Johann Coustos‘ Bericht
Inhaltsverzeichnis
Die grausamen Martern des Johann Coustos, 1743-44
Zahlreiche englische Ausgaben
John Coustos: The Sufferings of John Coustos. London: Strahan 1746 (400 Seiten)
Nachdrucke:
u. d. T.: Free masonry. Unparalleled Sufferings of John Coustos.
Birmingham: Swinney 1790 (260 Seiten);
New York: Mott 1797 (282 Seiten)
u. d. T.: The Mysteries of Popery Unveiled, in the unparalleled Sufferings of John Coustos, at the Inquisition of Lisbon. Hartford: Storrs 1820; Enfield, Conn.: Reynolds & Thompson 1821 (298 Seiten; 1. Teil, 9-54; 2. Teil 55-135; 3. Teil 136-160; angehängt „A Master-Key to Popery“ von Anthony Gavin, 161-278); andere Ausgabe u. d. T.: The Sufferings of John Coustos. Hartford: Marsh 1820.
ferner in Teilstücken in:
Free-Mason’s Magazine, Vol. I und II, 1793 und 1794.
Nachdrucke schliesslich bei
The Masonic Book Club 1979;
Kessinger Publications 2004.
nur des 1. Teils u. d. T.:
The Sufferings of John Coustos. Dublin: William Powell 1746 (72 Seiten).
Horrid Tortures; or, The unparalleled Sufferings of John Coustos. Putney VT.: Sturtevant 1798 (76 Seiten).
An Account oft the unparalleled Sufferings of John Coustos. Norwich, Conn.: Trumbull 1798 (40 Seiten).
Free-Masonry: Unparalleled Sufferings of John Coustos. Boston: Coverly 1803 (58 Seiten).
Free-Masonry persecuted! Unparalleled Sufferings of John Coustos. Boston 1817 (59 Seiten).
Es gab nur je eine französische und deutsche Ausgabe
Es erschien nur eine einzige französische Ausgabe:
Jean Coustos: Procédures curieuses de l’inquisition de Portugal contre les Francs-Maçons. Dans la Vallée de Josaphat 1803 [manchmal als Druckort Holland oder Haag angegeben, 1745 oder 1747] (264 Seiten) oder 1756: 84, 80 und 72 Seiten]
[Eine danebengeratene Datierung findet sich in der Bayerischen Staatsbibliothek mit: 1703.]
Ferner erschien nur eine einzige deutsche Übersetzung (aus dem Französischen):
Curieuses Verfahren der Inquisition in Portugal wider die Freymäurer, ihr Geheimniß zu entdecken. [Breslau: Meyer 1756] (84, 80 und 72 Seiten)
daraus separat der 1. Teil u. d. T.: Ausserordentliches Verfahren der portugiesischen Inquisition gegen die Freymäurer. Hamburg 1756 (88 Seiten).
Der Text
Curieuses
die Freymäurer,
ihr Geheimniß zu entdecken,
nebst
den Frag-Stücken und Antworten, den ausgeübten Grausamkeiten dieses Tribunals, der Beschreibung des innern Theils des heil. Officii, dessen Ursprünge und Mißbräuchen,
in drey Theile getheilet
von einem
aus der Inquisition gekommenen Freymäurer.
Durchgesehen und ans Licht gestellet
von
L. T. V. F. L. R. D. M.
Aus dem Französischen.
Im Thale Josaphat
im Jahr der Stiftung des Tempels Salomons.
MMDCCCIII.
[wird Breslau: Meyer zugeordnet und auf 1756 datiert]
Den Ehrwürdigsten, Würdigen, und Vielgeehrten Brüdern,
die
auf der obern Fläche der Erden
vertheilet sind etc. etc.
Ein jeder wahrer Freymäurer soll, ehe er arbeitet, das Erdreich sorgfältig untersuchen, und nachdem er von dessen Festigkeit versichert ist, den Grund nach den von seinen Meistern empfangenen Regeln legen. So wie seine Arbeit zunimmet und sich erhebet; so muß er, um den Widerwärtigkeiten der Zeit und der Ungewitter zu entgehen, eine gleichmäßige Sorgfalt tragen sein Gebäude zu bedecken, und zu verhindern daß der Regen die Schönheit seiner Arbeit nicht verderbe.
Dieses ist es, was ich mir E. W. und V. B. in diesem in dreyen Tyeilen abgefaßtem Buche vornehme, selbiges wird die Weltkinder lehren, wie hoch die wahren Freymäurer die Tugend ihrer würdigen Gesellschaft, diejenige Tugend, so der Grund von allen andern ist, treiben. Ihr werdet darinnen finden wie viele unserer W. und V. B. den Grausamkeiten eines Tribunals, das alle Empfindungen der Menschlichkeit abgeschworen hat, widerstunden, ohne daß die unerträglichsten Martern vermögend seyn konnten, sie dahin zu bringen, die verhaßte Neugierigkeit ihrer Henker, die zu gleicher Zeit ihre Richter waren, zu vergnügen, ihr werdet aus selbigen dieses Tribunal nebst den Mitteln wie ihr dessen Raub zu werden ausweichen könnet, kennen lernen.
Und endlich werden hier alle Christen, Beweißthümer des Antichristlichen Verfahrens derjenigen, welche als Richter dabey bestimmet sind, und die unter dem Mantel der Religion, und unter der Maske der Scheinheiligkeit, die zügelloseste Unzucht, den unersätlichsten Geitz, und die grausamste Rache verbergen, da ihnen die Leutseligkeit und Mildthätigkeit platterdings unbekannt sind, finden.
Sehet welche Menschen; welche Art von Gesellschaft man dem übrigen Theil davon, deme daran gelegen, sich wider ihre gefährliche Unternehmungen in Sicherheit zu setzen, bekannt machen soll, heist das nicht der Gesellschaft einen würklichen Dienst erzeigen, wenn man dieselben zur Schau ausstellet? Wo bleibt aber die Verpflichtung des Herm C*** womit er das Publicum zu hintergehen vermeinet, indem er ihm die Geheimnisse der Freymäurey zu entdecken verspricht, welche er doch nach seimem [!] Geständnisse nicht wissen kann, weil er sich öffentlich erkläret, daß er niemals in einer ordentlichen Loge wäre aufgenommen worden. Dieses einzige Bekenntniß ist hinreichend genug das Publicum zu überführen, daß er demselben nichts als mit einigen eingebildeten Figuren gezierte Mährgen, die er für Geheimnisse ausgiebet, verkaufet hat.
Ein niederträchtiger Gewinn hat ihm die Feder in die Hand gegeben; denn mit einem Wort, man muß leben, und das ist der Hauptendzweck von der Anfertigung dieses Romans, welchem, wie man versichert, ein zweyter folgen wird, der viel wichtiger und ernsthafter seyn soll, weil man ohne eine Menge erbärmlicher, nach der Meynung des Schriftstellers aber, sehr curieuser Untersuchungen, unserer ganzen Gesellschaft einen tödtlichen Stoß anzubringen vermeynet, indem er beweiset, daß ihre einzige Absicht diese sey:
- „die Dependenz abzuschaffen, und unter den Menschen eine vermeintliche erste Gleichheit zu errichten.“
Dieser einzige durch eine fast 3000.jährige Erfahrung widerlegte und verworfene Lehrsatz, ist ein neuer Beweiß, wie wenig diejenigen, die solchen behaupten ,von der Ordnung unserer Logen, von der Eigenschaft der Freymäurey und ihren würklichen Gesetzen, unterrichtet sind.
Sehet demnach E. W. und V. B. eine neue Art von Verfolgung, die uns angerichtet worden, die uns aber viel leichter zu überwinden seyn wird, als diejenige der barbarischen Inquisition. Wir haben den Rath des Gamaliel für uns; wir können diese Unbesonnenheiten nicht besser widerlegen, als durch eine höchste Verachtung, und daß wir an der beständigen Ausübung unserer Verordnungen und Gesetze, welche uns unsere Schuldigkeiten gegen das höchste Wesen, gegen uns selbst, gegen unfern Nächsten andeuten, fest bleiben. Hierzu vermahnen wir euch, weil dieses der Weg ist, uns auf eine rühmliche Weise von den übrigen Menschen, so gar an denen Orten, wo unsere Logen verschlossen sind, zu unterscheiden.
Der erste Theil dieses Buches enthält eine genaue und wahrhafte Nachricht von der Gefangenschaft und dem Proceß des W. B. Coustos, welche bis auf eine Kleinigkeit, mit den Begebenheiten der Brüder Mouton und Brüßle überein kömmt; von dem vierten ist in der Liste des Auto da Fe nicht Meldung geschehen, weil er Mittel gefunden, durch die unterste Thüre, aus dieser Hölle zu entwischen. Der erste ist zu vierjähriger Galeeren-Strafe verbannet, und die andern beyde auf fünf Jahr des Lissabonischen Patriarchats verwiesen, woraus sie sich schon selbst verwiesen haben würden, damit sie den Klauen der Wächter dieses teufelischen Tribunals nicht mehr ausgesetzet seyn mögten.
Der zweyte Theil enthält den Ursprung dieses Tribunals, dieses ist ein Auszug eines Buches, welches die aufrichtigste und wahrhafteste Historie davon gegeben, das aber nicht mehr zu haben ist, welches man der Sorgfalt, mit welcher die Inquisition und derselben Diener alle Exemplarien davon aufgekaufet und verbrant haben, zu verdanken hat.
Der letzte Theil endlich dienet zum Beweisthum alles dessen, was in den beyden vorhergehenden von den Ungerechtigkeiten, Grausamkeiten, Abscheulichkeiten dieses Tribunals erwehnet worden, und bestehet in der einfältigen und natürlichen Erzehlung verschiedener bewiesener Handlungen und Begebenheiten, die so wohl in Spanien, in Portugal als auch in Frankreich bekannt sind. Wovon man aber in den zwey ersten Königreichen nicht sprechen darf, es sey denn unter vier Augen, und daß die Schlösser wohl verriegelt sind.
Es hat uns überflüßig geschienen, die ganze Liste des Auto da Fe, wo unsere Brüder verurtheilet wurden, diesem Buche einzuverleiben. Wir werden uns damit begnügen die ihnen angehende Artikel hieher zu setzen.
1. Joaô Custon (Coustos) Herege protestante, Lapidario, natural de Cantaô de Bazilea, e morador nesta Cidade; por introduir, e praticar nesta Corte à Seita dos Pedreios livres, condenanda pela sé Apostolica.
12. Alexandre Jacques Motton (Mouton) Lapidario, natural da Corte de Paris, Reino de França e morador nesta Cidade; por sequir à Seita dos Pedreiros livres.
13. Joaô Thomaz Bruslé, Lapidario, natural de Corte de paris, e morador dnesta Cidade, pelas mesmas culpas.
Der Himmel bewahre einen jeden wahren Freymäurer für diesem tyrannischen Tribunal, das ist der aufrichtige Wunsch -E. W. und V. B.
von eurem ergebensten Bruder.
L.T. V. I. [!] L.R. D. M.
Curieuses Verfahren der Inquisition in Portugal wider die Freymäurer.
Erster Theil.
Ich bin zu Bern in der Schweitz gebohren, und treibe fürjetzt das Steinschneider Handwerk. Schon in meiner zarten Jugend führte mich mein Vater in ein von meinem lieben Vaterlande weit entlegenes Land; er war ein Chirurgus, die Begierde sich vollkommen zu machen, und die Hofnung seine Familie in einen bessern Stand setzen zu können, brachten ihn zu den Entschluß sich nach Frankreich zu begeben, wo er mächtige Beschützer hatte, allein sein Aufenthalt daselbst war von kurzer Dauer. Der scharfe Befehl, welchen Ludwig der vierzehnte ergehen ließ, vermöge welches alle diejenigen, die eine andere als die römische Religion bekenneten, in einer sehr kurzen und vorgeschriebenen Zeit, sich aus seinen Staaten zu begeben hatten, zwang ihn auch, sich auf das baldigste daraus zu entfernen, obschon nicht sonder Widerwillen und Verdruß; denn er sahe sich bereits im Stande, daselbst mit Ehren zu bestehen, dennoch muste er einen Ort zu seinen fernern Aufenthalt erwählen; die Wahl fiel auf Engelland, nach dem Sinn vieler andern, und er begab sich mit seiner ganzen Familie nach Londen, wo er sich naturalisiren ließ, und bey seiner Ankunft gleich die Nahrung fortsetzte.
Nachdem ich zwey und zwanzig volle Jahre unter der Aufsicht meiner Eltern in dieser Hauptstadt zugebracht, begab ich mich auf Ansuchen eines meiner Freunde nach Paris, an den Galerien des Louvres zu arbeiten. Fünf Jahre verflossen daselbst in allen möglichen Vergnügen: Wolte Gott! ich wäre den übrigen Theil meines Lebens auch da geblieben! allein mein Unglücksstern führte mich wider meinen Willen anders wohin.
Ich faste den Entschluß mein Glück in Brasilien zu versuchen, und dieserhalb reisete ich nach Lissabon, von dem Könige von Portugal, dem dieses Land zugehöret, die Erlaubniß dazu zu erbitten. Allein dieser Monarch, nachdem er sich nach meiner Geschicklichkeit und Kenntniß, die ich in Juwelen haben konte, erkundigt hatte, schlug mir meine Bitte, nach dem Gutachten des Staatsraths ab, welcher mich viel zu erfahren hielt, in dieses Land gehen zu lassen, denn er sieht es für weit zuträglicher an, das Volk daselbst in der gänzlichen Unwissenheit der Schätze, von welchen es aller Orten umgeben ist, zu erhalten.
Während daß ich die Antwort vom Hofe erwartete, bekam ich Gelegenheit mit den meisten Juwelenhändlern, und mit andern wohlgesessenen und angesehenen Leuten bekant zu werden, welche mir die grösten Vortheile versprachen, mich dadurch zu verbinden in Lissabon zu verbleiben. Wie ich nun sahe, daß keine Hofnung, nach Brasilien über zukommen mehr für mich da war, so nahm ich ihr Anerbieten an, ließ mich in dieser Stadt, wo mich alles anzulachen schien, mit eben so vielem Erfolg als Zufriedenheit meiner Kundschaften, meiner Freunde und meiner selbst, nieder.
Allein wie grausam und unbeständig ist doch das Glück! in demselben Augenblick, da es schien, als überschüttete es mich mit seinen Wohlthaten, stürzte es mich in einen Abgrund von Unfällen; ist wohl ein grösser Unglück als in die Hände der grausamen Inquisition zu fallen, weil die geringsten verdrießlichen Folgen, die daraus entstehen können, einen gänzlich unglücklich machen?
In Spanien hat zwar dieses Tribunal eine sehr unumschränkte Gewalt erlangt, allein in Portugall ist sie noch weit unumschränkter. Selbst die Könige sind verbunden sich demselben zu unterwerfen, da ihre Vorgänger die Schwachheit begangen, sich eines Theils ihres Ansehens zu berauben, um die geistlichen Richter, woraus dasselbe bestehet, damit zu bekleiden, womit diese aber noch nicht zufrieden sind, sondern um die stolzen Anschläge des Hofes zu Rom zu unterstützen, keinen Anstand nehmen, von Tage zu Tage in die feyerlichste Privilegien dieser Prinzen einzugreifen, und sich über die unverbrüchlichsten Gesetze zu erheben; indem sie sich der öffentlichen Schätze bemächtigen, und aus eigner Gewalt die Briefe derjenigen, auf welche sie nur den mindesten Verdacht haben, zurück behalten lassen.
Diese Aufführung beobachteten sie in Ansehung meiner, ein ganzes Jahr vor meiner Gefangennehmung, in der Meynung, wie ich glaube, etwa zu entdecken, ob in meinen Correspondenzien nicht von der Freymäurey gedacht würde, von welcher sie mich ein eifriges Mitglied zu seyn, argwohneten, denn sie sahen diese Gesellschaft als eine ungeheuere Vereinigung der abscheulichsten Verbrechen an, und hatten seit langer Zeit beschlossen, diejenigen zu verfolgen, die dieselbe ausmachten, wie sie es denn bald nachher mehr als zu viel zu erkennen gaben.
