Biegon von Czudnochowski: Handbuch für Freimaurer

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Biegon von Czudnochowski

Br.·. Otto Biegon von Czudnochowski,

War Mitglied des preussisches Adelsgeschlechts Bigon von Czudnochowski. Otto Biegon von Czudnochowski war königl. Preussischer Major der Artillerie a. D.
Senior des eisernen Kreuzes 2. Classe und
Inhaber des Kaiserl. Russischen St. Georgen-Ordens 5. Classe.

Einleitung

Quelle: Freimaurer-Zeitung, Moritz Zille, 16. Jahrgang Nr. 21, 24. Mai 1862, Seiten 165-166


Im Vorwort zu dieser zweiten Auflage (Neuwied 1862) sagt der Verfasser, das dieses Werk "eine kurz gedrängte Zusammenstellung der besten und zuverlässigsten Quellen, welche in den meisten erschienenen maurerischen Schriften nur teilweise und vereinzelt angeführt werden", enthalte. Auf "eine mangellose schriftstellerische Arbeit" macht derselbe "keinen Anspruch, sondern nur auf richtige, getreue Darstellung dessen, was er von der Maurerei gelesen und in einer 30jährigen Ausübung deren Praxis selbst erlebt hat".

Handbuch für Freimaurer: ueber den Ursprung und die Geschichte des Ordens

An die Br.·. Br.·.!

Im Mittelpunkt des hohen Domes glänzet
Ein fünfgespitzter Stern; er leuchtet nicht nur jetzt,
Er leuchtet noch dereinst den letzten Menschenkindern;
Denn nie kann ja sein Strahl erlöschen, noch sich mindern,
Weil seinen ew'gen Docht das Oel der Weisheit netzt.
Bis stark genug sich euer Auge findet,
Dass es beim hellen Licht der Wahrheit nicht erblindet,
Begnügt Euch mit dem schwachen Wiederschein
Und tretet ehrfurchtsvoll in ihre Werkstatt ein.

Das grosse Meisterwort vermessen auszusprechen,
O, wagt es nicht! Ein Laut ist hier ein Hochverbrechen.
Seht ihr, wie strenger Ernst der Weisheit Stirn umschwebt,
Und wie sie sorgenvoll den Warnungsfinger hebt?

Aleinger

Vorwort

"Der brüderlichen und maureriscben Gesinnung der geliebten Br.·. Br.·. verdanke ich die vielseitige Betheiligung an diesem Unternehmen, welches einen so günstigen Erfolg hatte, dass die erste Auflage schon in wenigen Monaten vergriffen war, und die zweite Auflage vorbereitet werden rnusste. Diese ist vermehrt, verbessert und sowohl in Betreff des Papiers, als auch im Ganzen gefälliger ausgestattet.

Wie die Ankündigung besagt, enthält dies Werk eine kurz gedrängte Zusammenstellung der besten und zuverlässigsten Quellen, welche in den meisten erschienenen maurerischen Schriften nur theilweise und vereinzelt angeführt worden; wogegen vollständige Werke in mehreren Bänden, ihres hohen Preises wegen, den Br.·. Br.·. nicht so leicht wie dies zugänglich werden.

Auf eine mangellose schriftstellerische Arbeit mache ich keinen Anspruch, sondern nur auf richtige, getreue Darstellung dessen, was ich von der Maurerei gelesen und in einer 30jährigen Ausübung deren Praxis selbst erlebt habe.

Da mehrere Stellen wörtlich angeführt werden mussten, so wird Unpartheilichkeit mir eine etwas veraltete Schreibart nicht zurechnen, was ich sonst nur einem Mangel an Brudersinn zuschreiben könnte.

Da von der hohen Bundes-Behörde die Angabe der Quellen, die ich benutzte, in der 1. Auflage vermisst worden sind, so habe ich solche in dieser angegeben.

In wiefern ich der mir gestellten Aufgabe „nützlich zu werden" einigermassen genügt habe, überlasse ich dem Urtheil der geliebten Br.·. Br.·., so wie auch, in wie weit die hier mitgetheilten Erlasse der Allerdurchlauchtigsten, und Durchlauchtigsten 0.-Br.·. Br.·., wie auch der, des hohen Bundes Directorii mir zur Genugthuung gereichen.

