Schauberg: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei Teil 3
Inhaltsverzeichnis
Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei
Erstveröffentlichung: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei mit besonderer Rücksicht auf die Mythologieen und Mysterien des Alterthums von Dr. Jos. Schauberg, Zürich 1861
Quelle: Internetloge
Teil 3
B a n d I. - Kapitel XVII.
Auch nach Homer Iliad. XX. 130 ist das Sehen einer Gottheit oft den Menschen verderblich.
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Schrecken ergreift ihn gewiss, wenn ein Gott entgegen ihm wandelt durch die Schlacht; denn furchtbar zu schauen ist der Götter Erscheinung.
Die Menschen verlieren die Augen, sie sterben auch, oder es trifft sie sonst ein bedeutendes Unglück beim Anblick der Göttergestalten.
Verwandt hiermit ist, dass nach jüngern jüdischen Vorstellungen Gott seinen Thron in einer Feuerburg hat. In dem Buche Henoch wird ohne Zweifel nach ursprünglich phönicisch-syrischer Mythe die ummauerte Gottesburg also beschrieben: "Ich schritt vorwärts, bis ich an eine Mauer kam, gebaut aus Steinen von Crystall. Eine zitternde Flamme umgab sie, welche mich in Schrecken zu setzen begann. In diese zitternde Flamme trat ich ein. Und ich näherte mich einer geräumigen Wohnung, welche auch gebaut war aus Steinen von Crystall. Sowohl ihre Wände als ihr Fussboden waren von Crystall, und von Crystall war auch der Grund. Ihr Dach hatte das Ansehen von Sternen, die sich heftig bewegen, und von leuchtenden Blitzen, und unter ihnen waren Cherubs von Feuer. Eine Flamme brannte rings um ihre Mauern, und ihr Portal loderte von Feuer.
Als ich in diese Wohnung trat, war sie heiss wie Feuer und kalt wie Eis (bei den Chaldäern wurde nämlich der Planet Saturn zugleich heiss und kalt gedacht)" - Weiter beschreibt Henoch eine zweite Feuerburg innerhalb dieser erstern. "Und siehe, da war eine andere geräumige Wohnung, zu welcher jeder Eingang vor mir offen stand, errichtet in einer zitternden Flamme. Ihr Fussboden war auf Feuer, oben waren Blitze und sich bewegende Sterne, während ihr Dach ein loderndes Feuer zeigte. Aufmerksam betrachtete ich sie, dass sie einen erhabenen Thron enthielt, der von Ansehen dem Reif ähnlich war, während sein Umfang dem glänzendsten Sterne glich. Unten von diesem mächtigen Strome her strömten Bäche lodernden Feuers; auch ihn zu sehen war unmöglich. Ein Grosser in Herrlichkeit sass darauf, dessen Kleid glänzender als die Sonne und weisser als der Schnee. Kein Engel mochte hindurchzudringen, zu schauen das Antlitz desselben, des Herrlichen und Strahlenden. Auch konnte kein Sterblicher ihn ansehen. Ein Feuer loderte rings um ihn. Ein Feuer auch von grossem Um-
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fang stieg immerwährend von ihm auf, so dass keiner von Denjenigen, welche ihn umgaben, im Stande war, sich ihm zu nähern, unter den Myriaden, die vor ihm waren." 1) - Aehnlich sind die Vorstellungen in dem so häufig chaldäisirenden Buche Daniel. Der Alte der Tage sitzt da auf einem Throne, sein Kleid ist weiss wie Schnee, sein Haupthaar wie reine Wolle, sein Thron Feuerflammen, die Räder lodernd Feuer, ein Feuerstrom ergiesst sich von ihm aus (7, 9 ff.). - Ganz gleich wird in der Offenbarung Johannis I. 12 ff. Jesus im Himmel geschildert: "Und ich habe mich umgewandt, die Stimme zu sehen, welche mit mir redete; und als ich mich umgewandt, sah ich sieben goldene Leuchter, und in der Mitte der sieben Leuchter Einen, der war einem Menschensohne gleich, mit einem Kleide angethan, bis auf die Füsse, und um die Brust mit einem goldenen Gürtel umgürtet.
