Die alten Landmarken
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Die alten Landmarken
Es gibt eine alte Freimaurerfabel, die folgendes erzählt: In einer Großloge wurde als besonderes Heiligtum eine Kiste mit schweren eisernen Verschlagen aufbewahrt, die nach der Überlieferung die aufschlußreichsten Urkunden über die Freimaurerei und die Großloge selbst enthalten sollte. Eine Eröffnung der Kiste wurde nicht erlaubt. Bis eines Tages unter dem Einflusse der neuer historischer Erkenntnis zugewandter Zeit, ein hochstehender Bruder die Öffnung dieses geheimen Schatzes anordnete. Die Kiste wurde unter besonderen Feierlichkeiten eröffnet, und siehe: Sie war leer.
Mit dem Worte Landmark geht es ähnlich. Es ist eine traditionelle Worthülse der Freimaurerei. Eröffnet sie der freimaurerische Historiker, so ist sie leer. Aber sie war einmal da, und so wurde sie nachträglich gefüllt. Und so ist der Begriff Landmark ein Bestandteil der Freimaurerei besonders in Amerika geworden.
Das Wort geht auf Anderson zurück. In der XXXIX. Bestimmung der General Regulations, die den Old Charges angehängt sind, heißt es, daß "the old Land-Marks be carefully preserved". Die alten Landmarken sollen also sorgsamst geschützt werden, wobei in der gleichen Satzung auch der Vorgang beschrieben wird, wie, wann und unter welchen Voraussetzungen Verfassungsänderungen vorgenommen werden dürfen. Was unter Landmarks verstanden werden soll, sagt Anderson 1. c. nicht.
Dem Sinne nach kann nur gemeint sein: Die alten Satzungen der Freimauser Brüderschaft, ihre Gebrauche und Einrichtungen, die Traditionswert haben, sollen nicht fahrlässig Sinderungen erfahren. Setzte man Das Wort Landmarks gleich dem Inhalt der Constitutions und der bei der Freimaurer Brüderschaft üblichen Gebrauche, so war der Sinn ohne weiteres klar. Aber die separaten Deuter der Stelle sagten sich: Anderson spricht immer nur von Charges, Regulations, Rules. Hier taucht eine neue Bezeichnung auf. Also muß auch eine andere Bedeutung zugrunde liegen. Und damit begann Das große Rätselraten um die Landmarken.
Was sind Landmarken? Im übertragenen Sinne ist darunter zu verstehen eine feststehende, unverrückbare Einrichtung von hohem Alter und bleibendem Traditionswert. In diesem Sinne gebraucht beispielsweise Milton Das Wort, wenn er von einem Altar spricht, der inmitten des Paradieses als Landmark stand. Auch in den Juniusbriefen (I777) ist von Landmarken, durch frühere Beschlüsse aufgerichtet, die Rede. Da Grenzsteinverrückungen schon in der Bibel als besonders verruchte Tat bezeichnet werden (5- Mos., Kap. 28), haftet der Landmarke, dem unverrückbaren Grenzstein, ein Geruch besonderer Verehrungswürdigkeit an.
Daher muß auch der neugewählte Meister vom Stuhl der englischen Logen bei seiner Amtsübernahme ausdrücklich zugeben, "daß es nicht in der Macht eines einzelnen oder einer Gruppe von Einzelpersonen liegt, irgendwelche Neuerungen in die Genossenschaft der Freimaurer einzuführen". Die Landmarken sind also etwas ewig Dauerndes, keiner Veränderung Zugängliches. His immotis nunquam ruet steht auf einem Kupfer der Bayreuther Großloge aus dem XVIII. Jahrhundert.)
Deshalb definiert sie der englische Historiker Henry Sadler (I904): "Landmarken sind ausschließlich jene Gesetze der Kunst, die allgemein und unwiderruflich sind."