Neuwied, den 30. December 1861. Der Verfasser

Vorwort zur ersten Auflage

Ein Handbuch für Freimaurer schien mir, wie vielleicht auch mehreren Br.·. Br.·., ein längst gefühltes Bedürfniss, und da ich eine lange Reihe von Jahren in vier verschiedenen Werkstätten als Beamter thätig war, so hatte ich Gelegenheit, durch die gehaltenen Vorträge, wie auch durch die mir zu Gebote gestandenen maurerischen Werke, zu den gediegensten Materialien zu gelangen. Der Gedanke: hierdurch dem Orden, wie den Br.·. Br.·. etwa nützlich werden zu können, gab mir Muth, diese Arbeit der Oeffentlichkeit, wenn auch nur vorerst in einem bestimmten Kreise, zu übergeben, und glaube, da das Ganze aus einem maurerischen Herzen entsprossen, von nachsichtsvollen Br.·. Br.·. nicht so leicht missverstanden zu werden.

Denjenigen Br.·. Br.·. möchte dies Werk besonders willkommen sein, die aus Mangel an Uebung und Gelegenheit, und wegen entfernten Aufenthaltes von einem Oriente, oder wegen sonstiger Hindernisse, nicht im Stande sind, sich über das zu belehren und durch klare Anschauung zu verständigen, was der erhabene Orden, die bleibende Tendenz seiner rein menschlichen Bestimmung und der Zweck seiner bedeutungsvollen Sinnbilder umfasst. Auch den jüngeren Br.·. Br.·. wie den Neuaufgenommenen soll hierdurch Gelegenheit gegeben werden, Alles das, was sie von ihrem freundlichen, wohldenkenden Führer beim Eintritt in die grosso Bruderkette hörten, an ihrer Seele wieder vorbei zu führen, und die Eindrücke, die ihr Auge und Herz in lieblichen ahnungsvollen Bildern nach vollendeter Weihe umschwebten, noch lange bleibend zu erhalten.

Mit, der zunehmenden Bildung der Menschheit hat sich auch allerdings der engere Bund der Maurerei allmählig erweitert und die, Principien und Ideen desselben, die früher nur das Gemeingut einer weit geringeren Anzahl Geweihter gewesen, haben sich in immer grösseren Kreisen verbreitet; nichts desto weniger aber ist die Sache unstreitig dieselbe, welche sie früher gewesen und so lange bleiben wird, als die lebendige Tbeilnahme an all' dem, was das Höchste im Leben genannt wird, auf dieser Welt nicht orstirbt.

Die Vorurtheile gegen die Freimaurerei — eine so vortreffliche Einrichtung — waren in früheren Zeiten sehr allgemein und so bösartig, dass dieselbe oft verfolgt ward, und es zu verwundern ist, dass sie so lange fortdauerte und noch jetzt besteht. Auch heute noch bieten die verschiedenen Staaten Europa's hierin die sonderbarsten Widersprüche dar. In mehreren Reichen stehen die Monarchen und Fürsten selbst an der Spitze dieses aclitungswerthen Ordens. In andern werden die Logen zertrümmert und die Freimaurer mit Bann und Fesseln verfolgt, als wären sie der Abschaum der Menschheit, deren Wohlthäter sie sind.

Wohlthätig ist doch gewiss ein Orden, der auf Grundsätzen allgemeiner Duldung und Menschenliebe beruht und sich zur ersten Pflicht macht, die Betrübten zu trösten, die Bedrängten zu schützen, den Unglücklichen beizustehen, wovon ältere und neuere Zeiten tausend Thatbeweise liefern. Aber dennoch gibt es Menschen, die aus Unwissenheit und Tadelsucht gegen diesen Orden feindselig gesinnt, und ihm Grundsätze zuschreiben, die ihm ganz fremd sind. Letztere sind nicht zu überzeugen, aber leicht zu beschämen, Doch daran ist uns nichts, desto mehr aber wäre es uns gelegen, denjenigen die Augen zu öffnen, die aus blossem Irrthum den Nutzen der Freimaurerei und die Vortrefflichkeit ihrer Grundsätze bezweifeln. Diesen Zweck sollen wir bei unseren Arbeiten stets mit vor Augen hahen, und ist es auch gowissermassen der meiner hier zu übergebenden. Ob ich zur Erreichung desselben hierdurch in etwas beitragen werde, steht nicht an mir, zu entscheiden; wohl aber weiss ich, dass es mir an Mühe und gutem Willen nicht gefehlt hat, und darf daher hoffen, wenn etwa ein oder anderer Br.·. darin Mängel finden sollte, die bei diesem Werkchen zu Grunde gelegte Absicht, „nützlich werden zu wollen," bei denselben Entschuldigung für mich finden werde.