Aber sein Haupt und seine Haare waren weiss, wie weisse Wolle, ja wie Schnee; und seine Augen wie eine Feuerflamme, und seine Füsse gleich glänzendem Erze, wie im glühenden Ofen, und seine Stimme wie das Tosen vieler Wasser. Und er hatte in seiner rechten Hand sieben Sterne; und aus seinem Munde ging ein scharfes zweischneidiges Schwert; und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, die in ihrer Kraft leuchtet." 2) - Die Vorstellung einer Feuerburg als der Wohnung Gottes findet sich übrigens auch bei den Pythagoräern, indem der Pythagoräer Philolaus das Centralfeuer das Haus und die Wohnung des Zeus nannte. Es liegt gewiss dieselbe Vorstellung zu Grunde, wenn der ägyptische erstgeschaffene Urgott und Urschöpfer Ptah, d. i. das schöpferische Urfeuer, in einem goldenen Palaste wohnen soll. Golden ist desshalb auch der Tempel oder die Wohnung Jehovah's, welche ihm Salomo zu Jerusalem erbaute.
Die in der deutschen Mythologie vorkommende Göttin lsis, althd. Isa, bedeutet ein glänzendes Wesen und ebenso bezeichnet der deutsche Gott Heimdaller den Weltglänzen-
- 1) Movers, die Phönicier, I. S. 259 u. 60.
- 2) Vergl. auch Dunker, Geschichte des Alterthums, I. S. 210, Anm. 7.und Schwartz, Ursprung der Mythol., S. 279 ff.
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den. 1) Von Buddha wird gesagt, dass lichter Glanz und Wohlgeruch von seinem Körper ausströme als Wiederschein der inneren Verklärung und Heiligung, der unbegrenzten Weisheit und Tugend, - als Ausstrahlung des inneren Lichtes. 2) In dem gleichen Sinne wird in der deutschen Mythologie von dem Gotte Baldur, dem göttlichen Urbilde eines reinen Jünglings, gesagt, er sei so schön von Antlitz und so glänzend, dass ein Schein von ihm ausgehe. Das lichteste aller Kräuter, die Kamille, heisst Baldurs Augenbraune. 3) Dieser den Lichtgöttern entströmende Lichtschein hat namentlich bei den arischen oder indogermanischen Völkern schon frühe dahin geführt, dieselben mit einem Licht- oder Strahlenkranze oder Glanze darzustellen. 4) So werden z. B. bei den Griechen Apollo und Bellerophon dargestellt und ebenso Andere, um sie als Sonnen- oder Lichthelden zu bezeichnen.
Zu Anxur oder Tarracina wurde der jugendliche Jupiter Anxur oder Anxurus mit einer grossen Strahlenkrone dargestellt, so dass er also dem Apollo verwandt, ein jugendlicher Sonnengott gewesen sein muss. Der eigentliche römische Sonnengott, Sol, ist gleichfalls von einer Strahlenkrone umgeben. Auch der später zu Alexandrien aufgekommene, etwas dunkele Gott Serapis trägt eine Strahlenkrone, wesshalb Furtwängler, die Idee des Todes, S. 138, ihn für den Sonnengott erklärt. 5) In Indien sind ausser den buddhistischen Heiligen namentlich auch die Mutter Buddha's, den Säugling Buddha auf dem Schoosse haltend, mit einer Glorie
- 1) Wolf, Zeitschrift, Il. S. 317 und Ettmüller, lex Anglosax. S. 557.
- 2) Köppen, die Religion des Buddha, Berlin 1857, S. 435.
- 3) Menzel, Odin, S. 67; Simrok, deutsche Mythologie, S. 93.
- 4) Stephani, der Nimbus und Strahlenkranz in den Werken der alten Kunst, Petersburg 1859.
