Ferrer
Ferrer, Francisco
Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)
Spanischer Lehrer und Revolutionär,
* 1859, erschossen am 13. Oktober 1910 im Fort Montjuich, war Freimaurer.
Ferrer, Mitglied einer Pariser Loge, gehörte zu dem Kreis der revolutionären Bewegung. Er war allerdings weniger Politiker als Pädagoge. Er erkannte, dass unter dem herrschenden System keine Möglichkeit war, seine Schule des Rationalismus durchzusetzen. Deshalb wurde er Revolutionär, weil er in einer republikanischen Staatsform den geeigneten Boden für seine Reformtätigkeit erhoffte. Der Umstand, dass er mit Revolutionären Umgang hatte, wurde ihm zum Verderben. Bei den Hochzeitsfeierlichkeiten des spanischen Königspaares fiel beim Einzug in Madrid eine Bombe, wobei aus dem Gefolge einige Personen getötet, bezw. verwundet wurden.
Der Täter war ein früherer Lehrer an einer der Ferrerschen Schulen. Ferrer wurde als der Tat mitverdächtig verhaftet. Nach dreizehnmonatiger Untersuchungshaft wurde er vor ein ordentliches Gericht gestellt, das ihn freisprach. Gewisse Kreise der Kirche hatten die Aburteilung vor einem Kriegsgericht gefordert. Aber der Widerhall, den die Verhaftung Ferrers in Europa gefunden hatte, ließ es der spanischen Regierung doch nicht rätlich erscheinen, Ferrer vor ein Kriegsgericht zu stellen. Wahrend der Verhaftung waren seine Schulen geschlossen.
Erst nach langen Verhandlungen durfte Ferrer nach seiner Freilassung die Schulen wieder öffnen. Er selbst hielt sich von nun an vorwiegend in Paris auf, wo er in steter Verbindung mit republikanischen Kreisen war. In der Zwischenzeit war in Spanien die Mißstimmung gegen die Regierung gewachsen. Es kam zu einem Generalstreik, der vor allem in Barcelona einen kirchenfeindlichen Charakter annahm.
Dort wurden Kirchen und Klöster in Brand gesteckt und Mönche und Nonnen verjagt. Da Barcelona der Hauptsitz der modernen Schule war, beschuldigte man Ferrer, der Organisator der Streikbewegung zu sein. Bei einem zufälligen Aufenthalt in Spanien, Ferrer besuchte seine todkranke Schwägerin, wurde er verhaftet und von einem ganz willkürlich amtierenden Kriegsgericht seiner Gesinnung, nicht einer Tat wegen zum Tode verurteilt. Nicht das geringste Indizium lag vor. Ferrer durfte sich nicht verteidigen, ebenso durfte er keine Zeugen, die seine Unschuld beweisen konnten, beibringen. Man verlas in der Verhandlung lediglich die Aussagen von Belastungszeugen aus der Voruntersuchung. Aber auch diese wussten nichts Positives; sie hatten nur gehört, Ferrer sei die "Seele des Aufstandes" gewesen. Am Tage vor der Hinrichtung wurde Ferrer in eine Zelle gebracht, die nach Art einer Kapelle eingerichtet war.
Die katholische Kirche wollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, eine Seele für sich zu retten. Aber Ferrer wies jeden geistlichen Beistand energisch ab. Stehend empfing er die tödliche Salve. Sein letzter Gruß galt seiner Schule: "Jungens trefft gut, Ich bin unschuldig. Es lebe die moderne Schule!" Ein einziger Schrei der Empörung ging durch die Welt. Den Zahllosen, die gegen die blutige Schmach dieser ungeheuerlichen Rechtsverletzung ihre Stimme erhoben, gesellten sich auch viele freimaurerische Körperschaften. Ferrer selbst erklärte, er habe seit zehn Jahren nur seinen Schulen, dem Unterricht, der Geistesbildung gelebt.
Als besonders belastend wurden die bei ihm aufgefundenen freimaurerischen Schriften sowie Schurz und Meisterband des G. O. de France bezeichnet, obgleich die Freimaurerei in Spanien seit 1789 gesetzlich anerkannt war. Allerdings stand im § 2 der damaligen Verfassung der spanischen Freimaurerei: "Die Grundsätze der Freimaurerei sind die allgemeine Moral und das Naturgesetz, vorgeschrieben durch die Vernunft und erklärt durch die Wissenschaft!" Das ohne den Schatten eines Beweises gefällte Todesurteil rief allgemeinste Entrüstung hervor, man hoffte allgemein, der König werde es nicht unterschreiben. Aber Alfons XIII. unterschrieb.