Die deutsche Freimaurerei in der langen Jahrhundertwende (1860 – 1935)

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von Manuel Pauli (Autor:in) ©2022Dissertation544 Seiten Geschichte & Politikwissenschaften Reihe: Zivilisationen und Geschichte / Civilizations and History / Civilisations et Histoire, Band 76

Vita Manuel Pauli

Manuel Pauli studierte Englisch und Geschichte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Seine Promotion erfolgte an der Freien Universität Berlin."

Zusammenfassung

Die Studie untersucht auf Grundlage der masonischen Publizistik die Geschichte der deutschen Freimaurerei in den Jahrzehnten der langen Jahrhundertwende. Sie rückt in diesem Zusammenhang die masonische Identität und die konfliktreichen innerfreimaurerischen Aushandlungsprozesse ins Zentrum. Damit werden bestehende Forschungslücken geschlossen, bisherige Einsichten erweitert und neue Perspektiven auf einen bedeutenden Teil des bürgerlichen Vereinswesens eröffnet.

Inhalt

1. Die Freimaurerei ist ein Geheimnis
1.1. Theoretische und methodische Perspektive
1.2. Untersuchungszeitraum
1.3. Forschungsstand
2. Deutsche Freimaurereien und deutsche Freimaurerei
3. Prolegomena zur freimaurerischen Publizistik
Basis und Autorität
4. Die Formierung der deutschen Freimaurerei
4.1. Konfliktfeld Religiosität
4.2. Konfliktfeld innere Strukturen
4.3. Antwort von oben – der Deutsche Großlogenbund
4.4. Der Kronprinz und die Basisbewegung
5. Basisarbeit zwischen Rückzug und Offensive
5.1. J. G. Findel gegen den masonischen Konservatismus
5.2. Der „Lessingbund“ und die Rückkehr zu aktiver Basisarbeit
Zusammenfassung: Basis und Autorität
Einheit und Reform
6. Deutsche Freimaurerei im Zeitalter der Kulturkrise
6.1. Das Logenwesen in der Krise
6.2. Diskussionen und Ansätze zu einer Reform
6.3. Die Freimaurerei in der ‚religiösen Krisis‘
6.4. Deutsche Freimaurerei im Widerstreit ihrer Geschichtsbilder
6.5. Inspiration und Konkurrenz jenseits des Tellerrands
7. Von der Einheit zum Dualismus
7.1. Der Settegaststreit
7.2. Die Rückkehr der Einheitsfrage
7.3. Streitfall deutsch-französische Aussöhnung
7.4. Der Aufstieg des Vereins deutscher Freimaurer
7.5. Die Dichotomisierung der deutschen Freimaurerei
Zusammenfassung: Einheit und Reform
Krieg und Frieden
8. Pazifismus und Freimaurerei bis 1914
8.1. Der internationale „Schottische Ritus“
8.2. Freimaurerkongresse und die „Weltgeschäftsstelle“
8.3. Internationale Basisarbeit
8.4. Bilaterale Annäherung an die englische Freimaurerei
8.5. Freimaurer gegen pazifistischen Internationalismus
9. Die deutsche Freimaurerei im Ersten Weltkrieg
9.1. Die Freimaurerei als ‚geistiges Heer‘ des Deutschtums
9.2. Kriegsaufgaben der deutschen Freimaurerei
9.3. Nationalfreimaurerische Einheit
Zusammenfassung: Krieg und Frieden
Untertanen und Verschwörer
10. Die Politik des Unpolitischen
10.1. Die Freimaurerei als Schule der Untertanen
10.2. Die politische Geographie der deutschen Freimaurerei
10.3. Der ‚unpolitische‘ Bürger
10.4. Der Maurer im Gewande des Volkstums – Freimaurerei und Nationalismus
11. Antimasonismus bis 1918
11.1. Begriffsklärung: Theorie, Mythos, Ideologie?
11.2. Von den Ursprüngen bis zur Reichsgründung
11.3. Entwicklung im Kaiserreich bis 1914
11.4. Antimasonismus im Ersten Weltkrieg
11.5. Kriegsende und Neuanfang
Zusammenfassung: Untertanen und Verschwörer
Blüte und Krise
12. Krisenhafte Hochkonjunktur – die Mitgliederentwicklung in der Weimarer Republik
13. Zwischen Neuanfang und Kontinuität
13.1. Der Schock von Versailles
13.2. Von staatstragender Politikferne zur Systemopposition
14. Die deutschen Großlogen gehen getrennte Wege
14.1. Suche nach dem inneren Feind
14.2. Der altpreußische Großlogenbundaustritt
14.3. Rechtskurs der altpreußischen Großlogen
14.4. Rechtskurs der humanitären Großlogen
15. Desintegration der deutschen Freimaurerei
15.1. Das Ende der deutschfreimaurerischen Geschichtsschreibung
15.2. Der Verein deutscher Freimaurer in der Desintegration
15.3. Krise und Desintegration der freimaurerischen Publizistik
16. Abgedrängt und ausgegrenzt – der freimaurerische Internationalismus nach dem Krieg
16.1. Der „Freimaurerbund zur aufgehenden Sonne“ zwischen Einbindung und Ausgrenzung
16.2. Nationale Maurerei und internationales Maurerrecht
16.3. Aktivismus an den kosmopolitischen Rändern
16.4. Einbruch in nationales Gelände – Schottischer Ritus und Symbolische Großloge
Zusammenfassung: Blüte und Krise
Angriff und Abwehr
17. Suche nach einem Platz in der ‚nationalen Bewegung‘
17.1. Altpreußisches Werben mit Hindernissen
17.2. Klärungsprozesse und Rückkopplungsschleifen
17.3. Die Altpreußen geraten ins Visier
17.4. Ludendorffs Kreuzzug gegen die ‚überstaatlichen Mächte‘
17.5. Eine brüchige Abwehrfront gegen Ludendorff
18. Der Aufstieg des Nationalsozialismus und die Freimaurerei
18.1. Der Antimasonismus der Nationalsozialisten
18.2. Deutsche Freimaurerei und Nationalsozialismus
19. NS-Staat und Freimaurerei
19.1. Die staatspolitische Lösung der ‚Freimaurerfrage‘
19.2. Antimasonische Arbeit des frühen NS-Staats
19.3. Das einstweilige Ende der Freimaurerei in Deutschland
20. Ausblick: die ‚dunkle Zeit‘
Zusammenfassung: Angriff und Abwehr
Resümee
21. Neue Erkenntnisse und Perspektiven
Anhang
Glossar freimaurerischer Begriffe
Gradstruktur der Freimaurerei in Deutschland (1870 – 1933)
Quellen- und Literaturverzeichnis
Ungedruckte Quellen
Gedruckte Quellen
Forschungsliteratur
Logenverzeichnis
Personenverzeichnis
Reihenübersicht

