Karl Gutzkow "Die Ritter vom Geiste"
"Die Ritter vom Geiste"
Quelle: gutenberg.spiegel.de
[...]Also nur der Geist soll triumphiren? sagte er. Nur der Gedanke soll uns frei machen? Wir sollen uns also die Hand reichen über Länder und Völker hinweg? Anfangs, meine Freunde, fürchtete ich, die Idee der Ritter vom Geiste würde auf jene Sekte hinauskommen, die sich in Paris unter dem Namen der neuen Templer begründet hat. Ich war Zeuge einer Sitzung dieser neuen Templer. Es sind Affen alter Ceremonien, schwache eitle Copieen der Freimaurer. Sie scheinen keinen andern Zweck zu haben, als sich, wie auf der Maskerade, im Costüme des Mittelalters zu brüsten, gut zu essen, sich mit großen fabelhaften Titeln zu beladen, und alle diese Narrheiten entschuldigen und beschönigen sie dann mit einigen Phrasen über Menschenliebe, Wohlthätigkeit, den ewigen Frieden, die Fraternität der Nationen und die Ehrwürdigkeit aller Religionen! Mit Egon war ich bei einer dieser Sitzungen zugegen und schon damals sagte er: Das Streben, auf die überlieferte Ordnung, in der wir geboren werden, gleichsam eine neue zu pfropfen, die Ordnung einer eigenen Wahl, ist gewiß ehrenwerth, aber wie müßte es doch großartiger und heroischer ausgeführt werden!
Sagte er Das? Ich kenne die Statuten dieser neuen Pariser Templer, schaltete Dankmar ein.
Egon rief damals aus, fuhr Louis Armand fort: Welche Affen, welche Komödianten! Ich sehe mit klaren Augen die alten Templer auf dem geweihten Boden Palästina's mit den Sarazenen im Kampfe, Hugo des Payens schwingt sein tapfres Schwert, ich sehe Tausende hinsiechen an der Pest, ich sehe den Sturm auf Ptolomais und den Tod der letzten Ritter, die das Castell des Tempels vertheidigen, der Großmeister stirbt an einem vergifteten Pfeile – ich sehe Jakob von Molay in den Flammen, Hunderte ihm vorangehen, Hunderte folgen und nun da... diese Advokaten, Börsenmäkler, Banquiers, Quacksalber, Polizeiagenten, die setzen sich da in weißen Mänteln mit dem rothen Kreuz in befiederten Barets hin und essen Austern und Pasteten zum Zweck des allgemeinen Weltfriedens, der Bruderliebe und der Gleichartigkeit aller Religionen... pfui, welche Gemeinplätze und welche Possenreißer!
Siegbert sah unwillkürlich zu Dankmar hinüber und lächelte. [...]
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