Frauen und Schwestern bei den Freimaurern

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Frauen und Schwestern bei den Freimaurern

Bearbeitung: Roland Müller

Frauen und Schwestern bei den Freimaurern

Allgemeines Handbuch der Freimaurerei.
Zweite völlig umgearbeitete Auflage von
Lenning’s Encyclopädie der Freimaurerei.
Erster Band. Leipzig: F. A. Brockhaus 1863, Seite 395.
Zweiter Band, 1865, S. 580.
Dritter Band, 1867, S. 274-276.

[weitgehend wörtlich, aber leicht gekürzt, auch in der Ausgabe 1900, 316]

Erster Band, S. 395

Frauen

sind von den Versammlungen der Freimaurer als eines Männerbundes ausgeschlossen. Dennoch liegt der Gedanke nicht fern, dass gerade die Frauen geeignet wären, an den freimaurerischen Arbeiten theilzunehmen, da das Reinmenschliche ihnen so nahe liegt und da der hohe und milde Geist des Bundes ihnen besonders ansprechend erscheinen und bildend auf sie einwirken würden.

Nichtsdestoweniger werden die Frauen von der Loge ferngehalten. Wie sie nicht zur Werkmaurerarbeit herangezogen werden und nie herangezogen worden sind, so folgte die neugebildete Grossloge von England diesem Beispiele, wenn sie auch das Maurerhandwerk vergeistigt darstellte. Auch für diese Vergeistigung schien das weibliche Geschlecht noch nicht befähigt genug zu sein, das ja selbst der mehr denkende als fühlende Mann oft nicht genug Klarheit des Auges besitzt, um das Licht der Freimaurerei vertragen zu können.
Dazu kam das Geheimniss, welches die Sache des Bundes umgab und durch eine grössere Menge von Mitwissenden, besonders von Frauen, als gefährdet erscheinen musste.

Endlich aber ist ja der Bund gestiftet, eine innige herzliche brüderliche Freundschaft unter den Mitgliedern zu erzeugen; ist diese innige Freundschaft, auf Frauen übertragen, nicht in Gefahr, eine andere Gestalt anzunehmen? Durch die Theilnahme der Frauen würden die Logen gar bald ihre gute Meinung und ihren guten Ruf in der Aussenwelt verlieren, abgesehen von Streitigkeiten und Zwistigkeiten, welche unter den Frauen und Männern entstehen und das Band der Freundschaft und des Friedens zerreissen würden.

Demgemäss ist es als ein Werk hoher Weisheit zu preisen, dass die Frauenwelt von dem Bunde ferngehalten worden ist, wäre dies nicht geschehen, so würde er gewiss längst in Trümmer zerfallen sein.

Dies alles gilt nur in betreff regelmässiger Theilnahme der Frauen an den Arbeiten der Freimaurer; dagegen können sie sich recht wohl an ausserordentlichen festlichen Zusammenkünften betheiligen, wobei Gelegenheit geboten ist, die Frauenherzen für die Sache des Bundes zu erwärmen und dessen edlen Geist sie fühlen zu lassen. Solche ausserordentliche Festlichkeiten sind immer von besonderer Weihe und tiefernster Feierlichkeit umgeben und daher recht geeignet, einen desto grössern Eindruck hervorzubringen, und zwar um so mehr je seltener sie sind.

Derartige Festversammlungen, an denen auch Frauen Antheil nehmen, werden von verschiedenen Logen jährlich veranstaltet, z. B. zum Jahreswechsel, zu Christbescherungen und Confirmandenbekleidungen.

In einem nähern Verhältnisse zu den Mitgliedern stehen deren Bräute und Gattinnen, welche Schwestern (s. d.) genannt werden; ihnen zu Ehren werden zuweilen besondere Schwesternfeste (s. d.) gefeiert.

Eine regelmässige Versammlung der Männer und Frauen bezweckte der Mopsorden (s.d.), sowie auch die französische Maçonnerie d’adoption (s. d.), bei welcher aber auch eine freimaurerische Arbeit der Frauen ohne die Männer stattfindet.

[Angefügt 1900:
(Vgl. Journal für Freimaurer (Wien 1784), Heftl, S. 91fg. Z. 1894, S. 4L FZ. 1»Ö, S. 173.)
Entgegen dem Grundsatze, dass F. nicht in den Freimaurerbund Aufnahme finden können, ist dies doch geschehen mit Lady Aldworth (s. d.), Frau Beaten (s. d), Frau Faintraille (s. d.), Gräfin Helene Hadik-Barköczy (s. d.), Mrs. John Little (s. d.), Maria Deraismes (s. d.). (Vgl. L. 1896, S. 59, 117.) Die Frage, ob die Aufnahme einer F. gültig sei, ist dahin zu beantworten, dass, da die Aufnahme thatsächlich erfolgt ist, sie nicht ungeschehen gemacht werden kann, der F. aber nur die Pflicht der Verschwiegenheit obliegt, sonstige Pflichten dagegen so wenig als Rechte zustehen. (Vgl. Der Freimaurer, 1876, S.129.)]