Ohngeachtet die Inquisitoren in den Briefen, die ich so wohl an meine Freunde, als an meine Correspondenten schrieb, und auch in denjenigen, die an mich gerichtet waren, nichts gefunden hatten, so sie argwohnen liesse, daß die Freymäurerey die römische Religion nur auf einige Art antastete, oder dahin zielete, die öffentliche Ruhe zu stören, so hielten sie es doch nicht für gut, es dabey bewenden zu lassen, vielmehr beschlossen sie, es koste auch was es wolle, alle Geheimnisse zu entdecken; allein dazu zu gelangen, war es nöthig einige der vornehmsten Glieder einzuziehen, deßwegen warfen sie die Augen auf mich, der ich Meister der Loge war, und auf einen Aufseher, meinen guten Freund, der sich Alexander Jacob Mouton nente, von Paris gebürtig, römisch Catholisch und ein Diamantschleifer war. Seit sechs Jahren war er zu Lissabon ansäßig, allwo er seine Kunst mit Beyfall und Hochschätzung aller derjenigen, die sie verstunden, trieb.
Auf Angeben der Madame Le Rude einer französischen Dame geschahe es, daß die Inquisition alle diese Verfolgungen anstellte, und uns endlich in Verhaft nehmen ließ. Sie war bereits zehn Jahr in Lissabon, wo ihr Mann, ein Juwelirer, sich niedergelassen hatte: diese so wohl wegen ihrer boshaften Zunge, als auch wegen ihrer üblen Lebensart so bekannten Frau, setzte sich in den Kopf, alle diejenigen aus Portugal zu verjagen, die mit ihrem Manne einerley Nahrung trieben. Ihre Eifersucht, ihr Geitz, hauptsächlich aber ihr bösartiger Charackter brachten sie zu dieser abscheulichen Entschließung. Sie entwarf den boshaften Anschlag davon mit einer Namens Donna Rose, einer Frau fast von ihrem Schlage, und in dieser Absicht giengen sie alle beyde, uns bey der Inquisition als Freymäurer, die beständige Zusammenkünfte unterhielten, anzugeben.
Allein die Unvorsichtigkeit des Bruder Moutons Frau, war die erste Quelle aller unserer Unglücksfalle. Man mögte schier sagen, sie hätte die grosse Ueberfahrt von Paris bis Lissabon nur darum gethan, um den gänzlichen Untergang ihres Mannes und anderer mehr daselbst zu wege zu bringen. Denn sie war nicht so bald angelangt, als sie ihre Unbesonnenheit sehen ließ, indem sie zur Madame le Rude sagte, daß sie sehr wenig davon wüste daß ihr Mann ein Freymäurer wäre.
Unterdessen mache man mir kein Verbrechen daraus, wenn ich eine Frau eines Bruders, der mein Freund ist, dergestalt anführe. Ihr Ansehen und Ehre sind gar zu gut bestellt, als daß sie nicht hochgehalten werden sollte. Ich thue es nur, denen andern Schwestern, worunter viele sind, die eine grosse Gabe zu plaudern haben, bekannt zu machen, wie viel ihnen daran gelegen seyn muß, ein tiefes Stillschweigen über diesen Artickel, fürnemlich in einem Lande, wo die Inquisition eingeführet ist, zu beobachten; wenn sie nicht so gleich die Officiers dieses Tribunals auf den Nacken ihrer Männer sehen wollen, wie es uns bald nach der Anklage der Madame le Rude ergieng. Mein Freund Mouton war das erste Opfer.
Aus der List, welcher sie sich bedienten, sich seiner Person zu bemächtigen, kann man sehen, daß keine Niederträchtigkeit, keine Untreue ist, welche die Portugiesen zu begehen, sich nicht verpflichtet halten sollten, so bald es darauf ankömmt, die Anschläge und das Ansehen dieses Tribunals zu unterstützen, so sehr sind sie den Befehlen der Inquisitoren unterwürfig, und das Vorurtheil der Religion verblendet sie bey ihrer abscheulichen Aufführung und ungerechten Verfahren.
Ein Juwelirer und Diener (familier) des heil. Officii ließ den Herrn Mouton, durch einen seiner Freunde, der auch ein Freymäurer war, so fort aufsuchen, unter dem Vorwand er wollte ihm einen Diamant, der vier Karat hielte, und auf hundert Monnoies d'or geschätzet würde, zum Zurechtmachen geben. Allein da dieses nur eine blosse Finte war, und keinen andern Zweck hatte, als nur den Herrn Mouton kennen zu lernen, so hieß er ihn, nachdem sie über den Preiß einig gewordene, in zweyen Tagen wieder kommen, alsdenn er den Diamant zum Zurechtmachen in seine Hände liefern wollte, im Fall der Eigenthümer in ihren Vergleich willigte.
Ich war in Gesellschaft meines Freundes, der so wohl wie ich die ausserordentliche Freude, die auf dem Angesichte dieses ungetreuen Juwelirers herrschte, wahrnahm und wovon uns die rechte Ursach noch unbekannt war. Sie rührte auch würklich nur davon her, weil er voraus sähe, daß er in kurzem der Inquisition zwey unglückselige auf einen Streich würde überliefern können , die ihre ersten Opfer in Ansehung der Freymäurerey seyn sollten; wie uns sein niederträchtiges Verfahren gegen uns dasselbe bald belehrte.
Beym Weggehen bat er uns beyde inständig ja um die gesetzte Zeit wieder zu kommen; wir hatten ihn aber kaum verlassen, als er schon den Bericht von seiner glücklichen Entdeckung und von seinen schönen Anschlägen den Inquisitoren abstattete, die von diesem Augenblick an alle nöthige Maaßregeln nahmen, uns bey ihm in Verhaft nehmen zu lassen, und zwar an dem Tage, da wir wieder hinkommen sollten, die Antwort wegen des Diamants zu holen.
Da die zwey Tage verflossen waren, fand sich mein Freund nur alleine bey dem Juwelirer ein, weil meine Geschäfte, ihn dahin zu begleiten, es nicht erlaubten. Das erste Wort, so ihm dieser Verräther nach den gewöhnlichen Complimenten sagte, war, daß er fragte, wo ist denn euer Freund Coustos? Da er mir auch einige Arbeit vorgezeiget, zu deren Verfertigung er mir Hofnung gemacht, so glaubte mein Freund, er wäre willens mir so gleich einige davon zu geben, deßwegen antwortete er, daß man mich auf der Börse finden könnte, und wenn er es für genehm hielte, er mich daselbst aufsuchen wollte.
Allein der Juwelirer war nicht gesonnen, eine dergleichen Vorstellung anzunehmen, so viel Lust er auch hatte, uns beyde auf einmal gefangen nehmen zu lassen. Denn es befanden sich fünf Inquisitions-Officierer bey ihm, die die Helfte ihrer Beute zu verlieren viel zu sehr befürchteten, diese ersuchten ihn, mit ihnen in das Innere des Ladens zu gehen, mit dem Vorgeben, daß sie ihn über unreine Diamanten zu Rathe ziehen wollten. Mein Freund, der nichts argwohnete, willfahrte ihnen. Allein es währte nicht lange, so wurde er von ihrer wahren Absicht überführet. Denn nachdem sie einige Zeichen und Worte unter sich gewechselt hatten, ließ ihn der älteste dieser Officiers hinter einen Vorhang treten, da er ihm vorher zu verstehen gegeben, daß er ihm etwas in Geheim zu vertrauen hätte, allwo er, nachdem er sich um seinen Vor- und Zunamen erkundigt hatte, zu ihm sagte, daß er ein Gefangener des Königes wäre.
Mein Freund, der sich keines Verbrechens, welches die Ungnade des Königes verdiente, schuldig wuste, überlieferte seinen Degen ohne die geringste Schwürigkeit. Darauf machten sich diese fünf Officier über ihn her, denn sie befürchteten sich noch eines Widerstandes. Als sie ihn durchsuchet, und versichert waren, daß er keine Waffen mehr hatte, fragten sie ihn, ob er die Wahrheit wissen wollte, wessen Gefangener er wäre; Herr Mouton bezeugte, daß es ihm lieb seyn würde. Nun wohlan, versetzten sie, ihr gehöret dem heil. Officio zu, und Kraft desselben befehlen wir euch, nichts zu reden, oder den geringsten Lerm zu machen. Sie führten ihn durch eine hinten im Laden befindliche Thür auf eine kleine abgelegene Strasse, woselbst eine Kalesche hielt, in welche sie ihn hinein steigen hiessen. Er wurde von einem Commissar des heiligen Officii begleitet, welcher sich mit vieler Sorgfalt verbarg, damit ihn nicht jemand, weil es heller Mittag war, erkennen möchte; weil sie befürchteten, daß das Gerüchte von der Gefangennehmung eines Freymäurers denen andern Argwohn erwecken, und sie, sich der Strenge dieses Tribunals zu entziehen, ihre Maaßregeln darnach nehmen möchten.
Bey seiner Ankunft in der Inquisition brachte man ihn in ein erschreckliches Gefängniß, ohne ihm den zugesagten Gefallen zu erzeigen, nemlich bey seiner Anlangung ihn mit dem Presidenten sprechen zu lassen, um von ihm die Ursach seiner Gefangennehmung zu erfahren. Vielmehr stellte man sich, als habe man es während einigen Tagen, da er schon eingeschlossen war, vergessen.
Die Inquisitoren dachten nunmehro auch an nichts mehr, als mich unverzüglich in Verhaft nehmen zu lassen. Damit sie es mit mehrerer Leichtigkeit bewerkstelligen konnten, so erdachten sie einen recht teuftlischen Kunstgrif. Sie sprengten nemlich aus, daß Herr Mouton weggereiset wäre und den ihm anvertrauten Diamant mitgenommen hätte. Wie erstaunten nicht alle seine Freunde bey einer so wenig erwarteten Nachricht? Wir waren so fest von seiner Aufrichtigkeit und Redlichkeit überzeuget, daß wir dieser Nachricht keinen Glauben beymassen, sondern nachdem wir seine seit unserer Bekanntschaft bezeigte Aufführung untersuchet hatten, beschlossen wir alle einmüthiglich, bey dem Juwelirer hinzu gehen, von ihm zu erfahren, wem dieser Diamant zugehörte, und hernach für denselben die Bezahlung anzubieten, denn wir waren insgesamt der festen Meynung, daß ihm erwa ein unvermutheter Zufall begegnet, welcher ihn zum Austreten hätte zwingen können, ohne darüber einen seiner Freunde zu Rathe zu ziehen.
Der Juwelirer schlug dieses Anerbieten mit der möglichsten Höflichkeit aus, und versicherte uns, daß der Eigenthümer dieses Diamants reich genug wäre, diesen Verlust für eine Kleinigkeit anzusehen. Wie aber die Wahrheit durch der dichtesten Wolken der Unwahrheit, der man sich bedienet sie zu verfinstern, hervor leuchtet, so ließ diese Freygebigkeit, die von uns, so zu sagen, ganz unbekannten Leuten herrührte, uns ein verborgenes Geheimniß argwohnen: welches durch die von der Inquisition bald hernach gegen die Freymäurer ausgeübte grausame Verfolgung nur gar zu wahr gemacht wurde.
Ich selbsten muste das zweyte unschuldige Opfer dieses Tribunals werden.
Ich hätte diesem Unglück vielleicht aus dem Wege gehen, oder wenigstens auf einige Zeit mich davon entfernen können, wenn ich nicht auf eine der verfluchtesten Weise durch einen Portugiesen, den ich für meinen Freund hielt, und welchem das heil. Officium aufgetragen hatte, meine Tritte und Schritte auszuforschen, wäre verrathen worden.
Als mich dieser Verräther den 14. Merz 1743 auf einem Caffehause angetroffen hatte, gab er so fort neun Inquisitions-Officirern Nachricht davon, welche seines ihnen gegebenen Rathes zu folge nahe bey diesem Orte bereit stunden, weil er wohl wuste, daß ich immer an diesen Ort hinzugehen pflegte. Ich stelle es der Beurtheilung eines jeden anheim, wie groß mein Schrecken war, als ich Abends gegen zehn Uhr mit zweyen Freunden nach Hause gehen wollte, und mich, zu einer Zeit, wo ich am wenigsten daran gedachte, noch weniger die Ursach davon ergründen konnte, plötzlich gefangen sahe.
Ich fand mich warlich keiner Handlung schuldig, die mich einen dergleichen Zufall hätte können muthmassen lassen. Sie gaben zum Scheine vor, daß ich nothwendig um den Diebstahl des vom Herrn Mouton entwendeten Diamantes wissen müste, und da ich dafür hätte gut seyn wollen, indem ich meine Freunde dazu gebracht, die Zahlung dafür anzubieten, ich es nur gethan mein heimliches Geständniß besser zu verbergen, damit ich für unschuldig angesehen würde.
Alles, was ich zu meiner Rechtfertigung hervor zu bringen vermochte, war vergebens, sie entwafneten mich, legten mir Fesseln an, und zwangen mich in eine Kalesche zu steigen, in welcher sich ein Commissar des heiligen Officii befand. Ich wurde so gleich gewahr, daß ich auf Befehl der Inquisition in Verhaft gezogen worden, und muthmassete, daß das einzige Verbrechen, weswegen ich schuldig wäre, darin bestünde, daß ich ein Freymäurer wäre; deßwegen ich, ohngeachtet aller ihrer Stärke und des mir gethanen Verbotes das geringste Lermen zu machen, mich nicht entbrechen konnte, einem Freymäurer mit Namen Richard, einem von den zwey Freunden, mit welchen ich vom Caffehause gekommen, zuzurufen, daß ich auf Befehl der Inquisition arretiret worden, und mögte er allen Brüdern Nachricht davon geben, damit sie die nöthige Vorsicht gebrauchten, demjenigen Unglück, dessen Raub ich wäre, zu entgehen, entweder sollten sie sich schleunig aus Portugal machen, oder sich selbsten bey der Inquisition angeben.
Eines theils konnten sie sich auch wider die Nachstellungen der Inquisition sicher stellen, wenn sie bey Tage niemals alleine ausgiengen und auf den Abend in ihrer Behausung blieben; denn sehr selten werden die Offciers dieses Tribunals jemanden am hellen Tage in Verhaft nehmen, es sey denn, daß sie gewiß überzeuget sind, daß er weder einen Widerstand noch Lermen machen werde, zudem so wissen sie ihre Maaßregeln sehr gut zu nehmen, wie es aus der Art, mit welcher sie sich meines Freundes bemächtigten, sehr deutlich zu ersehen ist.
Es ist demnach die Liebe zum Geheimnisse, weßwegen auch die Inquisition in allen ihren Unternehmungen so behutsam verfahret, und die Furcht einen Aufstand zu erregen, welche sie zwingen, ihre Streiche bey Nacht auszufuhren, denn die von Natur sehr furchtsame Portugiesen tragen grosse Sorge, so bald der Tag sich neiget, ein jeder in sein Hauß sich einzuschliessen, wegen der öftern schlimmen Zufälle, die denjenigen begegnen, die so verwegen und unverständig sind, auf den Strassen zu Lissabon bey Nacht allein herum zu gehen.
Dennoch unterstehen sich nicht diese Officiers, (welche Diener genennet werden, und öfters Personen vom ersten Range sind, weil es in Portugal mit diesem Titel zu prangen für eine so grosse Ehre gehalten wird, daß die Prinzen selbsten sich viel darmit wissen) die geringste Person ohne Anwendung des königlichen Ansehens zu arretiren; denn vermöge dieses Kunstgriffes entwafnen sie den vorgegebenen Missethäter gleich, und versichern sich dadurch seines Gehorsams gegen die Befehle welche sie ihm von Seiten des heiligen Officii zu hinterbringen gesonnen sind.
Ich würde ihnen die Waffen nicht so leicht übergeben haben, weil ich in guter Begleitung war, wenn meine Freunde mir Beystand geleistet hätten, allein sie wurden von einem plötzlichen und allgemeinen Schrecken dergestalt überfallen, daß sie ihre Sicherheit in der Flucht suchten, und mich dem Raube und der Gnade der neun grausamen Wächter, von welchen ich umringet wurde, überliesen; was war bey so gestalten Sachen zu thun? sich vertheidigen, würde eine Verwegenheit gewesen seyn, also muste ich mich nach der Inquisition schleppen lassen.
Die Inquisition ist ein sehr grosses und besonders erbautes Gebäude: worinnen vier Platze oder Höfe, jeder ohngefehr vierzig Fuß ins Gevierte, sind. Um jeden Platz herum sind drey Gallerien eine über die andere, in deren Tiefe die Gefängnisse der armen Gefangenen sich befinden. In der ersten Gallerie auf gleicher Erde sind kleine von gehauenen Steinen gewölbte und sehr finstere Gefängnisse für die grösten Verbrecher,, die aber in der zweyten Gallerie sind ein wenig heller und für diejenige, die in den Augen der Inquisitoren nur leichte Fehler begangen haben. Denn sie glauben, daß ein jeder Mensch, so bald er sich einer der Gerichtsbarkeit der Inquisition betreffender Kleinigkeit, schuldig gemacht, den Tod verdiene, da sie indessen die gröste Verbrechen, als Diebstahl, Todschlag, und dergleichen mehr ungestraft lassen.
