Christian Günther zu Stolberg-Stolberg
Biographie
1748
15. Oktober: Christian Graf zu Stolberg Stolberg wird in Hamburg geboren.
Stolberg verbringt zusammen mit seinem jüngeren Bruder Friedrich Leopold eine außergewöhnlich freie Kindheit in Holstein und auf Seeland.
1770
Nach der standesgemäßen Erziehung durch französische und deutsche Hofmeister geht er mit seinem Bruder nach Halle, um Jura zu studieren.
1772
19. Dezember: Sie werden beide in den Dichterbund aufgenommen.
1773
April: Sie übergeben Klopstock als persönliche Huldigung des Bundes den handschriftlichen Sammelband »Für Klopstock«, der 91 Oden, Lieder, Balladen und Übersetzungsproben enthält und das Interesse des Hamburger Dichters an der jungen Dichtergemeinschaft wecken soll.
September: Nach Beendigung des Studiums (Unter anderen bei Johann Stephan Pütter) kehrt Stolberg mit seinem Bruder nach Altona zurück.
1774
Sie nehmen über Boie Kontakt zu Goethe auf.
Mai: Zusammen mit Goethe und dem späteren preußischen Staats- und Kabinettsminister Heinrich Christian Kurt Graf von Haugwitz reisen die Brüder durch Süddeutschland und die Schweiz.
Juli: Sie trennen sich in Zürich von Goethe und brechen zu einer Tour durch den Tessin nach Genf auf, wo sie Voltaire treffen.
November: Stolberg tritt mit seinem Bruder die Rückreise an, die sie über Ulm, Weimar, Dessau und Berlin nach Kopenhagen führt.
1777
Die Lebenswege der Brüder trennen sich. Christian Stolberg heiratet die 30jährige Witwe Friederike Luise von Gramm, geborene Gräfin von Reventlow, und läßt sich in Tremsbüttel nieder, wo er eine Stelle als Amtmann annimmt. Stolbergs literarisch interessierte Frau macht aus Tremsbüttel einen Ort regen geistigen Austauschs. Sie unterhält enge Kontakte zu Baggesen, Boie, Claudius, Herder, Klopstock, Matthisson, Oehlenschläger, Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Voß.
1784
Stolberg trifft zusammen mit seinem Bruder während einer Erholungsreise nach Karlsbad und Teplitz noch einmal in Weimar mit Goethe zusammen.
1787
»Schauspiele mit Chören« (Leipzig).
Zahlreiche Übersetzungen (Anakreon, Bion, Horaz, Moschos, Musaios, Theokrit, die Batrachomyomachie sowie homerische Hymnen) entstehen und die mit seinem Bruder abgesprochene Übersetzung der »Chöre des Sophokles in Odenform« (Leipzig) erscheint im Druck.
1800
Stolberg verkauft seinen Besitz in Tremsbüttel und kauft das Gut Windeby bei Eckernförde.
1805
In einer anonymen Schrift ergreift Stolberg Partei für den von den Altonaer Aufklärern um Nicolaus Funk befehdeten Kurator der Kieler Universität, Friedrich Karl Graf von Reventlow.
1815
Ihm wird die Ehrendoktorwürde der Universität Kiel verliehen.
1816
Er sieht seinen Bruder ein letztes Mal, der ein Jahr vor ihm stirbt.
1821
18. Januar: Stolberg stirbt in Windeby bei Eckernförde; seine Grabstätte befindet sich in der Kirche von Horslunde auf Lolland.
Posthum erscheinen »Gesammelte Werke der Brüder Christian und Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg« (20 Bände, Heidelberg 1820–1825).
Lied an einen Freimaurer bei seiner Aufnahme
Mit Beben, wie die Freude bebet,
Und dankbar segnend dein Geschick,
Von kühner Ahndung neu belebet,
Voll Bruderliebe Herz und Blick;
So, Bruder, tritt in unsre Mitte
So schwör' den schauervollen Eid,
Und jeder ist, nach Maurersitte,
Dein Herzensfreund zu seyn bereit;
Und willig, Habe, Blut und Leben,
Nimm diesen Bruderkuß zum Pfand!
Für dich, und jeden hinzugeben,
Der sich, wie du, mit uns verband.
Auch dir sei Habe, Blut und Leben
Zu theu'r für deine Brüder nicht,
Mit Freud' und Demuth es zu geben,
Das, Bruder, ist des Maurers Pflicht!
Ach! rauh und steil sind unsre Pfade
Und harte Kämpfe kämpfen wir;
Fliehst du den Kampf, fliehst du die Pfade,
Dann wehe! wehe! wehe! dir.
Getrost! du fliehst sie nicht. Beginne
Mit Muth und Vorsicht deine Bahn,
Und dringe zu des Gipfels Zinne,
Zu der nur Hochgeweih'te nah'n.
Die Stärke stütze deine Rechte,
Wenn machtlos sie im Streite ficht;
Des Irrsals und des Zweifels Nächte
Erhelle dir der Weisheit Licht.
Schon sank die Hülle! Sieh, es winket
Dir fern Aurorens junger Schein,
Doch grauer Nebel wallt und sinket
Und hüllt in Dämmerung dich ein!
So wallte Nebel einst, und deckte
Des Tempels Heiligthum; es bebt
Der Söhne Levi Schaar; sie schreckte
Gott, dessen Schauer sie umschwebt.
Da schwiegen Psalter, schwiegen Lieder;
Da flehte Salomon; da goß
Ein Strom des Lichtes sich hernieder,
Der in des Weisen Seele floß.
So quill' auch dir des Lichtes Quelle,
Ergieß' im vollen Strome sich,
Verscheuche Nebel, und erhelle
Und kräft'ge und belebe dich!
Wohl dir, in unsrer Brüder Kreise!
Wohl uns! wir feiern diesen Tag!
Ihm folge, nach der Väter Weise,
Ein froh bekränzter Abend nach.
Bei unserm Freudenmahl' erneue
Der volle Becher unser Band;
Die Freud' erschein' uns! Wahrheit, Treue,
Und edle Zucht an ihrer Hand.
Dann schallen festlich unsre Lieder,
Wir trinken ferner Brüder Glück,
Und blicken auf bedrängte Brüder,
Und lindern freudig ihr Geschick.
Quelle: Gesammelte Werke der Brüder Christian und Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg, Band 1, Hamburg 1820, S.
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