Der Verfasser

Drei Worte

Glücklich! Weisheit wer Dich hat gefunden,
Wer aus Millionen Dich umwunden,
Und aus Millionen sein wirst Du.
Mag das wilde Chaos wiederkehren,
Durcheinander die Atomen stören,
Ewig flieh'n sich uns're Herzen zu.

Muss ich nicht aus Deinen Flammenaugen,
Schönheit! meines Geistes Strahlen sangen?
Nur in Dir bestaun' ich mich.
Schöner malt sich mir die schöne Erde,
Heller spiegelt in des Freund's Gebärde,
Reizender der Himmel sich.

Stärke wirft die bangen Thränenlasten,
Süsser von des Leidens Sturm zu rasten,
In des Bruders Busen ab.
Suchet selbst mit seligem Entzücken,
Schauend in des Meisters Sternenblicken,
Fromm ergeben sich ein stilles Grab.

Stund' im All der Schöpfung ich alleine,
Seelen "träumt' ich in die Felsensteine,
Sie umarmend legt' ich mich zur Ruh',
Meine Klagen stöhnt' ich in die Lüfte
Und rief sterbend in die tiefen Klüfte:
Weisheit! Schönheit! Stärke! ihnen zu.

Neuwied, den 18, Januar 1860. A. V. Tabouillot (Anton Carl Ludwig von Tabouillot).

Inhalt

  • I. Abschnitt. Geschichtliche Ableitung der Freimaurerei von den durch die Römer gestifteten Bau-Corporationen . . . 1 — 26
  • II. Abschnitt Chronologischer Ueberblick über die Freimaurerei, deren Entstehung und Verbreitung, von den Römern bis auf unsere Zeit . 26—238
  • III. Abschnitt. Anführung und Erklärung der Systeme der bestandenen und noch bestehenden' maurerischen Secten . . . 238—270
  • IV. Abschnitt. Verzeichniss aller bekannten St. Johannis - Freimaurer - Logen in und ausserhalb Deutschland) in alphabetischer Ordnung . . . 270—288
  • V. Abschnitt. Alphabetisches Namens-Verzeichniss sämmtlicher verehrt. Br.·. Br.·.-Subscribenten, nach ihrem Wohnorte . . . 289—344

NB. Ich habe ein Verzeichniss der verehrlichen BrBr.·. Br.·.-Subscribenten hauptsächlich aus dem Grunde beidrucken lassen, um durch das Auffinden des einen oder anderen Namens und des jetzigen Aufenthaltsorts bei Manchem eine angenehme Rückerinnerung zu erwecken.

Geschichtliche Ableitung der Freimaurerei von den durch die Römer gestifteten Bau Corporationen.

Der Freimaurer-Orden, oder die frühere Brüderschaft, ist eine in den Annalen der Menschheit so merkwürdige Erscheinung, dass es den Geschichtsforschern nicht zu verdenken ist, wenn sie dessen Entstehung, über welche man die wunderlichsten Ansichten verbreitet hat, zu erfahren getrachtet haben. Einige haben behauptet, dieser Orden sei uralt, und seinen Namen habe er schon in den ältesten Zeiten geführt. Andere hingegen haben ihn für eine Erfindung neuer Köpfe ausgegeben. Diese wollen ihn am Ende des 17. Jahrhunderts her datiren. Bald ist man dabei von einiger Aehnlichkeit der Gebräuche mit den Formen früher bestandener Verbindungen, als den ägyptischen und eleusinischen Mysterien, mit den Uyonisischen Baukünstlern, mit den Sythagorischen Vereinen etc. verleitet worden, bald hat man den der Anstalt zum Grunde liegenden Gedanken, der im Allgemeinen mehr oder minder ausgeprägt, mit der Menschheit durch alle Jahrhunderte gehen musste, mit dem Vereine selbst verwechselt.