Um Das Unglück voll zu machen, haben es amerikanische Freimaurer unternommen, die Landmarken in einen Kanon zu bringen. Dabei kam Dr. Albert Mackay (I858) auf einen Kanon von 25 Landmarken. Andere amerikanische Großlogen kamen aber bis auf 53- In der Konstitution der Großloge von New York wieder werden die folgenden neun Landmarken angeführt, die von P. G. M. Joseph D. Evans verfaßt wurden, die aber die Großloge selbst niemals beschlossen hat. Der Umstand, dass diese Landmarken jedoch im Gesetzbuche der Großloge abgedruckt erschienen, läßt erkennen, daß die Großloge den wesentlichsten Kanon der Landmarke in ihnen erblickt. Diese Zusammenstellung lautet:
- 1. Die Landmarken sind jene ausgezeichneten Punkte in den esoterischen Mysterien der Freimaurer, die deutlich im Rituale niedergelegt sind, unter ihnen Zeichen, Worte und Griffe und die Legende des dritten Grades.
- 2. Jeder, der sich um Zulassung zu den Vorrechten der Freimaurerei bewirbt, muß vor seiner Aufnahme den Glauben an einen ewigen und wahrhaftigen Gott, den Schöpfer und Lenker des Weltalls und an die Unsterblichkeit der Seele bekunden.
- 3. Jeder Kandidat für die Ehren der Freimaurerei muß sein ein Mann, freigeboren, von reifem und besonnenem Alter, kein Eunuch, kein Weib, kein unmoralischer oder argerniserregender Mann, sondern von gutem Rufe, ohne Fehler an Leib und Seele, die ihn untauglich machen könnten, die Kunst zu lernen und auszuüben.
- 4. Kein Kandidat darf nach seiner religiösen Oberzeugung oder politischen Meinung gefragt werden, noch durfen Erörterungen über diese Fragen in irgendeiner Versammlung der Brüderschaft erörtert werden.
- 5. Das Recht der Loge, selbst darüber zu entscheiden, wer aufgenommen oder einverbrüdert werden soll, ist ein der Loge inhärentes und unbestreitbares und ist keinerlei Dispensrecht oder gesetzgeberischen Maßregel von irgendeiner Seite und welcher Quelle immer unterworfen.
- 6. Die Kugelung über Kandidaten ist geheim und unverletzlich.
- 7. Hat der Meister einer Loge eine Frage entschieden, so gibt es keinerlei Berufung dagegen an die Loge.
- 8. Die Loge kann den Meister nicht verhören (Das heißt, sie kann den Meister nicht vor ihr eigenes Gericht stellen, wohl aber vor Das Großlogengericht!)
- 9. Es ist Das Vorrecht des Großmeisters, bei jeder Art von Arbeit der Brüderschaft seiner Großloge den Vorsitz zu führen, sei es nun in der Großloge oder einer Loge, und die Exekutive der Großloge in den Pausen zwischen ihren Versammlungen auszuüben.
Roscoe Pound
Der amerikanische Jurist Roscoe Pound engte die Landmarken auf sieben ein, die im wesentlichen folgendes beinhalten:
- 1. Der Glaube an Gott.
- 2. Glaube an die Fortdauer der Persönlichkeit.
- 3. Das Buch der Gesetze als unentbehrliches Einrichtungsstuck der Freimaurerloge.
- 4. Die Legende des dritten Grades.
- 5. Das Geheimnis.
- 6. Der Symbolismus geschöpft aus dem Bauhüttengebrauche.
- 7. Erfordernis des männlichen Geschlechtes, freier Geburt und des gehörigen Alters.
Johann Gabriel Findel
Johann Gabriel Findel liest neun gemeinsame Satzungen aller Freimaurer aus den Alten Pflichten heraus. Diese waren:
- 1. Die Verpflichtung auf die allgemeine Religion, in der alle Menschen übereinstimmen.
- 2. Die Aufhebung der Schranken der Geburt, der Rasse, Nationalität, Hautfarbe und der politischen Partei.
- 3. Die Angehörigkeit jedes Aufgenommenen zum g a n z e n B u n d e, daher Das Besuchsrecht, Gastrecht und Recht der Annahme.
- 4. Die Bedingungen für die Aufnahmefähigkeit: geistige Freiheit, Das nötige Mas von Bildung, reifes Alter, sittliche Grundsatze, tadelloser Lebenswandel und guter Ruf.
- 5. Der Grundsatz, Das jeder Vorrang unter Maurern sich nur auf den wahren inneren Wert und selbsteigenes Verdienst zu gründen habe sowie die Anerkennung der vollen Gleichheit unter Maurern.
