGL) bildeten. So wurde aus der Offenbacher F.z.a.S. Loge „Sokrates" die Loge Nr. 14 der Symbolischen Großloge „Goethe zu den drei Säulen". Der F.z.a.S. existierte weiter, er konnte sich aber von diesem Schisma nie erholen. Er blieb aber kämpferisch bis zum bitteren Ende und setzte sich für die Inhalte der wahren Freimaurerei ein. In der Artikelserie „Kulturpolitisches Tagebuch von Ernst Falk" heißt es im Herbst 1928 klarsichtig zum Nationalsozialismus: „Der deutsche Fascismus wird heute durch zwei große, von einander unabhängige Organisationen repräsentiert: Von den Nationalsozialisten und vom Stahlhelmbund. Die Nationalsozialistische Partei ist keine Partei im gewöhnlichen Sinne, sondern, eine fascistische Organisation, deren letzter Zweck die Bildung von Sturmabteilungen für den Bürgerkrieg ist. In dieser Partei herrscht heute schon die Diktatur: es gibt keine Mitgliederversammlungen, die Beschlüsse fassen, es gibt nur die willenlose Annahme der von dem Führer Hitler vorgeschriebenen Kundgebungen. So bietet die Organisation der NSDAP, die alles andere als eine Partei ist, schon das Urbild des fascistischen Staates, in dem lediglich der Wille von Hitler-Mussolini regieren würde. Die Richtlinien der Partei sind dunkel und zweideutig. Neben gestohlenen Sätzen aus dem sozialistischen Programm finden sich plumpe nationalistisch-militaristische Phrasen. Die eigentliche Grundlage der Partei ist der unverhüllte, rohe Rassenhaß, der sich im Inneren gegen die Juden, nach außen gegen Frankreich richtet... Der Nationalsozialismus ist nationalrevolutionär und fascistisch: das heißt: er rechnet nicht darauf, die Volksmehrheit für seine Ziele zu gewinnen, er will vielmehr in einem günstigen Moment die Staatsgewalt durch Terror und Gewalt an sich reißen und die Diktatur seines Führers Hitler aufrichten ... Der deutsche Fascismus ist für uns kein Popanz und kein Trugbild, er ist eine vorhandene reale Gefahr.“ In einer der letzten Ausgaben der Zeitschrift des F.z.a.S. „Das neue Freimaurertum" wird Thomas Manns „Bekenntnis zur sozialen Republik" abgedruckt, und der Bremer Pfarrer und sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Emil Felden forderte am Schluss seines letzten Artikels - Hitler war bereits Reichskanzler - „Humanität, d.h. Achtung des Nebenmenschen als Menschen, welcher Rasse oder Klasse er auch angehören mag.“ Der F.z.a.S. löste sich im Frühjahr 1933 in Deutschland auf und exilierte nach Prag, wo einige Logen des F.z.a.S. bestanden. Er verdient ein ehrenvolles Andenken. Der AGM der GL A.F.A.M., Br. Jens Oberheide, schreibt in einem Grußwort:" Der „Freimaurerbund zur aufgehenden Sonne“ (F.z.a.S.) hat sich 1907 mit universeller und liberaler Deutlichkeit erklärtermaßen gegen solch konservative Hintergründe konstituiert, um „die Menschheit aus den engen Fesseln der Konfessionen und der dogmatischen Weltanschauungen herauszuheben und sie auf den Boden des reinen Menschtums zu stellen“ (Großmeister Dr. Curt Rothe). ...Heute sehen wir in dieser Grundhaltung Wurzeln unserer liberalen Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland, die erst 1949 aus den jahrhundertealten Traditionen freien Denkens gegründet wurde. "

Der Alte und Angenommene Schottische Ritus

Viele Brüder des F.z.a.S. hatten sich im Ausland regularisieren lassen. Sie hatten zu einem guten Teil dort auch die Hochgrade der A.A.S.R. kennengelernt. Aber auch Brüder der anderen humanitären Logen wurden im benachbarten Ausland in den schottischen Ritus eingeführt. Es gab aber keine Möglichkeit in den Graden des Ritus auch in Deutschland zu arbeiten (die Wirrungen um die Gründung von Reuss müssen hier außen vor bleiben). Nachdem es auf deutschem Boden nun eine Reihe von „Ritusbrüdern" gab, schien die Voraussetzung für die Bildung eines deutschen Obersten Rates günstig.