- 5) Vergl. auch Preller, römische Mythologie, S. 723 ff,; Furtwängler, a. A. O., S. 136, Anm. 1. Preller leitet mit Clemens den Namen Serapis oder Sirapis von Osiris-Apis, Osorapis ab, während Furtwängler den Namen nicht für ägyptisch hält und aus dem Orient herleitet. Bunsen, Aegyptens Stelle in der Weltgeschichte, Va, S. 11, stimmt mit Preller überein; Creuzer, Symbolik, I. S. 312 ff., und Prichard, ägypt. Mythol., S. 74 ff., sind unentschieden.
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um das Haupt geziert. 1) Auch auf syrischen Denkmalen erscheint Sol sanctissimus mit dem Strahlenkranz um das Haupt. 2) Hieraus ist sodann der Strahlenkranz, die Glorie hervorgegangen, welche in der katholischen Kirche Christus, seine Mutter Maria und die Heiligen schmückt und sowohl ihr Wohnen in dem Lichte, als ihre sittliche Reinheit und Höhe andeutet. Auch das Kreuz, als ein Symbol von Christus, ist in der katholischen Kirche gewöhnlich von einem Strahlenkranze umgeben. Zugleich stehen Gott als das Licht, die durch das Licht geschaffene Welt und die weisse Farbe (weiss) als das Leuchten des Lichtes in der innigsten Sprachverwandtschaft bei den indo-germanischen Völkern und Gott, Welt und weiss (Licht) erscheinen als gleichbedeutend. 3)
Im Litthauischen z. B. heisst swesti leuchten, swétas die Welt, - im Slavischen svit-ati leuchten, svetu Licht und Welt. Das W im Deutschen weiss (sansk, cvêta, cviti und sita von der Wurzel cvi, weiss sein, womit auch das zendische cpi-tama, der Heiligste, zusammenhängt) und Welt ist dasselbe und deutet auf die Bewegung des Lichtes, auf das Werden der Welt durch die Bewegung des Weissen oder Lichtes hin.
Weiss und weise sind gleichfalls nicht verschieden und bezeichnen nur das körperliche und geistige Licht, die körperliche und geistige Welt, die körperliche und geistige Schönheit. Die Japhetiten sind die Schönen, die Weissen und die Weisen, denn Japhet bezeichnet die Schönheit. In diesem Sinne heisst es auch in den Klageliedern des Jeremias: "Ihre Edlen waren weisser als Schnee und lauterer als Milch," und im hohen Liede wird gesagt: "Mein Geliebter ist weiss und röthlich und von Tausenden auserkoren." Nach Hitzig, Zeitschrift des wissenschaftlichen Vereins in Zürich, 1856 S. 142 ff., bezeichnen auch Germani die blendend Weissen im Gegensatz zu den Kuschi oder Mohren.
Das klare Bewusstsein, dass Gott der Schöpfer der Sonne, des Mondes und der Sterne sei, wurde indessen
- 1) Abbildungen zu Creuzer's Symbolik, Taf. XXVI.
- 2) Lajard, a. a. O., Taf. I.
- 3) Lassen, a. a. O., I. S. 655, Anm. 1.
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bald dadurch getrübt, dass man die Schöpfung mit dem Schöpfer, die Wirkung mit der Ursache, die Folge mit dem Grunde verwechselte, indem man die blos symbolische Bedeutung vergass und Sonne, Mond und Sterne als die Gottheit selbst betrachtete, der Gottheit oder dem Meister, gleichstellte. In den 3 kleinen maurerischen Lichtern ist nur die Vergöttlichung der Sonne und des Mondes - das dreieinige Wesen Gottes, der Sonne und des Mondes nach der sehr alten asiatisch-ägyptischen, das Symbol missverstehenden und die Schöpfung an die Stelle des Schöpfers setzenden Vorstellung enthalten. In ihrer ursprünglichsten und einfachsten Bedeutung bezeichneten die 3 Lichter bloß Gott und seine Schöpfung, das schaffende Eine und ewige Licht, die Offenbarung Gottes durch die Schöpfung der Welt, und das Einzige göttliche Licht, der Eine Schöpfer spaltete sich erst in 3 sich gleichstehende, Lichter, nachdem der astrologische Glaube und Aberglaube der Chaldäer und Aegypter auch die Sonne, den Mond und die Sterne zu Göttern gestaltet hatte.