- 6. Die Verpflichtung, alle Streitigkeiten zwischen Personen innerhalb des Bundes auszutragen.
- 7. Das Gebot der Eintracht, der Brüderliebe sowie Das Verbot Privatstreitigkeiten, insbesondere aber politische und religiöse Streitfragen in die Loge hineinzutragen.
- 8. Die Verschwiegenheitspflicht, die Geheimhaltung der Erkennungszeichen und des Gebrauchtums.
- 9. Das Recht jedes Maurers, an der maurerischen Gesetzgebung teilzunehmen, Das Wahlrecht und Das Recht, in der Großloge vertreten zu sein.
Schreibfehler
Durch einen Schreibfehler in einem Logenprotokolle (I8I0) wurde die Frage noch mehr kompliziert. Es heißt dort, Das die Installierung einer Loge nach den gesetzlichen Formen "is one of the two Landmarks of the Craft". Damit wäre die Zahl der Landmarken überhaupt nur auf zwei beschränkt gewesen, wobei die eine die Installierung selbst war.
Hextall (I9I6) hat nun überzeugend nachgewiesen, daß hier ein Flüchtigkeitsfehler in der Schrift vorliegt. Es muß heißen, "one of the true landmarks", eine der wahren Landmarken. Trotz vielfacher Bemühungen, besonders von deutscher Seite, gibt es kein gemeinsames Freimaurerrecht. Die Landmarken sind ein Ansatz dazu. Man wollte neben den geschriebenen Satzungen und Konstitutionen auch die ungeschriebenen Überlieferungswerte und Einrichtungen der Freimaurerei auf ein gemeinsam Verbindendes, auf einen Nenner, bringen. Das ist nun nicht gelungen. Und deshalb hat der Begriff Landmarken in Europa nur mehr den Wert eines Tropus.
Man bezeichnet damit allgemein die alten Überlieferungen in Gebrauchtum, Einrichtung und Übungen, ohne dabei an etwas Bestimmtes zu denken. Wogegen in Amerika mit dem Worte Landmark ein bestimmter Satz von Bestimmungen verstanden wird, die von jeder Großloge mehr oder weniger willkürlich konstruiert wurden. Man kann abschließend sagen, Das es Landmarken der Freimaurerei überhaupt nicht gibt. Ein so hervorragender freimaurerischer Historiker wie Hughan bezeichnet die ganze Landmarkenfrage als bloße Phantasterei.
Nur in Amerika halt die freimaurerische Orthodoxie an dem vagen Begriff der Landmarken unerschütterlich fest. Trotzdem macht sich auch dort Das Bedürfnis geltend, die alten Grenzsteine in der neuen Zeit zu versetzen. So ist nach dem Kriege die Unerschütterlichkeit des Grundsatzes, daß nur körperlich Volltaugliche Freimaurer werden dürfen, verständigerweise gestrichen oder gemildert worden. Um I87I findet die Großloge von New York, daß zwischen den Landmarken und den neuen Gesetzen der Großloge so viele schwerwiegende Unterschiede bestünden, Das "the entire law had become a very unsafe guide" (daß das ganze Gesetz ein unzuverlässiger Führer geworden sei!).
Die Landmarken sind ein Petrefakt und Petrefakten sind langlebig. Auch die Freimaurer leiden darunter, daß vom Rechte, Das mit ihnen geboren ist, leider nicht immer die Frage ist. Ihre einzige Bedeutung liegt höchstens darin, Das sie auf eine Auslese des Freimaurerrechtes hinweisen, die allen Großlogen gemeinsam sein könnte. Versuche, die in dieser Beziehung bisher unternommen wurden, so von der Association maçonnique internationale, haben bisher zu keinem Ergebnis geführt. Es gibt heute gewisse symbolische und ritualistische Gemeinsamkeiten der freimaurerischen Lehrarten, aber kein gemeinsames Freimaurerrecht. Und die in Amerika festgesetzten Grundsatze, die Landmarks, sind vielleicht am wenigsten geeignet, dieses internationale Freimaurerrecht zu begründen.
