Die drei Schläge
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Die drei Schläge
Quelle: Bausteine: Eine Auswahl verschiedener, größtentheils maurerischer Dichtungen. Vorgetragen in den verschiedenen Logan Berlins, vornehmlich bei der Mittwochstafel in der großen Landeslage von Deutschland, von Franz Grua, 1845 https://books.google.de/books?id=tow6AAAAcAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false
- Zurückgekehrt aus meines Tempels Hallen,
- Das Herz begeistert von der Weisheit Spruch,
- War noch mein Geist bei den Symbolen allen
- Der hohen Kunst — ich sah das heil'ge Buch,
- Den Zirkel, sah das Winkelmaas —
- sie glänzten im hellen Lichte —
- in der Kette stand Ich noch, der festgeschlossnen, unbegrenzten
- Und fühlte noch den Druck der Bruderhand.
- Und manch' Geheimniß sucht' ich zu ergründen,
- Als ich so einsam träumend, sinnend lag,
- Der heil'gen Dreizahl Deutung aufzufinden,
- Vor allem in des Meisters Hammerschlag —
- Zwei Schläge, die rasch auf einander tönen
- Und dann des Hammers dritter, schwerer Fall,
- Der nach sich läßt ein bebend kurzes Dröhnen,
- Geheimnißvollen, dumpfen Wiederhall!
- Und so in ernsten, sinnenden Gedanken
- Entschlummert' ich. — Allein der Geist blieb wach
- Und sehnte sich aus seines Körpers Schranken
- Und strebte heimathlichem Lichte nach.
- Und stark und stärker dehnt er seine Schwingen
- Und riss die Fessel, die ihn band, entzwei,
- Ließ Leib und Seele mit der Trägheit ringen,
- Und schwang empor sich bodenlos und frei.
- Und freute sich des Lichts der ew'gen Sonnen
- Und schwelgte wieder in den Melodien Des Himmels,
- deren unnennbare Wonnen Beseligend in jenen Räumen zieh'n,
- Und sah die Schaaren der verklärten Geister,
- Sah wieder auch, der sel'gen Ehrfurcht voll,
- Ihn Selbst, den hocherhab'nen Weltenmeister,
- Aus dessen Thron das ew'ge Urlicht quoll.
- Doch auch zur Erde wandt' aus jenen Höhen
- Sich dann sein Blick. Denn wie sie auch sich klein
- Und düster nur von dort herab läßt sehen:
- Doch richtet auch auf ihren matten Schein
- Das Auge sich der Sel'gen. Unbeachtet
- Bleibt auch der kleinste Theil der Schöpfung nicht,
- Und sei er noch so fern und tief umnachtet:
- Hindurch zu ihm dringt doch der Gottheit Licht.
- Des Geistes Blick durchdrang der Schatten Düster,
- Die lagerten auf unsrer Erdenflur,
- Mit geist'gem Ohr vernahm er das Geflüster
- Des Odemzugs der schlummernden Natur.
- Und Manches, was sich unbedeutend zeigte
- Sonst hier und da wohl auf dem Erdenrund,
- Das that sich, wie sein Blick es jetzt erreichte,
- Ihm deutungsvoll und hocherhaben kund.
- Da hört' in eines Maurertempels Hallen,
- Wo treuer Brüder Kreis vereint noch war,
- Den Schlag des Hammers plötzlich er erschallen
- In heil'ger Dreizahl — aber — wunderbar! —
- Des dritten, schweren Hammerschlages Dröhnen
- Verhallte nicht, wie sonst — es stieg empor
- Gen Osten, ward zum hocherhabnen Tönen
- Und floß melodisch in der Sel'gen Chor. :
- Und plötzlich hatte er den Sinn gefunden
- In den drei Schlägen und es ward ihm klar,
- Was ihm so oft in sinnend ernsten Stunden
- Nur noch geheimnissvolle Ahnung war.
- Zwei Schläge, die rasch auf einander tönen,
- Sie deuten an das irdische Entsteh'n
- Und Sein. Der letzte Schlag mit schwerem Dröhnen
- Er ist des Daseins Ende, das Vergeh'n.
- Rasch, wie Momente, eilt des Menschen Leben,
- Erschütternd naht der letzte Augenblick.
- Doch seines schweren Schlages dröhnend Beben
- — Dem Geiste hallt harmonisch es zurück.
- Dem reinen Sinn ist nicht der Klang verborgen,
- Der aus dem Dröhnen wundersam empor,
- Empor steigt zu dem ew'gen, lichten Morgen:
- Doch nur den Schlag vernimmt ein ird'sches Ohr.