Fernando Pessoa

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Best.-Nr.: 3-86660-001-1 Aus dem Englischen und Portugiesischen von Markus Sahr mit 11 Faksimiles Fernando Pessoa schreibt, indem er seine Quellen wiederschreibt. Um die Vision eines Messianismus zu stützen, zitiert er den Schuhmacher Bandarra und die Knittelverse, die er in der Nationalbibliothek las; er zitiert Padre António Vieira und die Lehre vom Fünften Imperium und den Drei Weltzeitaltern ... Wie Lessing versucht auch Pessoa, in der jüdischen Religion einen zivilisatorischen Archetypus zu sehen: ein Zeichen des Fortschritts der menschlichen Spezies, auf dem Weg vom groben Polytheismus zum Monotheismus. Was die Religion Christi anbelangt, so unterscheidet er sie nachdrücklich vom päpstlichen Katholizismus, dem er abschwört zugunsten von etwas seiner Realität und seinem Geheimnis nach Größerem. "Kierkegaard und Pessoa waren, abgesehen von den äußeren Umständen ihrer Biografien, vor allem Zeugen - und zugleich die theologische, philosophische und poetische Verkörperung - des Werteverfalls ihrer Zeit, der bis jetzt anhält. Diese Krise ist allen westlichen Ländern gemeinsam, obwohl sie in jedem Land eine spezifische Ausprägung annimmt hinsichtlich der lokalen Bedingungen, der geschichtlichen Traditionen, der gegenwärtigen Hoffnungen oder Wünsche." (Joel Serrão)

Fernando Pessoa

Quelle: Wikipedia


Fernando Pessoa [fɨɾˈnɐ̃du pɨˈsoɐ] (* 13. Juni 1888 in Lissabon; † 30. November 1935 ebenda), eigentlich Fernando António Nogueira de Seabra Pessoa, war ein portugiesischer Dichter, Schriftsteller, Angestellter eines Handelshauses und Geisteswissenschaftler. Er verfasste seine Werke hauptsächlich unter den drei Heteronymen Alberto Caeiro, Ricardo Reis, Álvaro de Campos und dem Halb-Heteronym Bernardo Soares. Weitere Heteronyme Pessoas waren die Brüder Charles James und Alexander Search.

Pessoa gilt nach Luís de Camões als bedeutendster Lyriker Portugals; er ist einer der wichtigsten Dichter der portugiesischen Sprache und gehört zu den bedeutendsten Autoren des 20. Jahrhunderts.

Fernando Pessoa war Freimaurer.

Leben

Pessoa war fünf Jahre alt, als sein Vater an Schwindsucht starb. Die Mutter heiratete zwei Jahre später den portugiesischen Konsul in Durban/Südafrika. Dort verbrachte Pessoa einen Großteil seiner Jugend und kam so mit der englischen Kultur in Kontakt. Mit 17 Jahren kehrte er in seine Geburtsstadt Lissabon zurück und studierte Literaturwissenschaft. Später war er als Handelskorrespondent tätig und führte bis zu seinem Tod ein unauffälliges Leben.

Eine Eigentümlichkeit des Autors Pessoa ist der Gebrauch von Heteronymen. Diese stehen, im Unterschied zu üblichen Pseudonymen, für verschiedene fiktive Autoren mit eigenen Biographien, eigenen Schreibstilen, Themen, Motiven und philosophischen Kontexten. Der englische Übersetzer Pessoas, Richard Zenith, zählt 72 verschiedene Namen, wobei nicht immer klar wird, welche davon für Heteronyme stehen und welche Pseudonyme sind – entweder für Pessoa selbst oder für eines der Heteronyme.

Die drei wichtigsten Heteronyme sind Alberto Caeiro, Álvaro de Campos und Ricardo Reis. Pessoa beschreibt die drei folgendermaßen:

„Ricardo Reis wurde 1887 in Porto geboren (ich erinnere mich nicht an Monat und Tag, aber irgendwo habe ich die Daten); er ist Arzt und gegenwärtig in Brasilien. Alberto Caeiro wurde 1889 geboren und starb 1915; er kam in Lissabon zur Welt, lebte aber fast sein ganzes Leben auf dem Land. Er hatte keinen Beruf und fast keine Bildung. Álvaro de Campos wurde in Tavira geboren, am 15. Oktober 1890 (um 1:30 Uhr nachmittags […]). Er ist […] Schiffsbauingenieur (studiert in Glasgow), doch jetzt ist er hier in Lissabon ohne Tätigkeit.“