Chronik der Freimaurerei
Die Chronik, die Anderson dem Konstitutionsbuche von I723 voranstellte, hat schon zu seinen Lebzeiten den Spott der Besserwisser herausgefordert. Sehr zu unrecht. Denn Anderson hatte Vorbilder, die er nachbilden wollte, um dem Gesamtwerk den Anstrich besonderer Ehrwürdigkeit zu geben. Er sollte ja auch nichts Neues schaffen, sondern nach dem Wunsche seines Großmeisters Montagu die alten "gothischen Schriften" bearbeiten. In diesen fand er Beispiele für seine Geschichtsklitterung, bei der es nicht so sehr auf die historische Treue als vielmehr auf die lückenlose Ableitung der Freimaurerei bis zur Erschaffung der Welt im alten Chronikenstil ankam. Der Roberts-Druck, der 1722 erschien, hat diese Chronik in ähnlicher Form. Anderson, der auch hier der trockene Pedant blieb, der er in seinen genealogischen Werken war, hat alles hinzugefugt, Was ihm irgendwie von Belang schien.
Die für England älteste Freimaurerchronik findet sich in der sogenannten Halliwell-Handschrift, auch Regiusmanuskript genannt, deren Entstehungszeit bis ins XIV. Jahrhundert zurückverlegt wird. Die in Knittelversen verfaßte Chronik hat ungefähr folgenden Inhalt:
- Edle Herren und Frauen sind um die Zukunft ihrer Kinder besorgt und lassen daher Gelehrte aus allen Ländern der Erde kommen, um sie zu unterrichten. Darunter ist auch Euklid, der den Kindern die Grundregeln der Geometrie beibringt und ihnen Bauhüttensatzungen gibt. Diese Kunst kam dann nach England zur Zeit des Königs Athelstan, der in einer Versammlung von Adeligen und Herren ein Grundgesetz der Freimaurerei erläßt. Dieser historischen Einleitung werden dann die Pflichten des Maurers in I5 Punkten angeschlossen.
Die einfache Geschichte wird in späteren Manuskripten sehr erweitert. So schon im Cooke MS., wo sie mit einem Vornoachiten, Lamech, anhebt.
Andersons Chronik, die den letzten Versuch freimaurerischer Chroniken vorstellt, ist I723 geschrieben. Er setzt in seiner übertriebenen Pedanterie sogar überall die Jahreszahlen, und zwar von Erschaffung der Welt und nach christlicher Zeitrechnung ein. Diese, im Original 56 Seiten umfassende, mit zahlreichen Fußnoten versehene Geschichte der Freimaurerei kann nicht auf historische Treue Anspruch erheben. Da sie aber immer wieder zitiert wird, so sei hier wenigstens der Gang dieser Chronik in Kürze wiedergegeben.
Andersons Chronik
Adam unser Vater muß die freien Künste, besonders die Geometrie, in seinem Herzen getragen haben, denn er lehrte zweifellos seine Söhne die Geometrie. Kain baute eine Stadt, die er nach dem Namen seines ältesten Sohnes Enoch nannte.
Seth war nicht weniger unterrichtet, er betrieb Geometrie und Astronomie. Die Familien beider betätigten sich als Bauleute, bis Noah die Arche baute, die sicherlich nach den Gesetzen der Baukunst errichtet war. Noah und seine drei Söhne retteten die vorsintflutlichen Kenntnisse der Baukunst in die neue Welt. Denn IOI Jahre nach der Sintflut finden wir Bauleute im Tale zu Shinar (2247 v. Chr.), die dort den berühmten Turm bauten. Aber nachdem sie 53 Jahre daran gebaut hatten, trat die Sprachenverwirrung ein (2I94 V. Chr.). Überall waren jetzt Bauleute tätig, so besonders unter Leitung Nimrods, der viele Städte baute, darunter Ninive und Rehoboth. An den Ufern des Euphrat und Tigris buhlten jetzt Gelehrtenschulen der Chaldäer und Magier, deren Weisheiten auch zu den Ägyptern gelangten.
Denn der zweite Sohn des Ham, Mizraim, begründete hier die nach ihm benannte Kolonie (2I88 V. Chr.). Ein anderer Sohn des Ham besiedelte Kanaan, wo die Israeliten, als sie unter Josua einzogen, zu ihrem Erstaunen so feste Städte fanden, daß sie diese ohne Gottes Hilfe nicht hatten einnehmen können. Abraham lernte die Baukunst in Ur (2078 V. Chr.).