Die Gefängnisse der dritten Gallerie aber sind für das schöne Geschlecht bestimmst, das ebenfals diesem Tribunale unterworfen ist, und dessen sich die Richter zu Stillung ihrer Leidenschaften und viehischen Begierden, recht gut zu Nutze zu machen wissen.
Ein jeder Eingang dieser Gefängnisse ist mit einem starken eisernen aber sehr kleinen Gegitter versehen, und zwey und einen halben Fuß von der hinteren Mauer der Gallerie entfernet; und aus Furcht, daß die Gefangenen die auf der Gallerie gehenden nicht sehen mögten, sind an dieser Mauer andere hölzerne Thüren und über diese Thüren kleine Fenster gemacht, die man in den Gefängnissen nicht gewahr wird, und durch die nur wenig zurück geworfenes Licht einfällt.
Man kann aber nicht eher von der grossen in diesen Gefängnissen beständig herrschenden Dunkelheit urtheilen, bis man bedenket, daß die Gallerien durch eine fünfzig Fuß hohe und nur fünf bis sechs Fuß davon entfernte Mauer, die um jeden Hof herum gehet, verdecket sind, und dadurch an sich selbst dunkel werden, solches denn auch verursachet, daß man nur auf einmal eine Seite gewahr werden kann.
Dieses verabscheuenswürdige Gefängniß ist durch viele Thüren mit dem sehr schönen Pallast des obersten Inquisitors vereiniget, zu welchen man durch einen auf einen weitläuftigen Hof stossenden grossen Thorweg hinein tritt, um diesen Hof herum befinden sich recht prächtige Zimmer, in diese pflegt sich der König und der ganze Hof gemeiniglich an dem Tage eines Auto da Fe zu begeben, um die Gefangenen vorüber gehen zu sehen.
Die Mobilien, die diese unglückselige in ihren Gefängnissen haben, bestehen in einem Kasten von drey bis vier Fuß ins Gevierte, welchen sie auf die Erde setzen, und darauf sie ihr Bette, welches ein Strohsack, ein paar Lacken und eine abgenutzte Decke sind, zurechte machen, ferner in einem Waschbecken, zweyen Krügen, wovon einer zum frischen, der andere zum unreinen Wasser dienet, in einer Schüssel, ihr Essen darauf zu legen, in einem kleinen Topf, das Oehl zur Lampe darin aufzubehalten, die fast niemals ausgehet; welches aber nicht etwa darum geschiehet, daß sie ihre Zeit mit Bücherlesen zubringen, weil man ihnen kein Buch, nicht einmal ein geistliches erlaubet, sondern darum, weil sie nichts ohne Licht, auch nicht bey den klarsten Sommertagen, in ihren finstern Behältnissen vornehmen können.
Zur Kost bewilliget man einem jeden täglich einen Teston. Zu Ende jeden Monats geht der Kerkermeister zu allen Gefangenen, und fragt, wozu sie ihr Geld, welches ihnen zum Lebens-Unterhalt auf kommenden Monat gereichet worden, anwenden wollen; da denn ein jeder Gefangener gemeiniglich folgende Eitrheilung zu machen pfleget, nemlich, neun Testons auf eine altägliche gute Suppe und ein halb Pfund gekochtes Fleisch, achte auf Brod, viere auf Käse, zwey auf Früchte, viere auf Brandtewein, und den Rest auf Orangen, Citronen, Zucker und Wäsche.
Der Kerkermeister hat einen Burschen bey sich, der alles, was ein jeder Gefangener in dem folgenden Monat zu haben wünschet, genau aufzeichnet, und diesem lebt man aufs ordentlichste nach, bey Strafe desjenigen, der es zu besorgen hat, ernstlich gezüchtiget zu werden, so er nur im mindesten den gegebenen Befehlen des Gefangenen zuwider lebt, doch ist ihm diese Strafe nicht in Ansehung des Gefangenen, sondern weil er den Befehlen des heiligen Officii nicht Gehorsam geleistet, auferleget.
Diejenigen, die stark essen, oder Wein zu trinken begehren, welches denen Fremden zu begegnen pflegt, verlangen eine Audienz ihre Nolhdurst vorzustellen, da denn fast jedesmal ihrer Bitte gewährer wird, jedoch muß solche gerecht, ihrer Gesundheit nicht zuwider, und dem heiligen Officio nicht lästig seyn.
Auf gleiche Weise verfuhren die Inquisitoren mit mir; denn in diesem Falle und bey einer Krankheit pflegen sie öfters einige Zeichen der Menschheit sehen zu lassen; bey einer andern Gelegenheit hingegen, entdeckt man an ihnen nichts als unempfindliches Wesen und Grausamkeit, sie sind alsdenn gleichsam wie in der Unempfindlichkeit ersoffen.
So bald ein Gefangener im Gefängniß ist, untersagt man ihm nicht nur allen Umgang mit seiner Familie und seinen Freunden, sondern man leidet auch nicht die geringste Gemeinschaft mit andern Gefangenen, vielweniger darf er den mindesten Lermen erregen; flehen, seufzen, oder sich beklagen, mit lauter Stimme zu Gott rufen, Psalmen oder Lieder singen, ein jedes dieses wird für ein Hauptverbrechen angesehen. Derjenige, der die Unbedachtsamkeit oder das Unglück gehabt, dergleichen zu begehen, wird zwar das erstemal von den Wächtern des heiligen Officii, die beständig in den Gallerien aufpassen, gewarnet, thut er es aber wieder, so öfnen sie sein Gefängniß, geben ihm mit einem Ochsenziemer unzählige Schläge, nicht so wohl ihn damit zu bestrafen, als vielmehr den übrigen Gefangenen, die durch Nähe ihrer Gefängnisse und vermöge der überall herrschenden grossen Stille, die Schläge dieser Unmenschen und das Geschrey dieser Unglückseligen zugleich vernehmen können, eine Furcht einzujagen.
Hier ist ein von vielen glaubwürdigen Personen bekräftigtes Exempel davon. Ein Gefangener, der von einem heftigen Schnupfen geplaget wurde, hustete wider seinen Willen sehr ofte; darauf kommt ein Wächter in voller Wuth, der ihm ein solches Lermen zu machen untersagte, welchem er mit vieler Höflichkeit antwortete, daß seine Unpäßlichkeit daran Schuld wäre, und er sich dessen nicht enthalten könnte, als aber durch Vermehrung seiner Krankheit der Husten immer heftiger wurde, kamen diese Bösewichter, zogen ihn ganz nackend aus, gaben ihm sehr viel Schläge, und wiederholten solche so oft, daß er endlich unter ihren Händen verschied.
Durch diese grosse Stille, welche- die Inquisitoren beobachten lassen, benehmen sie den armseligen Gefangenen auch den geringsten Trost,- und verhindern dadurch sich einander zu erkennen; welches wohl geschehen könnte, wenn sie reden oder mit lauter Stimme singen dürften.
Dieses ist nun das Hauß, wohin ich durch die neun Diener, die mich gefangen genommen hatten, gebracht wurde, und wo ich nicht so bald angelanget war, als sie mich schon den Händen eines der vornehmsten Officiers dieses vermeintlichen heiligen Ortes überlieferten.
Dieser ließ mich so fort durch vier Wächter in einen sehr grossen Saal führen, woselbst ich so lange, bis er den Presidenten von meiner geschehenen Gefangennehmung benachrichtiget hatte, verweilen muste; kurze Zeit nachher kam er wieder, befahl daß man mir alles Gold, Silber, Pappier, Messer, Scheeren, Schnallen, Nadeln, und überhaupt alles, was ich ohne mein Schnupftuch bey mir haben konnte, abnehmen sollte, sodann ließ er mich in ein Gefängniß führen, wobey er mir ausdrücklich verboth laut zu reden, oder an die Mauer zu klopfen, in was für einer Absicht es nur immer seyn mögte; wenn ich etwas benöthiget wäre, sollte ich nur das Vorhänge Schloß, welches das Gegitter des Gefängnisses befestigte, bewegen.
Das Grausen eines so traurigen Ortes, woselbst ich mich nunmehro befand, und wovon ich öfters so fürchterliche Abrisse hatte machen hören, verursachte, daß ich allem, was mir meine Melancholie und die Vorstellungen von dem Zukünftigen nur abscheuliches eingeben konnten, Gehör gab. Solcher gestalt brachte ich zwey Tage und zwey Nächte in steter Unruhe und um so viel schwerer zu beschreibender Furcht zu, als solche bey dem düstern Winseln, Klagen und Seufzen vieler benachbarten Gefangenen, so ich bey der Stille der Nacht genau vernahm, jedesmal sich verdoppelte.
Unterdessen fassete ich mich, so viel möglich, in Gedult, und wurde endlich, so zu sagen, bey meinem Elende ganz unempfindlich, ich kam nunmehro wieder zu mir selbst, und da ich den traurigen Vorstellungen meines unglückseligen Zustandes auf einige Zeit Abschied gegeben hatte, dachte ich recht ernstlich an Mittel mich aus diesem armseligen Labyrinth zu ziehen. Die gewisse Ueberzeugung, nichts verbrochen zu haben, welches die äusserste Strafe verdienen konnte, trug ein vieles bey, meine Melancholie zu vermindern. Alleine meine Unschuld konnte mich dennoch nicht sicher genung stellen, so bald ich mir die abscheuliche Ungerechtigkeiten, die man dem Tribunal, welches mich richten sollte, zuschrieb, vorstellte, und daß ich als ein Protestant bald alles dasjenige erfahren würde, was der Zorn und unbesonnene Evfer den Mönchen, die sich ein Verdienst vor Gott, und eine Ehre vor den Menschen daraus machen, eine unzählige Menge bejammernswürdiger Opfer, des einzigen Verbrechens wegen, nicht gleiche Religionsgedanken zu hegen, dem Feuer zu übergeben, nur immer grausames eingeben konnten.
In solcher quälenden Unruhe, wo die Verzweifelung und Hofnung Wechselsweise die Oberhand behielte, machten die ernsthafte Ueberlegungen, die mir meine Vernunft über die Nothwendrgkeit bey meinem jetzigen Zustande ruhig zu seyn eingab, um den Fallstricken, die ich von meinen Richtern voraus sähe, und darin bestunden, mich entweder zum Abfall zu bringet!, oder mich strafbar zu machen, zu entgehen, solchen starken Eindruck bey mir, daß ich von diesem Augenblick an, an nichts als an den Rechtfertigungsmitteln gedachte.
Ich war von den Proben meiner Unschuld so gewiß, daß alle Wuth meiner Richter und die Erschreckens volle Einbildungen, die ich von ihrer Grausamkeit hegete, nicht vermögend waren, mich furchtsam zu machen, als ich vor denselben erschiene. Welches den fünften Tag nach meiner Gefangennehmung geschahe, nachdem sie mich, ihrer Gewohnheit nach, barbiren und die Haare abschneiden lassen.
Ich wurde demnach mit nacktem Haupte vor dieses fürchterliche Tribunal geführet. Dießmal bestand es aus dem Presidenten, zweyen Inquisitoren und zweyen Deputaten. Sie befohlen mir so fort, nieder zu knien, die rechte Hand auf die Bibel zu legen, und vor Gott zu schweren, daß ich auf alle Fragen, die sie an mich würden ergehen lassen, und die dazumal bloß meinen und meiner Eltern Vor- und Zunahmen, meinen Geburthsort, die Kunst und die Religion, welche ich bekennete, und endlich die Zeit meines Aufenthalts zu Lissabon betrafen, die Wahrheit sagen wollte. Nachher hielten sie mir folgende Anrede:
- „Mein Sohn, ihr habet das heilige Officium beleidiget und gelästert, deßwegen vermahnen wir euch, alle die Verbrechen, die ihr seit dem „ahre eurer ersten Erkenntniß bis jetzt begangen haben könnet, zu bekennen und anzugeben.
- Denn so ihr solches thut, werdet ihr euch die Barmherzigkeit des heiligen Tribunals, welches gnädig und sanftmüthig ist, wenn man die Wahrheit bekennet, zuwege bringen.“
Sie sagten mir auch, daß der vorerwehnte Diamant nur ein Vorwand gewesen, dessen sie sich, mich gefangen nehmen zu lassen, bedienet hatten. Welche Unverschämtheit? welche Kühnheit? welch abscheuliches Beginnen? was? um einen Unschuldigen gefangen zu nehmen, bedienet man sich des Vorwandes eines Diebstahls, ohne dabey den Verlust der Ehre eines Menschen und dessen ganzen Familie in Erwägung zu ziehen. Ist wohl eine grössere Ungerechtigkeit? wozu sind aber die Mönche nicht geschickt genung? ich bat sie zwar um die wahre Ursach meiner Gefangennehmung, allein vergebens, ich führte ihnen zu Gemüthe, daß man mich als einen gebohrnen Protestanten unterrichtet hätte, mich niemals den Menschen anzuvertrauen, wohl aber dem Allerhöchsten, der nur allein die Herzen zu prüfen, und von der Reue eines Sünders, der ihm seine Fehler bekennet, zu urtheilen, und ihm deßwegen Vergebung zu ,ertheilen vermag.
Allein diese Antwort war nicht nach ihrem Geschmack, sondern sie sagten mir, daß ich, von welcher Religion ich auch wäre, durchaus bekennen rnüste, oder sie würden mich durch die im heiligen Officio gebräuchliche Wege schon dazu zwingen.
Ich konnte mich nicht entbrechen, ihnen zu versetzen, daß ich niemalen wider die römische Religion gesprochen hätte; und meine Aufführung seit meinem Auffenthalt zu Lissabon jederzeit so beschaffen gewesen wäre, daß man ohne Ungerechtigkeit mich nicht beschuldigen könnte, wider die Gesetze des Staats und die herrschende Religion gehandelt zu haben, vielmehr hätte ich allezeit geglaubet, daß das heilige Officium nur denjenigen, die sich des Kirchenraubes, der Gotteslästerung oder anderer Verbrechen, die dahin zieleten, die in der römischen Kirche angenommene Geheimnisse umzustossen und lächerlich zu machen, schuldig gemacht hätten, den Proceß machen könnte, von welchen ich doch frey wäre.
Hierauf schickte mich der President mit dem Befehl, mein Gewissen zu prüfen, in mein Gefängniß wieder zurück.
Nach dreyen Tagen wurde ich wieder gerichtlich abgehöret, wozu ich mich so gut als möglich bereitet hatte. Der-President fieng mit der Frage an, ob ich zu Folge des empfangenen Befehls, mein Gewissen sorgfältig geprüfet hätte.
Ich antwortete ihm, daß ich alle Handlungen meines Lebens in meinem Gedächtnisse auf das genaueste durchgegangen, und keine einzige darunter gefunden hätte, die das heilige Officium würklich beleidigen könnte. Meine Eltern wären gezwungen gewesen, sich der Religion wegen aus Frankreich zu begeben, woselbst sie sich doch sehr wohl befunden, und dadurch aus eigner Erfahrung erkannt hatten, wie höchst nöthig es um die Wohlfahrt und Ruhe des Lebens wäre, sich über diesen Artickel nicht einzulassen, deßwegen sie mich auch von meiner zarten Kindheit an öfters angemahnet, mich niemalen mit einiger dieser Controvers-Unterredungen, die die Gemüther vielmehr verbittern als sie mit einander versöhnten, zu vermengen. Zudem wäre ich von einer aus Personen von verschiedenen Religionen bestehenden Gesellschaft, die allen ihren Gliedern ausdrücklich, bey Strafe grosser Geldbusse verböte, einige Religionsmaterien abzuhandeln.
Der President fragte mich so gleich, ob diese Gesellschaft nicht selbst in einer eigenen Religion bestünde, ich antwortete ihm, nein; sondern alle die, welche dieselbe ausmachten, verbänden sich nur, wohlthätig zu leben, und sich einander ohne Ansehen der Religion als Brüder zu lieben.
Darauf erkundigte er sich um den Namen dieser Gesellschaft. Ich sagte ihm, daß wenn das heil. Officium mich darum, weil ich von derselben wäre, hatte arretiren lassen, ihm solcher nicht unbekannt seyn könnte, ich wäre indessen denselben zu sagen bereit, weil ich mir allezeit nach dem Beyspiel vieler Könige, Prinzen und Grossen der Christenheit, eine Ehre daraus gemacht, mich als ein Mitglied derselben zu bekennen, um so mehr, da ich öfters den Vortheil genossen, mich mit einigen dieser letztern, ob schon insbesondere, als ein Bruder dieser Gesellschaft in der Loge zu befinden.
