Freimaurerische Sprichwörter

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Freimaurerische Sprichwörter

Quelle: Freimaurerzeitung Nr. 15, 12. April 1890 (in Auszügen)


Es ist nun ebenso interessant wie höchst beachtenswert, dass auch die Freimaurersprüche dem Keime nach schon in den Sprichwörtern des Mittelalters enthalten sind, dass also schon lange ein freimaurerischer Geist in der Volksseele lebte, und wie viele unserer Sprüche das Volkssprichwort zur Grundlage haben, so werden sie auch von demselben wiederum gleichsam durchleuchtet. Es sind oft Variationen desselben Themas, Wiederholungen ähnlicher Gedanken in verschiedenen Formen und es rauscht ihnen von dorther immer wieder ein neuer Lebensquell wenn das Sprichwort von den Werkmaurern sagt:

  • "Ein guter Maurer verwirft keinen Stein" und
  • "Ein geschickter Maurer bringt jeden Stein auf den besten Platz", so lässt sich das auch auf die geistige Maurerei, auf die Arbeit am rohen Stein anwenden.

Stärke

Das Sprichwort:

  • "Wenn eine Säule bricht, fällt der ganze Bau", mag uns wohl an die 3 Säulen erinnern, worauf unser Bau ruht. Im Sprichwort heisst es:
  • "Weisheit, Kunst und Stärke, erbitt' von Gott zum Werke" und wir hören über die Stärke:
  • "Willst Du stark sein, so merke Deine Schwächen." -
  • "Der ist stark, der seine Gedanken und Begierden zwingen kann."

Ferner:

  • "Gott hilft dem Stärksten", d. h. Gott ist mit Demjenigen, der seine Sache tüchtig angreift. Lebt das Bewusstsein in uns, es ist ein göttliches Werk, das wir betreiben, dann ist es, als käme der heilige Geist in unsere Seele

herab und erfüllt uns mit Mut und Vertrauen, mit Stärke.

Es ist ein sehr altes Sprichwort:

  • "Willst Du stark sein, so überwinde Dich selbst." -
  • "Sich selbst bezwingen oder sich selbst beherrschen ist der grösste Sieg.

Damit hängt auch zusammen:

  • "Wer überwinden will, der lerne vertragen", d. h. wer stark sein will, muss verträglich sein; wer die Kraft der Verträglichkeit besitzt und die Stärke des Überwindens, der hat Freude am Leben, erkennt das Schöne daran und ist froh.

Und Schön ist, was uns schöner, weiser, stärker, besser macht.

Ein anderes Sprichwort lautet:

  • "Stärke wehrt, Gerechtigkeit ehrt, Weisheit regiert, Mässigung ziert."

Weisheit und Selbsterkenntnis

Sehr reich ist der Sprichwörterschatz über die Weisheit und wir 'können darin wirklich den Stein der Weisen suchen. -,

So heisst es:

  • "Weisheit lässt sich finden von denen die sie suchen. -
  • "Der Weise lernt, so lange er lebt." -
  • "Wer mit Weisen umgeht, wird weise." -
  • "Der Weise verachtet nicht die so unter ihm und hasst nicht die, welche über ihm sind." -
  • "Ein Weiser ist daheim, wohin der Wind ihn weht", d. h. wohin auch der Zufall ihn führt, er findet sich Überall in Menschen und Sitten. -

Weiter:

  • "Die beste Weisheit die man findet, ist, dass sich einer selber kennt", oder im Mhd.:
  • "Wer sich selbst erkennen kann, der ist ein weiser Mann." -
  • "Wo Weisheit einzieht, da wohnt Gott." -,
  • "Die Weisen sind das Licht der Welt." -
  • "Die Weisheit ist ein Johanniswürmchen, das in der Finsterniss leuchtet" -

Im Froschmäuseler steht:

Das ist Weisheit, dass man nicht sehe
Was einen für die Füssen stehe,
Sondern was künftig ist hernach,
Was für Ausgang folg' in der Sach'!

Weisheit und Schweigen

  • "Zur rechten Zeit reden und auch schweigen können ist wahre Weisheit." -
  • "Der Weise sagt nicht alles, was er denkt, aber er denkt alles, was

er sagt." -

  • "Der Weise hat seinen Mund im Herzen und der Narr das Herz im Munde," -
  • "Weise ist, wer seinen Mund schließt," -
  • "Bist Du weis´, so schweig."

Von der Verschwiegenheit wird noch gesagt:

  • "Schweigen ist Kunst und bringet Gunst.",

ferner:

Rede wenig, rede wahr,
Zehre wenig, zahle baar,
Fürchte Gott und sei verschwiegen,
Was nicht dein ist, das lass' liegen.

Das Sprichwort, liebt es öfter, sich in Reimen auszudrücken und verschiedene Lebensregeln in scharf bestimmten, kurzen Sätzen zusammen zu stellen. So gibt es über die Weisheit noch einige Reimsprichwörter:

  • "Die Weisheit nur aus reinem Herzen schaut, wer Unrecht tut, hat ihr den Weg verbaut."

ferner:

Das sind die Weisen, die durch Irrtum zur Wahrheit reisen,
Die im Irrtum verharren, das sind die Narren.

Endlich:

"Willst du nach Künsten graben, so sollt du weysheyt lieb haben,
Denn weysheyt, als man liest, aller Künste Mutter ist.

