Die Loge im Schloss Rosenau

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Ein Meisterwerk spätbarocken Gestaltungswillens - Von Max Palla

Max Palla ist Obmann des Museumsvereins Schloß Rosenau - Österreichisches Freimaurer-Museum

Schloß Rosenau bei Zwettl in Niederösterreich

Quelle: Humanität 6/2022, das offizielle Mitteilungsblatt der AF&AM-Logen in Deutschland

Das Waldviertel ist eine eigenartige Landschaft. Situiert im nördlichen Niederösterreich dominiert ein raues Klima, das die Menschen der dünn besiedelten Gegend zurückhaltend, verschlossen und, wie manche sagen, auch rau gemacht hat.

Im späten 16. Jahrhundert fegen Religionsauseinandersetzungen über das Land und wirbeln den Landadel durcheinander. Die aus Thüringen stammenden Herren von Greiss erwerben 1585 den Besitz Rosenau und errichten dort ein Renaissance Schloss.

Der junge Graf Schallenberg

1720 erbt der erst 8jähriger Leopold Christoph Graf Schallenberg Schloss und Herrschaft Rosenau. Er ist es, der Rosenau zu dem macht, wofür es heute von seinen Besuchern geliebt wird.

Schallenberg nimmt später, wie schon sein Großvater und Vater, hohe Positionen am Wiener Hof ein. Dort können wir frühe Kontakte des jungen Adeligen mit den Ideen der Aufklärung und mit der Freimaurerei vermuten. Wurde doch bereits 1731 Franz-Stefan von Lothringen, der spätere Gemahl Maria Theresias, in den Bund aufgenommen.

Durch Erbschaft und Stellung als durchaus vermögend zu bezeichnen, möchte der junge Graf ein Statement setzen: er will seinen Besitz Rosenau zu einem Schmuckkästchen um- und ausbauen.

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Das Barockschloss

Natürlich, es ist nicht Versailles, Sanssousi oder Schönbrunn, sondern ein relativ kleines Anwesen. Aber gerade deshalb ergibt sich hier die Chance, Repräsentation, wirtschaftliche Erfordernisse, humanistisches Gedankengut und auch Spiritualität zu einem Gesamtkunstwerk zu vereinigen.

Beim Umbau (1736 – 1748 ) wird der eher wehrhafte Charakter des Renaissance Schlösschens zunächst an das neue Bedürfnis des Adels nach Repräsentation angepasst.

Schallenberg beschäftigt dazu einige der bedeutendsten Künstler seiner Zeit: etwa den Barockbaumeister Joseph Munggenast (Neffe von Jakob Prandtauer) oder den bedeutendsten Vertreter österreichischer Barockmalerei, Daniel Gran.

Der besondere Zauber von Rosenau liegt jedoch in den allgegenwärtigen Freskomalereien, die ein riesiges Universum an allegorischen Darstellungen und freimaurerischer Symbolik offenbaren und das humanistische Gedankengut des 18. Jahrhunderts verschlüsselt widerspiegeln.

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Fresken vom welschen Perspektivenmaler

Für die sehr dichte Ausgestaltung mit Fresken ist ein gewisser Johann Rinkolin, „der welsche Perspektivenmaler“, verantwortlich, über den die Kunstgeschichte sonst kaum etwas berichten kann.

Wir stehen gleich nach dem Aufgang vor großflächigen, kühn anmutenden Architekturansichten: eine offene und eine geschlossene Stadt, beide offensichtlich Hafenstädte. Weitläufige Loggien, große Paläste und Türme ragen neben einer Wasserlandschaft empor. Keine Lebewesen oder Pflanzen sind zu sehen, die Darstellungen strahlen eine distanzierte Kühle und Ernsthaftigkeit aus. Danach dichte freimaurerische Symbolik, die Geschichte und Geschichten erzählt. Der Sarkophag Hiram Abifs, dann der vom letzten Templer-Großmeister Jacob de Molay, die Säulen J und B, Zirkel, Winkel, Rosen usw.

Von diesem Vorraum aus betreten wir über eine relativ schmale Türe die sieben (!) Räume der früheren Logenanlage, das heutige Museum.

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Höhepunkt jedes Besuchs ist der letzte Raum, der Tempel (nächstes Bild), mit seiner unverkennbaren Symbolik, das unverputzte Mauerwerk in gemalter Darstellung zeigend. Kein Sternenhimmel, sondern auch an der Decke ein Ziegelgewölbe. Ausgerichtet klassisch nach Ost/West. Im Osten eine von 2 Säulen umgebene Marmornische als Platz des Meisters. Sessel und Altar sind (dazu erworbenes) original Mobiliar aus dem 18. Jahrhundert, der Tapis eine Kopie des historischen „Wiener Tapis“ aus dem Jahr 1795. Eine atemberaubende Atmosphäre, in der noch immer rituelle Arbeiten stattfinden.

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Wie wird ein Schloss ein Museum?

1964 kauft das Land Niederösterreich den mittlerweile desolaten Besitz aus einer Insolvenz und beginnt eine umfangreiche Sanierung und Revitalisierung.

In einem Teil der Räume will man ein Museum einrichten. Doch welches?

Da griff der Zufall ein, wie die Wochenzeitung „Die Zeit“ 1986 schrieb. Unter vielen Schichten Übermalungen traten seltsame Fresken zutage, die zunächst niemand zuordnen konnte. Bald stellte sich heraus, dass die Gesamtgestaltung des Traktes mit seiner überbordend bemalten Vorhalle, mit der „dunklen Kammer“ und dem abschließenden Tempel eindeutig auf eine freimaurerische Nutzung hinwies. Spezialisten Großloge von Österrreich werden beigezogen und schließlich am 23. April 1975 das „Österreichische Freimaurermuseum“ eröffnet.

Zeitsprung ins Heute

Das Freimaurer Museum Rosenau nimmt eine einzigartige Position nicht nur in der österreichischen Kulturlandschaft ein, sondern besitzt auch eine Singularität in der musealen Aufbereitung der Freimaurerei in Europa.

Es versteht sich als Dokumentation der bewegten Geschichte der österreichischen Freimaurerei, als Leistungsschau der vielen aufklärerischen und sozialen Projekte, die von Brüdern Freimaurer maßgeblich beeinflusst wurden und als Einblick für Profane (Nicht-Freimaurer), die sich ein Bild über die königliche Kunst machen wollen.

Man kann hier gut darüber reflektieren, was einen jungen Adeligen zur Zeit Maria Theresias wohl bewogen haben mag, eine Loge gerade in Rosenau einzurichten? Wie hat es sich mitten in den autoritären Verhältnissen des Absolutismus angefühlt, erste Schritte in Richtung Egalität zu wagen? Was kann uns ein Logenprotokoll mit dem handschriftlichen Eintrag des bürgerlichen, des damals kaum satisfaktionsfähigen „W.A. Mozart“ über die Aufbruchsstimmung der Aufklärung sagen?

Neuer alter Glanz

Seit über 270 Jahren ist dieser Bau in seiner Substanz unverändert und gilt als Meisterwerk spätbarocken Gestaltungswillens.

Nach einer grundlegenden Restaurierung in den letzten beiden Jahren (2020 – 2022) ist Rosenau wieder ein Schmuckstück der österreichischen Barockschlösser und der freimaurerischen Erinnerungskultur.

Wer jetzt als Besucher kommt, sieht das Schloss und den historischen Tempel in einem Glanz, der jenem der Errichtung sehr nahe kommt.

Siehe auch

Links

https://www.freimaurermuseum.at/