Die Juden glauben sogar, dass er die Ägypter in der Geometrie unterrichtet hat. Unter den ägyptischen Königen wurden die Juden zur Baukunst besonders gezwungen. Das lag im Plane Gottes, der sie vor der Eroberung von Kanaan zu guten Bauleuten machen wollte. Auf dem Marsche durch die Wüste inspizierte Gott die beiden Junglinge Bezalel und Aholiab beim Bau der Stiftshütte (I490 V. Chr.). Den Grundriß hierzu hatte Gott dem Moses gezeigt, der deshalb der General Master Mason wurde. Unter Großmeister Moses zogen sie durch die Wüste, oft von ihm zur Hauptloge (general lodge) berufen. Die Juden waren ein Volk von Bauleuten. Nachdem sich die Juden in Kanaan festgesetzt hatten, bauten sie die alten Baudenkmaler aus und übertrafen diese sogar den Tempel des Dagon an Kunst.
Bis dann Salomo mit Hilfe von 3600 Aufsehern oder Harodim, 80.000 Steinmetzen und 70.000 Hilfsarbeitern den Tempel errichtete. Salomo war seinem Freunde Hiram von Tyrus sehr verpflichtet, denn er sandte ihm Maurer und Zimmerleute und vor allem seinen Baumeister Hiram, den vollendetsten Maurer der Welt. Und Salomo weihte den Tempel (I004 V. Chr. Die Schicksale Hirams werden in keiner Weise erwähnt, dagegen wird Das Bauwerk sehr genau beschrieben).
Um diese Zeit war Salomo Großmeister der Loge von Jerusalem, Hiram von Tyrus Großmeister der Loge von Tyrus und Hiram Abif war der Leiter des Baues (Maßter of Work). Nach dem Tempelbau zerstreuten sich die Bauleute nach Mesopotamien, Assyrien, Chaldäa, Kleinasien, Griechenland, und viele Könige und Fürsten nahmen sie auf, ließen von ihnen bauen und wurden so Großmeister, jeder in seinem Lande. Sogar in Indien waren Freimaurer zu finden. Aber nirgends wurde die Kunst Israels wieder erreicht. Der große Monarch Nebukadnezar wurde Großmeister in seinem Lande und ließ viele Bauten errichten (588 v. Chr.).
Dabei dienten ihm besonders die gefangenen Juden. Sein Nachfolger Cyrus erbaute den Tempel von Salem und setzte Zerubabel über das Werk, der als Führer der ruckwandernden Juden in Jerusalem den Grundstein des zweiten Tempels legte (536 v. Chr.). So kam die Kunst auch nach Griechenland, wo alle Bauwerke, wie Das Parthenon, die Tempel des Theseus, Jupiter, die Fora, Theater und Gymnasia, nach den Plänen des salomonischen Tempels errichtet wurden. Aber die Griechen selbst verstanden nichts von Geometrie, bis Thales von Milet sie von gefangenen Juden gelernt hatte (547 V. Chr.).
Dessen Schüler war Pythagoras der Erfinder des 47. Problems im Buche des Euklid, worin alle Maurerei eingeschlossen ist. In Kleinasien tat sich Mausolus, König von Caria, hervor, der seiner Gattin Artemisia eine prachtvolle Grabstatte (Mausoleum) erbaute (3S2 v. Chr.).
Ihre Blüte erreichte die Geometrie mit Euklides (304 V. Chr.), der sie in Alexandria unter Ptolemaus in neue Bahnen lenkte. Der nächste Ptolemaer, Philadelphus, war General Master Mason und errichtete Das fünfte Weltwunder, den Leuchtturm von Pharos (256 v- Chr.). Wir sind auch verpflichtet zu glauben, daß auch die afrikanischen Völker bis an die Küste des Atlantischen Ozeans sich eifrig mit Baukunst beschäftigten, wenn hier auch genaue Überlieferungen fehlen.
Nicht zu vergessen Sizilien, wo der berühmte Geometer Archimedes lebte (2I2 V- Chr.), der bedauerlicherweise bei der Einnahme von Syrakus erschlagen worden ist. Denn von hier aus lernten die Römer die Baukunst kennen. Augustus Cäsar war Großmeister der Loge von Rom, Vitruvius war sein Berater.