Hier fiel mir ein Inquisitor ins Wort, und fragte, ob der Name davon ein Geheimniß wäre. Ich versetzte, daß er es nicht wäre, und ich denselben wohl auf englisch oder französisch aber nicht auf portugiesisch nennen könnte. Alsbald hierauf sahen mich alle die, aus welchen das Tribunal bestunde, (welches dießmal sehr zahlreich war, denn zufolge der Menge Deputieren und Secretarien, die sich dabey einfinden, ist es stärker oder schwächer,) steif an, hielten sich über mich auf und wiederholten alle insgesamt das Wort Freymäurer; von nun an wurde ich vollkommen überzeuget, daß ich lediglich der Freymäurerey wegen ihr Gefangener war.
Solcher Gestalt dienet das Geschrey des Pöbels, welches jederzeit alle Dinge, die es nicht begreifen kann, übel ausleget, öfters zur Regel und dem Grundsatze der Verfolgung und des ungerechten Verfahrens der Inquisition. Billige und erleuchtete Richter lassen sich nicht von der Ueberredung und dem Vorurtheile also verblenden. Sollten-sie sich nicht vielmehr durch ihre Denkungsart über die Gesinnungen des gemeinen Pöbels erheben, damit sie der Göttlichkeit, deren Verrichtungen sie auf Erden besorgen, näher kämen?
Doch lasset uns von diesen Betrachtungen abbrechen.
Sie fragten mich um den Ursprung und den Endzweck dieser Gesellschaft. Da ich ihnen denn die Historien und alte Traditionen, die von dieser edlen Kunst handeln, erzehlte. Ich sagte ihnen, daß sich Heinrich der sechste, König von Schottland, zum Beschützer davon erkläret, und selbst seine Unterthanen sich darin aufnehmen zu lassen angefrischet hätte, und man aus bewährten Handschriften ersehe, daß dessen Nachfolger, die andern Könige von Schottland, eine so grosse Ehrfurcht für diese verehrungswürdige Brüderschaft, wegen der von ihrer Treue, allezeit gegebenen überzeugenden Proben, geheget, daß sie auch den Gebrauch eingeführet, sich bevm Trinken allemal der Worte, „Gott segne den König und die Kunst“, zu bedienen; und daß, nach dem Muster dieser Monarchen, die meisten Edlen und Geistlichen dieser Monarchie sich darein als Mitglieder aufnehmen lassen, und alle gegen diese Gesellschaft mit Ehrfurcht angefüllet wären.
Dazu versicherten noch andere Traditionen, daß der regierende König oftermalen der Großmeister davon gewesen, und in Ermangelung seiner die Gesellschaft das Recht hatte, einen unter den Vornehmen dieses Königreichs dazu zu erwehlen, welcher vom Könige selbst eine Besoldung empfieng, und beym Antritt seines Amts ein freywilliges Geschenke von jedem Freymäurer bekam.
Ich sagte ihnen auch, daß die Königin Elisabeth, die den Thron von Engelland zu einer Zeit, wo dieses Königreich sehr getheilet war, bestieg, von allen zahlreichen Versammlungen ihrer Unterthanen Verdacht geschöpfet, und derohalben die Zusammenkünfte der Freymäurer, welche sie ihrem Staate für gefährlich ansahe, zu verbieten unternommen hätte. Allein daß sie, ehe sie dieses äußerste ergriffen, einigen ihrer Hofleute und Lieblinge, worunter der Erzbischof von Canterburi Primas des Reichs mit gewesen, anbefohlen hätte, sich in diese Gesellschaft aufnehmen zu lassen. Und diejenigen, die ihrem Befehl nachgelebet, derselben einen so ehrwürdigen Bericht abgestattet und von der Treue der Freymäurer dermaßen versichert hätten, daß aller Argwohn und politische Furcht vertrieben wurde; und sie endlich von dieser Zeit an, in Großbrittanien und andern davon abhängenden Landen, ohne Hinderung alle nur zu wünschende Freyheit genossen- ohne dass man ihnen, dieselbe jemals gemißbrauchet zu hüben, zur Last legen könnte.
Sie fragten mich, welches die Gesetze und der Endzweck dieser Gesellschaft wären. Ein jeder Freymäurer, versetzte ich, ist bey seiner Aufnahme verbunden, bey dem heiligen Evangelio zu versprechen, daß er allezeit seiem Könige getreu seyn, und niemals in ein Bündniß oder Zusammenverschwörung, weder wider seine geheiligte Person, noch wider das Land, wo er für jetzt residiret, noch vielweniger wider dasjenige, wo er in Zukunft sich aufhalten könnte, sich einlassen will.
Ich hinterbrachte ihnen auch, daß die Mildthätigkeit der Grund und die Seele dieser Gesellschaft wäre, weil dieselbe alle ihre Mitglieder den einen mit dem andern mit einer brüderlichen Liebe verknüpfte, und sie sich eine unablößliche Schuldigkeit daraus machte, allen denjenigen, welche des Mitleidens wahrhaftig werth waren, ihre Wohlthaten angedeyen zu lassen.
Hier nennten sie mich einen Betrüger und Lügner, und gaben vor, es wäre unmöglich, daß eine Gesellschaft so gute Lehrsätze auszuüben ihr Werk seyn liesse, und doch ihres Geheimnisses wegen, bis zur Ausschliessung des weiblichen Geschlechts, so eifersüchtig wäre.
Der vernünftige Leser bel. von dieser Folgerung zu urtheilen, solche würde mehr als zu wahr seyn, wenn man sie auf das Geheimniß, welches das heilige Officium so sorgfältig in allen seinen Handlungen und Verfahren zu verbergen suchet, deutete.
Nach diesem Verhör setzte man mich irr ein tiefes Gefängniß, woselbst ich sieben Wochen verblieb. Wer vermag wohl von meinem traurigen Zustande bey diesem neuen Zuwachs des Unglücks zu urtheilen? in das kümmerlichste Elend, auf Gnade der unbarmherzigsten Richter war ich versetzet, in dieser erschreckensvollen unterirrdischen Wohnung fast wie lebendig begraben, ohne Hofnung daraus zu kommen; keine Hülfe, keine Erleichterung, nicht einmal diejenige beklagt zu werden, konnte ich hoffen.
Ich bekenne, daß ich mich dazumal für verlohren hielt; allein die Vorsehung hatte ein anderes beschlossen. Ich erwartete nichts mehr als den Tod, da diese fürchterliche und ganz entsetzliche Vorstellung mich aus dem tiefem Schlaffe, worein mich meine Melancholie versetzet hatte, erweckte, und plötzlich meine vorige Standhaftigkeit dadurch wieder erregte. Ich beschloß demnach alle diejenige Unglücksfalle, die Gott über mich verhängen würde, zu erdulden, und rufte ihn um seinen Beystand recht inbrünstiglich an.
Funfzehn Tage hatten mich die Inquisitoren m Ruhe gelassen, als ich das dritte Verhör ausstehen muste. Sie liessen mich so fort den Eyd, den ich das erstemal durch Auflegung der Hände auf die Bibel abgeschworen, um das Geheimniß der Inquisition zu bewahren, und die Wahrheit auf alle an mich zu ergehende Fragen zu sagen, erneuern.
Dabey liessen sie sich vernehmen, daß sie sich nicht einbilden könnten, daß die Freymäuerey die in dem ersten Verhör von mir angezeigte Lehrsätze zum Grunde hätte, und man das Geheimniß von einer nichts als Gutes in sich enthaltenden Sache so gewissenhaft bewahren sollte. Dieses gab mir Gelegenheit ihnen anzudeuten, daß das Geheimniß die Neugierigkeit anreitzte, und vermöchte, daß eine große Anzahl Personen sich in diese Gesellschaft aufnehmen liessen, und die von den neu aufgenommenen bezahlten Geldsummen sehr wichtig wären, die alle zu Werken der Mildthätigkeit verwendet würden; und außerdem, ein wahrer Freymäurer durch die überkommene und von allen Gliedern der Gesellschaft ausgeübte Geheimnisse gleich erkennte, ob ein Unbekannter, der sich in eine Loge einschleichen wollte, einer wäre oder nicht; und ohne diese Vorsicht würde die Gesellschaft Versammlungen halten, die ohnmöglich in den Schranken der Sittsamkeit und der guten Ordnung, die doch von allen Brüdern genau befolget wird, bleiben könnten, weil sie aus allerhand Leuten, die den Befehlen des Meisters der Loge zu gehorchen und nachzuleben nicht verpflichtet wären, bestehen würden;
dazu setzte ich noch, daß wenn das Frauenzimmer von dieser Gesellschaft ausgeschlossen wäre, es nur geschähe, niemanden zum Lästern und Verläumden Gelegenheit zu geben: und zudem hätten die Stifter dieser Gesellschaft in Ausschliessung derselben hinreichende Proben von ihrer Klugheit und Vorsichtigkeit gegeben, weil man zu jeder Zeit diesem schwachen und unvollkommenen Geschlechte ihre Unvermögenheit in Bewahrung eines Geheimnisses vorgehalten hätte.
Endlich drungen sie in mich, ihnen die Geheimnisse dieser Kunst zu offenbaren. Meine Antwort waren folgende Ausdrücke:
- „der Eyd, welchen ich bey meiner Aufnahme geleistet, solches niemals weder directe noch indirecte bekannt zu machen, erlaubet mir nicht es zu sagen. Mein Gewissen und meine Redlichkeit setzen sich darwider, und ich halte eure Herrlichkeiten für viel zu billig, als daß sie mich dazu zwingen sollten.“
Sie versetzten, daß dieser Eyd in ihren Augen nichts bedeutete, und sie mich davon frey sprechen wollten. Eure Herrlichkeiten, verfolgte ich, wollen mir zu viel Gnade widerfahren lassen, allein da ich nicht glaube, daß eine irrdische Macht mich meines geleisteten Eydes zu entledigen vermag, so bin ich entschlossen, denselben niemals zu verletzen.
Dieses war hinlänglich genung, mich wieder in mein tiefes Gefängniß zurück zu senden, wo ich in einigen Tagen in eine Krankheit verfiel. Man sandte mir einen Medicum, welcher von meinem sehr schlimmen Aufbefinden dem Tribunale seinen Bericht abstattete, welches so fort Befehl gab, mich aus diesem finstern Orte nach einen andern zu bringen, wo ich doch etwas, so wenig es auch war, von dem Tageslichte sehen konnte. Man gab mir auch einen aus Brasilien nach der Inquisition gebrachten Gefangenen, welcher während meiner Krankheit, die zu gutem Glücke nicht von langer Dauer war, viel Sorgfalt, für mich hatte.
Ich war kaum wieder hergestellet, als ich nochmals vor meinen Richtern erscheinen muste, die wegen der Freymäurerey neue Fragen an mich thaten, besonders ob ich nicht Zeit meines Aufenthalts in Lissabon einige Portugiesen in diese Gesellschaft aufgenommen hätte. Ich versetzte, daß ich ihre Herrlichkeiten versichern könnte, niemals einen darin aufgenommen zu haben; es wäre zwar wahr, daß der Herr Dom Manoel de Sousa Herr von Calharis, ein Hauptmann der Garde, nachdem er vernommen, daß die Person, welche den Herzog von Villeroy auf Befehl Ludwigs des 15. zum Freymäurer gemacht, sich zu Lissabon befände, den Herrn von Chavigny, der noch als Gesandter von diesem Monarchen an dem Portugiesischen Hofe stunde, gebeten, die nöthige Nachforschungen zu meiner Entdeckung gütigst anstellen zu lassen; welches auch wäre zu Werke gebracht worden, da ich aber wohl wuste, daß der König von Portugal! keinen seiner Unterthanen in die Freymäurer Gesellschaft aufgenommen haben wollte, ersuchte ich zwey Brüder, diesem Marquis meine Furcht wissend zu machen, und ihn zu versichern, daß im Fall er eine königliche Erlaubniß dazu erhielte, ich bereit wäre, ihn in die Brüderschaft aufzuyehmen; aber Dom Manoel, der dazumal inniglich wünschte ein Mitglied von uns zu seyn, hätte ihnen geantwortet, daß nichts dabey zu befürchten, und sich um dergleichen Kleinigkeiten zu bekümmern, solches der königlichen Würde zuwider wäre. Da ich aber meiner Sache gewiß, so waren dergleichen Reden nicht vermögend meinen Sinn zu verändern, und zudem, da ich erfahren, daß dieser Herr sehr wirtschaftlich wäre, hatte ich mich einer List bedienet, und ihm fünfzig Monnoies d'or für die Aufnahme abgefordert; welche Summe, wie ich es wohl vorhergesehen, in seinen Augen wichtig genung gewesen, das ausserordentliche Verlangen ein Freymäurer zu werden, in einem Augenblick zu mäßigen oder vielmehr gänzlich zu ersticken.
Der President sagte mir hierauf, es wäre wahr, daß seine Portugiesische Majestät keinem ihrer Untertanen die Beytretung zu dieser Gesellschaft erlauben wollte. Sondern man hätte zum Ueberfluß, vor fünf Jahren einen Befehl des heiligen Vaters an allen Thüren zu Lissabon angeschlagen, welcher allen Portugiesen, sich darin aufnehmen zu lassen untersagte, und alle diejenigen, die Glieder davon waren, oder inskünftige es werden möchten,in den Bann that.
Ich bat ihn zu erwägen, daß wenn ich in Ausübung der Freymäurey in Portugal! einen Fehltritt begangen, es aus lauter Unwissenheit geschehen wäre; weil ich mich erstlich zwey Jahre äufs längste daselbst befände; und daß ausserdem dieser einzige Umstand die Beschuldigung zernichtete, welche mir das Tribunal des heiligen Officii zur Last legte, indem sie mich vor denjenigen, der die Freymäurerey in das Königreich eingeführet hätte, hielten.
Hierauf versetzte er so gleich, daß ich als einer der vornehmsten dieser Gesellschaft, seit meines Aufenthalts zu Lissabon, von den Befehlen des heiligen Vaters müste unterrichtet worden seyn. Allein ich stopfte ihm den Mund mit einem Gleichnisse, welches ich mit einem Reisenden anstellte, der nemlich um nach Lissabon zu gelangen, von zweyen Wegen, die er antreffen würde, ohne daß weder bey dem einen noch dem andern ein Zeichen eines Verbots zu finden, eben denjenigen ergriffe, welchen der König bey Strafe der strengsten Züchtigung vsrbothen haben möchte.
Zugleich beschuldigte er mich, daß ich die zu Lissabon befindliche römisch Catholische Fremden verführte. Worauf ich ihnen aber vorstellte, daß die römische Catholische viel eher denn ich, als ein Protestante, von den Befehlen und Verordnungen des römischen Hofes belehret seyn sollten. Und ich über das glaubte, daß die strengen Befehle dieses Pabstes nicht wenig dazu beygetragen, die Neugierigkeit der meisten unter ihnen anzureitzen, und dahin zu bringen sich als Freymäurer aufnehmen zu lassen. Und ein Mensch, der für ketzerisch gehalten würde, wenig geschickt wäre, Personen, die ihn selbst dafür ansehen, zu verleiten. Daß nach meinem Sinn ein römisch Catholischer Freymäurer nur allein vermögend, Personen von gleichmäßiger Religion zu verleiten, und ihre Vertraulichkeit zu gewinnen; auch die Scrupel mit Erfolg zu heben, die sie sich theils über die ehrenrührige Berichte, die man von der Freymäurerey entworfen, theils über den Bann des Pabstes, welchen ein vermeintlicher Ketzer mit ganz andern Augen ansähe, hätten machen können.
Auf diese Art endigte sich das vierte Verhör, über welches ich, in meinem Gefängnisse Betrachtungen anzustellen, mich nicht entbrechen konnte. Was? sagte ich zu mir, eine Gesellschaft von Personen, die so wohl durch die Geburth als den Rang, und die Aufführung verehrenswerth sind, soll einzig und allein, weil dem Hofe zu Rom der Endzweck unbekannt, in den Bann gethan werden: Sollte man nicht sagen, daß dieses Oberhaupt der römischen Kirche den Bannstrahl nur darum in Händen habe, um denselben von der Höhe des Vaticans auf diejenigen, woran es Gefallen findet, ohne zu wissen ob sie schuldig sind, oder nicht, abzuschiesen?