Geschichtsschreiber, welche sich bemühten, den Ursprung dieser, für die Menschheit so wohlthätigen Verbindung , nachzuforschen, kommen jedoch grösstentheils darin überein, dass die Stiftung dieses ehrwürdigen Ordens bis in ein graues Alterthum hinaufsteigt, und obwohl die Bemühungen derselben, die Entstehung und Schicksale dieser Verbindung zu erfahren, immer nur sehr unvollständige Erfolge hatten, so sind uns doch Denkmäler und Belege der Königlichen Kunst bis auf die jüngsten Zeiten erhalten worden, die sowohl von ihrer Aechtheit als Vortrefflichkeit uns Beweise geben. Diese zeigen uns nun in allen Inhabern derselben aufrichtige Verehrer der Gottheit, jenes erhabensten Wesens, welches wir uns unter dem Bilde des höchsten Baumeisters vorzustellen gewohnt sind.

Wie weit man indess auch immer den Faden der Entstehung unseres Bundes verfolgen mag, immerhin war der Hauptzweck nichts Anderes, als die möglichst unverletzte Erhaltung und Bewahrung solcher relativen Geheimnisse gewesen, wie sie über das Urverhältniss des Menschen zu Gott, wie zu seinen Mitmenschen und zur allmächtigen Begründung wahren Menschenglücks auf Erden durch die göttliche Vernunft offenbart worden sind

Weisheit, wahre Weisheit zu suchen und zu erlangen, ist daher der Wunsch eines aufgeklärten, noch auf der Wanderschaft begriffenen Maurers, ihr Besitz macht das Glück des Vollendeten. Worin aber könnte wohl anders wahre Weisheit bestehen, als in der Erkenntniss Gottes und seiner Werke, in dem Anschauen seines Gebäudes und des Meisters? Der höchste Genuss überströmt die Seele nach dieser Erkenntniss, sie gewährt ein sanftes Licht, welches den Geist erleuchtet und das Herz erwärmt.

So war denn schon in älteren Zeiten die Freimaurerei etwas Erhabenes und Schätzbares, da sie in ihrem Heiligthum einen Schatz von Wahrheiten aufbewahrte, von denen sich durchdringen zu lassen mancher edle Sterbliche sich sehnte, die aber unter das, damals in Ausbildung noch tiefstehende Volk verbreiten zu lassen, höchst gefährlich gewesen sein würde. Damals waren wirkliche und würdige Geheimnisse, daher damals Erhebung der Geweihten.

Die Mysterien der alten Völker gehörten dahin. Sie empfingen höhere Erkenntnisse in der Natur und Religion, welche aber von den Priestern entweder aus ehrgeizigem Kastengeist, Eigennutz oder aus Furcht vor der Rohheit des abergläubigen Volkes verborgen gehalten wurden. Wer hätte es aber im Angesichte der Todesgefahr gewagt, den Anbetern der Götter die Altäre derselben umzustürzen, und die Wahrheit vom Dasein eines einzigen, unsichtbaren Gottes, von einem vergeltungsvollen Fortleben nach dem körperlichen Tode zu predigen? Da erschien Moses (1500 J. v. Chr.); er war unterrichtet in den Wissenschaften der ägyptischen Priester und aufgenommen zu den Kenntnissen der Weisen dieser Nation, ihrer Symbole und Hyrogliphen, wodurch sie ihre Gelehrsamkeit verschleiert vor den Augen der Gottlosen und des Pöbels heilig hielten, und blos Männern ihres Ordens diese mit Sorgfalt, Heimlichkeit und Vorsicht mittheilten. Er entkleidete nun den Dienst der Gottheit von dem Mantel der Mysterien und Bilder, er unterrichtete die Juden in der Kenntniss von dem Gotte des Weltalls, unbefleckt von den Irrthümern der Völker der Erde. Allein welche Vorsicht er auch bei den Israeliten dabei anwandte, nur zu gerne kehrten sie wieder zum Götzendienste des gemeinen ägyptischen Volkes zurück, und nur seiner grossen Weisheit, Ausdauer und Kraft gelang es endlich, den Glauben an den unsichtbaren Jehova Wurzel fassen zu lassen. Und welche Schicksale musste Christus erfahren, da er die reinsten und erhabenen Begriffe an die Stelle des Volksglaubens stellen wollte; was mussten seine Jünger dulden, da sie den Heiden das unsichtbare Reich der Gottheit verkündeten.