Der Alte und Angenommene Schottischen Ritus (A.A.S.R.) ist ein System von 33 Graden, von denen jedoch meist aufgrund von Konkordaten mit den bestehenden Großlogen nur die Grade 4°-33° bearbeitet werden, um jede Konkurrenz zu den Großlogen zu meiden. Er ist das am weitesten verbreitete Hochgradsystem der Erde (wenn man den „York Rite" nicht als in sich geschlossenes System sieht) und das einzige auf humanitärer Basis. Er wurde 1801 in Charleston (Süd-Carolina) durch Bildung eines ersten Obersten Rates gegründet und hatte 1930 Oberste Räte in 35 Ländern, darunter auch in allen Nachbarländern Deutschlands. In Frankreich seit 1804, in Belgien seit 1817, in der Schweiz seit 1873, in Holland seit 1913, in Polen und der Tschechoslowakei seit 1923 und in Österreich seit 1925. Der A.A.S.R., der die humanitäre Grundlage der Freimaurerei auch in seinen höheren Graden nicht verlässt, hatte daher einerseits eine gewisse Attraktivität, stellte aber auf der anderen Seite auch eine Herausforderung dar.

In Deutschland stieß der A.A.S.R. von Anfang an auf große Widerstände. Einmal durch die dominante Stellung der christlichen Systeme in der deutschen Freimaurerei. Sie hielten etwa 69 % der deutschen Brüder in ihren Reihen und waren selbst Hochgradsysteme, die an einer humanitären Konkurrenz nicht interessiert waren. Diese deutschen Hochgradsysteme münden letztlich in einer starken religiösen und christlichen Bindung. Außerdem gab es Ablehnung auch von den Logen, die nach den Wirren des 18. Jahrhunderts um die „Strikte Observanz" grundsätzlich nur drei Grade in der Freimaurerei zulassen wollen. Sie beriefen sich dabei auf die United Grand Lodge of England als Mutter-Großloge. Dabei wird aber übersehen, dass es bei der Vereinigung der englischen Lehrarten zur United Grand Lodge im Jahre 1813, in beiden Körperschaften bereits Grade über dem Meistergrad gab. In der Unionsakte wurde deshalb festgesetzt, dass die "reine alte Maurerei aus drei Graden bestehe, nämlich jenen des Lehrlings, des Gesellen und Meister-Maurers, mit Einschluss des höchsten Ordens vom heiligen Royal Arch“ besteht. Dieser höchste Orden, trat damit nicht als Hochgrad in Erscheinung, da er als Bestandteil des Meistergrades bezeichnet wurde. Er wird aber keinesfalls in den Logen bearbeitet, sondern in eigenen, getrennt von den Logen arbeitenden Kapiteln und in mehreren Graden.

In England finden wir mit eigener Verwaltung etwa ebenso viele Kapitel wie Logen. Von einer Maurerei mit drei Graden kann also objektiv keine Rede sein. Weiterer Widerstand erwuchs aus der internationalen Zusammenarbeit des A.A.S.R. mit regelmäßigen Konferenzen der Obersten Räte und der Großkommandeure. Für alle national, völkisch und christlich orientierten Brüder, die damals die überwiegende Mehrheit der Freimaurer in Deutschland bildeten, war dies ein Ärgernis. Ungeachtet all dieser Probleme wurde am 18.April 1930 der "Oberste Rat für Deutschland" (DOR) durch den „Opperaad voor het Koninkrijk der Nederlanden" eingesetzt. Diesem obersten Rat gehörte als Leutnant Großkommandeur Leo Müffelmann an. Der DOR hatte bis 1933 bereits brüderliche Beziehungen zu mehr als 20 Obersten Räten anderer Länder.