Werden denn die leichtgläubige Römische niemals ihre Augen aufthun? Hoft er vielleicht durch eine dergleichen Aufführung sie in der närrischen Einbildung von seiner Unfehlbarkeit und den steten Eingebungen des heil. Geistes bey allen seinen Unternehmungen herum zu führen? Wer kann wohl in ihm denjenigen Hirten erkennen, der um das geringste seiner Schaafe umkommen soll? Wer wird wohl nicht sagen, daß er selbst derjenige brüllende Löwe ist, welcher um den Haufen herum geht, zu suchen welchen er verschlinge?
Heist das nach dem Willen der ersten Kirche leben, die des einzigen Weges der Sanftmuth sich bedienet hat? Handelt er nicht vielmehr schnur stracks wider die Verordnungen der feyerlichsten Concllien, welche befohlen für die Atheisten selbst zu bethen? Es ist aber nicht etwan heute geschehen, daß dieser Pabst, als er aus Leidenschaft wie andere Menschen handelte, sich selbst im Bann gethan, indem er den Bann wider römisch Catholische und wider Monarchen, welche der einzige Titul, älteste Söhne der Kirche, schützen sollte, zu unrechter Zeit ergehen ließ.
Es ist endlich wohl niemand, der nicht das Lächerliche in dieser Unternehmung des römischen Hofes gewahr wird. Selbst der Pfarrer zu Sanct Paul in Lissabon konnte sich nicht entbrechen, als er den Bann wider die Freymäurer bekam machte, es seinen versamleten Pfarrkindern vernehmen zu lassen, denn nachdem er sie gefraget, ob jemand unter ihnen ein Freymäurer, oder der wenigstens wüste, was das für ein Ding wäre, und aus dem von ihnen insgesamt gemachten Zeichen ersahe, daß niemand die mindeste Erkenntniß davon hatte, so sagte er, ich für mein Theil weiß auch nichts mehreres davon, ich habe wohl von Engelländern, Franzosen, Türken, und verschiedenen andern Völkern reden hören, auch deren gesehen, und gekannt, ich weiß auch was sie denken; allein was die Freymäurer sind, ist mir eben so viel als zu Rom bekannt. Indessen schicke ich sie alle aus Vorsicht, und zu Folge des von der Inquisition empfangenen Befehls, immerhin zum Teufel. Grösser Gott, welche Vorsicht! Ey welcher Schade ist es, so viele tausend in der ganzen Welt vertheilte Menschen in einer brüderlichen Einigkeit leben zu lassen?
Aus einem so übel angebrachten Bann, der der Stof und Anfang des Verfahrens der Inqusitoren wider die Freymäurer ist, läst sich leicht die Ungerechtigkeit erkennen.
Einige Tage nachher wurde ich wieder vor sie geführet, allein nun war gar nicht mehr die Rede von der Freymäurerey, sondern sie sagten mir nur, wie ich ihnen in meinen vorhergehenden Verhören eröfnet, daß die Gesellschaft der Freymäurer, Nothleidenden beyzuspringen. es für eine Pflicht hielten, und ob ich jemanden Mildigkeit zu beweisen Gelegenheit gehabt. Ich nannte ihnen eine römisch Catholische Kindbetterin, die bey ihrem grösten Elend, worin sie sich befände, vernommen, daß die Freymäurer viele Wohlthaten erwiesen, sich zu mir gewendet, und von mir einen Monnoies d'ör empfangen hätte. Wie auch, daß ich den Franciscaner Mönchen, bey Sammlung einer Allmosensteuer wegen ihres in die Asche gelegten Klosters, drey Viertheile eines Monnoies d'ors dazu beygetragen; ferner daß ein armer Franzose römisch-Catholischer Religion, der bey seinem ausersten Elende eine große Anzahl Kinder und keine Arbeit hatte, durch einige Brüder mir wäre empfohlen worden, um ihm eine hinlängliche Summe zum Anfang eines kleinen Gewerbes mitzutheilen, damit er dadurch in den Stand gesetzet würde, die höchst nöthige Erhaltung seiner Familie zu besorgen; da wir denn unserer sieben zehn Monnoies d'or zusammen gemachet, und ich ihm solche übergeben hätten.
Sie unterbrachen mich, und fragten, ob diese Mildigkeiten und die andern, die ich ausgeübet haben könnte, aus meinen eigenen Mitteln bewürket worden. Ich antwortete nein, sondern solche kämen von den Geldstrafen der Brüder, die sich in der Versammlung übel aufgeführet hätten, her.
Um welcher Fehler willen, sagten sie so fort zu mir, wird man in euren Versammlungen zur Geldbusse gezogen? Die Freymäurer, versetzte ich, welche das Unglück haben, den Nainen Gottes unnützlich zu führen, oder auf eine andere Art zu fluchen, ferner die, welche schandbare oder zweydeutige Worte heraus stiessen, und denn diejenigen, welche wider die Einigkeit oder Mildthätigkeit gegen einen ihrer Brüder oder wider den dem Meister der Loge schuldigen Gehorsam handelten, wodurch sie, so wenig es auch sey, die vollkommene Ruhe, die in unsern Versammlungen regieren soll, stöhren, alle diese nun sind zu einer grössern.oder kleinern Geldbusse verdammet, nachdem der begangene Fehler gering oder groß ist.
Nun fragten sie mich um den Namen und Wohnung derjenigen, welchen ich Mildthätigkeiten bewiesen zu haben vorgegeben hatte. Ich vergnügte sie über diesen Artickel, und versicherte zugleich, daß der letzte kein Freymäurer wäre, und wir ohne Unterscheid allen Arten Personen, von welchen die Redlichkeit und Dürftigkeit bekannt wäre, beystünden.
Aus den Gesprächen, welche sie, als ich nach vier Tagen wieder vor sie geführet wurde, mit mir hielten, hatte ich Ursach zu glauben, daß sie sich um die Wahrheit der ihnen in den vorhergehenden Verhören vorgetragenen Begebenheiten erkundiget hätten. Ich würde auch geglaubet haben, daß die mit so vieler Güte und Großmuth ausgeübte Mildthätigkeiten sie eines bessern unterrichtet und sie aus ihrem Irrthum in Betracht der Freymäurerey gezogen hätte, wenn ich nicht gewust, daß ein Gefangener, so unschuldig er auch seyn kann, sich niemals bey ihnen der von ihnen ihm einmal schuldig geglaubten Verbrechen zu rechtfertigen vermag. Denn sie thaten an mir keine Frage mehr über diese Gesellschaft, sondern brachen gänzlich davon ab.
Sie wendeten alle Beredsamkeit an, mir zu beweisen, daß da ich durch das heil. Officium arretiret worden, es ein Glück für mich und eine blosse Würkung der göttlichen Güte wäre, die da wollte, daß ich wieder in mich qienge, um dadurch auf den rechten Weg der Wahrheit zu gelangen, und auf eine ernstliche Weise an meiner Seelen Heil zu arbeiten. Sie sagten mir auch, ich sollte wissen, daß Jesus Christus zu Petro gesaget, daß er Petrus wäre, und er auf diesen Fels seine Kirche bauen wollte; folglich sollte ich mich blindlings den Befehlen des Pabstes, der sein Nachfolger wäre, unterwerfen.
Ich antwortete ihnen mit Standhaftigkeit, daß ich den Pabst zu Rom weder für den Nachfolger des heiligen Petri, noch für ohnfehlbar hielte; und mich deßwegen einzig und allein nach der heil. Schrift, welche die einzige Richtschnur unsers Glaubens seyn sollte, richtete. Ich bat sie auch, mir den Genuß der Privilegien der Engelländer in Portugal! zukommen zu lassen, da ich die unänderbare Entschliessung, als ein Protestante zu leben und zu sterben, gefasset, und möchten sie sich nicht die geringste Mühe geben, einen Proseliten aus mir zu machen, weil alle nur anzuwendende Bemühungen ohne Nutzen seyn würden.
Alle Versicherungen, die ich ihnen von meiner Beständigkeit und zukünftigen Beharrlichkeit in der englischen Religion gab, benahmen ihnen den Muth nicht, denn sie waren durch den Abfall einer unserer Brüder, der aus Furcht für die Tortur den römisch-Catholischen Glauben angenommen, angefrischet worden. Sie schmeichelten sich, mir mit der Zeit auch andere Gedanken beybringen zu können. Zum Behuf dessen sagten sie mir, daß sie mir englische Patres senden würden, die mich unterrichten, und mir die Augen über den erbärmlichen Zustand, worin ich mich, ihrer Meynung nach, befände, und der um so bejammernswürdiger wäre, da ich ihn nicht erkennte, öfnen sollten.
Ich beharrete stets darauf, ihre Anerbietungen auszuschlagen, welches verursachte, daß sich die zu Anfang dieses Verhörs von ihnen angenommene Gelindigkeit plötzlich in Zorn und Wuth verwandelte. Sie überhäuften mich demnach mit Schimpf und Schmähworten, und endlich begegneten sie mir als einem Ketzer und Verdammten.
Ich konnte mich auf ihre letzte Beschimpfungen zu antworten nicht entbrechen, ich sagte ihnen also, daß ich kein Ketzer, und sie diejenige selbst wären, die in dem Irrthume stäcken, welches ich ihnen zu jeder Stunde, wenn sie es für genehm' hielten, beweisen wollte.
Bedenket, versetzten sie mit einem gebieterischen Tone, was ihr redet; worauf ich ihnen nochmals wiederhohlte, daß ich nichts, was ich nicht, beweisen könnte, vorgebracht hätte, und nachdem ich meine Worte auf sie richtete, sagte ich ihnen; glaubet ihr denn, daß das, was Jesus Christus in dem neuen Testamente sagt, wahr sey? Ja antworteten sie, was fliesset aber daraus? Thut mir den Gefallen, und reichet mir eine Bibel, so will ich es euren Herrlichkeiten zeigen, darauf wieß ich ihnen die Stelle, wo unser Heiland uns befiehlet fleißig in der heiligen Schrift zu forschen, hinzufügende, daß wir durch sie allein das ewige Leben haben sollten. Unterdessen der Pabst und eure Herrlichkeiten dieß heilige Buch zu lesen verbieten, und hierin auf eine den ausdrücklichen Befehlen Jesu Christi schnur stracks zuwider laufende Art verfahren.
Hierauf gaben sie mir voller Heftigkeit zur Antwort, ich sollte mich erinnern, daß derselbe Heiland zum heiligen Petro, und in seinem Namen zu allen seinen Nachfolgern gesaget, daß alles, was er auf Erden lösen würde, in dem Himmel loß seyn sollte, und sich nur ein Lasterhafter und Gottloser unterfienge, wider die höchste Autorität und Unfehlbarkeit des Pabstes zu sprechen, welcher doch als Statthalter Jesu Christi auf Erden, so zu sagen, mit Theil an seiner Göttlichkeit hätte, und nichts als durch Eingebung des heiligen Geistes thäte, welches aus der Klugheit, Weisheit und Vorsichtigkeit, die ihn in allen seinen Handlungen begleiteten, deutlich zu ersehen, und welche ihn dazu gebracht, das Lesen der heiligen Schrift dem Volke zu verbieten, aus Furcht es mögte die dunkeln Stellen auf eine ihrer würklichen Bedeutung entgegengesetzte Art auslegen, wie es bey solchen Ketzern und Schißmatickern als ich, noch täglich im Gebrauch wäre.
Nach diesem Gespräch liessen sie mich wieder abtreten, mit der Erinnerung, so ich die römisch-Catholische Religion annähme, ich meine Sache auf einen viel bessern Fuß setzen würde, und mögte ich vielleicht meine Hartnäckigkeit viel zu spät bereuen. Darauf versetzte ich im Hinweggehen, daß ich mich, ihnen hierin zu willfahren, nicht im Stande befände.
Ich kann auch den Leser warlich versichern, daß ich allezeit in meinen Religions-Meynungen beständig geblieben, und alle ihre Vorstellungen und Drohungen, an statt mich zu gewinnen oder furchtsam zu machen, meinem Widerstande vielmehr neue Kräfte gaben, und mich mit häufigen Beweisen versorgten, um alle ihre Argumente mit Erfolg und Nachdruck zu widerlegen. Ich erkannte hierin die Hand des Höchsten, welcher durch eine Würkung seiner unverfälschten Güte mich in so heftigen Versuchungen erhalten, und mich in meiner heiligen Religion hat beständig bleiben lassen. Ich hoffe auch, daß ich in der Folge meines Lebens überzeugende Proben von den lebhaften und heilsamen Würkungen, welche- eine solche Wohlthat des Himmels in meinem Herzen hervor gebracht, durch die aufrichtige und beständige Ergebenheit, mit welcher ich mich von dieser Stunde an den Werken der Gottseligkeit auf meine übrige Lebenszeit ergeben habe, an den Tag legen werde.
Wenige Tage nachher erschien ich nochmals vor dem Presidenten des heiligen Offfcii, welcher mir sagte, daß der Promotor (ist der Fiscal in geistlichen Sachen) in Gegenwart des Tribunals die Haupt Anklagen, oder das von den Inquisitoren wider mich formirte Libell verlesen würde; wobey er mir, wenn ich es verlangte, jemanden zur Vertheidigung meiner Sache anbot.
Ich dankete ihm für dieses Anerbieten, indem ich meine Sache selbst zu vertheidigen vorzog, weil ich der Meynung, daß derjenige, welchen man mir beygeben wollte, der Gewohnheit nach, einer von den Inquisitoren selbst seyn würde. Ich: bat ihn um die Erlaubniß, meine Vertheidigung schriftlich abfassen zu dürfen. Allein dieses schlug er mir ab, indem er sagte, daß es wider den Gebrauch des heiligen Officii wäre, einem ihrer Gefangenen die Freyheit zu schreiben zu erlauben. Ich schlug ihm also vor, daß ich meine Vertheidigung, in seiner oder desjenigen Inquisitoren Gegenwart, welchen er mir in dieser Absicht bestellen würde, dictiren wollte, so er mir auch bewilligte.
Die in dem von den Inquisitoren wider mich: formieren Libell enthaltene Hauptanklagen waren folgende, als; ich hätte die Befehle des Pabstes übertreten, da ich die Freymäurerey ausgeübet, welche eine abscheuliche und ungeheure Gesellschaft von Gotteslästerung, Sodomiterey, und mehr andern Abscheu erweckenden Lastern wäre, und daß das von denjenigen, woraus diese. Gesellschaft bestünde, so heilig bewahrte Geheimniß, und denn die Ausschliessung der Frauenzimmer von ihren Versammlungen, nur gar zu überzeugende Beweißthümer dieser Wahrheit wären, wobey sie hinzu gefüget hatten, daß besagter Coustos ein erschreckliches Aergerniß durchs ganze Königreich gegeben, indem er sich zu dieser Seckte bekennet, und die wahre Absicht und den Endzweck davon ihnen nicht offenbaret, sondern vielmehr darauf beharret hätte, zu behaupten, daß solche in sich selbst gut und Lobens werth wäre, deßwegen begehrte der Promotor dieses heiligen Officii, daß man mit der äußersten Strenge gegen ihn verfahre, indem man diejenigen Mittel, welche die Inquisition in Händen hätte, ja auch alle Grade der Tortur dazu anwenden sollte, um ihn zum Bekenntniß der Wahrheit desjenigen, wessen man ihn beschuldigte, zu zwingen.
Nach Verlesung dieses Libells, legten sie mir, solches zu unterzeichnen, mit einer freundlichen Mine vor. Allein ich sahe so gleich alle Folgen davon ein, und weigerte mich dessen schlechterdinge. Denn ich würde mich dadurch aller darin enthaltenen Verbrechen schuldig und folglich der grausamsten Strafen werth erkannt haben. Doch da sie sahen, daß sie nichts von mir erhalten konnten, schickten sie mich mit Verachtung zurück, ohne mir zu erlauben, ein einziges Wort zu meiner Vertheidigung vorzubringen.
Dieß ist eine dergleichen entsetzliche Arglist, zu welcher die Lasterhaften Zuflucht nehmen, um Gelegenheit zu finden, die Unschuld selbst zu verdammen. Wie viel andere, die in solchen Begebenheiten weniger vorsichtig, wie viel andere die sich wegen dergleichen abscheulichen Thaten angeklagt zu sehen, ausser sich selbst gesetzet, und ihrer nicht mehr mächtig sind, würden ohne Ueberlegung ihre Verdammung dergestalt haben unterzeichnen können? Und wieviel hat es denn nicht auch gegeben, denen dieses Unglück widerfahren ist?