Die 3 kleinen Lichter in diesem Sinne können nur Jahrhunderte vor Christus in die heidnische Maurerei Eingang gefunden haben und beweisen, alles gegentheilige Gerede widerlegend, jedem der Geschichte und der Mythologie Kundigen, wie hoch hinauf in das vorchristliche Alterthum in ihren letzten Wurzeln und in ihren ersten Anfängen die Maurerei reiche. Bei den Griechen erscheinen die 3 maurerischen Lichter als Zeus, der Himmelsvater, mit seinen beiden Kindern Apollo, als Sonnengott und Sonne, und Artemis, als Mondsgöttin und Mond.
Das gemeinsame Attribut dieser 3 Güter ist der Blitz oder der Pfeil, der letztere das dem Schwerte verwandte Symbol des Lichtstrahles; mit dem Blitze oder Pfeile überwinden jene Lichtgottheiten die Finsterniss und alle finstern Gewalten; das Lichtvolle und Gute in der Natur- und Geisteswelt gehört ihnen an und wird von ihnen geschaffen und beschützt. Diese 3 höchsten Gottheiten oder 3 grossen und grössten Lichter wurden auch, wie wir näher und genau wissen, ähnlich wie bei den Maurern, in den eleusinischen Geheimnissen durch die 3 obersten Priester, gleichsam durch die 3 ersten Beamten der Loge symbolisch dargestellt.
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Den Gott mit dem Hammer, den Lichtschöpfer, den Weltenschöpfer , den Werkmeister des Alls'(Vicvakarman in der Sprache der Inder) den Welterbauer den grossen Baumeister (Ptah-Hephästos) des Weltalls stellte der oberste Priester, der Hierophant, d. i. der Vorzeiger des Heiligthums, oder der Mystagog, der Führer der Eingeweihten, dar. Er leitete die ganze Aufnahme und ertheilte das Licht, sprach: "Es werde Licht." Dabei tragen die obersten Priester gleich den Göttern eine blaue, weisse oder rothe Kleidung zur Erinnerung an das blaue Himmelszelt, an das reine Himmelslicht oder an das Feuer als Symbol des letztern; ähnlich sind die Tempel, die Kirchen, die Logen geschmückt.
Die Sonne und der Mond wurden in den eleusinischen Geheimnissen durch den Oberfackelträger und den Altardiener versinnbildlicht, indem der Oberfackelträger mit den Attributen der Sonne und der Altardiener mit denen des Mondes bekleidet war. Bei den heutigen Maurern hängt es damit oder wenigstens mit den weit verbreiteten 3 grossen Lichtern zusammen, dass dem ersten Vorsteher sich gegenüber die Sonne erhebt und er die Sonnen-, Licht- oder Mittagskolonne zu leiten hat, während dem zweiten Vorsteher gegenüber der Mond sich senkt und ihm die Mond- oder Mitternachtskolonne untergeben ist. Der Meister vom Stuhl und die beiden ersten Vorsteher sind mithin die lebendigen Symbole der alten Götterdreiheit oder vielmehr des alten dreieinigen Gottes.