Die Symbolische Großloge von Deutschland

Gegen Ende der 20er Jahre hatte sich in Deutschland ein Potential von Brüdern gebildet, das nach Arbeit in einer neuen regulären Großloge drängte. Dazu zählten die Brüder, die inzwischen dem A.A.S.R. angehörten und denen die Mitarbeit in den angestammten Logen durch Verbote ihrer Großlogen verwehrt wurde. Außerdem jene Brüdern des F.z.a.S., die in ausländischen Logen regularisiert wurden, und letztlich der Gruppe von 600 Brüdern, die 1930 wegen der fehlenden Anerkennung aus dem F.z.a.S. ausgeschiedenen waren. Sie bildeten mit Hilfe des DOR 11 Logen, die 1930 die Symbolische Großloge von Deutschland gründeten. Da keine der bestehenden Großlogen bereit war, das Licht einzubringen, übernahm diese Aufgabe der Oberste Rat für Deutschland übernommen. Er half damit den betroffenen Brüdern aus ihrer Notlage und sicherte zugleich seine eigene Basis. Die Symbolische Großloge war eine, den Bestimmungen der UGL über die Regularität entsprechende Gründung. Vor allem wegen ihrer Tendenz zu internationalen Kontakten und ihrer Verbindung zum dem A.A.S.R. wurde ihr die Anerkennung durch die anderen deutschen Großlogen aber verweigert. Die Symbolische Großloge wurde von Dr. Leo Müffelmann geleitet, der bis dahin auch dem ersten Deutschen Obersten Rat angehörte. Er schied aus dem DOR aus, um die Angriffsflächen gegen die neue Großloge zu vermindern. Br. Leo Müffelmann starb im Jahr 1934 an den Folgen von Misshandlungen durch die Nazis. Wie bereits der F.z.a.S. und der schottische Ritus, bekannte sich die Symbolische Großloge zum Pazifismus und der gelebten Völkerverständigung. Die Symbolische Großloge unterhielt 2 Logen im Rhein-Main-Gebiet. Die Loge „Goethe zu den drei Säulen" im Orient Offenbach", gegründet am 26.10.1930, in Ruhe gesetzt am 15.04.1933 und die Loge „Spinoza", gegründet am 22.01.1933, in Ruhe gesetzt am 15.04.1933. Über die Arbeit der Loge „Goethe" ist wenig bekannt.

Die „Alten Pflichten", die Zeitschrift der S.G.L., weist als Meister vom Stuhl, Br. Adam Weinheimer aus. Gearbeitet hat die Loge in der Luisenstr. 32 und zwar immer Mittwoch. Die Luisenstr. 32 war das Logenhaus der Loge „Carl und Charlotte zur Treue" des Eklektischen Bundes. Trotz aller Anfeindungen zwischen den Systemen scheint der brüderliche Umgang an der Basis funktioniert zu haben. So wird in der Zeitschrift „Die Alten Pflichten" berichtet, dass bei der Lichteinbringung der Loge „Spinoza" auch Brr. der Humanitären Großlogen anwesend waren. Auch Emil Selter schreibt an anderer Stelle, dass er in den 30er Jahren zu Gast bei einer Johannisfeier des Eklektischen Bundes war. Mitglieder der Loge „Goethe zu den drei Säulen", gründeten an ihrem Wohnsitz in Frankfurt die Loge „Spinoza". Die Loge „Spinoza" war die letzte Gründung der Symbolischen Großloge, sie trug die Matrikelnummer 27. Die Lichteinbringung erfolgte am 22.01. 1933 durch den Großmeister Br. Leo Müffelmann, Stuhlmeister war Br. Ernst Klein aus Frankfurt, die Tafelloge im Anschluss wurde von Emil Selter geleitet. Im Angesicht der aufziehenden Nazidiktatur ließ der Stuhlmeister die Brr. ins Zeichen treten, und gedachte „der wahrhaften, stolzen und freien Männer, die in Winkelmaß, Senkblei und Zirkel, die Symbole freien Menschentums sehen, der Märtyrer der KK. die ihr Haupt nicht beugten vor der Gewalt, die zufällig ist, Erscheinungen des vergangenen Tages, Verneinung ewiger Gewalten und Kräfte, die uns leuchtende Vorbilder bleiben sollen, wenn an uns die Frage herantritt, wie wir uns mit der Gewalt, die sich nicht an die ewigen Gesetze der Menschheit gebunden weiß, auseinander zu setzen haben." Das Ende kam schnell, die Loge schläferte sich ein, der Teppich und die Gerätschaften wurden von den Nazis beschlagnahmt und verschleppt.


Auferstanden aus Ruinen... Sommer 1945. Deutschland lag in Trümmern, auch Frankfurt litt schwer unter den Schäden des Krieges. Die öffentliche Ordnung wurde von den Militärbehörden der Besatzungsmächte durchgesetzt. Vielerorts war die Infrastruktur völlig zerstört, Millionen Menschen irrten durch Europa, waren entwurzelt, vertrieben, verschollen oder getötet. Der Aufbau und die Struktur des „neuen“ Deutschland war noch im Nebel. Die Freimaurerei in Deutschland war nicht mehr existent. Seit 1933 gab es die „humanitäre“ Freimaurerei nicht mehr, seit Juli 1935 waren auch die Freimaurerähnlichen „National-Christlichen Orden“ verboten und aufgelöst. Die Logenhäuser waren enteignet, zerstört oder zweckentfremdet. Sei es durch die Greuelpropaganda Ludendorffs und der der NSDAP die sich in den Köpfen der Menschen verfangen hatte, sei es durch die versuchte Anbiederung einiger Großlogen an die Nazis; von vielen Menschen wurde Freimaurerei mit Misstrauen und Ablehnung betrachtet und bestenfalls als zeitlich überholt abgetan. In dieser schwierigen Zeit, in der das nackte Überleben die Notwendigkeiten diktierte, in dieser Zeit gab es Männer, in denen das maurerische Licht die Dunkelheit überdauert hatte.