Ich für mein Theil entgieng zwar diesem, konnte mich doch aber nicht vielen andern, die mich bald nachher überhäuften, entziehen. Ich verblieb ganzer sechs Wochen, ohne daraus zu kommen, in meinem fürchterlichen Gefängniß, unterdessen ich Zeit genung hatte, so wohl über die mir gemachten Drohungen, als auch über die verschiedentliche Mittel, welcher ich mich zur völligen Rechtfertigung der beschuldigten Verbrechen bedienen könnte, Ueberlegung anzustellen.
Ich verfertigte demnach meine Antwort auf ihr Libell, welche aufrichtig zu sagen in nichts weiterem als in einer Wiederholung alles desjenigen, welches ich ihnen bereits in Ansehung der Freymäurey gesaget, bestünde.
Hier ist sie, so wie ich sie einem Abgeordneten des heiligen Officii in Gegenwart zweyer Inquisitoren, bey meiner, nochmaligen Vorforderung dictirte.
- Euer Gefangener ist auf. das lebhafteste gerühret und von Schmerz durchdrungen, sich entweder aus Unwissenheit oder aus Bosheit seiner Feinde, in dem höllischen Libell, der abscheulichsten Verbrechen, bey meinen Herren des heil. Officii angeklaget zu sehen; weil er in diesem Königreiche die Freymäurerey getrieben, die doch beständig verehret worden, und noch auf den heutigen Tag, nicht allein von einer unendlichen Anzahl Personen vom ältesten Adel der Christenheit, sondern auch von vielen gekrönten Häuptern, die sich darinne aufnehmen zu lassen nicht verschmähet, und die sich selbst bey ihrer Aufnahme verbindlich und anheischig gemacht haben, die Gesetze und Grundlehren dieser edlen Kunst zu beobachten, verehret wird. Und die durch die häufige Anzahl Personen vom vornehmsten Stande und gröstem Verdienste, die sich eine Ehre daraus machen, dieselbe zu bekennen, würklich ansehnlich wird.
- Noch edler ist sie aber wegen der Gesinnungen der Demuth, welche sie würket, weil der Reiche und der Arme, der Adeliche und der Bürgerliche, der Prinz selbst, und der Unterthan, unter sich, wenn sie versamlet sind, einander gleich sind, und nichts als die Tugend unter ihnen einen Unterschied zu machen fähig ist.
- Und endlich ist sie edel wegen Ausübung der Mildthätigkeit, wovon diese Gesellschaft Profeßion machet, und denn wegen der brüderlichen Liebe, welche sie einen mit den andern verbindet, ohne daß die Verschiedenheit der Religion, der Geburth und des Ranges einigen Anstoß dabey giebet.
- Es fällt demnach eurem Gefangenen sehr schwer, sich heute als das Opfer eures Tribunals, einzig und allein weil er von einer so ansehnlichen Gesellschaft ist, zu sehen. Der hohe Rang, das erhabene Verdienst, die so bekannte Redlichkeit, selbst die Majestät vieler derjenigen, die Mitglieder davon gewesen oder es noch sind, sollten als so viel unverwerfliche und redende Zeugen betrachtet werden, die vor meine und der so unrechtmäßig angeklagten Freymäurerey Rechtfertigung streiten. Zudem kann man sich wohl, ohne sich der höchsten Ungerechtigkeit und der grösten Verwegenheit schuldig zu machen, einbilden, daß die christlichen Prinzen, die das Amt der Gottheit auf Erden verwalten, und so zu sagen, die lebende Abrisse ihrer Grösse sind, in ihren Staaten, eine so unerhörter Laster schuldige Gesellschaft dulten, und was noch mehr, selbst Mitschuldige, und Urheber, da sie sich zu Mitgliedern und Beschützern davon machen, werden sollten.
- Was ich so eben gesagt, sollte mehr als hinlänglich seyn, eure Herrlichkeiten zu überführen, daß sie in Betracht der Freymäurey übel berichtet worden, und sie zu gleicher Zeit zu verbinden, den Lauf ihres Verfahrens wider mich zu hemmen.
- Indessen will ich noch, so es eure Herrlichkeiten erlauben wollen, einige Anmerkungen hinzu fugen, welche dazu dienen werden, die vorhergehenden mehr zu bekräftigen, und alle schlimme Impreßionen, die man ihnen bey Gelegenheit dieser uralten Gesellschaft, wovon ich ein Mitglied bin, gemacht hat, über den Haufen zu werfen.
- Erstlich. Alle Sorgfalt, die man anwendet, und die genaue Nachforschungen, welche man wegen der Sitten und des geführten Lebenswandels aller derjenigen, die dazu gelassen zu werden begehren, und die nicht eher dazu gelangen, bevor man nicht sichere und unstreitige Zeugnisse von ihrer ohne Vorwurf geführten Lebensart hat, anstellet, alle diese Sorgen beweisen klärlich, daß diese Gesellschaft nicht eines einigen derer von eurem Tribunal angeklagten Verbrechen schuldig ist, weil alle diese Behutsamkeiten nur dahin zielen, nicht nur alle Lasterhafte, sondern auch diejenige, welche nur die geringste unordentliche Sitten an sich haben, daraus zu verbannen.
- Zweytens. Die Werke der Mildthätigkeit, zu welcher sich diese Gesellschaft verpflichtet halt, gegen alle diejenigen, die würkliche Gegenstände davon sind, und wovon ich euren Herrlichkeiten einige geringe Exempel angeführet habe, zu erfüllen, beweisen auch, daß es moralisch unmöglich, daß diese Gesellschaft so abscheulich, als sie euer Tribunal abgemahlet sey; weil sie vermögend ist auf eine so autentische, so löbliche, und so freygebige Art eine Tugend auszuüben, welche als eine Königin der andern sie nothwendiger Weise alle um sich herum führet, eine Tugend, mit welcher das Laster sich nicht zu vertragen vermag, eine Tugend endlich, die so durchgängig als die Mildthätigkeit nicht geachtet wird, und die der Liebe zu Reichthümern, aus welcher, gleichsam als aus ihrer Quelle, alle Laster, selbst die abscheulichsten entspringen, gänzlich entgegen gesetzet ist.
- Ferner erheben sich die Lasterhaften über die Gesetze, verachten den Prinzen und seine unter ihm zu Administrirung der Gerechtigkeit bestellten Magisträte. Sie spinnen Aufruhr und Verschwörungen an. Die Freymäurer hingegen sind gegen die Person des Prinzen, in dessen Staaten sie leben, mit Ehrfurcht angefüllet; halten seine Gesetze, und verehren in dem Magistrat die geheiligte Person des Prinzen, der sie angesetzet. Sie unterdrücken bis auf die geringsten Gedanken davon Aufruhr und Unruhe; vielmehr sind sie allezeit bereit ihre Güter und Leben, für ihren Souverain, für das Wohl und die Ruhe seiner Staaten, bloß zu stellen und aufzuopfern.
- Die Lasterhaften unter einander führen jeden Augenblick den Namen Gottes unnützlich, spotten, schweren und läugnen die Gottheit. Die Freymäurer aber, die noch nicht damit zufrieden sind, die welche das Unglück zu schweren haben zu bestrafen, bestrafen auch diejenigen, welche zweydeutige und unflätige Worte hervor bringen, und endlich verbannen sie aus ihrer Gesellschaft auf beständig diejenigen, die sich durch ihre Halsstarrigkeit und aus Gewohnheit gar zu ofte eines Lasters, so gering solches auch seyn mag, schuldig machen.
- Die Lasterhaften verachten alle Arten von Religionen, ziehen alles ins Lächerliche, und reden davon in Ausdrücken, die der Gottheit, die sie zum Gegenstande haben, unanständig sind: die Freymäurer aber beobachten über alle und jede ein Ehrfurcht volles Stillschweigen, greifen diejenige einzelner Personen nicht an, leben insgesamt als Brüder, ohne daß der Unterschied der Meynungen nur auf einige Weise diese unvergleichliche unter allen Gliedern dieser verehrenswerthen Gesellschaft herrschende Einigkeit vermindern könne.
Ich beschloß meine Rechtfertigung mit den vier folgenden und von einem Freymäurer verfertigten Versen.
- Wir folgen alle nach auf schlecht gebähnter Bahn,
- Wir suchen nur zu baun; in unsern Häusern kann
- Der Tugend heller Glanz als wie im Tempel prangen,
- In Höhlen liegt daselbst der Lasterheer gefangen.
Hiezu fügte ich noch diese:
- Doch wie im Gegentheil! wer wird mich überführen,
- Kann man das Unrecht hier nicht unerbittlich spühren?
- Es wafnet sich mit Wuth, jagt hier die Tugend fort,
- Wie glänzend triumphirt durch sie das Laster dort!
Hier ist, sagte ich zu den Inquisitoren, die lautere Wahrheit von unsern Geheimnissen. Ich erwarte also in größter Gelassenheit, was eure Herrlichkeiten zu befehlen für gut halten werden, in der Hofnung, daß dero Gerechtigkeit und Billigkeit ihnen nicht zulassen wird, mich als einen derer in dem Libell gedachter Verbrechen schuldigen, unter dem Vorwande, daß man nur in strafbaren Dingen ein Geheimniß bewahren könne, zu verurtheilen.
Ich wurde wieder in mein Gefängniß geführet, ohne daß ich die Würkung, die meine Replicke in ihren Gemüthern gemacht, bemerken konnte. Jedoch welchen Eindruck vermag wohl die Wahrheit in den Herzen und Gemüthern, die alle Catholisch sind? Sind sie nicht gänzlich geschworne Feinde davon? Kann wohl die reinste Unschuld jemanden vor Richter, die sie nicht kennen wollen, rechtfertigen? Bey welchen die Eigenliebe der geringste Fehler ist, und da allein die Furcht entweder unverständig oder fehlbar zu scheinen, tausend und abermal tausend Ungerechtigkeiten strafbar und schuldig machen kann.
Allein was sage ich, ist ihnen denn nicht erlaubt so zu verfahren und hat man niemals verbotene Dinge an den Kundschaftern des Pabstes wahrgenommen? Diejenigen, die seine Befehle befolgen, haben nichts zu befürchten; wären sie auch würklich ungerechter als Ahab gegen den Naboth, ungetreuer als Judas gegen Jesum Christum, grausamer als Nero gegen die Christen, gottloser endlich als Wiclef, der die Kröten verehrte, so bald es nur das Interesse des Hofes zu Rom erfordert, stehen ihnen die Thüren des Himmels offen. Das sind Leute voll von Eifer für die Religion, lebende Heilige, deren Leben ein Gewebe von Mirackeln ist, und die das würklich nicht machen, was sie zu thun scheinen.
Grösser Gott! bis zu welcher Zeit werden so viel Millionen Menschen die Augen verschlossen haben? Wird vielleicht zu deren Eröfnung erfordert, daß das Haupt dieser Kirche noch verlange, ihn als einen Gott auf Erden zu verehren? Die Sache ist vielleicht nicht mehr weit entfernet. Schon in der Gewalt ersoffen, welche er sich in den mehreren Monarchien erworben, wo die Schwachheit der Könige und die närrische Leichtgläubigkeit ihrer Unterthanen zulassen, daß er in seinen Anhängern selbst hochgeachtet und verehret wird, will er seine oberste Macht den Monarchen der ganzen Welt beweisen. Er siehet bereits alle Könige, Prinzen, und Souverains, als seine unterworfene, seiner Autorität untergebene, und seinen Capricen gehorsame, an. Schon begehrt er befugt zu seyn, mit ihren Staaten zu walten, und da er bereits über die schöne Titel, die man der Gottheit beyleget, eifersüchtig ist. Will er sich solche zueignen; es heist nicht mehr wie sonsten Summus Pontifex. der Souveraine Pabst, (dieser Titel scheint ihm ohne Zweifel schon zu gemein) sondern Rex Regum, König aller Könige, wornach er jetzt strebet; welche ausschweifende und übertriebene Ambition! Warum begnügt er sich nicht an der unumschränkten Gewalt, die er im Himmel zu haben sich einbildet, und woran sich seine Vorgänger gesättiger haben? Warum findet er nicht auch wie sie seine Zufriedenheit und Vergnügen darin, neue Glaubensartikel zu machen, die in der römischen Kirche angenommene Geheimnisse, der Vernunft und des gesunden Verstandes zum Possen, zu vermehren, diesen hier zu verdammen, jenen da zu retten, in Verschwendung oder Versagung seines Ablasses?
Welch ein glücklicher Sterblicher ist doch der Pabst! alle seine Handlungen sind heilig, alle seine Worte so viel Glaubensartickel. Sagt er, daß ein frommer Mensch in den Abgrund der Höllen ist? So hält man ihn würklich für verdammet. Versetzt er einen Ketzer unter die Heiligen, so wird er so fort für einen solchen angesehen, das Falsche in seinem Munde wird wahr. Das Laster verändert sich bey ihm in Tugend, mit einem Wort, nichts ist ihm unmöglich. Warum will man denn heutiges Tages die Völker des ganzen Erdkreyses durch die Beweißthümer einer irrdischen und allgemeinen Autorität, die den geringsten Grund nicht hat, übertäuben?
Ach! ich merke es. Eine reelle und würkliche Gewalt über den Erdboden ergötzet seine Eigenliebe mehr, als eine eingebildete unumschränkte Autorität im Himmel. Soll ein Mensch, um recht gottselig zu seyn, ein Oberhaupt der römischen Kirche, ein vermeintlicher Nachfolger Jesu Christi, soll der, sage ich, sich so stark an die eitlen Ehren und vergänglichen Güter der Erden hängen? Doch wem ist nicht bekannt, daß alle die heiligen Titel, womit sich der Pabst ausschmücket, sehr öfters seine Verdienste und seine Tugenden ausmachen? Demnach ist es nicht zu verwundern, daß man nicht eine davon bey den Inquisitoren antrift, die seine Diener sind, und die man vielmehr als die Grausamsten, Gottlosesten und Lasterhaftesten betrachten kann.
Einige Tage darauf, als ich die zur Rechtfertigung meiner Unschuld dienende Beweißthümer dictiret hatte liessen sie mich wieder vor ihrem Tribunale erscheinen, wo der Cardinal D‘Acunha, als Ober-Inquisitor und Generaldirector aller in den von der Monarchie abhängenden Ländern befindlichen Inquisitionen, presidirte, er redete mich an, und sagte:
- Daß das heilige Tribunal, in meiner Sache ein Urtheil zu fällen, besonders versammlet wäre; daß ich demnach nichts mehr übrig hätte, als mich zu untersuchen und nachzusehen, ob ich nicht andere Ursachen zu meiner Rechtfertigung beyzubringen wüste.
Ich antwortete ihm nein, und verließe ich mich hierin auf die Einsicht und Billigkeit derjenigen, die zugegen wären. Nach diesem liessen sie mich, um mein Urthel [!] zu fallen, abtreten.
Einige Tage nachher ließ mich der President wieder hohlen, und gab Befehl, eine Schrift, die einen Theil meiner Sentenz enthielte, abzulesen, vermöge welcher ich, da ich die Wahrheit nicht hätte gestehen, und das Geheimniß der Freymäurer (den Endzweck und die Absicht ihrer Versammlungen) nicht entdecken wollen, zu den indem heiligen Officio üblichen Quaalen und Martern verdammet wurde.
Man machte sich fertig es so gleich auszuüben, und ich wurde noch in demselben Augenblick nach den Martersaal geführet.
Dieser höllische Saal ist die Form eines viereckigten Thurns sonder Tageslicht, man erblickt darin nichts als traurige und fürchterliche Gegenstände; Chavote, Räder, Stricke, grosse Ketten, Rollen, Leitern, Halseisen, eiserne Ringe, Drehbäume, (im französischen Tourquinets) und eine Menge anderer Instrumente, zu allerhand in der Inquisition üblichen Martern. So bald man einem Unglücklichen die Tortur zu geben im Begrif ist, zündet man Lichter an, und futtert die Thüre mit Matrazen aus, auf daß sein Geschrey und seine Seufzer nicht zu den Ohren der übrigen Gefangenen gelangen mögen.
Es ist sich leichtlich vorzustellen, in was für einer traurigen Situation ich mich befunden haben müsse, als ich mich, im Eintreten in diesen finstern Ort, von sechs Wächtern, die nichts als meinen Tod zu verlangen schienen, plötzlich angefallen sahe. Sie brachten so fort alle zu der ausstehenden peinlichen Frage nöthige Instrumente in Bereitschaft; darauf zogen sie mich bis auf die Hosen ganz nackend aus; sie hiessen mich auf einen Chavote auf den Rücken gelegt, ausstrecken. Woran sie mich, nachdem sie mich aus allen Kräften gezogen und ausgestrecket hatten, vermöge eines mir um den Hals gelegten Halseisens und eines eisernen Ringes an jeden Fusse befestigten.
