Korporation in Gateshead
Freibrief der Korporation in Gateshead, 1671
Bearbeitung: Roland Müller
Auszug aus einem sehr ausführlichen Freibrief, in welchem der Bischof von Durham 1671 eine alle möglichen Gewerbe umfassende Korporationen in Gateshead genehmigte.
Aus Wilhelm Begemann: Vorgeschichte und Anfänge der Freimaurerei in England. Berlin: Mittler, Bd. 1, 1909, 312-318 (ohne die Anmerkungen).
An der Spitze der Vereinigung erscheinen die free Masons, dann folgen 17 andre Gewerke, unter ihnen die verschiedensten Bauhandwerker, und zuletzt die Destillateure aller Arten von ‚strong waters and other liquors’.
… Alle Jahre sollen vier einsichtige und erfahrene Männer als Aufseher gewählt werden, um die Körperschaft zu beaufsichtigen und zu regieren; unter ihrer Leitung können Versammlungen stattfinden, um Ordnungen und Verfassungen für die Regierung und Verbessrung der Körperschaft zu vereinbaren. Dieselben dürfen aber den Vorrechten des Königs und den Staatsgesetzen nicht zuwider sein, müssen auch vom Bischof von Durham durchgesehen (perused) und genehmigt werden.
Die ersten vier Aufseher ernennt der Bischof …Einer der vier Aufseher soll immer ein free mason sein, und an der Spitze der ersten vier Aufseher stand der free mason Robert Trollap.
Die zweite Hälfte des Schriftstücks bilden bestimmte Ordnungen, die ich in kurzen Auszügen hier anfüge:
Erstens
Am 24. Juni, am Fest Johannes des Täufers, sollen sich die Mitglieder alljährlich versammeln, an irgend einem passenden Platze in Gateshead, vor 9 Uhr vormittags, und die 4 Aufseher wählen, auch eine geeignete Persönlichkeit als Schriftführer, alle für ein Jahr. Am selben Tage sollen sie Freileute und Brüder machen.
An diesem Tage und drei andern Festtagen, St. Michael, St. Johannes zu Weihnacht und am Tage der Verkündigung Mariae (25. März), sollen sie die Angelegenheiten der Körperschaft beraten und notwendige Bestimmungen treffen, nach Stimmenmehrheit. Alle Mitglieder sind gebunden, solche neuen Ordnungen, nachdem sie vom Bischof bestätigt worden sind, zu beobachten und zu erfüllen.
Item. Wer eins der genannten Gewerbe übt, ohne die gesetzliche Lehrlingszeit von 7 Jahren durchgemacht zu haben, zahlt für jeden Monat 40 sh., die zur Hälfte dem Bischof, zur Hälfte der Körperschaft zufallen.
Item. Wer außerhalb der Stadt Gateshead in einem der zur Korporation gehörigen Gewerbe als Lehrling richtig gedient hat, soll dem Bischof und der Korporation je 10 Pfund zahlen und gegen ein Zertifikat (certificate) des Bischofs von den Aufsehern zugelassen werden (be admitted), worüber sie eine untersiegelte Urkunde erhalten. Wer ohne diese Zahlungen das Gewerbe übt, zahlt monatlich 5 Pfund, halb an den Bischof und halb an die Korporation.
Item. Wer einen Lehrling für weniger als 7 Jahre annimmt, zahlt 5 Pfund (zu teilen wie vorher).
Item. Wenn irgend ein Fremder, der in Gateshead nicht bekannt ist und als Lehrling hier nicht ausgebildet ist, ein Gewerbe übt, ohne Berechtigung, Stand, Religion und Ehrenhaftigkeit sowie den Grund seines Herkommens dem Bischof nachgewiesen zu haben, zahlt für den Monat 6 Pfund 13 sh. 4 d. (zu teilen wie vorher).
Item. Wer einem andern einen Diener oder Lehrling während dessen Dienstzeit abspenstig macht, zahlt 5 Pfund (zu teilen wie vorher).
Item. Wer einem andern einen Kunden oder eine gewohnte Arbeit wegnimmt, die dieser selbst leisten kann und will, oder wer in den genannten Versammlungen einen andern mit Worten oder Taten beleidigt, oder wer ohne vernünftige Entschuldigung (reasonable excuse) die Versammlungen versäumt, oder wer sich widerspenstig gegen die bestehenden Ordnungen verhält, soll mit Strafen belegt werden, die den Aufsehern und der Mehrheit der genannten Gesellschaft angemessen erscheinen, und wenn er sich dessen weigert und bei seinem Ungehorsam beharrt, soll er aus der Körperschaft ausgeschlossen werden, bis er sein Unrecht einsieht und sein Vergehen gut macht.
Item. Die jeweiligen Aufseher haben die Strafgelder einzuziehen und binnen einem Monat nach der Einziehung dem Bischof seinen Anteil auszuzahlen. Die Gesellschaft bestimmt durch Stimmenmehrheit über die Verwendung ihres Anteils. Der Schriftführer hat alles in ein Buch einzutragen, und er und die Aufseher haben nach Ablauf ihres Amtsjahres ihren Nachfolgern Rechenschaft abzulegen. Es soll eine Kiste (Lade) beschafft werden, die stets in der Obhut des ältsten oder ersten Aufsehers sich befinden muß; darin sind aufzubewahren: der Freibrief, das Siegel, das Buch der Ordnungen, das vorrätige Geld und andre Dinge, die der Körperschaft gehören; zu der Lade sollen 4 Schlüssel gehören, von denen jeder Aufseher einen in Verwahrung hat.
Alle diese Ordnungen sind für alle Zeit von allen jetzigen und zukünftigen Mitgliedern zu beobachten, zu erfüllen und zu halten (are to be observed, fulfilled and kept).
Vorstehendes bestätigen, genehmigen und billigen wir als zu vollziehen, zu beobachten und zu halten (to be performed, observed and kept) von allen, welche die Freiheit der genannten Körperschaft besitzen oder später erlangen werden (to be free of the said Community), solange diese Ordnungen annehmbar und den Staatsgesetzen nicht zuwider sind, und bis wir oder unsre Nachfolger andres verordnen werden.
Zum Zeugnis dessen haben wir diesen Freibrief ausfertigen lassen am 24. April im 23. Jahre der Regierung unsers Herrschers Herrn Karls II., von Gottes Gnaden Königs von England, Schottland, Frankreich und Irland, Verteidigers des Glaubens usw. und im elften unsrer Weihe, im Jahre des Herrn 1671.
Man erkennt leicht, daß sich diese Ordnungen, die nur die Gewerbe angehen, in verschiednen Punkten und einzelnen Bestimmungen mit den Verfassungen der Steinmetzen nahe berühren, was ja auch nicht weiter auffallen kann. Besonders wichtig ist aber, daß diese neue Gesamtkörperschaft zugleich als Brüderschaft erscheint, denn in dem ersten Artikel der Ordnungen wird bestimmt ausgesprochen, daß man in der jährlichen Hauptversammlung am Tage Johannes des Täufers „Freileute und Brüder" (freemen & brethren) machen solle. Dies kann nur heißen, daß Lehrlinge nach ordnungsmäßig erledigter Lehrzeit an diesem festlichen Tage frei gesprochen und in den engern Kreis der brüderlichen Genossenschaft aufgenommen werden sollten.