Und der Zukunft zugewandt...

Die beiden Logen „Goethe" und „Spinoza" zählten vor der Auflösung im Jahr 1933 zusammen 36 Brüder. Von diesen waren im September 1945:

 5 bereits verstorben  1 (Bruder Fritz Stiefel) mit unbekanntem Schicksal verschleppt (letzte Nachricht aus dem Ghetto Warschau)  3 ausgeschieden wegen Mitgliedschaft in der NSDAP

 8 ausgewandert wegen politischer Verfolgung  5 Brr. deren Aufenthalt noch nicht geklärt war.  14 Brr. die noch in Offenbach und Frankfurt wohnten. Im Sommer 1945 fand sich ein kleiner Bruderkreis dieser beiden Logen zusammen, um zunächst einmal festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Fortsetzung oder Gründung einer Loge gegeben seien. Rasch war klar, dass die beiden Logen „Spinoza" und „Goethe zu den drei Säulen" durch den Krieg zu ausgezehrt waren, um Sie wieder zu beleben. Br. Emil Selter beschreibt diese historisch zu nennende Zusammenkunft in den Trümmern Frankfurts in seiner Festrede anlässlich des fünfundzwanzigsten Jahrestages der Logengründung: „26. September 1945, ich sehe eine beengte Wohnung am Kaiserplatz in Frankfurt, Bruder Geier hat elf Männer zu sich eingeladen, Freimaurer, der Verfolgung des Naziregimes entgangen, den Schrecken des Krieges entronnen, entschlossen einen neuen Anfang zu machen, eingedenk aller Lehren der Vergangenheit. Die Logennamen „Spinoza" und „ Goethe zu den drei Säulen " können wieder ausgesprochen werden, ohne die Hand vor den Mund zu halten. Andere Logennamen tauchen auf, erwecken schmerzliche, erhebende oder mitleidige Erinnerungen, Systeme werden geprüft, Orientierungshilfen aus dem Gedächtnis hervorgeholt, alles vermengt mit den Fragen, wo ist der, wo ist jener, unterbrochen mit Nachrichten aus der Gefangenschaft, aus Konzentrationslagern und fernen Ländern der Emigration. Deprimierendes wird zur Herausforderung, bittere Erfahrung zur Quelle bedeutender Energien. Der Name Lessing fällt, Inbegriff der Fröhlichkeit und Skepsis, geistreicher Aperqus und scharfem Blick für die menschlichen Schwächen, ein würdiger Name für eine Loge, sprudeln der Quell von Ideen und Eigenständigkeit. Der Anfang war gemacht, der Kampf mit der Bürokratie, mit den Besatzungsmächten konnte beginnen. „ The big brother is watching You. " Soweit das Zitat. Einer dieser Männer der ersten Stunde war Bruder Weinheimer, der letzte Stuhlmeister der Loge „Goethe zu den drei Säulen" Er wurde als Gründungsmitglied der Lessing genannt und er wurde mit der Aufgabe des zugeordneten Meisters betraut, leider verstarb er kurz vor der ersten Tempelarbeit der Loge „Lessing". Der Kampf mit den Windmühlen der Bürokratie führte zu einem Kuriosum. Neugründungen von Vereinen waren durch die Militärbehörden untersagt, lediglich Wiedergründungen durften durchgeführt werden. So gab man als Gründungsdatum jenes der Loge „Goethe zu den drei Säulen" an, nämlich den 26.Oktober 1930. Diesem Umstand ist zu verdanken, dass die Loge „Lessing" die Matrikel Nummer 769 führt und damit eine, die fünfzehn Jahre älter ist als die Loge. Die neue Loge nahm voller Eifer und Optimismus Ihre Arbeit auf, am 30. Dezember fand mit der Jahresschlussloge sicher eine der ersten rituellen Arbeiten im besetzten Deutschland statt. Als „Tempel" diente die Wohnung des Br. Geier. Br. Selter führte aus:" Wenn auch die endgültige Konstituierung nach Genehmigung der Militärregierung noch aussteht, so ist die Loge doch bereits ein Factum, eine Tatsache die feststeht, wie unsere heutige erste Tempelarbeit in feierlichem Rahmen zeigt. Ich sage bewusst in feierlichem Rahmen, denn meine Brüder: Die Welt, die ein jeder in sich trägt, ist das Wichtigste, und es liegt (zum Teil) in unserer eigenen Macht, sie groß und rein und schön zu gestalten, weder Ort noch Zeit noch äußere Umstände können ihr etwas anhaben. Ich weiss, dass manche meiner Brüder der Meinung sind, dass nur ein vollkommen und schön ausgestatteter Tempel im Stande ist die Stimmung aufkommen zu lassen, die eine Tempelarbeit erfordert und vermitteln soll. Ich aber bin der Meinung, dass wie oben gesagt, die innere Stimmung, die wir in uns tragen, im Stande ist uns die Widrigkeiten und die nicht immer schönen äußeren Umstände vergessen zu lassen. Ich hoffe, dass die heutige Arbeit auch die Brüder überzeugt hat, die bisher anderer Meinung waren." Schon im Januar 1946 kam der Dämpfer für die junge Loge: „The Free Mason Lodge „Lessing“ falls in the category of secret organizations which hold secret meetings and as such is not permitted to operate regardless of previously granted permission.", hieß es in einem Schreiben der Militärregierung für den Stadtkreis Frankfurt am Main. Zum Glück waren die Strukturen bereits gelegt. Offiziell wurde die Loge „Lessing" erst im Mai 1947 anerkannt und bekam die Erlaubnis zu arbeiten. Das Verbot der Tätigkeit hinderte die Brüder nicht daran, sich um die Beschaffung der Arbeitswerkzeuge zu kümmern. Der Entwurf für ein Hausgesetz wurde erstellt, ebenso der ausführungsreife Entwurf eines Arbeitsteppichs. Anstelle der früher verwendeten Rituale sollte eines treten, dass die unterschiedlichen Traditionen aufgreifen und allen Lehrarten gerecht werden sollte. Das Ritual der „Lessing", dass heute zu den Traditionsritualen innerhalb der AFAM zählt, wurde zunächst aus dem Gedächtnis niedergeschrieben. Es vereinigt - im besten eklektischen Sinn- die Ritualsprache der GL „zur Sonne" mit der Ausdrucksform der Symbolischen Großloge. Die zweite Tempelarbeit der Loge fand dann im Wartezimmer der Kinderarztpraxis von Br. Emil Selter statt, das hierfür immer ausgeräumt werden musste. Die räumlichen Verhältnisse dieses provisorischen Tempels führten zu Besonderheiten im Aufbau des Tempels, die wir auch heute beibehalten haben, so tauschten Redner und Sekretär ihre Plätze, damit der letztere auch Protokoll führen konnte. Während die erste Arbeit der Loge mit einem Teppich aus schwarzem Papier durchführt wurde, auf dem mit weißer Farbe die Symbole unseres Bundes gemalt waren, wurde ab 1946 mit einem Teppich gearbeitet, der eine verkleinerte Nachbildung des von den Nazis geraubten Teppichs der Loge Spinoza war. Dieser Teppich wird restauriert und soll in Zukunft die Wand des Tempels schmücken. Viele der Gerätschaften der Loge verdanken wir dem handwerklichen Geschick und den Spenden vieler Brüder unserer Loge. Denn zu diesem Zeitpunkt war es noch nicht möglich, maurerischen Bedarf quasi von der Stange zu kaufen. Zu nennen wäre hier z.B. der Stab unseres Zeremonienmeisters, der eine getreue Nachbildung eines „common judge", des gemeinen Maßes der Frühzeit der englischen Großloge ist. Im Vergleich zu den meisten Tempeleinrichtungen wirken die Säulen der „Lessing" karg und schmucklos. Auch sie stammen aus der Gründungszeit, doch ihre Kargheit ist beabsichtigt. Sie soll symbolisieren, dass der Tempel nicht von den 3 Säulen getragen wird, sondern von den Lichtern der Weisheit, der Stärke und der Schönheit.


