Rezension: Umberto Eco - Der Friedhof in Prag

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Dieses Buch ist ein umgekehrter Verschwörungsthriller. Darin wimmelt es vor Absurditäten über die Juden, die Freimaurer, die Jesuiten und andere Gemeinschaften. Von Rudi Rabe.

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Warum ‚umgekehrt‘? Weil Eco den Verschwörungsunsinn nicht seinen Lesern andrehen will. Vielmehr zeigt der labyrinthische Roman, wie im Italien und Frankreich des 19. Jahrhunderts obrigkeitliche Mächte mit Gerüchten, Denunzierungen und Fälschungen Politik machten. Nur der Ich-Erzähler ist erfunden: der schizophrene Simon Simonini, ein Auftragsfälscher und Mörder. Alle anderen Figuren haben wirklich gelebt, so daß man den Roman wie ein Geschichtsbuch lesen kann.

Der Taxil-Schwindel

Die Freimaurer irrlichtern immer wieder durch den Roman. Höhepunkt: der berühmt-berüchtigte Taxil-Schwindel. Leo Taxil war ein französischer Freidenker. Er wurde rezipiert aber bald wieder hinausgeworfen, worauf er zum Kämpfer gegen die Freimaurer mutierte. Seine Bücher enthielten immer noch verrücktere Behauptungen über die Logenrituale: von Satansanbetungen bis zu Sexualkulten. Das gefiel hohen katholischen Würdenträgern: Sie förderten Taxil, und sogar Papst Leo XIII. (‚Humanum Genus‘, die ärgste aller Freimaurer-Enzykliken) empfing ihn. Doch nach ein paar Jahren blamierte er sie alle: In einem groß angekündigten Vortrag eröffnete er den Zuhörern, daß alles Lug und Trug war. Mit kirchlicher Hilfe wollte er nur seine Bücher verkaufen und sich bei den Freimaurern rächen. Beides ist ihm gelungen, letzteres bis heute: Taxils Erfindungen spuken immer noch durch die antimasonische Literatur.

Die Taxil-Geschichte ist wahr. Fiktiv ist: Bei Umberto Eco wird Taxil von Simonini auf Bestellung von Geheimdienstlern zu seinen Lügen angestiftet.


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