Nachdem Moses auf dem Berge Sinai das Gesetz ' empfangen hatte, verordnete er die Erbauung der Stiftshütte, in welcher das Oberhaupt der Juden, der Hohepriester, der, wie leicht einzusehen, der wichtigste Mann im israelitischen Staate war, die Befehle und den Willen Gottes unmittelbar empfangen sollte. Auf seiner Brust trug er das Urim und Thumim, gewisse Symbole des Lichts und Rechts, als dessen was seiner Brust inwohnen sollte, auf Edelsteine gegraben.

Dieses Zelt oder Hütte sollte sich durch seine innere Pracht und Zierlichkeit, Schönheit und Stärke von den übrigen Gebäuden auszeichnen. Das Ganze, innen von Brettern, die auf silbernen Untersätzen ruhten, eingeschlossen, war in zwei Räume getheilt, von denen der eine das Heilige, der andere das Allerheiligste hiess; in diesem Allerheiligsten stand die Lade von Acazien-Holz, inwendig und auswendig mit feinem Gold überzogen, zur Aufbewahrung der Gesetztafeln. Aus Aegypten and von ägyptischer Kunst waren auch die schön gefärbten Teppiche oder Tapeten, welche das Dach der Hütte ausmachten und an den Seitenwänden herunterhingen. Ueber dieses Dach lag eine länger herabhängende Decke von Kamelot, darüber eine von Saffian, und zuletzt eine von Holz oder Brettern. Hier in diesem Zelte, und zwar in dem Allerheiligsten, empfing der Hohe-Priester (Aron, Moses Bruder, und seine Nachkommen) die unmittelbaren Offenbarungen Gottes, und dienten ihm.

Zugleich war die Stiftshütte der Ort, an welchem die verschiedenen Stämme der Juden sich als ein eigenes Volk fühlen sollten.

Um nun den Bau ausführen zu können, las Moses aus dem Volke diejenigen Männer aus, die sich besonders, als vom wahren Glauben erleuchtet, voll Weisheit und frommen Eifers, hervorthaten und geschickt waren, dieses Werk der Gottesfurcht auszuführen. So erschienen denn unsere Vorfahren der Welt als Baumeister, und verbanden sich nun zu einem Körper, unter heilsamen Gesetzen für die, welche bei diesem grossen Werke gebraucht wurden, sich untereinander ihre verschiedenen Künste und Wissenschaften brüderlich mittheilten, sich in Liebe und Freundschaft vereinigten und dadurch die Baukunst immer mehr und mehr hoben.

Von nun an verbreitete sich die Kunst, mit Kalk, Steinen und Holz zu bauen, immer weiter, und besonders thaten sich hierin die Phönicier hervor, welche die Städte Tyrus und Sydon erbauten, die hernach durch ihre Könige und ihre Künstler bedeutend verschönert wurden. Unter diesen zeichnete sich besonders der König Hyram aus und wurde dadurch so berühmt, dass der israelitische König Salomo, als er den von seinem Vater David vorgenommenen Bau eines Gott geheiligten Tempels ausführte, ihn bat, ihm geschickte Künstler und Arbeiter zugehen zu lassen, welchem Gesuch derselbe denn auch willfahrte. Unter den vom König Hyram aus Tyrus ihm zugesandten Gehülfen befand sich auch der geschickteste Baumeistor desselben, mit Namen Hyram Abif, einer Wittwe Sohn, welcher nicht allein sich durch seine kostbaren Arbeiten auszeichnete, sondem auch in Allem die vortrefflichsten Einrichtungen machte. So waren alle Arbeiten in gewisse Ordnungen eingetheilt, es wurden Lehrlinge angezogen, damit es nicht an Arbeitern fehle, und da die Werkmeister und Vorsteher die Anordnungen von den Baumeistern erhielten, so wurde dadurch bei diesem grossen Baue zuerst eine würdige Gesellschaft der Baukünstler begründet, und Liebe und Freundschaft verband Alle so stark, dass jeder seinen Ueberschuss mit seinem dürftigen Bruder freudig theilte.

Bei so schölten Anordnungen und den vielen, beim Bau beschäftigten Arbeitern wurde der berühmte Tempel Salomonis, welcher 60 Ellen lang, 20 Ellen breit und 30 Ellen hoch war, an 30,000 Personen fassen konnte und nach einer niedrigen Berechnung 50,000,000 Thlr. kostete, in 7 Jahren und 6 Monaten vollendet. Er war auf dem Berge Moria erbaut, welcher theils geebnet, theils erweitert werden musste, und hoch zur Zeit der Römer bewunderte man die grosse Mauer, aus dicken, mit grossen eisernen Klammern verbundenen Steinen aufgeführt, 400 Ellen hoch, womit der Berg von einer Seite eingefasst war.