Die Loge Lessing und die Einigung der deutschen Freimaurerei Ein Rückblick wäre unvollständig ohne die Rolle der Loge „Lessing" an dem Wieder¬aufbau der Freimaurerei in Nachkriegsdeutschland und ihren Beitrag zu dem Versuch der Schaffung einer einigen Großloge von Deutschland zu streifen. Aus der Weimarer Zeit waren nach der Befreiung vom Naziregime von den sechszehn Logen im Raum Frankfurt nur sieben übrig geblieben. Von den Großlogen aus der Weimarer Zeit sind nur die GLL und 3 WK als Glieder innerhalb der VGLvD weiterhin existent. Die Symbolische Großloge, die zur Weimarer Zeit als verfemt galt, bewahrte mit ihren Exillogen das Licht in Palästina, das angesichts der Gründung von A.F.A.M. feierlich wieder nach Deutschland gebracht und Symbolische Großloge ging in der neuen Großloge auf, ebenso wie die anderen ehemals unabhängigen Systeme. Für die Brüder der Loge „Lessing" stand fest, dass der Neuanfang der Maurerei in Deutschland auch mit einer Einigung der bisherigen Systeme einher gehen müsse. Aus diesem Grund hatte sich die neue Loge auch nicht wieder der Symbolischen Großloge unterstellt, denen die beiden Logen „Goethe" und „Spinoza" vor der dunklen Zeit angehört hatten. Dies wäre möglich gewesen, da die Symbolische Großloge, nachdem sie und ihre Mitgliedslogen im April 1933 die Arbeit in Deutschland eingestellt hatten, im Exil in Jerusalem weiterbestand. Man wollte vielmehr solange als eine unabhängige Loge arbeiten, bis diese einige deutsche Großloge geschaffen sei. „Nach dem fürchterlichen Zusammenbruch, ist kein Platz mehr nach Machtverlangen, Geltungssucht, Vorteilsstreben, Ichsucht von einzelnen Logen oder Großlogen. Entscheidend ist die freimaurerische Haltung...Die Aufgabe lautet: Sollen wir, obwohl wir alle Freimaurer sind, uns weiter fremd gegenüberstehen, oder sollen wir eine Form finden, in der die Freimaurerei sich einigt." schreibt Br. Selter an anderer Stelle. Als am 11. November 1945 in Bensheim an der Bergstraße die Gründung der Bundesgroßloge von Deutschland „Zu den alten Pflichten" erfolgte, glaubte man, dass dies die erhoffte einige deutsche Großloge -mindestens der humanitären Systeme- sein werde. Am 5. Dezember 1945 beantragte deshalb die Loge „Lessing" die Aufnahme. Durch den amtierenden Großmeister der Landesgroßloge von Großhessen wurde daraufhin am 7. Januar 1946 die Loge „Lessing" als vollkommene und gerechte Loge an- und aufgenommen. Die Militärregierung setzte mit der bereits erwähnten Verfügung gegen „Secret Organizations" dieser Hoffnung ein jähes Ende und verbot im Mai 1946 die Bundesgroßloge, obwohl sie andererseits die altpreußischen Großlogen, die ebenfalls um die Jahreswende 1945/46 in Berlin wiedergegründet wurden, zunächst stillschweigend duldete und am 18. Mai 1946 dann offiziell genehmigte. Erst 1947 wurde die Logentätigkeit gestattet, und nun war es endlich möglich, auch allgemein in der Öffentlichkeit tätig zu werden. Viele bereits gegründete Logen hatte ihre Anerkennung durch die Administration erhalten. Durch das Fehlen einer koordinierenden Instanz erfolgte die Gründung in den alten Strukturen der früheren Großlogen. Von den altpreußischen Großlogen ging dann der Vorschlag aus, dass alle deutschen Logen einen gemeinsamen Antrag stellen sollten, den Status vor 1933 wiederherzustellen. Dieser Antrag entsprach nicht den Vorstellungen der humanitären Logen. Nicht zuletzt aufgrund eines Artikels von Br. Emil Selter in den Freimaurerbriefen aus Krefeld mit dem Titel „Das humanitäre und das christliche Prinzip in der Freimaurerei", indem er den Nachweis zu führen suchte, dass diese beiden Prinzipien einander nicht widersprächen, kam es zu weiteren Einigungsbemühungen.