Ob die heutigen Maurer sich zu dem Glauben an einen 3fachen oder 3einigen Gott bekennen wollen oder nicht, ist höchst gleichgültig und sieht jetzt nicht entfernt in Frage, indem es sich blos darum handelt, was vor Jahrhunderten und Jahrtausenden Jene gedacht haben, welche das Symbol einführten oder aus dem übrigen Zeitglauben aufnahmen und gläubig gebrauchten, nicht aber aus einem geschriebenen Katechismus gefühl- und gedankenlos auswendig lernten. Die geschichtliche Symbolik wäre in der That und Wahrheit in einer sehr peinlichen Lage, wenn sie auf die Gefühle und Gedanken der heutigen Freimaurer beschränkt wäre. Um daher ein für alle Mal jedes mögliche Missverständniss abzuschneiden, sei hier ausdrücklich bemerkt, dass
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keineswegs die Dogmatik oder Glaubenslehre der heutigen Freimaurer darzustellen und zu schreiben beabsichtigt wird, sondern die Absicht eine rein geschichtliche, autiquarische oder archeolische ist, es der stolzen Gegenwart überlassend, ob sie gleich dem Alterthume bei den Symbolen Etwas fühlen und denken wolle. Immerhin ist es für den Menschen und Geschichtsforscher nicht ohne Interesse, zu wissen und zu denken, welcher Geist dereinst die todte und modernde Mumie belebt habe. Auch erscheint es gewiss dem Geduldigsten unerträglich, noch immer von drei kleinen oder grossen Lichtern sprechen zu hören, wo man oft vergeblich nach einem einzigen Lichte sucht und weder Ein grosses noch kleines Licht zu finden vermag. Die Geschichtsforschung, welche sich heute in der Maurerei so breit macht und leider das grosse Wort führt, verdient kaum den Namen derselben, weil sie jedes ächt historischen Sinnes bar und ledig ist. Das grosse, hohle und winzige Stichwort der Zeit ist, dass die jetzige Freimaurerei zuletzt auf den mittelalterlichen Brüderschaften und Zünften der Steinmetzen und Bauleute beruhe und historisch durchaus nicht weiter hinaufreiche, während jene Brüderschaften und Zünfte keineswegs der erste Anfang, sondern blos eine neue abschliessende Entwicklungsstufe mit einer grossen Vorgeschichte sind, durch welche Vorgeschichte sie mit den Römern und Griechen und mit dem gesammten Alterthume in Verbindung und Zusammenhang treten.
In dem alten Testamente finden sich viele Stellen worin den Juden untersagt wird, nach der urasiatischen und besonders syrischen, assyrischen und babylonischen Weise den Bel, Baal (verwandt mit dem griechischen Zeus, dem deutschen Thôrr und dem indischen Indra), die Sonne, den Mond und die Sterne anzubeten. Im II. Buche der Könige 23, 5 wird vom König Josua z. B. erzählt: "Und er that ab die Camarim (Götzenpriester), welche die Könige in Juda gestiftet hatten, da man räucherte auf den Höhen, in den Städten Juda und um Jerusalem her: auch die, welche dem Baal, der Sonne und dem Mond und den Gestirnen und allem Heer des Himmels räucherten." - Im V. Buche Mosis 4, 19 heist es: "Und dass du nicht deine Augen gen Himmel aufhebest, und sehest
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die Sonne und den Mond, und die Sterne, und das ganze Heer des Himmels, und werdest angetrieben, sie anzubeten und ihnen zu dienen: da der Herr dein Gott dieselben allen Völkern unter dem ganzen Himmel gegeben hat." - Und oben daselbst 17, 3: "und hingehet, und andern Göttern dienet, und sie anbetet, es sei die Sonne oder den Mond, sammt allem Heere des Himmels, das ich nicht geboten habe."
An die drei kleinen Lichter der Maurer erinnern auch die Münzen von Damaskus aus der Zeit des Trebonianus Gallus in der Mitte mit einer Cypresse, Symbol der über Leben und Tod gebietenden Astarte, zur Rechten derselben ein Stier und zur Linken ein Pferd. Lajard, recherches sur le culte du cyprés pyramidal, p. 83 ff., erblickt in dem Pferde das Symbol der Sonne und in dem Stiere dasjenige des Mondes und vergleicht mit den Münzen von Damaskus diejenigen von Aradus, welche nur insofern abweichen, als an die Stelle des Pferdes ein Löwe getreten ist.
