Rezension: Erna Maria Trubel - Verbotene Worte

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Verbotene Worte - Archaische Tabus als Symbole in der Freimaurerei

„An Hand exemplarischer Beispiele wollen wir der Frage nachgehen, welche Bedeutung Tabus in der Freimaurerei haben, nachspüren, welchem ideellen Ursprung sie entstammen, welche Gemeinsamkeiten und Differenzen mit der profanen Welt ein genaueres Hinschauen verdienen.“ Mit diesen Sätzen am Ende des Einleitungskapitels beschreibt Erna Maria Trubel sehr gut, worum es ihr in diesem faszinierenden Buch geht.
Eine Rezension von Rudi Rabe.

Was ist ein Tabu?

Text auf der Rückseite: „Wer würde heute noch zögern, mit dem Finger auf den Mond zu zeigen? Oder den Wolf beim Namen zu nennen? Auf der Such nach archaischen Tabus begegnen wir so manchem skurrilen Schadenszauber. Erna Maria Trubel lädt zu einer Reise durch die mystische Welt der Tabus und findet deren Spuren verborgen in Volksglauben, Mythologie und altem Sprachschatz. - Wenig bekannt ist, wie viele tabuisierte Worte und Handlungen sinnstiftend und neu interpretiert in den Ritualen und Symbolen der Freimaurerei ihren festen Platz gefunden haben. Diese bisher unerforschten Quellen masonischer Symbolik eröffnen überraschende neue Einsichten und ein tieferes Verständnis der Rituale, was Freigeister, Freimaurer und Forschernaturen gleichermaßen erfreuen wird.“

Was bedeutet das Wort Tabu? Damit beschäftigt sich die Autorin verständlicherweise schon auf den ersten der fast 250 Seiten: angesichts der Bedeutungsvielfalt dieses Worts eine schwierige Frage. „Vielfältig, rätselhaft und ambivalent“ ist der Begriff, er kann Heiliges und Geschütztes meinen, aber ebenso Unreines und Gefährliches. Es gibt sprachliche Tabus, also Wörter, die man nicht sagen darf oder soll; und es gibt nichtsprachliche Tabus, Berührungsverbote, Ernährungsregeln und so weiter. Und so wie die Welt sich immer bewegt, verändern sich auch die Tabus oder ihre Bedeutung im Laufe der Zeit: es gibt ganz neue Tabus, denken wir nur an das N-Wort, und es gibt ganz alte und uralte Tabus, die man kaum mehr oder ohne Interpretation gar nicht mehr verstehen kann. Das Buch beschäftigt sich logischerweise mit dieser zweiten Kategorie, den alten und uralten Tabus, und zwar vor allem jenen, die im Laufe der Jahrhunderte in die freimaurerische Ritual- und Symbolwelt eingewandert sind.

Zwölf Kapitel wie eine Matrix

Nach der annäherungsweisen Klärung, was denn Tabus sind, folgen zwölf Kapitel, die den eigentlichen Inhalt des Werks ausmachen. Sie behandeln ganz verschiedene Einzelthemen, sind in ihrer Gesamtheit aber aufgebaut wie eine Art Matrix: analog zum Buchtitel zuerst ein poetischer Obertitel und dann dessen Konkretisierung im Untertitel, in dem jedes Mal das Wort Tabu vorkommt. Um die Eleganz dieser Methodik zu veranschaulichen hier zuerst noch einmal der Titel des Buchs und dann die zwölf Kapitel:

Verbotene Worte - Archaische Tabus als Symbole in der Freimaurerei

  • Feuer und Flamme - Feuer als Tabu
  • Vom Eisen des Himmels - Metall als Tabu
  • Genosse und Widersacher des Teufels - Schmied als Tabu
  • Fratello Sole, Sorella Luna - Sonne und Mond als Tabu
  • Solve et coagula - Knoten als Tabu
  • Vom Erdentier zur Göttin - Schlange als Tabu
  • Verehrt, gefürchtet und geliebt - Biene als Tabu
  • Vom Wölflein zum Lufton - Wolf als Tabu
  • Von dunkler Macht zu göttlichem Licht - Pentagramm als Tabu
  • Goldener Zweig, heilige Akazie - Akazie als Tabu
  • Go west! - Westen als Tabu
  • Media in vita in morte sumus - Tod als Tabu

Nicht nur die Titel der zwölf Kapitel folgen einer einheitlichen Methodik, sondern auch die Darstellung ihrer Inhalte: zuerst die Geschichte des jeweiligen Tabus in verschiedenen Zeitaltern und Kulturen und dann gegen Ende dieser Bildungsreisen ihre Übersetzung in die Freimaurerei … klar, diese ist ja nicht vom Himmel gefallen, vielmehr ist sie ein Kind verschiedener Jahrhunderte und über diese hinweg sogar von Jahrtausenden. Und so sind auch Tabus in sie eingewandert.

Ein angenehm luftiges Layout: jedes Kapitel beginnt auf der linken Seite mit einer Zeichnung von Larissa Sharina, welche das Thema markiert. Beispiel Akazie … übrigens ein Kapitel mit einer putzigen Überraschung, nicht zuletzt auch für Freimaurer oder Freimaurerinnen, welche eine kleine Anstecknadel in Form einer Akazie am Revers tragen; das ist ja ein beliebter feimaurerischer Brauch. Ich will die Auflösung nicht verraten.

Das Buch ist flüssig geschrieben und dennoch ein Werk mit wissenschaftlichem Anspruch. Es endet mit hunderten Literaturbelegen auf 21 Seiten. Erna Maria Trubel schreibt selbst, „es war ein hochgestecktes Ziel, aus einer zündenden Idee, einem Sammelsurium an Überlegungen und einem Berg von Rohmaterial ein Buch zu machen, ein exotisches Gemisch an Traditionen, Kulturen, banal erscheinenden Sachverhalten, etymologischen Spitzfindigkeiten und lebendiger Freimaurerei.“ Das ist ihr gelungen. Sie hat in diesem von ihr selbst durch unendliche Recherchen aufgeschütteten Tabu-Heuhaufen viele Nadeln gefunden, diesen eine Ordnung gegeben, die nachzuvollziehen es sich lohnt.

„How-to-do“: Leseempfehlung

Ich habe es ausprobiert: Zuerst das Buch in einem Zug flott lesen. Wer es damit gut sein lässt, hat einen schnellen Überblick, der jedoch bald verblassen wird. Daher werde ich mir in den kommenden Monaten angeregt von bestimmten freimaurerischen Erlebnissen, bestimmte Kapitel noch einmal separat vornehmen und sie höher konzentriert lesen. Und das alles verteilt auf eine längere Zeit. Oder wenn eine Frage auftaucht, die mich interessiert, dann kann das Buch auch als schnelles Nachschlagwerk verwendet werden.

 Erna Maria Trubel: Verbotene Worte
 Archaische Tabus als Symbole in der Freimaurerei
 Salier Verlag, Leipzig 2022

Erna Maria Trubel ist an der Universität Wien eine Translationswissenschaftlerin, das heißt, sie beschäftigt sich mit der Wissenschaft vom Übersetzen und Dolmetschen. Und noch mehr: die Translationswissenschaft ist nämlich eine Interdisziplin. Sie setzt sich auch mit Fragestellungen auseinander, die in andere benachbarte Wissenschaften hineinreichen.

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