Die Frankfurter Arbeitsgemeinschaft von Freimaurerlogen Am 14.und 15. Juni trafen sich unter Vorsitz von Br. Pauls in Frankfurt am Main 23 Mitglieder früherer Großlogen aller Lehrarten, mit Ausnahme der Großen Landesloge. Die Symbolische Großloge wurde bei der Tagung, die als Frankfurter Konvent in die Annalen der deutschen Freimaurerei einging, von Br. Emil Selter vertreten. Die Loge „Lessing" organisierte die Tagung, und Br. Georg Geier stellte seine Geschäftsräume für die Beratungen zur Verfügung. Als Ergebnis dieser Zusammenkunft wurde die „Frankfurter Arbeitsgemeinschaft von Freimaurerlogen" gegründet, die „Brücke und Übergang zur einzigen Großloge" sein müsse. Die Loge „Lessing" trat noch am selben Tage offiziell als erstes Mitglied bei. In einer Resolution wurde beschlossen, dass es „fortan nur eine Johannisfreimaurerei in Deutschland geben solle, für die christlich und humanitär nichts Trennendes sei", in den Freimaurerbriefen aus Krefeld wird festgestellt: „Mit diesen Frankfurter Entschließungen dürfte der Grund gelegt sein für eine einige Johannisfreimaurerei in Deutschland, die unabhängig und getrennt von den verschiedenen Hochgradsystemen arbeitet" In einem zweiten Treffen in Herford wurde diese Entschließung auch von den Brüdern der altpreußischen Logen mit einer kleinen redaktionellen Änderung angenommen. Nun schien der Weg zu einer einigen deutschen Großloge ein weiteres Mal geebnet. Br. Emil Selter wurde zum stellvertretenden Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft gewählt und Br. Geier, ebenfalls Loge „Lessing", wurde der Geschäftsführer. Den Vorsitz führte Dr. Dr. Pauls, ein Ehrenmitglied der „Lessing". Auch der spätere Großmeister der GL A.FA.M., Br. Theodor Vogel, nahm aktiv an den Sitzungen der Arbeitsgemeinschaft teil. Als Folge der Lockerung der Bestimmungen der Militärregierungen wurden im Laufe des ersten Halbjahres 1948 Landeslogen in den verschiedenen Ländern gebildet.