Die Römer, besonders Cäsar, erzählen von den alten Deutschen , dass dieselben Sonne, Mond und Herkules nach römischer Bezeichnung, - Sol, Luna und Vuleanus, d. i. Sonne, Mond und Thôrr als Götter anbeten. 1) Cäsar de bello gall. lib. VI, cap. 21 sagt: "Deorum numero eos solos ducunt quorum opibis aperte juvantur, Solem, et Vuleanum et Lunam." Andere lasen: "Deorum numero eos solos ducunt, quos cernunt, Solem et Vuleanum et Lunam: reliquos ne fama quidem acceperunt." Der Glaube der alten Deutschen war somit der asiatische Lichtglaube, ein Gestirndienst, der Dienst des dreifachen oder dreieinigen Gottes, der Sonne, des Mondes und des blauen Himmelsäthers, wie derselbe Glaube ursprünglich in den sogenannten drei kleinen Lichtern der Maurerei enthalten ist und weshalb beider Glaube gleich alt sein, zu einer und derselben Zeit entsprungen sein müssen. Das Symbol. der drei kleinen Lichter d. h. ursprünglich der drei einzigen und höchsten, des dreieinigen Gottes darf mit Sicherheit als ein vorchristliches erklärt werden, dem in der
1) Simrok, deutsche Mythologie, S. 428 u. 480.
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spätern christlichen Zeit sodann das jetzige Symbol der drei grossen Lichter der Bibel, des Winkelmasses und des Zirkels oder der Liebe zu Gott, zu der Tugend und zu den Menschen entgegengesetzt worden ist. Wäre das Symbol der drei grossen Lichter ein ursprünglicher Bestandtheil der Maurerei und nicht erst nachher in dieselbe, vermuthlich nach dem Vorgange und der Lehre der Essäer und Therapeuten aufgenommen worden, so würde hieraus mit Nothwendigkeit folgen, dass die Maurerei nicht über Christus hinaufreichen könne und eine wesentlich und durchaus christliche Stiftung sei, was aber mit der Geschichte und vorzüglich mit der Geschichte der römischen Baucorporationen unvereinbar ist.
In ihrem letzten Ursprunge ist die Maurerei vielleicht viele Jahrtausende vor Christus mit der gebildeten Menschheit in Hochasien, im Osten entstanden und von dort über alle Länder der Erde ausgebreitet, in Europa aber durch das Christenthum wesentlich fort- und umgebildet worden, daher auch die Geschichte der Maurerei in zwei grosse Epochen, die vorchristliche und nachchristliche, zerfällt und ebenso ihre Symbole und Gebräuche sich zunächst entweder als rein heidnische oder rein christliche, beziehungsweise heidnisch - christliche erweisen müssen.
Das Symbol der drei kleinen Lichter ist rein heidnisch, dasjenige der drei grossen Lichter rein christlich; jedoch ist bei dem Symbole der drei grossen Lichter nicht zu vergessen, dass das Christenthum die Lichtsymbole nur aus dem Heidenthum überkommen hat, dass das Christenthum nur der fortgebildete und höher geschrittene alte asiatische Lichtglaube ist. Die Eintheilung der Lichter in grosse und kleine ist unstreitig der mosaischen Genesis 1, 16 nachgebildet und nur ein Erzeugniss des christlichen Mittelalters, welches ursprünglich der Maurerei fremd gewesen. Wie aus Krause, Kunsturkunden, I. 2., S. 370, zu ersehen ist, machte die katholische Geistlichkeit sogar den Versuch, den maurerischen drei Lichtern die drei christlichen Personen der Gottheit, den Vater, den Sohn und den heiligen Geist unterzuschieben. Da in den während des christlichen Mittelalters eingeführten drei grossen Lichtern der Bibel, des Winkelmasses und des Zirkels nicht der Gottesbegriff, sondern blos die trilogische Lehre enthalten ist, dass der
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drei Maurer an Gott glauben, die Tugend üben und die Menschen lieben solle, so hat das im Jahr 1717 zu London entstandene sogenannte neuenglische System der rein symbolischen Maurerei, ohne damit entfernt den Werth und die Wahrheit jener moralischen Lehren verkennen zu wollen, mit Recht die drei alten oder kleinen Lichter als die einzigen beibehalten, 1) wie sie es sind und nur im rechten Sinne, in der Sprache der Genesis ausgelegt werden müssen.