Dritter Band, S. 274-276

Schwestern

werden in der Logenwelt die Gattinnen, Bräute und Witwen der Freimaurer genannt. Trotz dieses die nahe Beziehung zu den Brüdern bezeichnenden Namens werden die: Frauen (s. d.) dennoch von den Versammlungen der :Freimaurer fern gehalten, sodass sie nur bei ausserordentlichen Gelegenheiten die Loge besuchen.

Herder in „Adrastea“ in dem Gespräch zwischen Faust und Linda. über·die „Freimaurer“ erklärt und begründet das Fernbleiben der Frauen auf treffliche Weise.

„Linda: Es ist angenehm, sich eine geschlossene, das Wohl der Menschheit berathende, im Stillen wirkende Männergesellschaft zu denken, denen ihr Werk gewissermassen selbst ein Geheimniss sein muss, daran sie wie an einem endlosen Plan arbeiten.

Faust: Du siehst, warum dein Geschlecht von diesem berathenden und helfenden Bunde ausgeschlossen sein darf und sein muss. Zuerst weil ihr· einer solchen Sonderung menschlicher und bürgerlicher, Kirchen- und Staatspflichten nicht bedürft. Männer gehören dem Staat; in ihrem Beruf und Stande, ihrer bürgerlichen Pflicht und Lebensart sind sie mit so viel Banden und Rücksichten, in denen sich Blick und Herz verengt, umflochten, dass ihnen eine kleine Losschüttelung dieser Bande, eine Erweiterung des Gesichtskreises über ihre Berufsphäre unentbehrlich, mithin Erholung und Wohlthat wird. ‘Hier sind wir - mögen sie sich einander zusingen oder zusprechen - die täglichen Lebensfesseln abgelegt, Menschen.‘

Sie suchen also ein Paradies, das dein Geschlecht immer besitzt und nie verlieren darf, das jede Edle deines Geschlechts als ihr Kleinod bewahrt. In der bürgerlichen Gesellschaft seid ihr glücklicherweise nichts, ihr bedürft immer eines Vormunds. In der menschlichen hat euch die Natur ihre liebsten Keime, ihre schönsten Schätze anvertraut; ihr seid Kind, Jungfrau, dann werdet ihr Ehgenossen, die dem ausser dem Hause von Sorgen gedrückten, von Geschäften zerstreuten Mann im Hause ein Paradies, stille Einkehr in sich, Genuss seiner selbst und der Seinigen erschaffen sollen.

Dafür muss er für sich und euch die Lasten des bürgerlieben Lebens tragen. Als Erzieherinnen der Menschheit lebt ihr fortwährend im Paradiese, indess der Mann ausser demselben unter Dornen und Disteln den Acker baut. Ihr erzieht eure Kinder: Pflanzen, Blüten, Sprossen für die Nachwelt; das Geschäft erfordert Mühe, geht lange fort, lohnt sich aber reichlich; mit ihm ist euer Beruf schön umgrenzt.“

Demgemäss aber ergibt sich auch von selbst, dass die Schwestern in den Logen hochgeehrt sind, und dass da wiederholt die echt menschliche Ermahnung gehört wird: „Ehret die Frauen!“ Jedem Neuaufgenommenen wird dies bei Ueberreichung des Paars weisser Frauen-Handschuhe (s. d.) zugerufen. Bei jeder Tafelloge wird sodann in einem besondern Trinkspruche der Schwestern gedacht, sei es nun ernst oder scherzend, immer doch um die Würde und den Werth der Schwestern zu erheben. In mehreren Logen ist es Sitte, dass ein Bruder im Namen der Schwestern den Dank dafür ausspricht.

Um dieser Verehrung offenkundig Ausdruck zu geben, werden auch besondere Schwesternfeste (s. d.) und Schwesternlogen (s. d.) gefeiert. In neuerer Zeit hat man das weibliche Geschlecht mehr in die Logenwelt hereingezogen zum Theil zu geselligen Vergnügungen, bei welchen auch, wie in mehreren preussischen Logen , selbst der Tanz nicht ausgeschlossen ist, sowie zu Kränzchen, besonders während der Sommermonate; sodann aber auch zur Unterstützung bei wohlthätigen·Werken.

In dieser Beziehung können die Schwestern sehr segensreich wirken als wahre Gehülfinnen der Brüder: sie gründen z. B. einen Verein für arme Wöchnerinnen, Kinderbewahranstalten; sind thätig in Krankenhäusern, Pflegehäusern für verwahrloste Kinder, fertigen theilweise die Anzüge für Confirmandenbekleidungen und Weihnachtsbescheerungen.