Die Festarbeit von 1948 Am 18. Juni 1948 sollte in der Paulskirche in Frankfurt a.M. der ersten deutschen Nationalversammlung gedacht werden. Hierzu wurde auf Beschluss der Frankfurter Arbeitsgemeinschaft, die mittlerweile 125 Logen umfasste, am Vortage zu einer feierlichen Tempelarbeit eingeladen. Vorbereitung, Einrichtung des Tempels und das Ritual lagen weitestgehend in der Verantwortung der Loge „Lessing". Das verwendete Ritual basierte im Wesentlichen auf dem Ritual des Lehrlingsgrades der Loge „Lessing" und ist im Original erhalten. Die Arbeit wurde von Emil Selter geleitet, der verwendete Kettenspruch:"Binde Du Arbeit, Land zu Land...." wird in unserer guten Loge auch heute noch am Ende einer Arbeit im Lehrlingsgrad benutzt. Viele Brr., darunter an erster Stelle die der Frankfurter Arbeitsgemeinschaft, hofften und erwarteten, dass der Geist des Aufbruchs dieser Tempelarbeit zur Proklamation der „Geeinten Großloge der Freimaurer v.D." führen würde. Dazu sollte es nicht kommen, denn Br. Theodor Vogel kündigte an, dass sich die von ihm vertretenen 31 bayrischen Logen widersetzen würden. Damit hatte Br. Vogel seinen Führungsanspruch deutlich gemacht. Am nächsten Tage wurde in Frankfurt der „Deutsche Großmeisterverein" unter seiner Führung ins Leben gerufen. Vier Monate später wurde von dem Großmeisterverein in Kissingen die „Vereinigte Großloge der Freimaurer v.D." gegründet. Die Frankfurter Arbeitsgemeinschaft, deren Ziele weitgehend erreicht waren und die dieser Gründung maßgeblich den Weg gebahnt hatte, löste sich auf. In der Rückschau muss man konstatieren, dass Br. Theodor einen weiteren Blick auf die gesamte Freimaurerei hatte. Die Frankfurter Arbeitsgemeinschaft hatte von Anfang an verlangt, dass sich in dieser Arbeitsgemeinschaft nur Logen sammeln sollen, die sich frei entscheiden können, also nicht abhängig sind von den Weisungen ihrer ehemaligen Großlogen. Damit waren die Logen der Großen Landesloge außen vor und sie wurden auch nie zu den Verhandlungen hinzugezogen. Im Gegensatz dazu hat Br. Vogel immer auch mit den Vertretern der GLLvD Kontakt gehalten und versucht, sie in die Einigung einzubeziehen. Die GLLvD trat der gegründeten "Vereinigten Großloge der Freimaurer von Deutschland" trotz aller Bemühungen von Br. Vogel nicht bei. Zu unüberwindbar waren die Gegensätze, vor allem in der Frage des von der der GLLvD verlangten christlichen Bekenntnisses und der Hochgrade. Dennoch war die Gründung der VGLvD ein wichtiger Teilerfolg auf dem Weg zur Einheit. Der erste Großlogentag fand am 18. Juni 1949 in Offenbach statt, es beteiligten sich 150 Vertreter der Bauhütten, die sich der VGL angeschlossen hatten. Am darauffolgenden Tage wurde in einer feierlichen Arbeit in der Frankfurter Paulskirche die neue Großloge VGLvD unter Führung von Br. Theodor Vogel eingesetzt. Von den beiden Großlogen, die im Exil das Licht bewahrt hatten, der „GL v. Hamburg" und der „Symbolischen Großloge" wurde das Licht wieder eingebracht. Delegationen des „Grand Orient de France", der „Grand Loge de Belgique", der neu gegründeten AFAM Großloge in Dänemark, der „Großloge von Österreich" und der Großkommandeur des DOR, Br. Pauls, Ehrenmitglied der Loge Lessing und im Logengrab auf dem Südfriedhof bestattet, der sich ebenfalls in der Frankfurter Arbeitsgemeinschaft engagiert hatte, nahmen an dieser Festarbeit teil. Im ersten Großbeamtenrat der neuen Großloge arbeiteten zwei Brüder der Loge Lessing mit und zwar Br. Geier als Großkanzler und Br. Selter als Großbibliothekar. Br. Selter war dann später noch aktiv an der Eingliederung der Reste des F.z.a.S. und an der Gestaltung des A.F.A.M. Rituals beteiligt.

