Eleusinische Mysterien
Mysterien, Eleusinische
Quelle: Lennhoff, Posner, Binder
der bedeutendste der griechischen Geheimkulte der klassischen Zeit, die dem Eingeweihten Licht und Erkenntnis vermitteln sollten. Ihre Entstehung liegt im Dunkel. Eumolpos, Sohn des Poseidon, ein in Ägypten Geweihter, galt als Stifter, als Ahnherr des eleusinischen hohepriesterlichen Geschlechts der Eumolpiden, das immer den Hierophanten, den Hohepriester, stellte. Die E. M. waren während mehr als 1000 Jahren der Kultus der beiden eleusinischen Göttinnen Demeter und Persephone. Während der Dauer der Mysterien hielten kriegführende Heere Waffenruhe.
Dem Dienst der "beiden Göttinnen" wurde heiligende Kraft zugeschrieben. "Der Einzuweihende kam in Berührung mit dem Überirdischen - der Schleier, der die unsichtbare Welt von der Grobstofflichen Welt trennt, wurde vor ihm gelüftet er sah das Große Licht von Eleusis". Ihm allein wurde nach Sophokles "Sterben neues Leben". Darüber, wie die Mysterien sich abspielten, ist man im Detail nicht genau unterrichtet - das Geheimnis wurde nie preisgegeben. Infolgedessen ist man auf Reproduktionsversuche angewiesen. Es gab kleine Mysterien, die sich alljährlich im Blumenmonat Anthesterion (etwa Februar) und Große Mysterien, die sich im Boëdromion, d. h. in der zweiten Septemberhälfte abspielten. Die Feiern gingen in dem Großartigen Telesterion vor sich. Den Mittelpunkt der Handlungen bildete die Vorführung des "Heiligen Dramas". Dessen Mythe läßt die als Magd verkleidete Demeter, die Große Göttin der Weltseele (die Göttin, die das Leben des Kosmos symbolisiert, Mutter Erde), die dem Dionysos, dem göttlichen Geist der alles belebenden Naturkraft, bestimmte, aber von Pluto, dem Beherrscher des Hades (der Schatten der Sinnlichkeit), mit Hilfe des Eros entführte Tochter Persephone (Kore), die Personifikation der menschlichen Seele (zugleich die Gottheit, die deren Geschicke leitet), suchen.
In Eleusis, im Hause des Königs Keleos, gastfrei aufgenommen, schenkt Demeter dessen Sohn Triptolemos ein Weizenkorn, lehrt ihn den Ackerbau und weiht ihn in die Bedeutung des Emporkeimens der Saat zum Lichte ein. So wird sie der Überlieferung gemäß zur Stifterin des Geheimkultus zu Eleusis. Weiterziehend, teilt ihr Hekate, die Göttin der Metamorphosen, mit, daß Persephone als Gemahlin des Pluto im Hades weilt; Persephone wird befreit, Pluto will seine Rechte nicht aufgeben, Zeus entscheidet, daß Persephone zwei Drittel des Jahres bei Pluto im Hades weilen soll, bis Finsternis und Sinnlichkeit keine Macht mehr über sie haben. Der Grieche, der der Weihen würdig erachtet wurde und nach Erfüllung der notwendigen Formalitäten als Neophyte zu den kleinen Mysterien im Tempel der Demeter in Agrae zugelassen wurde, ward nach dem Bad im Ilyssos, geleitet vom Mystagogen und dem heiligen Herold, dem "Hierokeryt", in den heiligen Hain geführt, wo er Tanzchöre sah, die vom Leben nach dem Tode handelten. Fasten und Gebete folgten - den Großen Göttinnen wurden Ferkel zum Opfer dargebracht, und im heiligen Hain fand dann die Belehrung über die Symbolik der Handlung des zur Darstellung gelangenden ersten Aktes statt. Die Entführung der Persephone war gleichzusetzen mit der eigenen Menschwerdung, dem Fall in die Finsternis des irdischen Lebens.
Nur das Leben vor der Geburt und das Leben nach dem Tode, lautet die Lehre, ist wahres Dasein. War dem Neophyten diese Erkenntnis aufgegangen, dann wurde er zum Mysten, dem Verschleierten, dem erst dunkles Ahnen, aber noch nicht das Große Licht aufgegangen war. Dieses erhielt er dann bei den Großen Mysterien, bei denen er Epopte wurde. Meditationen, Waschungen bereiteten ihn vor. Dann sah er den zweiten Akt des heiligen Dramas. Er lehrte die göttliche Liebe der Weltenseele, die die Menschenseele sucht, um sie aus dem Stofflichen zu lösen; die Metamorphosen auf der Wanderung durch die verschiedenen Daseinsstufen. Opfer- und Bußübungen leiteten dann zu dem Großen Erlebnis über. In feierlichem Zug gingen die Mysten der vieltausendköpfigen heiligen Prozession entgegen, die das bekränzte Kultbild des Iakohos (Dionysos), des Wiedergeborenen, von Athen nach Eleusis brachte, den Mysten das Nahen ihrer eigenen seelischen Wiedergeburt zu kunden. Diese zu erlangen, mußten sie eine lange Wanderung durch ein unterirdisches Labyrinth antreten, das erfüllt war von schrecklichen Geräuschen und gräßlichen Gespenstererscheinungen und das alle Schrecknisse des Todes heraufbeschwor.
Sie gelangten in eine Krypta, in der sich der Spuk wiederholte. Dann sahen sie im Plutonion den Tod "Des Mädchens", Persephone ("Sterben ist Wiedergeburt!"), um dann in dem gewaltigen, in tausend Farben strahlen den Tempel die Gefilde der Seligen zu schauen, die Wanderung der Persephone, also der eigenen Seele vom Himmel zur Erde, von der Erde zum Himmel zu erleben. Sie erblickten Demeter, auf der Cyste sitzend, in der das Allerheiligste, das Große Geheimnis, verborgen war. Die neueste Forschung nimmt an, daß die eleusinische "Cysta mystica" eine Nachbildung des Mutterschoßes enthielt (als Gegenstück zu dem Phallos anderer Mysterien), dessen Berührung dem Mysten die Anwartschaft auf ein neues Leben brachte. Die Erreichung der Wiedergeburt war an ein Sakrament geknüpft, an einen magischen Akt, durch den die Gotteskindschaft errsieht und der Myste Epopte wurde, d. h. einer, der geschaut hat. (Vergl. Woldemar v. Uxkull "Die Eleusinischen Mysterien"; Otto Kern "Die griechischen Mysterien der alten Zeit".)
Links
- Mysterien von Eleusis auf Wikipedia