Initiation

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Quelle: SCHOPF

Initiation

Quelle/Autor: Klaus-Jürgen Grün Quatuor Coronati-Wiki

Ursprung

Das Wort stammt aus dem Lateinischen und bezeichnet ursprünglich die „Einführung“ beziehungsweise „Einweihung“ in einen kultischen Vorgang. Im Altertum hatte die Initiation vorwiegend religiöse Bedeutung. Sie blieb weitgehend bezogen auf die Einweihung in Mysterien und Geheimkulte. Auch profane Ereignisse, wie Reifeprüfungen oder Jugendweihe gehören zu den Initiationsriten. Sie sind insgesamt ein Ausdruck des Wechselspiels zwischen Gesellschaft und Individuum.

Der Prozess des menschlichen Lebens vollzieht sich in Stufen, die nicht umkehrbar sind. Initiationsriten, die in allen Kulturen vorhanden sind, vergegenwärtigen einerseits die Unumkehrbarkeit erreichter Lebensabschnitte durch symbolische Handlungen im bestimmten Alter eines Menschen, andererseits versuchen sie das Einzigartige in den großen Kreislauf von Tod und Wiederauferstehung, von Werden und Vergehen einzugliedern. So wird der Abschied von einer früheren Stufe wie auch der Eintritt in die neue durch Initiationsriten gewürdigt, während gleichzeitig ein Initiationsritus durch Wiederholung und Nachahmung den Zauber natürlicher Veränderung vergegenwärtigt.

Vegetationsmythen

Die bekanntesten Initiationsriten des Altertums verbinden das Leben des Menschen mit dem Naturgeschehen und dem kosmischen Dasein. Insbesondere der Wechsel der Jahreszeiten ahmt sich nach im Initiationsritus. Er leitet sich her aus den Vegetationsmythen, nach denen Natur und Kosmos beherrscht sind von Sterben und Wiederauferstehen. Mit der beständigen Wiederkehr der Sonne nach ihrem tiefsten Stand zur Wintersonnenwende auf der Nordhalbkugel verband sich im Altertum vielfach die Hoffnung auf die Wiedergeburt der menschlichen Seele nach ihrem Ableben.

Religiöse Rituale

Für den christlichen und den islamischen Kulturkreis kann im ägyptischen Isis-und-Osiris-Mysterium die Urform des Initiationsritus gesehen werden. In der Geschichte, wie sie Bruno Nardini wiedergibt, spiegelt sich die Abkunft religiöser Rituale aus der Nachahmung des Naturgeschehens. Osiris repräsentiert den Nil, Isis die vom Nil überschwemmte Erde. Osiris ist wie alle anderen Götter der Schöpferkraft des Demiurgen entsprungen, aber zum Unterschied von den übrigen ist er auch das Symbol des Gottmenschen. Seine Aufgabe ist die Herrschaft über die Lebenden, deren Kultopfer er entgegennimmt. Er verkörpert ihren Mythos und das Mysterium ihrer Erschaffung. Daher gilt Osiris auch als der Heilige und das Heilige schlechthin. Es herrscht eine Scheu vor, seinen Namen auszusprechen. Seine Nähe erfährt man durch das Ritual der Initiation, nicht durch das Aussprechen eines Wortes. Dieser Gott ist nicht personal, aber seine Macht wird personifiziert durch die Sonne, die der Erde Licht und Wärme spendet und die Jahreszeiten bewirkt. Der Mond hingegen steht für Isis, die Schwestergattin des Osiris.

Seelenreise

Die typischen Elemente der Mysterien-Einweihung finden sich in den meisten Initiationsriten. Zu ihnen gehören oftmals Einweihungstod, Mutproben, die Seelenreise als ein Durchqueren der sieben Planeten-Spären sowie Wiedergeburt auf einer anderen Ebene. Freilich handelt es sich um gespielte Szenen und die Neophyten werden nicht wirklich getötet, um wieder auferstehen zu können. Besonders der Wechsel von Dunkelheit und Licht vergegenwärtigt den Wechsel von Sterben und neu erwachendem Leben. Schon die spätantike Sekte der Essener begann den Tag am anbrechenden Morgen durch ein Gebet. Der Essener begrüßte dabei das aufgehende Tagesgestirn und erbat sich, von der Sonne des Geistes erleuchtet zu werden. Aber der anbrechende Tag ist hier auch nur die Wiederholung der Jahresrhythmen, beginnend mit der Wintersonnenwende. So bildet sich der Makrokosmos im Mikrokosmos ab, in deren Ganzheit sich das individuelle und gesellschaftliche Leben rituell eingliedert.

Mithraskult

Für die Freimaurerei ist es von Interesse, dass es sieben Stufen der Initiation in den Mysterienkulten des Gottes Mithra gab. Mithraskulte waren den sieben Planeten unterstellt. Der heidnische Philosoph Celsus schreibt im zweiten Jahrhundert von einem symbolischen Gegenstand - die „siebentürige Leiter“ – und ordnet sie den Mithramysterien zu. Celsus hat in der Leiter wohl den Weg der Seelen durch die Sphären der Planeten erkannt. Durch die mystische Bewertung der Geometrie durch Pythagoras (580-500) und Platon (427-347) gewinnen Zahlen und geometrische Figuren in den Initiationsriten sehr früh schon eine besondere Bedeutung. Nach Pythagoras selber entspricht die Eins dem Schöpfergeist und dem Feuer. Die Zwei weist er als Symbol für die feinstoffliche Materie oder Luft aus, während mit der Drei das Wasser als Vereinigung von Geist und Materie angesprochen wird. Die Vier schließlich verkörpert die Erde als erschaffene Form und so weiter. Im Ganzen wird die Entdeckung der harmonikalen Gesetze für eine göttliche Offenbarung gehalten. Vor allem die Primzahlen Drei und Sieben gelangen über den Umweg zur Kabbala und der Hermetik in die aufgeklärten Initiationsriten, wie sie auch die Freimaurerei pflegt. Gegenwärtige Bedeutung gewinnt Initiation auf Grund ihrer eigentümlichen Symbolkraft bei der Einteilung der Lebensabschnitte des Menschen.

Literatur

  • Dieter A. Binder, Die Freimaurer. Ursprung, Rituale und Ziele einer diskreten Gesellschaft, Freiburg 2000.
  • Arthur Drews, Die Christusmythe, Jena 1910.
  • Mircea Eliade / Ioan P. Couliano (Hrsg.), Handbuch der Religionen, Zürich / München 1991.
  • Bruno Nardini, Mysterien und Geheimlehren. Über den geistigen Hintergrund unserer Geschichte. Ein Handbuch, Braunschweig 1990.