Álvaro de Campos, Ricardo Reis und auch Fernando Pessoa selbst bezeichnen Alberto Caeiro als ihren Meister. Das Schlüsselwerk für die drei ist Alberto Caeiros O Guardador de Rebanhos (Der Hüter der Herden). Hierbei handelt es sich um einen Gedichtzyklus, der in Anlehnung an die Thematik der Hirtendichtung eine von Pessoa, Campos und Reis als Paganismus bezeichnete Philosophie vorträgt.

Ricardo Reis folgt diesem Paganismus in Form eines klassizistischen Neuhellenismus. Seine Gedichte, die er als Oden bezeichnet, sind stark rhythmisiert. Álvaro de Campos ist weniger an eine äußere Form gebunden; seine Gedichte sind oft ohne festen Rhythmus, doch finden sich auch einige Sonette. Thematisch beziehen sie sich auf ein urbanes Umfeld und präsentieren ihr Lyrisches Ich oft als gescheitertes Genie, z. B. in dem berühmten Gedicht Tabacaria (Tabaksladen). Für ihn wie für Fernando Pessoa selbst ist v. a. der Okkultismus das Bindeglied zu Caeiros’ Paganismus.

Die Beziehung der vier zueinander (Pessoa selbst mit eingeschlossen) ist nicht einfach zu entschlüsseln. Dies liegt z. T. an der komplexen, oft widersprüchlich erscheinenden Struktur der Texte. So ist der erste Satz des Zyklus Der Hüter der Herden: Ich habe nie Herden gehütet. Es liegt aber auch an den oft irreführenden Kommentaren, die Pessoa über die Heteronyme hinterlassen hat. So sagt Pessoa über den Schreibstil der drei:

„[…] Caeiro schrieb schlecht Portugiesisch, Campos akzeptabel, aber mit Lapsus wie ‚ich selber‘ anstatt ‚ich selbst‘ etc. Reis schreibt besser als ich [!], aber mit einer Reinheit, die ich übertrieben finde.“

Unter Pessoas Mitwirkung inszenierte Aleister Crowley Ende August 1930, nachdem ihn seine Geliebte Hanni Jaeger verlassen hatte, seinen vorgetäuschten Selbstmord in der Nähe von Cascais, am „Boca do Inferno“.

Pessoa sprach dem Alkohol stark zu, rauchte gern und starb an den Folgen einer Leberzirrhose.Seinen letzten Satz hatte er auf Englisch niedergeschrieben: I know not what tomorrow will bring… (Ich weiß nicht, was der morgige Tag bringen wird). Seit 1985 befinden sich seine Gebeine im portugiesischen Nationalheiligtum, dem Hieronymus-Kloster in Belém. Auf seinem Grabmal sind Verse von Caeiro, Reis und Campos eingelassen, aber keiner von Pessoa. Das Zitat von Alvaro de Campos auf der Stele lautet:

„Nein: ich will nichts. Ich sagte bereits, dass ich nichts will. Kommt mir nur nicht mit Schlussfolgerungen! Die einzige Schlussfolgerung ist der Tod.“

Werk

Pessoa wurde zu Lebzeiten nur von wenigen Freunden als Dichter geschätzt und anerkannt. Die meisten seiner Manuskripte landeten unveröffentlicht in einer Truhe. Als er starb, umfasste sein Werk über 24.000 Fragmente. Neben Prosa und Dichtungen gehören dramatische Skizzen sowie politische und soziologische Schriften zu einem epochalen Nachlass, der immer noch nicht vollständig redigiert und veröffentlicht ist.

Pessoa begann seine schriftstellerische Tätigkeit, indem er Gedichte in englischer Sprache schrieb und englische Gedichte ins Portugiesische übersetzte. Es folgten Gedichte in portugiesischer Sprache in mehreren Zeitschriften. Schließlich gründete Pessoa (mit Mário de Sá-Carneiro) selbst die Zeitschrift Orpheu.

