Rezension: Chris McClintock - The Craft And The Cross

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Rezension: Chris McClintock: "The Craft And The Cross"

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Rezension von Frank Rasper

Chris Mc Clintock: "The Craft and The Cross", Aesun Publishing, 1. Veröffentlichung im Jahr 2010, United Kindom.

Nur ein weiterer Versuch um den Ursprung der Freimaurerei aufzuspüren? Nein, wohl aber eine durchaus überzeugende Theorie über die Herkunft freimaurerischer Symbole und Rituale.

Chris Mc Clintock, Freimaurer seit 1991, hat diese jahrhundertealte Tradition - man beachte: die der irischen Jurisdiktion - sehr sorgfältig analysiert und führt den Leser dabei mit historischem Sachverstand in weit zurückliegende Zeiten seiner Heimat. Aufgrund seiner zahlreichen Untersuchen megalithischer Stätten und Artefakte in Irland und Schottland, Kirchen und mittelalterlichen Dokumenten gelingt es ihm einen stabilen Bogen über zwei Säulen zu spannen. Und zwar von den bewahrten Symbolen und Ritualen, hin zu deren uralter Herkunft und damit verborgener Bedeutung. Es zeichnet sich ein verblüffender Zusammenhang ab: christliche sowie freimaurerische Symbole haben gemeinsame Wurzeln im Sonnenkult der Bronzezeit.

Zitat: "Ich glaube die Ursache, warum Freimaurer an der Arkand Disziplin festhalten und die Illusion aufrecht erhalten das ihre Zeremonien noch geheim seien, liegt darin, das jene Rituale tiefe symbolisch-sinnbildliche Bedeutung haben." (S. 14)

"The True Story Of The Sun Of God" (die wahre Geschichte der Sonne Gottes) so der Untertitel, ist in 5 Abschnitte, bzw. 33 Kapitel unterteilt. Die 412 Seiten in englischer Sprache richten sich sicher insbesondere an historisch interessierte Freimaurer/innen, aber auch an jene Leserschaft, die in der ältesten und am meissten missverstandenen Bruderschaft der Welt mehr vermuten als eine relikthafte Bauhüttentradition mit humanistischem Anstrich.

Irland - die Kulturkapsel

Der erste und längste Teil "Veiled in allegory" behandelt ausführlich die Sonderstellung der irischen Kirche im 8. bis 12. Jhd. abseits von Rom. Diese nordeuropäische Kultur-Kapsel ermöglichte eine Vermischung paganer und christlicher Mystik und Symbolik. Der Autor nimmt uns mit zu den Steinsetzungen, die der Sonnenbeobachtung dienten, einige sind in Fotos festgehalten. Bestimmung der Tag- und Nachtgleichen und die Sonnenwenden spielten dort, wie in vielen Kulturen, eine entscheidende Rolle. Dann kam das Christentum. Es besiegte jedoch nicht die antike Kultur, sondern beide gingen ineinander über. Die letzten Druiden wurden zu Mönchen mit ausgeprägtem Sendungsbewusstsein, und ihr Wissen über kosmische Zusammenhänge floß im Mantel des neuen Glaubens über Schottland und Deutschland bis nach Österreich. Jedoch bildete die von Rom ausgehende Kirchenreform im 12. Jahrhundert eine straffere Organisation, und die keltische Kirche verschwand damit von der Bildfläche.

Anhand der unterschiedlichen Fußstellungen der 3 Grade, Positionen der Aufseher im Tempel in Bezug auf die Himmelsrichtungen, ist bis heute die entsprechende Richtung auf symbolische Sonnenstände ersichtlich. Im Ritual irischer Logen steht in der Mitte des Tempels ein quadratischer Altar, der gemäß dem Lauf der Sonne und im rechten Winkel umgangen wird. Erwähnt werden in diesem Zusammenhang Funde vorchristlicher Kreuzdarstellungen, z.B. 4 gegenständige rechte Winkel. Das Winkelmaß taucht häufiger auf, ebenso der Zirkel, der allein in irischen Logen mit 60 Grad Öffnung dargestellt wird.

Schottland und das wahre Kreuz

Die Missionierung Schottlands im 6. Jahrhundert durch St. Columba, einem irischen Mönch, wird als weiterer wichtiger Punkt betrachtet. Der Bereich des 55. Breitengrades Nord (genauer: 55°50´) und das rechtwinklige Kreuz der Sonne bilden ein Schlüsselelement der gesamten Theorie. Hierauf liegen Edinburgh und das Grab des Hl. Columba. Allein hier lassen die Sonnenauf- und Untergangspunkte des Sommers und des Winters exakt ein rechtwinkliges Kreuz entstehen, verbindet man die 4 Punkte über Kreuz.