Eine solche Ausdehnung verursachte mir sehr empfindliche Schmerzen, allein diese waren nur Vorläufer der grausamen Martern, die sie mich leiden zu lassen beschlossen hatten. Zu Bewürkung dessen banden sie mich mit acht kleinen Stricken, zwey an jeden Oberschenkel. Diese Stricke gierigen durch in dem Chavot befindliche Löcher, und auf das geringste von den barbarischen Inquisitoren gemachte Zeichen, wurden sie alle zu gleicher Zeit von vier Henkersknechten, die unten her waren und den Gebrauch der Drehbaume verrichteten, an und zugezogen.
Um von den Schmerzen, die ich in diesem fatalen Augenblick ausstunde, recht zu urtheilen, darf man nur wissen, daß die Stricke, welche von feinem Faden und wie der kleine Finger dicke waren, in das Fleisch bis auf den Knochen schnitten, daß das Blut aus den acht verschiedenen Orten, wo sie meine Glieder eingeschnüret hatten, heraus rinnete.
Als ich unterdessen darauf beharrete, daß ich ihnen nichts mehr, als was ich ihnen in meinem Verhör gesaget hatte, hinterbringen wollte, wurde ich zu vier wiederhohlten malen auf diese Art eingeschnüret; die an meiner Seiten befindliche Arzt und Barbier, fühlten mir nach den Schläfen und urtheileten daraus die Gefahr des Lebens, in welcher ich mich befinden konnte. Und da ihnen mein Schmerz nahe gieng, verschaften sie mir würklich von Zeit zu Zeit ein wenig Ruhe, um mich wieder zu erholen, und zu Kräften zu kommen.
Doch muß man nicht denken, daß ich während dieser kurzen Intervallen gänzlich in Ruhe war. Mein Geist litte in Mangel meines Körpers, und die lebhaften Empfindungen der Verachtung, welche mir die Ungerechtigkeit und Unempfindlichkeit meiner Richter verursachten, wichen den Schmerzen der Tortur in nichts. Es ist wohl in Wahrheit nichts betrübters, und heist das nicht eines Unglücklichen in seinem Elende spotten, wenn man ihn für die Ursach der Strafen, welche man ihm unrechtmäßiger Weise leiden lasset, ausgiebet.
Unterdessen zielten alle Vorstellungen und Vermahnungen der Inquisitoren dahin, welche mich überreden wollten, daß ich mich durch meine Hartnäckigkeit zu meinem Selbstmörder machte, und wenn ich ja von den Schmerzen dieser entsetzlichen Tortur sterben sollte, so würde ich ohnfehlbar auf ewig verlohren seyn.
Endlich als ich das letzte mal angezogen wurde, und so wohl durch den häufigen Verlust des Geblütes als auch durch die empfundene tödtliche Schmerzen ausserordentlich geschwächet war, verlohr ich alle Erkenntniß, dergestalt daß man mich, ohne daß ich es gewahr wurde, in mein Gefängniß brachte.
Da nun die Inquisitoren gesehen hatten, daß sie nicht vermocht etwas von mir zu erhalten, und ich im Gegentheil jemehr sie mich marterten, jemehr Standhaftigkeit und Beständigkeit blicken liesse, als trieben sie, an statt davon abzustehen, ihre Barbarey so weit, mir sechs Wochen nachher noch eine andere und so es möglich eine weit grausamere Tortur als die erste beyzubringen.
Die Henkersbuben befestigten mich so gleich um die Mitte des Leibes an eine Säule, die Hände hängend, und die flache Hand auswendig gedrehet; und die beiden Handgelenke banden sie mit einem Strick, welcher, da er durch Hülfe eines Drehbaums angezogen wurde, dieselben nach und nach hinterwärts zusammen brachte. Sie thaten es mit so vieler Strenge, daß die zwey auswendige Seiten meiner Hände sich völlig berührten; welches meine Schultern verrenkte, und mir dadurch yiel Blut aus dem Munde floß. Sie wiederholten diese Marter zu dreyen malen; nachher brachte man mich wieder in mein Gefängniß, wo man mich den Händen der Aerzte und Barbierer übergab, die mich ebenfals durch die Wiedereinrichtung meiner verrenkten Knochen unerhörte Schmerzen empfinden liessen.
Warum löset man die Sklaven zu Marocco, Tunis, und Algier aus? Warum verschwenden die bey deren Unglück empfindliche Christen zu ihrer Erleichterung, ihrer Güter, unterdessen sich mitten unter ihnen Unglückselige, ihre Landsleute, ihre Freunde, ja zuweilen ihre Anverwandten befinden, die tausendmal mehr als jene zu beklagen sind, und deren Befreyung bloß von einem verdienstlichen Werke vor Gott und den vernünftigen Menschen, ich will sagen, von der gänzlichen Zerstörung der abscheulichen Inquisition abhänget.
Was? in dem Augenblick, da sie es am wenigsten vermuthen, ohne die Ursach davon zu errathen, ja öfters ihre Gefangennehmung und ihr Verhängniß wie auch die verschiedene Strafen, welchen sie ausgesetzet sind, nicht wissen, wird ein Väter auf einige Jahre, auch öfters auf immer, seines geliebten Kindes, seiner einzigen Hofnung, eine Frau ihres zärtlich geliebten Mannes, eine Tochter einer vernünftigen auf alle ihre Schritte wachenden Mutter, eine ganze Familie eines Hauptes, das ihr den Unterhalt verschaffet hat, sich beraubet sehen, und dürfen sich doch nicht einmal darüber beklagen.
Haben wohl die allerbarbarischen Völker die Grausamkeit und Unmenschlichkeit höher getrieben? und haben wohl die fürchterlichsten Piraten und Corsaren jemals so viel Haß und Feindseligkeit gegen ihre Sclaven blicken lassen? Hat man sie, vom Mitleiden bewegt, nicht vielmehr über das unglückselige Schicksaal der Inquisitions-Gefangenen, Thränen vergießen sehen? Wer kann denn nun diesem Tribunal günstig seyn, und die Nutzbarkeit davon behaupten? Wer sollte sich nicht vielmehr zu dessen Verwüstung anheischig machen?
Um aber alle Ungerechtigkeit und Barbarey noch besser bekannt zu machen, will ich den Verlauf einer dritten Art von Tortur, die ich noch ausgestanden, und die der rasende Zorn allein den unmenschlichen Richtern, aus welchen es bestehet, eingegeben haben konnte, hieher setzen.
Zwey Monate waren es, als ich die zweyte Tortur ausgestanden hatte, und ich mich kaum wieder zu fassen anfieng, als ich nochmals in diesen elenden Saal, wo ich schon so grausam war gemartert worden, geführet wurde. Die Henker befestigten mich so fort mit einer großen eisernen Kette, die zweymal um meinen Leib gieng, und auf meinen Magen kreutzweiß schloß, und bis zu Ende jedes Armes reichte. Darauf muste ich mich auf den Bauch legen, und sie machten mich auf einem Schavote feste, woran zwev Rollen, die acht Fuß weit von einander und alle beyde in einem sehr dickem Brete eingeschlagen waren. Auf diesen zwey Rollen liefen zwey Stricke, von welchen jeder eines meiner Handgelenke nebst einem Ende der Kette angezogen hielt, diese zwey Stricke reichten bis zu einem unter dem Schavot befindlichen Drehbaum, und dehnten meine Arme aus, wobey zu gleicher Zeit nach dem Maase, als sie dieselben anzogen, mein Magen zusammen gepresset wurde, welches mit aller erdenklichen Grausamkeit geschahe.
In Wahrheit meine Handgelenke, meine Elenbogen und meine Schultern wurden dadurch verrenket. Die Barbierer, die zugegen waren, brachten sie zwar so gleich, aber nicht ohne grausame Schmerzen, die jedoch mit denjenigen, die ich noch auszustehen hatte, nicht zu vergleichen waren, wieder in Ordnung.
Hiernächst liessen die barbarischen Inquisitoren, die ihre höllische Raserey noch nicht gesättiget hatten, diese entsetzliche Marter mir zum zweyten male anthun. Wobey ich tausendmal grössere als daß erste mal, und ganz unbeschreibliche Schmerzen empfand, allein ich überstunde, sie mit eben derselben Standhaftigkeit. Darauf brachte man mich in Begleitung der Aerzte und Barbierer, die mich verbanden, in mein Gefängniß, und daselbst verblieb ich bis an den Tag ihres vermeintlichen Auto da Fe.
Was macht denn euer Schwerd, ihr Prinzen, und Könige auf Erden, wenn man im Schoose eurer Staaten so viel Gottlosigkeit unbestraft siehet? Hat euch Gott nur deßwegen so viel Gewalt gegeben, um in den Augen eures unterworfenen unglücklichen Volkes damit Staat zu machen? Habet ihr sie nicht zur Vertheidiguug seines Interesse, seiner Güter und seines Lebens, ja mit Aufopferung eures selbst eigenen Lebens, erhalten?
Warum scheint man also so unempfindlich bey seinen Unglücksfällen? Warum leidet man, daß es Rom in eurer Gegenwart seiner unmäßigen Ambition aufopfere? Das heist gar zu lange verweilen. Lasset endlich einmal sehen, daß ihr die Beschützer der Unschuld, Feinde und Rächer der Ungerechtigkeit seyd. Entfernet von euren Staaten eine Geissel, die euren treuesten Unterthanen so schrecklich und eurer souverainen Gewalt so gefährlich ist. Verstopfet diese fruchtbare Quelle des Aufruhrs und Verschwörung, welchen die einfältigen und schwachen Gemächer einsmals auf Anstiften des römischen Hofes zu erregen nicht unterlassen werden. Muß euch denn der Pabst erstlich die Kronen rauben und sie schon auf seinem Haupte haben, daß euch die Augen über seine hochmüthige Unternehmungen aufgehen, und euch zur Rache der von ihm wider eure Unterthanen ausgeübten unerhörten Grausamkeiten antreiben? Ein eitler Religionsscrupel soll euch demnach verhindern sie von seiner Tyranney zu befreyen.
Lasset einmal, es ist Zeit, dieses Tribunal die kräftige Würkung eures gerechten Zorns und Verdrusses empfinden. Gott wird dadurch verherrlichet, die Gerechtigkeit zufrieden gestellet, die Religion mehr geachtet werden, und alle euch unterworfene Nationen werden euch, voller Freude über ihre Befreyung, ewig preisen.
Allein lasset uns diese traurige Erzehlung meiner Unfälle und Leiden beschließen. Man begreift gar leicht alles erschreckliche davon, wenn man bedenket, daß an nur neun mal drey unterschiedene Torturen, eine immer grausamer als die andere, durch Henker, welchen die Unbilligkeit meiner Richter noch mehr Kräfte einflösete, vollzogen worden. Mit einem Wort, ich wurde in so einen bejammernswerthen Zustand, versetzet, daß ich während mehr als drey Monaten keine Hand zum Munde bringen konnte. Ich habe auch mehr als zu viel Ursach zu glauben, daß ich, ohne die Zeit, welche mir diese abscheulichen Strafen an meinen Lebenstagen verkürzet, noch den Rest meines Lebens davon beschweret seyn werde, denn ich empfinde fast ohn Unterlaß die heftigsten Schmerzen in allen Theilen meines Körpers, und welche ich, ehe ich in die Hände dieser barbarischen Inquisitoren gefallen, niemalen gespüret habe.
Der scharfsichtige und neugierige Leser wird sich ohne Zweifel verwundern, daß ich hier nicht auch die Beschreibung der Leiden, welche der Bruder Mouton ausgestanden, beygefüget, da ich doch seiner Gefangennehmung von der Inquisition gedacht habe. Allein es wird bekannt seyn, daß er als ein gebohrner Catholicke, so wie seine ganze Familie, vielmehr als ich ein gebohrner Protestante zu beobachten hat, weßhalben er mich auch ersuchet, seiner in meinem Buche, so viel als es die Vorsichtigkeit in dergleichen Fall zulässet, zu schonen. Man kann indessen aus denen von mir als Meister der Loge ausgestandenen Martern, diejenigen abmessen, die er als ein eifriger Aufseher, um so mehr, da seine Hartnäckigkeit in Behauptung, daß die Freymäurerey sehr lobens werth in sich selbsten wäre, und denn der Wunsch in Gegenwart seiner Richter, daß alle Menschen Freymäurer seyn möchten, ihn bey dem heiligen Officio verhaßt und verdamlich gemacht, ausstehen können.
Als der Tag ihres vermeintlichen Auto da Fe erschienen war, giengen wir alle beyde nebst allen andem Gefangenen, deren Proceß geendiget war, in öffentlicher Proceßion. Da wir bey der St. Dominico Kirche angelanget, verlaß man uns allen unsere Sentenz, mein Freund hatte das Glück, loßgelassen zu werden, ich aber noch das Unglück, nach allen bereits ausgestandenen Martern, auf vier Jahre zur Galeere verdammet zu werden.
Die portugiesische Galeere ist ein am Ufer des Flusses gelegenes Gefängniß, und bestehet in zwey grossen über einander gebaueten Sälen. Der auf gleicher Erde ist für die armseligen Galeenknechte, und der andere für die Kranke und Officiers dieses Gefängnisses bestimmet, welches der Aufenthalt nicht nur derjenigen, die Inquisitionsgefangene gewesen, sondern auch der Bösewichte und Meuchelmörder, welche da sie öfters dem Feuer und dem Galgen entgangen, durch die weltlichen Richter und Magisträte dazu verdammet worden; man siehet hier auch auf den Schiffen der Barbarey zu Sclaven gemachte Türken; auch schwarze Sclaven, welche wegen ihrer Flucht oder Bosheit von ihren Herren dahin gesetzet worden, um sie wieder zu ihrer Schuldigkeit zu bringen.
Alle diese Unglückselige, von was für einer Gattung sie immer seyn mögen, werden gleich durch zu beschwerlichen und unanständigen Arbeiten gebrauchet, welche darin bestehen: Auf dem Bauhofe, wo die Kriegsschiffe erbauet werden, zu arbeiten, den Zimmerleuten das Holz herbey zu schaffen, die Schiffe auszuladen, Wasser und nöthige Lebensmittel herbey zu hohlen, um diejenige, welche um einer weiten Reise unter Seegel gehen sollen, zu verproviantiren, man gebrauchet sie auch dazu, den Gefängnissen zu Lissabon Wasser zu liefern, die königlichen Gärten zu begiessen, und mit einem Wort zu allen Arbeiten, welche den Dienst des Königes und seiner Officierer, die sie commandiren, angehen, sie mögen so niederträchtig und beschwerlich seyn als sie immer wollen.
Allein diese Beschwerlichkeiten würden noch zu ertragen seyn, wenn nur nicht diejenigen, die zur Aufsicht gesetzet sind, ihnen mit aller möglichen Grausamkeit begegneten. Es ist nur ein einzig Mittel ihren Grim zu besänftigen, nemlich ihnen von Zeit zu Zeit Geld zu geben.
Alle diese Galeenknechte sind zwey und zwey nur an einem Fuß mit einer acht Fuß langen Kette zusammen gefesselt, welche Kette sie verkürzen, so bald es ihnen gefällt das Gewichte davon zu verringern, und sich Erleichterung zu verschaffen, da sie denn dieselbe an einen Hacken, welchen sie alle an ihren Leibgürtel haben, befestigen. Man barbieret ihnen das Haupt und den Bart einmal des Monats; man giebt ihnen Kleider und Mützen von groben blauen Tuche, desgleichen auch jedem einen grossen Ueberrock von grober Sarge von gleicher Farbe, der ihnen bey Tage statt eines Mantels, und bey Nacht statt einer Bettdecke dienet, denn ihr Betle bestehet nur aus einer Pritsche ( im französischen estrade) mit einer Strohmatte für jeden.
Zur Lebensunterhaltung bekommt ein jeder Galeenknecht täglich ein Pfund sehr harten und schwarzen Zwieback nebst sechs Pfund gesalzenen Fleische des Monats, und einen Scheffel Erbsen, Linsen, oder kleine Bohnen. Es ist zwar wahr, daß er diese Lebensmittel verkaufen, und andere viel schmackhaftere und bessere, wenn es seine Mittel zulassen, dagegen einkaufen kann. Allein diejenigen, die keine andere Zubusse haben, und gezwungen sind mit dieser Nahrung zufrieden zu seyn, sind wahrhaftig des Erbarmens werth. Diese Nahrung ist auch sehr mäßig und platterdings unzulänglich, wenn man die Zerstreuung der Lebensgeister, welche fast ohn Unterlaß und auf eine gar zu merkliche Art bey ihnen vorgehet, angesehen der schweren Arbeit, mit welcher sie täglich beschäftiget sind, in Erwägung ziehet.