Mit den Römern kam die Baukunst auch nach Ultima Thule, und in jeder römischen Garnison bestand schließlich eine Loge. Wenn auch die Kelten, Galen und Briten schon eigene Bauwerke hatten, so kam doch jetzt erst der Geist der Maurerei in diese Länder. Aber die Goten und Vandalen zerstörten die Baukunst in Europa, ebenso wie die Mohammedaner in Asien und Afrika. Mit dem Christentum bekehrten sich auch die bisher kriegerischen und heidnischen Stamme Englands zur Maurerei. Karl Martell, König von Frankreich, sandte ihnen kundige Bauleute (74I).
So wurde hier die gotische Baukunst gefördert. Trotzdem die Dänen ins Land fielen, konnte sich der augusteische Stil wohlentwickeln. Nach der Vertreibung der Dänen und Sachsen blühte die gotische Baukunst unter Wilhelm dem Eroberer und seinem Sohne Wilhelm Rufus wieder auf (A. D. I666).
Auch die späteren Kriege konnten sie nicht aufhalten. Denn König Edward III. hatte einen Free Mason namens Henry Yevelle, der ihm mehrere Abteien baute. König Eduard IV. schrieb eigenhandig allgemeine Verordnungen, die sich auf jene Satzungen bezogen, die König Athelstan, der erste gesalbte König Englands (930 A. D.), der Enkel Alfreds des Großen, als Konstitution für die englischen Logen der working Masons erlassen hatte.
Sein jüngster Sohn Prinz Edwin veranlasste König Athelstan zur Erlassung eines Freibriefes für die Maurer und die Erlaubnis, Jahresversammlungen abzuhalten. Besagter Prinz berief alle Maurer nach York, wo er eine allgemeine Loge hielt, deren Großmeister er war. Und diese Versammlung gab sich eine neue Verfassung nach den alten Gesetzen, die Prinz Edward vorgelegt hatte.
Diese alten Verfassungen wurden von König Heinrich VI. bestätigt. In seiner Jugendzeit war er wohl gezwungen, infolge von Unregelmäßigkeiten diese Akte zu widerrufen, aber als er später von den Maurern angegangen wurde, überprüfte er die alten Satzungen und bestätigte sie von neuem und zeigte sich den Maurern sehr geneigt. Auch die Könige von Schottland erwiesen ihnen manche Huld.
Daher rührt der alte Trinkspruch der Maurer: "God bless the King and the Craft." Die Förderung durch Adelige und Geistliche setzte die Maurer in die Lage, einen Großmeister einzusetzen, der vom Könige Gehalt bezog. Die Königin Elisabeth war den Maurern weniger gewogen. Es kränkte sie, daß sie nicht Maurer werden konnte wie Semiramis und Artemisia.
Daher förderte sie andere Künste, nicht aber die der Maurer. Aber ihr Nachfolger, Jakob VI. von Schottland, war ein "Mason King", er war auch der erste, der die römische Architektur von den Resten gotischer Unkenntnis befreite. Und so wurde im XV. und XVI. Jahrhundert der augusteische Stil wieder zu Ehren gebracht, nicht zuletzt durch Bramante, Barbaro, Sansovino, Sangallo, Michel Angelo, Raphael Urbino, Gulio Romano, Serglio, Labaco, Scamozzi, Vignola u. a. Besonders aber durch den großen Palladio, dem in England der Großmeister Inigo Jones nacheiferte. K
König Karl I. war ebenfalls ein Freimaurer und begünstigte Mr. Jones. Leider wurde er durch die Bürgerkriege abgelenkt. Nach der Rückkehr der königlichen Familie wurde auch die echte Maurerei wieder eingesetzt. Nach dem großen Brand von London (I666) wurden viele neue Gebäude errichtet. So die St.-Pauls Kathedrale, Das Chelsea College, der königliche Palast in Greenwich u. v. a. Wir haben Veranlassung, anzunehmen, daß König Karl II. ein Accepted Free Mason war.