Es kann vermutet werden, das dieses als heilig erachtete Wissen über diesen besonderen Umstand stets geheim weitergegeben wurde. Der Bereich des mittleren Schottlands musste also für das damalige Verständnis als etwas besonderes gelten. Der Templerorden hatte genau in diesem Bereich seine britische Komturei, eine weitere Wechselbeziehung die hier später noch an Bedeutung gewinnt.

Gekreuzte Knochen, Hiram und Orion

Das Ritual des 3. Grades wird angeführt, die spezielle Körperhaltung mit gekreuzten Beinen ist der Hiramslegende geschuldet. Das Wiederaufrichten des Kandidaten am Ende sei dem bildgleichen Sternbild Orions entnommen, das sich im Winterhalbjahr über dem Äquator zeigt. Dabei richtet sich Orion im Verlauf der Monate immer weiter am Sternhimmel auf. Das sich überkreuzte Beine auch auf den Reliefs der Grabplatten der Tempelritter finden, führen den Autor zu der zwar spekulativen aber nicht unmöglichen Schlussfolgerung, das auch sie in die alten Geheimnisse eingeweiht waren. Der daraufhin folgende Ausflug in die Geschichte der Tempelritter, insbesondere Ausführungen über deren Kontakte mit orientalischen Mysterienschulen untermauert diese These.

Das Unbekannte in der Freimaurerei

Im vorletzten Teil bekräftigt der Autor noch einmal seine Überzeugung eindrucksvoll anhand einiger Steinskulpturen, das der Sonnenkult unterschwellig seinen Platz in der neuen Religion Schottlands eingenommen hatte. Im 12. Jahrhundert gelangten zumindest einige Templer in die Logen der Steinmetze, womit das esoterische Wissen um den Sonnenkult einen geschützten Raum hatte um weiter zu existieren. Als plausibel ließe sich so auch zu erklären, warum in der Phase des Niedergangs der schottischen Bauhütten sogenannte non operative masons, also Zunftfremde aufgenommen wurden.

Einige Jahre nach der Gründung der englischen Großloge 1717 zogen Irland und Schottland nach. Jedoch sei dies nicht als Schisma zu sehen, es gab ja keine Abspaltung, sondern bedeutete ein hartnäckiges Bestehen auf den alten Ritualen, die von iroschottischer Warte als unbedingt erhaltenswert erachtet wurden. Der komplexe Symbolgehalt des Sonnenkults ist mehr als astronomische Beobachtung. Es spiegelt das Erkennen und die Achtung vor der kosmischen Ordnung wieder, stellt den ewigen Kreislauf von Geburt, Tod und Wiedergeburt dar.

Zu Ehren Gottes, doch ohne Religion

Um nun den Zirkelschlag zu schließen und zurück zur modernen Freimaurerei zu gelangen, interpretiert Chris Mc Clintock das Bild auf der Anderson Konstitution von 1723 -besser bekannt als "Die alten Pflichten", auf dem die Übergabe der Konstitution vom Duke of Montagu an seinen Nachfolger den Duke of Wharton dargestellt ist. Die Lichtsymbolik, der Sonnenverlauf, Hell und Dunkel sowie etliche andere Details werden noch einmal auf ihre alte Herkunft abgeklopft. Der Autor wird auch hier reichlich fündig.

Letztlich stellt er jedoch klar, das Freimaurerei nicht den christlichen Gott in Sonnengestalt propagiere. Die Sonnen- und damit die Lichtsymbolik sei für Menschen jeder Glaubensrichtung ein Weg, um gemeinsam mit anderen im Tempel den A.: B.: A.: W.: zu ehren. Vieles, was so kurios bei freimaurerischen Ritualen und Symbolen anmutet, wurde als symbolische Darstellung der kosmischen Ordnung in den Logen bewahrt, oftmals ohne das viele Freimaurer ihren weit zurückreichenden Ursprung auch nur ahnten. Allerdings sei dies nicht als der Ursprung der Freimaurerei an sich zu verstehen, es gab jedoch sehr markante Meilensteine in ihrer Entwicklung wie diesen.

Fazit: Dieses Buch ist eine große Bereicherung. Aufgrund der detaillierten Kenntnisse des Autors macht es nicht im Mindesten einen unschönen Spagat zwischen sensationeller Aufdeckungsliteratur und trockener Geschichtsansammlung. Vielmehr ist es ein absolut beeindruckender und unerwarteter Einblick in die präzisen Kenntnisse sowohl der Himmelsmechanik als auch der sprituellen Vorstellungskraft unserer Vorfahren, festgehalten in universellen Symbolen und Allegorien, die sich bis heute in der königlichen Kunst manifestieren. Darüberhinaus wird ein durchgehend roter Faden gesponnen, gespickt mit kurzweiligen Reiseanekdoten.

Laut Autor sind 2 weitere Bücher zu diesem Thema geplant. Man darf gespannt sein.

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