Die eigentlichen Künstler bei dem ganzen Werke waren grösstentheils aus dem damals kunstbegabten, fleissigen und vorzüglich mächtigen Tyrus, und war der Künstler, welcher die beiden grossen metallenen Säulen verfertigte, Hiram Abif.

Nachdem nun der Bau vollendet in seiner Pracht dastand, feierte man ein allgemeines Fest, zu dem sich viele benachbarte Völker einfanden, um ihn zu bewundern; es wurde die Freude über die glückliche Vollendung dadurch sehr getrübt, dass bald nachher der vortreffliche Meister Hiram Abif starb. Man begrub ihn, betrauert von Allen, vor dem Tempel.

So verbreitete sich mehr und mehr die an dem heiligen Gebäude zu Jerusalem angewandte Baukunst. Sie hatte bei allen Völkern grosses Ansehen gewonnen, daher es viele dabei beschäftigt gewesene Baumeister und erfahrene Arbeiter benutzten, umherzureisen und diejenigen zu belehren, welche weniger Geschicklichkeit besassen, Bauten führen, wobei sie dann ähnliche Einrichtungen trafen, wie in Jerusalem stattgefunden. So wurde einer von ihnen, Samens Ninus, auf einem phönizischen Schiffe an die westliche Küste gebracht, und wurde durch ihn die morgenländische Architektur in diese Lande verbreitet; die Mehrzahl blieb noch in Jerusalem, wo sie König Salomo noch zur Ausführung seiner Paläste und anderer trefflicher Gebäude benutzte. Nachdem der Tempel Salomonis 430 Jahre gestanden hatte, wurde er durch Nebucadnezar verwüstet, welcher auch viele Baukünstler gefangen nach Babylon führte und dort viele vortreffliche Gebäude durch sie errichtete. Wenngleich diese Gebäude durch die Baukunst, welche am heiligen Tempel unter Salomo angewendet worden war, bei weitem nicht beikamen, so dienten sie doch dazu, diese hohe Wissenschaft überhaupt zu unterhalten und fortzupflanzen, bis der mächtige Cyrus hernach die Juden wieder nach Jerusalem gehen liess, und dem Zorababel Befehl ertheilte, den heiligen Tempel auf der vorigen Stelle wieder aufzubauen. Während des Baues starb zwar (529 J. v. Chr.) Cyrus; der Bau wurde indessen, nachdem man 20 Jahre daran gebaut hatte, unter Darius zu Stande gebracht und das schon üblichhe Baufest begangen. Auch war dieses Gebäude ein treffliches, selbst von den Feinden