Das Buch der Unruhe (Livro Do Desassossego) gilt als seine wichtigste Prosa-Arbeit. Pessoa sammelte etwa ab 1913 bis 1934 tagebuchartige Reflexionen und Beobachtungen, die er auf Zetteln und in Notizbüchern niederschrieb. Er beabsichtigte bereits zu Lebzeiten, diese Notizen unter dem Titel Buch der Unruhe zu veröffentlichen. Doch erst 47 Jahre nach seinem Tod erschien 1982 eine erste Ausgabe. Die aktuelle Ausgabe enthält 481 in sich geschlossene Abschnitte, die Pessoa zumeist auf einen Wurf hin gelangen.

Es ist von dichter, poetischer Genauigkeit der Darstellung und handelt überwiegend von der Wahrnehmung und Beschreibung subtiler Dinge des Alltags und des Daseins überhaupt. In seiner intellektuellen Brillanz und Überlegenheit ist es nicht ohne Traurigkeit und Kälte.

Aleister Crowley

Pessoa war mit Aleister Crowley befreundet und verfasste unter diesem Eindruck eine Anzahl politischer und esoterischer Schriften, die ihn als radikal antidemokratischen Denker mit stark messianistischen Zügen ausweisen.

Einfluss

Fernando Pessoa gilt heute als einer der großen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts und ist für viele portugiesische Literaten zur Vaterfigur geworden.

Der Nobelpreisträger José Saramago widmet sich dem Autor in seinem Roman O Ano da Morte de Ricardo Reis (dt. Das Todesjahr des Ricardo Reis). In deutscher Sprache haben der schweizerische Ammann Verlag, der Fischer Taschenbuch Verlag und der Verlag Klaus Wagenbach Bücher von Pessoa herausgebracht.

1992 wurde an sein Lebenswerk anknüpfend die Universität Fernando Pessoa gegründet; 1996 erschien als erste deutschsprachige Pessoa-Biografie eine Übersetzung von Ángel Crespos La vida plural de Fernando Pessoa.

In den letzten Jahren erschienen zwei Sammlungen seiner politischen Schriften, die von Brunello De Cusitas herausgegeben wurden. Die erste Sammlung, Scritti di sociologia e teoria politica, enthält Schriften, die Pessoa noch zu Lebzeiten veröffentlichte. Die zweite Sammlung, Roma: Settimo Sigillo (1994), enthält die unveröffentlichten Schriften.

Werke

  • [Alberto Caeiro]. Poesias – Poesie. Ammann, Zürich 2004, ISBN 3-250-10451-5.
  • [Álvaro de Campos]. Dichtungen. Ammann, Zürich 2007, ISBN 978-3-250-10454-4.
  • [António Mora]. Rückkehr der Götter. Ammann, Zürich 2005, ISBN 3-250-10452-3.
  • Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares. Ammann, Zürich 2003, ISBN 3-250-10450-7.
  • Ein anarchistischer Bankier. Fischer, Frankfurt 2003, ISBN 3-8031-1105-6.
  • Faust. Eine subjektive Tragödie; Fragmente und Entwürfe. Ammann, Zürich 1990, ISBN 3-250-10136-2.
  • Lissabon. Was der Tourist sehen sollte. TFM – Verlag Teo Ferrer de Mesquita, Frankfurt 1995, ISBN 3-925203-42-7.
  • Mein Lissabon, Was der Reisende sehen sollte. Ammann, Zürich 2001, ISBN 3-250-30007-1.
  • Mensagem – Botschaft, 1935

[Ricardo Reis]. Oden. Ammann, Zürich 2005, ISBN 3-250-10453-1.

  • Juden und Freimaurerei. Essay. Edition Erata, Leipzig 2006, ISBN 3-86660-001-1.
  • Genie und Wahnsinn. Schriften zu einer intellektuellen Biographie. Ammann, Zürich, 2010, ISBN 978-3-250-10456-8.
  • 144 Vierzeiler. Ammann, Zürich, 1995, ISBN 3-250-10221-0.
  • Fernando Pessoa. Dokumente zur Person und ausgewählte Briefe. Ammann, Zürich, 1988, ISBN 3-250-10112-5.
  • Wenn das Herz denken könnte. Sätze aus dem Gesamtwerk, zusammengestellt von Marie-Luise Flammersfeld und Egon Ammann. Ammann, Zürich 2006, ISBN 3-250-25001-5.
  • Er selbst. Poesia -Poesie, S. Fischer, Frankfurt am Main 2014, ISBN 978-3-10-010132-7.