Zusammenfassung

Die Freimaurerei hat kein Geheimnis, sie ist ein Geheimnis – so jedenfalls ein geläufiges Sprichwort unter deutschen Freimaurern im 19. Jahrhundert. Die vorliegende Dissertation trägt dazu bei, dieses Geheimnis weiter zu erhellen. Auf Grundlage der masonischen Publizistik entstand dabei eine Geschichte der deutschfreimaurerischen ‚imagined community‘ in der ‚langen Jahrhundertwende‘ zwischen den 1870er und den 1930er Jahren.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts begannen deutschsprachige Freimaurer damit, sich außerhalb der getrennt voneinander existierenden Großlogen und über deren Grenzen hinweg zu organisieren. So begann sich die deutsche Freimaurerei als ‚imagined community‘ zu formieren. Weiteren Versuchen, diese Idee Wirklichkeit werden zu lassen, blieben jedoch immer wieder hinter den Erwartungen zurück. Zu divergent waren die Ansichten über Freimaurerei, erst recht, seit mit den Großlogen auch deren distinkte Traditionen, Interessen und Souveränitätsansprüche zu berücksichtigen waren. Folglich ist die vorliegende Dissertation über weite Strecken eine Geschichte der Auseinandersetzungen über das Wesen und die Bedeutung der Freimaurerei.

Dieser Fokus auf die inneren Konfliktlinien und die zahllosen Versuche, zu einem gemeinsamen masonischen Selbstverständnis zu gelangen, ermöglichte ein besseres Verständnis der Triebkräfte hinter der historischen Entwicklung der deutschen Freimaurerei. Insbesondere hinsichtlich der radikalnationalistischen Entwicklung in den 1920er Jahren ergaben sich so neue Einsichten.

Zum Titelbild

Das Titelbild zeigt ein Gemälde von Lovis Corinth (1858 – 1925), einem der bedeutendsten deutschen Vertreter des Impressionismus. Der aus Ostpreußen stammende Corinth hatte zunächst an der Kunstakademie Königsberg studiert. Von dort aus führte ihn sein Weg über mehrere Stationen nach München, wo er auch mit der Freimaurerei in Berührung kam. Er wurde Mitglied der Loge „In Treue fest“, in deren Haus sich auch sein Atelier befand. Hier entstand 1898/99 das Gemälde, das dieses Buch schmückt.

Abseits vom Titel weist kaum etwas an „Die Logenbrüder“ auf die Freimaurerei hin. Einzig eine kaum erkennbare Inschrift im Hintergrund gibt verschlüsselt Auskunft: ein Quadrat, gefolgt von i T f (für „in Treue fest“), daneben ein Hexagramm. Anstatt alles hinter der ikonischen Bildsprache der Freimaurerei zurücktreten zu lassen, richtet Corinth seinen Fokus auf die Brüder, die er trotz der gedrängt wirkenden Komposition individuell zu porträtieren scheint.

„Die Logenbrüder“ ist heute Teil der Sammlung der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München.

Kontakt

Bestellmöglichkeiten

  • Seiten 544
  • Jahr 2022
  • ISBN (PDF) 9783631878811
  • ISBN (ePUB) 9783631879320
  • ISBN (Hardcover) 9783631879313
  • DOI 10.3726/b19880
  • Sprache Deutsch