Vgl. Lachmann, Wie betheiligen wir die Schwestern am Maurerwerke?“ (Freimaurerzeitung, 1860, Nr. 44), da heisst es:

“Dass es uns in mehrerer Hinsicht wünschenswerth sein muss, auch die Schwestern an der Maurerarbeit zu betheiligen, bedarf kaum eines Beweises: je mehr Gehülfen, je besser. Wir werden wol alle darin einig sein, dass es den denkenden Schwestern nicht genügen kann, wenn wir sie einige male im Jahre in unsern Räumen zusammenkommen lassen und sie mit Gesang und Musik, auch wol mit Tanz und Essen erfreuen, Schwesternfeste , selbst Schwesternlogen veranstalten, in denen wir ihnen Reden halten, um ihnen, so viel thunlich, mitzutheilen, was wir eigentlich wollen.

Der weibliche Charakter ist mehr fürs Handeln als fürs Denken eingerichtet: das wahre Weib überlegt nicht viel, aber es handelt und sein Thun pflegt praktisch, oft praktischer als das unserige zu sein.

Auch wird, wenn wir nicht blos reden, sondern sie selbst zum Handeln veranlassen, also ihnen aus eigener Erfahrung zeigen, was die Maurer unter dem Worte Arbeit verstehen, das nicht unbedeutend dazu beitragen, ihnen eine um so höhere Achtung vor dem Bunde einzuflössen und durch sie, da sie ja doch nicht schweigen können, auch, was sie erfahren, nicht verschweigen sollen, eine bessere Meinung von unserm Thun in diesen Hallen im Publikum zu verbreiten, wo man so noch manche irrige Ansicht von unserm Bunde zu haben scheint, unter denen die glimpflichste die sein möchte, dass wir zusammenkommen, nur um gut zu essen und zu trinken.

Dass, wenn wir von Schwesternarbeit sprechen, vorzugsweise von Wohlthätigkeits·Uebungen die Rede sein kann, versteht sich von selbst, aber mehrere solcher Anstalten, die durch sie, und besser durch die Frauen als nur durch Männer geleitet werden, weil auf Kinder und auf das weibliche Geschlecht das Weib weit passender einwirken kann als Männer – mehrere solche durch Schwestern unter unserer Oberleitung zu besorgende Anstalten wirken nicht blos auf Verbesserung des leiblichen Wohls, sondern unterstützen auch sehr stark unsern höchsten Zweck: Menschenbildung, Menschenveredlung.“

- Der Schwestern ist endlich von den Freimaurern dadurch in Liebe gedacht, dass beinahe bei den meisten Logen Witwen-·und Waisenkassen bestehen, aus denen den hinterlassenen Witwen der Brüder eine oft nicht unbeträchtliche Unterstützung zu Theil wird.

Zweiter Band, S. 580

Handschuh

Weisse Handschuhe erhält jeder Neuaufgenommene bei seiner Aufnahme; mit diesen hat er sich bei den festlichen und feierlichen Versammlungen zu bekleiden.

Bei derselben Gelegenheit empfängt der Neuaufgenommene auch ein Paar weisse Frauenhandschuhe, um sie, wenn er verheirathet ist, der Gattin als Zeichen der Achtung der Brüder zu überreichen; oder, wenn er noch nicht verheirathat ist, um dieselben aufzuheben, bis er eine Lebensgefährtin gefunden hat.

Dritter Band, S. 276

Schwesternfeste

sind festliche Versammlungen der Freimaurer, an denen sich die Schwestern (s. d.) betheiligen. Derartige Feste finden statt, z. B. beim Jahreswechsel, wo sich Brüder und Schwestern zu einem Festmahle versammeln und dabei sinnig und ernst dessen, was im Menschenleben flieht und bleibt, gedenken. Auch werden Schwesternfeste bei Ehejubelfesten der Brüder gefeiert. (Vgl. Kuhls , Scherz und Ernst für Schwesternfeste (Pr. Stargard, 1865).)

Schwesternloge

wird die maurerische ausserordentliche Arbeit genannt, bei welcher auch Schwestern zugegen sind. Bei der Schwesternloge sind die Brüder maurerisch bekleidet und die Versammlung ·wird in Formen abgehalten, welche dem gewöhnlichen Gebrauchthume ähnlich sind. Dabei ist es besonders bei den Vorträgen die Absicht, die Schwestern mit dem Wesen und Geiste, mit den Grundgedanken und Grundsätzen der Freimaurerei bekannt zu machen und sie dafür zu erwärmen. Auf die Arbeit folgt dann gewöhnlich ein Festmahl, sodass die Schwesternlogen grösstentheils auch als Schwesternfeste bezeichnet werden. (s. Maçonnerie d'adoption.)

nicht zu verwechseln mit:

Schwesterloge

ist die Bezeichnung, welche sich die zu Einem maurerischen System gehörigen oder wenigstens von einer und derselben Mutterloge constituirten Logen unter einander zu geben pflegen.

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Siehe auch