Von dem frühen Morgen an, und das, ohne die wenigen Feste, alle Tage führet man sie dahin, wo man ihrer benöthiget ist; und sind sie gezwungen ohne Anhalten bis um eilf Uhr zu arbeiten, alsdenn sie, um zu essen und auszuruhen, die Arbeit verlassen. Um ein Uhr Nachmittags führet man sie wieder zur Arbeit bis zu Nacht, alsdenn sie allezeit von einem Officier begleitet in die Galeere zurück kommen. Dieses ist nun der bejammernswerthe Zustand dieser Unglückseligen.
Wenn es unterdessen sich begiebet, daß einige in Krankheit verfallen, welches sehr ofte geschiehet, entweder aus allzugrosser Bemühung oder aus Kummer und Gram, die sie ohn Unterlaß nagen; bey dieser Gelegenheit muß ich denen Aerzten und Barbierern Gerechtigkeit widerfahren lassen. In Wahrheit so bald ein Gefangener in den obern Saal, welcher, wie ich bereits erwähnet, das Krankenspital ist, eingeführet worden; wenden sie alle mögliche Sorgfalt für ihn an, und bemühen sich aus allen Kräften, ihn bald wieder herzustellen. Gute Bouillons und Hühnerbrühen werden bey denen Kranken, deren schwache Magen härtere Nahrungsmittel nicht- vertragen können, nicht gesparet. Mit einem Wort, sie pflegen ihrer mit aller erdenklichen Leutseligkeit.
Ich kann doch nicht unterlassen, mich über die. unmenschliche Züchtigungen, mit welchen die grausamen Diener diese Unglückselige des geringsten Fehlers wegen bestrafen, zu entrüsten. Denn nachdem sie auf den. Bauch geleget worden, binden sie sie an eine auf der Erde liegende Leiter, und geben ihnen Wechselsweise bis zu zwey oder drey hundert Schlage auf den Hintern mit einem Ochsenziemer, oder gar mit einem gepichtem Stricke, welcher die Haut und auch zuweilen grosse Stücken Fleisch abziehet, und dadurch verursachet, daß man öfters genöthiget ist, diesen Elenden tiefe Schnitte zu machen, um dem kalten Brand vorzubeugen, oder aufzuhalten, es, trift auch, daß diese Wunden schwären, alsdenn der meiste Theil davon umkommt, oder für seine ganze Lebenszeit zum Krüppel gemacht wird. Der geringste Zufall aber, der von dergleichen Tractamenten entstehen kann, ist, daß diejenigen, die so unglücklich, die Opfer davon zu seyn, in langer Zeit zur Arbeit untüchtig gemacht werden.
Vier Tage nach der Proceßion wurde ich auf diese Galeere gebracht, und den Tag drauf rasiret, bekleidet, und zu den schweren und ordentlichen Arbeiten, wie die andere Galeenknechte gebrauchet. Unterdessen machten die frische Luft, die ich völlig genoß, die Zufriedenheit mich von dem tödtlichen Schrecken, welchem ich so lange Zeit in der Inquisition ausgesetzet gewesen, angesehen der Ungewißheit, in welcher ich mich wegen der Zukunft, befand, worin ich lauter abscheuliches bemerkte, befreiet sahe; ferner die Freyheit, der ich genoß, daß ich mit meinen Freunden reden konnte, da ich ihrer während des langen und grausamen Aufenthalts in diesem fatalen Gefängniß beraubet gewesen, daß ich dieses für viel sanfter und erträglicher fand.
Es ist zwar wahr, daß mein Körper, der durch die ausgestandene gewaltsame Torturen ausserordentlich geschwächet war, zu den mühsamen Arbeiten, wozu man mich gleich bestellte, wenig geschickt war. Ich trug den Stadtgefängnissen Wasser zu, welches eine Schwere von hundert Pfund austrug; die hegende Furcht aber in die barbarischen Hände der Wachten, welche mich begleiteten, zu gerathen, verursachte, daß ich ausserordentliche Kräfte dazu anwendete, die mir nach Verlauf zwölf Tagen ein heftiges Fieber zuzogen. Man brachte mich in den Krankensaal, woselbst ich zwey volle Monate verblieb.
Während dieser Zeit bekam ich beständige Besuche von den Irrländischen Patern des Klosters zu Corpo Sancto, welche mir, wenn ich römisch Catholisch werden wollte, die Freyheit anboten. Ich versicherte ihnen aber, daß alle ihre Mühe umsonst wäre, und ich meine Freyheit von Gott allein, welcher mir schon andere Mittel als abzufallen dazu verleihen würde, erwartete.
Von dieser Zeit an befreyte ich mich der schweren Arbeit, indem ich meine Wächter reichlich bezahlte, obgleich der traurige Zustand allein, worin ich mich befand, mich davon ausschliessen sollte. Die beträchtlichen und ohne Unterlaß empfangene Beystände von der englischen und französischen Brüderschaft setzten mich solches zu thun in Stand, und verursachte auch eines rheils meine Freyheit. Denn während meiner Ruhe gedachte ich ernstlich darauf, um mich baldigst aus diesem bejammernswürdigen Zustand, in welchem ich mich befand, zu ziehen und entdeckte die Ausgänge davon.
Ich bat dieserhalb meinen Freund, den Bruder La Nonnays, in einem Schreiben meinem Schwager von meinem elenden Schicksal Nachricht zu geben nebst Ersuchen, sich um die, Protection des Milord Herzog von Harrington, in dessen Diensten zu seyn er die Ehre hatte, zu meinem Vortheil zu bewerben. Dieser Herr, der von Natur großmüthig und wohlthätig ist, gab sich so fort alle Mühe um meine Befreyung. Er sprach davon mit dem Milord Herzog von Neucastel, erstem Staatssecretair des Königes von Engelland, und vermochte ihn dahin, seine königliche Majestät um die Erlaubniß zu bitten, mich als einen seiner Unterthanen durch dero Ambassadeur zu Lissabon zurück fordern zu lassen.
Seine Majestät, die allzeit bey dem Glücke ihrer Unterthanen aufmerksam und bereit seyn, ihnen in ihren Unfällen beyzustehen, gaben ihre. Befehle, welche so fort Ihro Excellenz dem Milord Compton zugefertiget wurden, dieser forderte vom Könige von Portugal meine Freyheit, welche er endlich den Monat October 1744 erhielte. Der Officier, welcher mich von der Galeere holte, war von Seiten der Inquisitoren abgeschicket. Wohin er mich auch alsbald führte. Der President sagte zu mir, daß der Cardinal d'Acunha seine Befehle zu meiner Loßlassung gegeben, er liesse mir anbefehlen, binnen hier und vier oder fünf Tagen aufs längste wieder hieher zu kommen.
Ich hatte Gelegenheit wahrzunehmen, daß ich während dieser Zeit von vielen Spionen des heiligen Officii beobachtet wurde, welche den Inquisitoren von meiner Aufführung und von den Personen, mit welchen ich umgieng, Nachricht gaben. Ich machte meinen Bericht an seine Excellenz und an den englischen Consul, welchen ich auch die von der Inquisition empfangene Befehle mittheilete. Sie riethen mir alle beyde zu gehorsamen, jedoch mit dieser Vorsicht, einen Freund mit mir zu nehmen, welcher, im Fall ich von neuem arretiret werden sollte, seine Excellenz davon benachrichtigte.
Ich erschien demnach nach fünf Tagen vor den Inquisitoren. Der President sagte mir, daß das Tribunal entschieden hätte, daß ich nicht in Portugal bleiben könnte; also dürfte ich ihnen nur noch das Königreich und die Stadt, wohin ich mich begeben wollte, bekannt machen. Ich antwortete ihnen, daß da meine ganze Familie zu London sich befände, ich willens wäre, mich so bald möglich dahin zu begeben, demnach befohl er mir, mich auf das erste Schif, welches nach Engelland absegeln würde, zu begeben, und so bald ich solches angetroffen, ihm den Namen des Schiffes und des Capitains, wie auch den Tag und die Stunde, wann ich willens wäre am Boord zu gehen, berichten sollte.
Nach Verlauf zehen Tagen breitete sich in Lissabon ein Gerüchte aus, welches Zweifels ohne, wenn ich da verblieben wäre, meinen Untergang verursacht haben würde. Man sagte, daß ein Freymäurer, der von dem heiligen Officio wäre arretiret und gleich loßgelassen worden, unbesonnener Weise von den Grausamkeiten, welche man auf Befehl dieses Tribunals ausübte, gesprochen hatte:
Ich glaubte daß es die Vorsichtigkeit erforderte, um mich vor einer zweyten Verfolgung zu bedecken, diese Stadt aufs schleunigste zu verlassen. Allein da sich im Hafen kein englisches Schif befand, gieng ich zum holländischen Herrn Residenten, ihn zu bitten, bey dem vor jetzt auf der Rhede von Lissabon liegenden holländischen Viceadmiral, ein gutes Wort für mich einzulegen, damit er mir erlauben möchte, an sein Bord zu gehen, und ich mich dadurch für den Nachstellungen der Inquisition sicher stellte, es wurde mir auch zugestanden.
Ich begab mich so fort in Begleitung eines meiner Freunde zu dem Presidenten, und berichtete ihm, daß ich gesonnen auf einem holländischen Schiffe, so der Diamant genant und vom Herrn Viceadmiral commandiret würde, welcher in wenig Tagen abseegeln wollte, nach Engelland über zu gehen. Er fragte mich, wann ich an Bord gehen wollte. Ich versetzte, morgen früh um neun Uhr. Kommet demnach um eben diese Stunde wieder hieher, sagte er zu mir, ich werde euch Officiers des heiligen Officii mitgeben, die euch bis ans Schif begleiten und euch dem Capitain empfehlen werden.
Diese Befehle machten mir viel Beunruhigung. Ich eröfnete solches dem Herrn Compton und dem holländischen Herrn Residenten, die mir riethen, behutsam zu verfahren. Ich hielt es demnach für meine Ruhe und eigene Sicherheit, wenn ich mich augenblicklich, ohne die Inquisition davon zu benachrichtigen, am Bord des Schiffes begäbe, und dieser ergriffene Entschluß war mein wahres Glück, wie es die Inquisitoren den Tag drauf zu erkennen gaben.
Sie waren wahrhaftig nicht so bald gewahr worden, daß ich zur vorgeschriebenen Zeit fehlte, als sie schon dreyßig Spionen zum wenigsten ins Land schickten. Neune von denselben waren bey meiner Wirthin, sich nach mir zu erkundigen. Sie muste alle im Hause befindliche Kuffer, Schränke, und Cabinetter öfnen. Sie durchsuchten das Hauß von oben bis unten, ja alle Winkel und Ecken. Allein da ihre Nachforschungen auf dieser Seite vergeblich waren, so setzten sich einige Tage nachher einige Inquisitoren selbst in eine Chaluppe und umfuhren zu verschiedenen malen die holländischen Kriegesschiffe, in der Hofnung, wenn ich ja schon am Bord des einen wäre, ich würde ohne die mindeste Schwierigkeit, um so vielmehr, da ich in Sicherheit wäre, mich sehen lassen. Da ich sie aber nicht zufrieden stelte, denn ich hatte die Entschließung gefaßt, sie viel eher in der Ungewißheit zu lassen, als ihren Nachstellungen und Verfolgungen ein Ende zu machen, die ihnen viel Mühe und Unkosten verursachen, so weiß ich nicht wie lange sie darin fortfuhren.
Eine dergleichen Begebenheit würde mir viel Vergnügen gemacht haben, wenn selbige nicht durch die hegende Furcht, es mögte mein Freund Mouton, der mein Leidens und Martergefährte bloß der Freymäurerey wegen gewesen, die widrige Folgen davon, nemlich zum zweiten mal dieses erzürnten Tribunals Opfer zu werden, empfinden, wäre unterbrochen worden. Ich sprach mit dem Herrn Viceadmiral seinetwegen, der mir mit aller erdenklichen Güte und Leutseligkeit die Freyheit bewilligte ihn mit mir am Bord kommen zu lassen. Er fand sich den Tag drauf ein, und wurde mit einer durchgängigen Freude von der Schifsgesellschaft und mit einer unglaublichen Zufriedenheit von meiner Seite empfangen. Denn ausser daß wir allezeit Freunde gewesen, so schien doch die Sympathie in unsern Unglücksfällen uns noch näher vereiniget zu haben. Wir blieben noch einige Tage in dem Hafen zu Lissabon, da wir aber günstigen Wind bekamen, lichtete die holländische Escadre die Anker.
Während unserer ganzen Reise hatten wir Gelegenheit das wahre Vergnügen, welches ein wohlgesitteter Mensch empfindet, wenn er Wohltaten thut und sich für den Beschützer der unterdrückten erkläret, wahrzunehmen., Der Herr Viceadmiral ließ dasselbe auf eine ganz noble und ausserordentliche Art hervor brechen, so wohl durch die Sorgfalt, die er unsertwegen-auf dem Schiffe anwenden ließ, als auch durch die Ehre, die er uns von Zeit zu Zeit bezeigte, da er uns mit an seinen Tisch nahm, und denn durch das mit uns öfters unterhaltene vertrauliche Gespräch. Solche autentische Zeichen von seiner Hochachtung verschaften uns viel Aufmerksamkeit und Höflichkeit von Seiten der ganzen Schifsgesellschaft. In Wahrheit, so lange wir auf dem Meere waren, betrachteten sie uns eher als Freunde ihres Capitains, für welchen sie mit Ehrfurcht angefüllet waren, als wie simple Passagiers und Fremde. Endlich nach einer sehr langen und gefährlichen Reise, ohne jedoch die geringste Unkosten gehabter haben, denn so weit erstreckte sich in Ansehung unser des Herrn Viceadmirals Freygebigkeit, traten wir zu Portsmouth ans Land. Daselbst verblieben wir zwey Tage, um uns von den ausgestandenen Beschwerlichkeiten wieder zu erholen, und dann begaben wir uns nach London, woselbst wir den 14ten December 1744 ankamen.
Solcher gestalt sehe ich mich nach den grösten Unglücksfällen wieder in diesem glückseligen Lande, woselbst der Mensch seiner Freyheit Privilegien gewiß geniesen kann. Demnach kann ich nach den härtesten Versuchen, meine heilige Religion, welche der teuflische Haufe der Inquisitoren, ihrer fürchterlichen Drohungen und abscheulichsten Martern ohngeachtet, mich dieselbe zu verlassen nicht dahin bringen konnten, in aller Sicherheit bekennen.
Allein welche Verpflichtungen bin ich nicht denjenigen, von welchen ich jetzt diese Vortheile erhalte, schuldig. Wo soll ich genungsame kräftige Ausdrücke hernehmen, um die lebhafte Gesinnungen der Dankbarkeit, von welcher wir, mein Freund und ich, für den holländischen Herrn Viceadmiral wegen der so grossen Gefährlichkeiten, von welchen uns seine Gütigkeit und sein Mitleiden befreyet hat, wegen der so höflichen Bezeugungen, der so kenntbaren Achtungen und wegen der so grossen Wohlthaten, mit welchen uns seine Großmuth überhäufet hat, voll sind, sehen zu lassen.
Welche Dankbarkeit habe ich nicht für mein Theil ihre Herrlichkeiten dem Herzog von Neucastel und dem Milord Herzog von Harrington, welche gleichsam die Werkzeuge gewesen, welcher sich der Himmel zu Verschaffung meiner Freyheit bedienet hat, abzustatten?
Welche Treue und welchen unverletzlichen Eifer bin ich nicht seiner königl. Majestät George dem 2ten schuldig, welchen es gefallen sich so weit zu erniedrigen um sich eines armseligen Galeenknechtes anzunehmen? Würde wohl mein Leben selbst, welches ich allezeit für seine geheiligte Person und seiner ganzen Durchlauchtigsten Familie aufzuopfern bereit bin, das, was ich demselben schuldig bin, vergelten? Hat er mir denn nicht mehr als das Leben in der Verschaffung meiner Freyheit verliehen?
Was bleibt mir demnach zu thun übrig? nichts als die göttliche Vorsicht anzuflehen, daß sie selbst diese ganz göttliche Personen, oder vielmehr diese Schutzengel belohne, welche sie zur Rettung derjenigen, die sie in ihrer Widerwärtigkeit voll Vertrauen anrufen, sendet, und welche, da sie ihr ganzes Vergnügen darin suchen, den Sterblichen Gutes angedeihen zu lassen, so wohl ihre Ehrfurcht und ihre Hochachtung verdienen.
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