- Und ein Gott ist, ein heiliger Wille lebt,
- Wie auch der menschliche wanke;
- Hoch über der Zeit und dem Raume webt
- Lebendig der höchste Gedanke
- Und ob Alles im ewigen Wechsel kreist,
- Es beharret im Wechsel ein ruhiger Geist.
Die drei kleinen oder grossen Lichter sind jetzt allein das Symbol des Einen Gottes, welcher die Sonne, den Mond und die Sterne geschaffen hat und durch sie den Tag und die Nacht erleuchtet und regiert. Die Sonne, der Mond und die Sterne sind gleichsam die Augen des allsehenden und allwissenden Gottes; die Sonne namentlich ist das uralte asiatisch-ägyptische Auge der Vorsehung und wird namentlich auch in der katholischen Kirche als das Symbol Gottes und seiner Kirche gebraucht. Da sichtlich nur die geistliche Furcht des Mittelalters die sehr alten und ursprünglich heidnischen drei Lichter zu den drei kleinen Lichtern herabgesetzt hat, ist die abweichende Vermuthung Krause's, a. a. O., I. 2, S. 366, über den Ursprung der drei kleinen Lichter aus dem Sitze der drei die Loge haltenden und regierenden Beamten bei den Hauptfenstern der Bauhütte unbegründet und unhaltbar.
In den drei grossen Pfeilern der Weisheit, Stärke und Schönheit, welche die Loge, d. h. das Weltall tragen und erhalten und die durch den Meister im Osten den ältern Aufseher im Westen und den jüngern Aufseher im Süden vorgestellt werden, ist nur Gott in seinen drei höchsten Eigenschaften ausgedrückt. Der dreiarmige Leuchter hat dieselbe symbolische Bedeutung und ist dem auf die
1) Krause, a. a. O., I. 2, S. 404.
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sieben Planetengottheiten hinweisenden 7armigen Leuchter verwandt. Das Licht und die Lichter - 3, 7 oder 12 Lichter, sind überhaupt das Grundsymbol der alten Maurerei und bezeichnen entweder den Einen oder den dreieinigen Gott, die sieben Planeten oder die zwölf Zodiakalgottheiten, die zwölf Gottheiten des Thierkreises, die Eine Sonne in ihrem Laufe durch die zwölf Zeichen des Thierkreises. Die Maurerei ist nur der Glaube und der Dienst des ewigen Lichtes, wie dieses in dem irdischen Lichte sich verkündet und offenbart hat; die Maurerei war und ist allein die Erkenntniss und die Verehrung des einzigen grossen unsichtbaren Lichtes, welches allem irdischen Lichte das Dasein gegeben hat; die Maurerei ist die Lehre, dass es nur Eine wahre Offenbarung Gottes gebe, seine Schöpfung, die Welt.
Die drei um den Teppich aufgestellten Lichter bezeichnen auch die drei Pfeiler, welche die Loge oder die Welt stützen und tragen, so dass also das Symbol der drei kleinen Lichter und das Symbol der drei Pfeiler sich fortwährend berühren und in einander hinüberspielen. Das Symbol der drei Pfeiler 1) ist übrigens wohl weit jünger als das Symbol der drei kleinen Lichter, da es ein rein geistiges oder moralisches ist und durch keinen Zug an die alten Naturreligionen erinnert. Nur wenn man die drei Pfeiler auf die drei kleinen Lichter selbst beziehen und deuten wollte und könnte, würden dieselben eine alterthümliche Gestaltung und Färbung erhalten.
Wie aus dem Artikel "Lichter" in Lenning's Encyklopädie zu ersehen ist, sind die sogenannten drei grossen Lichter der Bibel, des Winkelmasses und des Zirkels auch in den französischen Logen der drei Johannisgrade ganz erloschen und werden nur in den höhern Graden, vorzüglich in dem Grade d'Ecossais angewandt.