Der Weg zur Organisation der Vielfalt in der Einheit, wie wir sie heute kennen und auch schätzen war noch ein langer und steiniger. Erst auf massiven Druck der Großloge von England kam es zu dem Konstrukt der Vereinigten Großlogen von Deutschland. Die bisherige „Vereinigte GL von Deutschland benannte sich in „Große Landesloge A.F.A.M." um. Damit wurde die Fiktion einer äußeren Einheit hergestellt, die dennoch den beteiligten Großlogen jede Eigenständigkeit beließ. Eigentlich kann von EINER Freimaurerei in Deutschland nach wie vor keine Rede sein.

Mittlerweile sind wir aber in der Lage, diese vermeintliche Schwäche als Stärke zu begreifen, die es jedem Bruder ermöglicht Seinen maurerischen Weg zu finden und dabei in der Weltbruderkette zu stehen und die Vielfalt maurerischer Arbeit, hier und überall ,wo freie Männer an dem großen Bau arbeiten, zu genießen. Meine Brüder, wir sollten uns bewusst sein, dass wir in einer guten und langen Tradition stehen. Wir sollten diese Tradition als Verpflichtung begreifen, der Nachwelt eine Loge zu hinterlassen, in der das Licht der Erkenntnis hell leuchtet. Denn meine Brüder, Tradition zu bewahren bedeutet nicht, das ehrfurchtsvolle Bewahren der erkalteten Asche, es bedeutet die Weitergabe der Flamme!


Es geschehe also!


Verwendete Literatur: Logenakten der Loge Lessing # 769

„Zirkelkorrespondenz", Zeitschrift der großen Landesloge 

„Die Alten Pflichten", Zeitschrift der Symbolischen Großloge Br. Emil Selter div. Zeichnungen ( Johannisfest 1945, 25 Jahr Feier etc) Festschrift der Loge Lessing zum 25jährigen Bestehen, div. Zeichnungen v Br. Frank Schley „Festvortrag zum 50jährigen Bestehen“ Br. Heinz Lott „ Der Wiederaufbau der Freimaurerei" (hier sind die Mitgliedszahlen der Großlogen und einige Bemerkungen über den AASR entnommmen) Br. Hoerman „Europas verlorener Friede" QC 2007

„Woher-Wohin" , GL A.F.A.M. 2002 

„75 Jahre A.A.S.R. In Deutschand“, Eigenverlag ORD 2005 „Winkelmaß und Hakenkreuz", Neuberger, Herbig Verlag „Freimaurerei und National Sozialismus“, Helmut Neuberger, , Bauhütten Verlag, Hamburg 1980 Br. Drechsler „Die Brüder von FZAS", Die Blaue Reihe, Heft Nr. 17 Bauhüttenverlag Protokolle der Ausschusssitzungen, Mitgliederversammlung und der Festarbeit der Frankfurter Arbeitsgemeinschaft von Freimaurerlogen am 16. und 17. Mai 1948 Der Frankfurter Konvent vom 15.07.1947, Niederschrift der Verhandlungen Br. Bohnacker: „Der Eklektische Bund“ Br. Heinold: „Die Geschichte der Großloge zur Sonne“ Br.Geppert E. G., „Die Herkunft, die Gründer, die Namen der Freimaurerlogen in Deutschland seit 1737", Q.C., Bayreuth „Internationales Freimaurer-Lexikon" von Lennhof und Posner, i.d.A. von 1932 Br. Bernheim, „Karl Hoede, die Freimaurerei, die Nazis - Gewalt und Tarnung und Gewalt" Br. Bernheim, „German Freemasonry and its attitudes toward the Nazi Regime”

Danke auch Henning Wolter für seine Anregungen und an die Brr. Carsten Rinne, Marco Swibenko und Claus Ocker fürs Gegenlesen und wichtige Hinweise.