Leo Müffelmann und die Großloge „Zur Sonne“
== 1923 – Leo Müffelmann tritt der Großloge „Zur Sonne“ bei – Konflikte der Großloge mit internationalen Aktivitäten einzelner Freimaurer ==
Ausarbeitung Br. K. Oe
Dass die politische Lage in Deutschland bereits
1923 auch die Logen eingeholt hat und
sich eine erhebliche innenpolitische Unruhe
breit macht, wird durch das nachstehende
Ereignis unterstrichen, das mit dem großen
deutschen Politiker jener Jahre, Gustav Stresemann,
in direktem Bezug steht:
Gustav Stresemann richtet am 10.05.1923
handschriftlich seinen Aufnahmeantrag an
den National-Großmeister der GNML 3WK,
Karl Habicht. Habicht ist Pfarrer an der St.
Petrikirche, Berlin.
„Hochverehrter Herr Pfarrer!
Schon lange war es mein Wunsch, in eine engere
Beziehung zu einem Kreis gleichgesinnter Menschen
zu gelangen, die in unserer an Materialismus,
Hast und Unruhe sich zermürbenden Zeit
sich das Reich allgemeinen Menschentums, innerer
Besinnlichkeit und Geistigkeit zu erhalten
suchen. Im deutschen Freimaurertum hoffe ich,
eine solche Gemeinschaft zu finden. Die von Ihnen
geleitete Loge gibt mir dazu die Möglichkeit,
in ihr Persönlichkeiten künftighin als Brüder
begrüßen zu können, denen ich schon gegenwärtig,
wie ich hoffe, geistig und menschlich nahe
stehe. Meine Bitte an Sie, hochverehrter Herr
Pfarrer, geht dahin, mir die Wege zu ebnen, um meinen Wunsch erfüllen zu können. Ich spreche
ihn aus am Tage meines fünfundvierzigsten Geburtstages,
in reifen Jahren des Lebens, aber in
der Überzeugung, als Werdender stets dankbar
zu sein für alles, was ich von diesem Schritt für
mein innerstes Leben erhoffe.
In aufrichtiger Hochschätzung Ihr Ihnen sehr
ergebener Stresemann.“28
Im Zusammenhang mit der Abstimmung
über Stresemanns Aufnahmeantrag verweist
Werner Schwartz, Berlin, in seiner herausragenden
quellenkundlichen Arbeit darauf, in
welchem Umfeld dieser Aufnahmeantrag behandelt
wurden. Nationalsozialistisches Gedankengut
hatte offensichtlich bereits einige
Brüder infiziert:
„Bereits bei der Kugelung [rituelle Abstimmung
über das Aufnahmegesuch, d. Verf.]
– drei Brüder lehnten die Aufnahme ab – zeigt
sich, dass die politische Haltung Stresemanns
zu Konflikten führen könnte. Von den drei Ablehnungen
wird nur eine begründet, womit die
beiden weiteren verworfen sind. Die verbliebene
Abstimmung stammt von einem Logenmitglied,
das zu diesem Zeitpunkt erst 3 ½ Monate den
Meistergrad innehat.
Dieses Logenmitglied wird die Loge 1932 verlassen, um sich der NSDAP anzuschließen und dort Parteiämter [ab 1939 nach dem ‚Gnadenerlass des Führers‘ – Freimaurer durften unter dem Nationalsozialismus keine Parteiämter übernehmen, d. Verf.] zu bekleiden. Stresemann gelte als eine ‚fragwürdige politische Figur und sei ein junger Mann der jüdischen Hochfinanz und jüdischen Industriebarone‘. Überdies sei er mit einer jüdischen Frau verheiratet, zu der er als Bruder dann ‚Schwester‘ sagen müsse.
Anzumerken ist, dass Gustav Stresemann mit einer dem christlichen Glauben (Protestantin) angehörigen Frau verheiratet ist. Ihre Eltern sind jüdischen Glaubens.29 Dennoch setzen sich die freimaurerischen Kräfte der Loge um den Großmeister Karl Habicht durch und Gustav Stresemann wird am 22.06.1923 in der Johannisloge ‚Friedrich der Große‘ von Habicht als Freimaurer aufgenommen. Das von Freundschaft geprägte Verhältnis zwischen Stresemann und Habicht dauert bis zu Stresemanns Tod im Jahre 1929. Noch 4 Wochen vor seinem Tode lädt Stresemann – als Reichsminister – am 26.05.1929 Habicht mit 12 Brüdern und ihren Frauen zu einer Teestunde in das Ministerium des Äußeren ein.“ Nun jedoch zu der Loge, die die folgenden Jahre von Leo Müffelmann maßgeblich prägen wird.