Endlich stimmen mit den maurerischen drei Pfeilern wenigstens einigermassen überein, haben eine gewisse Aehnlichkeit damit bei den Buddhisten die drei Formeln der Zuflucht oder, wie sie auch genannt werden, die drei Stützen. Sie sind das Gelöbniss, durch welches der
1) Vergl. in Lenning's Encyklopädie den Art. "Pfeiler."
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Glaube und die Hingabe an den Buddha, sein Gesetz und seine Kirche übernommen und bezeugt wird, und lauten,
ich nehme meine Zuflucht zum Buddha. Ich nehme meine Zuflcht zur Lehre (Dharma). ich nehme meine Zuflucht zum Verein der Geistlichen (Kirche, Sangha).
Dieses Glaubensbekenntniss pflegt an Bet- und Festtagen vor dem Bilde des Buddha und den Priestern wiederholt zu werden und ist bei den südlichen Buddhisten die bekannteste und gebräuchlichste Gebetsformel. 1) - Uebrigens ist das Symbol der drei Pfeiler, auf welchen die Loge und die Welt ruht, oder des dreieinigen Gottes, beziehungsweise des Gottes der Weisheit, Stärke und Schönheit, welcher die Welt und die Menschen lenkt, auch bei den Aegyptern sehr gebräuchlich und wird von ihnen unter dem Bilde der bekannten weiblichen Sphinx dargestellt. Die altägyptischen Sphinxe, die Sphinxe mit Jungfrauenköpfen, sind sinnende Jungfrauen mit dem Leibe eines Löwen.
Die Sphinx, im Ganzen betrachtet, war das Symbol der Weisheit, des verborgenen und geheimen Wissens, des göttlichen Mysteriums. In dem Bilde der Sphinx sollte die Gestalt der Jungfrau zugleich die Schönheit und die des Löwen die stärke andeuten. Den Namen der Sphinx führt Zoëga auf das Koptische Phiih (, das Göttliche) zurück, und die Sphinx ist somit das Symbol des weisen, starken und schönen Gottes, - der göttlichen Weisheit, Stärke und Schönheit. Die Sphinx, das Symbol ,des göttlichen Mysteriums, wurde bei den Griechen zur räthselgebenden Jungfrau und die thebanische Sphinx stellte das Räthsel von dem Menschen als Thier, das am Morgen auf vier, am, Mittag auf zwei und am Abend auf drei Beinen gehe, welches Räthsel nur der Grieche Oedipus zu lösen vermochte, d. h. wohl, erst die Griechen haben das den Menschen von der Gottheit gestellte Räthsel, die gegebene Aufgabe befriedigend gelöset und erfüllt, was auch vollkommen seine Richtigkeit hat. - Der ägyptischen Sphinx sind auch verwandt die geflügelten assyrischen Stiere mit Menschenköpfen, indem hier durch das Men-
1) Köppen, Religion des Buddha, S. 443.
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schenhaupt die Weisheit, durch den Stierleib die Stärke und durch die Flügel die Allgegenwart Gottes bezeichnet werden soll. Die ägyptischen Sphinxe waren nicht geflügelt, wohl aber trugen die griechischen Sphinxe, gewiss nach dem assyrischen Vorbilde, Flügel, - wurden also zu einem verstärkten Symbole der Haupteigenschaften Gottes.
In dem Symbole der drei Pfeiler ist die oberste Regel, das Ziel und die Aufgabe des maurerischen Strebens und Lebens ausgedrückt. Die drei Haupttugenden des Maurers sind darnach Weisheit, Stärke und Schönheit; der Maurer soll weise, stark und schön leben. Das heilige Buch der Chinesen, das I-King, stellt in diesem gleichen Sinne vier Tugenden des Himmels als Vorbilder der menschlichen Tugenden auf, das Gute, Schöne, Nützliche und Wahre.