Sein Baumeister war Sir Christopher Wren. Unter der Regierung Jakobs II. verfielen die Londoner Logen, trotzdem noch manche römische Bauten errichtet wurden. Aber nach der Revolution (I688), als König Wilhelm, der von vielen als Freimaurer bezeichnet wird, den Thron bestieg, lebte die Freimaurerei wieder auf. Und der gegenwärtige Monarch, König Georg, gibt den Maurern manche Gunstbeweise. Man müßte viele Bände füllen, um zu beschreiben, welch mächtigen Einfluß die Maurerei von Beginn der Welt ausgeübt hat.
Man könnte auch nachweisen, dass die Orden der wehrhaften Ritter, ebenso die religiösen, manchen Gebrauch von dieser alten Brüderschaft der Freimaurer entlehnt haben. Jetzt genießt die freie britische Nation die Fruchte des Friedens und der Freiheit, hat die absterbenden Logen wieder belebt und London ist ebenso wie Paris aufgeblüht.
Viele Edelleute und Ehrenmänner, Geistliche und Gelehrte haben sich angeschlossen und haben die Pflichten angenommen, tragen die Abzeichen eines Freimaurers unter unserem gegenwärtigen würdigen Großmeister, dem vieledlen Prinzen Johann Herzog von Montague. Diese Chronik ergänzt Anderson in der Konstitutionsausgabe von I738 mit folgenden auf die Gründungsgeschichte bezüglichen Stellen: "König Georg I. hielt am zo. September I7I4 einen höchst glanzvollen Einzug in London, und als der Aufstand im Jahre I7I6 voruber war, hielten die wenigen Logen in London, da sie sich von Sir Christopher Wren vernachlassigt fanden, es für zweckmäßig, unter einem Großmeister, als dem Mittelpunkte der Einigkeit und Harmonie, sich fest zu verbinden, nämlich die Logen, die sich versammelten
- 1. in der Bierschenke ,Gans und Bratrost', St. Pauls Kirchhof,
- 2. in der Bierschenke ,Krone' in der Parkstraße, nahe der Drurystraße,
- 3. im Wirtshause ,Zum Apfelbaum' in der Karlstraße, Covent Garden,
- 4. im Wirtshause ,Zum Römer und zur Traube' in der Kanalstraße, Westminster.
Sie und einige isolierte Brüder versammelten sich in dem genannten Apfelbaum, und nachdem sie den altesten Meister in den Stuhl gesetzt, konstituierten sie sich als eine Große Loge pro tempore in gehöriger Form und riefen sie sofort durch eine Sitzung der Beamten wieder ins Leben und beschlossen, die Jahresversammlungen und Das Jahresfest zu halten und dann einen Großmeister aus ihrer Mitte zu wählen, bis sie die Ehre eines adeligen Bruders an der Spitze haben wurden. In Übereinstimmung damit wurde am Tage St. Johann d. T. im dritten Jahre der Regierung König Georgs I. Anno Domini I7I7 die Versammlung und Das Fest der Freien und Angenommenen Maurer abgehalten in der besagten (Loge) ,Zur Gans und zum Bratrost', nunmehr übersiedelt in Das Bierhaus ,Zum Königswappen' in St. Pauls Kirchhof. Vor dem Essen schlug der älteste Meistermaurer als Vorsitzender eine Liste von Kandidaten vor. Und die Brüder wählten durch Handmehr Mr. Anthony Sayer, Gentleman, zum Großmeister der Maurer, der sodann von dem erwähnten ältesten Meister mit den Abzeichen seines Amtes und seiner Gewalt bekleidet und von der Versammlung gebührend beglückwünscht wurde, die ihm Verehrung erwies.'
Soweit Andersons Chronik. Ihre Unverläßlichkeit, auch in den letzten Angaben, ist wiederholt nachgewiesen worden. Sie enthält in der für ihn erreichbaren Zeit — alle Teilnehmer des Gründungsereignisses lebten noch - facts and fictions, Dichtung und Wahrheit. Es ist Chronik, nicht Geschichte, was uns Anderson überliefert hat. Wer den braven Reverend ganz verwirft, tut ihm unrecht. Und wer ihn vollkommen ernst nimmt, geht irre. Auch dieses ist Kennzeichen der chronistischen Geschichtsschreibung.