der Juden bewundertes, obgleich es dem ersten Tempel bei Weitem nicht gleichkam. Er stand bis zu Antonius' und Octavius' Zeiten, wo ihn ihr Statthalter Herodes niederreissen und dafür auf denselben Platz den dritten, in griechischer Bauart und durch griechische Baumeister, ebenfalls ungemein prächtig wieder aufbauen Hess. Es bauten, ehe man das Baufest feiern konnte, sehr viele Arbeiter 9 Jahre und 6 Monate daran. Durch die Schifffahrt der Phönizier ward die Baukunst über das Meer nach dem Westen verbreitet; auch halte sie in Griechenland schon eine hohe Vollkommenheit erreicht, und finden wir viele prächtige Gebäude in Athen etc., wozu grösstentheils der Salomonische Tempel Veranlassung gegeben hatte, indem er Gegenstand der Bewunderung aller benachbarten Völker war. Es trieben aber die Römer gleichfalls die Schifffahrt im Westen und kamen daher nach Griechenland, und in den Osten. Besonders hatte sich daselbst Pythagoras, der Grieche, um die Baukunst sehr verdient gemacht. Er reiste nach Aegypten und Syrien und überall dahin, wo sie in Blüthe stand, wo er in die Bauhütten aufgenommen und unterrichtet wurde und ging dann zu Schiffe wieder nach Griechenland, wohnte da, unterrichtete in dieser Kunst und wurde als Weiser sehr berühmt, stiftete die grosse Schule der Weltweisheit und der Baukunst und war der Erfinder vieler Grundlehren und Wahrheiten, welche noch heute in der Geometrie gelehrt werden. Es sammelten sich um ihn viele Schüler, die hernach auch als Weise auftraten, gleichfalls berühmt und Erfinder mancher solcher Grundlehren wurden, bis der berühmte Euclied von Tyrus diese Lehren alle zusammen brachte und daraus ein Buch verfasste, welches allen Baumeistern als Lehrbuch diente. Von Euclied an wurden fortan alle Wissenschaften ordentlich vorgetragen und in Grammatik, Rhetorik, Logik, Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik getheilt, und mussten diese sieben Künste, wie noch mehrere andere Wissenschaften, ein Architekt alle kennen, daher es schwer ist, ein solcher zu sein, und so ward die Architektur denn bei den Griechen auch in Ehren gehalten, indem sie nur ausschliesslich von Freigebornen, nicht von Knechten, erlernt werden durfte. So blühte sie denn, wie zu Athen, also auch zu Carthago, wie in Hetrurien, so auf der Insel, auf welcher in Syracus der weise Archimed durch die Geometrie und seinen, in dieser Arbeit gefundenen Tod berühmt geworden ist. Aus Hetrurien, Griechenland, Aegypten und Asien holten nun auch die Römer ihre Wissenschaften und Künste und erlangten durch ihre Kriege die näheren Bekanntschaften damit. Sie führten immer kluge und berühmte Männer in ihren Staat, eben so reisten gelehrte Leute von ihnen dorthin, und kamen, mit Kenntnissen bereichert, wieder zurück, um sie dann den Ihrigen wieder mitzutheilen. So wurde denn allmählich Rom der Hauptsitz aller Gelehrsamkeit und schönen Künste und erreichten auch dort ihr höchstes Ziel.

Nur eine Vereinigung der Vorzeit, welche nachweisbar in ihrem Schoosse stets die Keime rein menschlicher Veredlung in freier Geselligkeit gepflegt, lässt sich geschichtlich mit dem Freimaurerbunde verknüpfen. Dies sind die Bau - Corporationen, von den Römern Collegia oder Corpora genannt. Die ersten derselben führte schon Numa, nach dem Muster der griechischen Zunft- und Priester-Gesellschaften, in Rom ein. Diese Bau-Corporationen vereinigten lange Zeit, ehe es Zünfte der Maurer und anderer, zum Baue erforderlichen Gewerbe gab, in sich alle jene Gewerbe in Männern aus den gebildeten Classen verschiedener Völker, unter der Anführung und Regierung eines oder mehrerer Baumeister. Numa, der die ersten Bau - Corporationen unter dem Namen Collegia in Rom einführte, gab ihnen Zunftversammlungen. Nach den Gesetzen der zwölf Tafeln durften die Collegia, übereinstimmend mit der Gesetzgebung Solons, sich selbst ihre gesellige Verfassung geben und unter sich Verträge schliessen-, wenn diese nur nichts gegen die Landesgesetze enthielten, und machten, in jenen Zeiten gestiftet, wo Staat und religiöser Verein Eins bildeten, ein unzertrennliches Ganzes aus. Durch Freiheitsbriefe geschützt und durch ihre eigene Verfassung zu jedem grossen Baue verbunden, errichteten diese Gesellschaften in allen Ländern des christlichen Europa's jene zahlreichen, oft riesenhaften Werke des gothischen oder altdeutschen Baustils.

Diese sich nun schnell und weit verbreiteten Collegia waren, ausser ihrer Kunstgemeinschaft, zugleich bürgerliche Anstalt und ein religiöser Verein, und pflanzten diese, für die Entfaltung der Menschheit fruchtbare Eigenthümlichkeit auch in die Bau-Corporationen des im Mittelalter wiedergeborenen Europa's fort.

Da die römischen Collegien ihre Versammlungen bei verschlossenen Thüren hielten, so waren sie ein Zusammenfluss fremdvölkerlicher Mysterien, geheimer Weihen und Lehren aller Art. Die römischen Kaiser der ersten Jahrhunderte beschränkten zwar diese Collegien, die späteren dagegen begünstigten sie, ihren wesentlichen Nutzen einsehend, und finden sich im Corpus juris romani mehrere Verzeichnisse der im 4. und 5. Jahrhundert gesetzmässig steuerfreien Künste und Gewerke.

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