Kunst und Künste

Es ist ein altes Sprichwort:

  • "Die Weisheit ist aller Künste Meister" (oder Mutter).

Über die Kunst belehrt uns das Sprichwort:

  • "Jede Kunst muss gelernt werden." -
  • "Übung bringet Kunst", da nämlich jede Kunstfertigkeit das Werk der Übung ist.

Ferner:

  • "Jede Kunst erfordert den ganzen Menschen." -
  • "Es ist eine Kunst über alle Künste, seine Kunst bergen zu können." -
  • "Die Kunst ist lang, das Leben kurz," d. h. für die Spanne Zeit ist des zur Lernenden viel, die Kunst ist aber das, was über das Gewöhnliche hinausgeht. Doch was Gott schickt, ist alles Mittel dazu, wenn wir die Kunst der Anwendung verstehen. Aber als höchste Kunst bezeichnet das Sprichwort:
  • "Die schwerste Kunst ist sich selber kennen" oder
  • "Sich selbst kennen ist die grösste Kunst." Freilich "Nicht Kunst, noch Fleiss, noch Arbeit schützt, wenn Gott der Herr den Bau nicht nützt." Und, wenn in der Lebenskunst obenan die Zufriedenheit steht, so sagt ein Reimsprichwort darüber:
Zufrieden sein ist grosse Kunst,
Zufrieden scheinen grosser Dunst,
Zufrieden werden grosses Glück,
Zufrieden bleiben Meisterstück.

Lehrling, Geselle und Meister

Auch über die drei alten Grade: Lehrling, Gesell und Meister, giebt es zahlreiche Sprichwörter, als da sind:

  • "Es wollen viele Meister, aber wenig Lehrlinge sein."

Man muss aber Lehrlings- und Gesellenjahre durchgemacht haben, ehe mans zur Meisterschaft bringt. Das Sprichwort sagt:

"Der Lehrjunge ist kein Meister," freilich

  • "Aus Lehrjungen werden Meister" und "Gute Lehrlinge werden gute Meister;" aber
  • "Es gibt mehr Lehrlinge als Meister" und
  • "Es giebt mehr Gesellen als Meister." -
  • "Wie der Gesell', so der Lehrbub'."

Wo noch Lehrlingsthun und Gesellenverirrungen , ist der Meister noch nicht herangebildet.

  • "Übung macht den Meister," d. h. die Kunstgriffe können nur durch Übung erlernt

werden.

  • "Kein Meister wird geboren," nämlich er wird es erst durch Fleiß und Übung. Und er muss sich immer weiter vervollkommnen.

Das Sprichwort lehrt: "Es ist kein Meister so vollkommen, es gibt für ihn noch zu lernen."

Ein altes Sprichwort lautet::

  • "Der Meister hat die Kunst ergriffen: Dreimal drei ist neun," und
  • "Den Meister ehrt seine Kunst." -
  • "Dem Meister bleibt doch seine Kunst, ob ihn schon das Glück versagt

sein' Gunst." -

Endlich:

  • "Wenn der Meister tot ist, hat der Hammer Feierabend," aber das Sprich-

wort sagt auch:

  • "Wenn der Meister stirbt, geht seine Kunst nicht verloren."

Gottesfurcht, Rechtschaffenheit und Menschenliebe

Weiter gibt es eine Anzahl Sprichwörter über Gottesfurcht, Rechtschaffenheit und Menschenliebe.

  • "Gottesfurcht ist der Weisheit Anfang." -
  • "Rechtschaffenheit ist eine Mauer, die das Wasser nicht verzehrt und kein schwer Geschütz zerstört." -
  • "Es ist besser recht tun und übles von sich reden lassen, als unrecht tun und gelobt werden." -
  • "Tue recht und scheue Niemand," nämlich wer recht tut, Gerechtigkeit übt gegen Jedermann, der hat keinen Menschen zu fürchten. Wer recht tut, hat Tatkraft und Einsicht, und ein guter Verstand und ein edler Wille wird sich überall durchhelfen.

Ein anderes Sprichwort lautet:

  • "Bei Rechttun ist alle Stund' gut sterben."

Die Rechtschaffenheit verlangt auch: "Was du nicht willst, das dir geschieht, das tu' auch einem Andern nicht."

Wohl heisst's im Sprichwort:

  • "Die Welt wäre schon gut, wenn nur die Menschen was nutz wären," aber wir sollen die Menschen nicht tadeln, sondern uns selbst bessern und unsere Umgebung durch unser Vorbild. Wie viele Kräfte wir haben, so viele Werkzeuge hat uns Gott gegeben, damit wir froh und glücklich sein sollen in seiner Welt und auch unsere Mitmenschen froh und glücklich machen".

Die Menschenliebe schreibt im Sprichwort vor:

  • "Wem es wohl gehet, gedenke Derer, denen es übel gehet, und ein anderes Sprichwort mahnt:
  • "Die aus Liebe geben, bringen Sonnenschein in's Leben." -

Wir sollen unsere Nächsten als unsere Brüder betrachten, und das Sprichwort sagt:

  • "Mein Bruder ist, wer handelt wie ein Bruder."

ferner:

  • "Unter Brüdern nimmt man es nicht so genau."

Es soll sich auch keiner über den andern erheben und sich für besser halten.

  • "Niemand lebet ohne Mängel, wir sind Menschen, keine Engel."

Licht und drei Lichter

Das Sprichwort spricht von drei Lichtern:

  • "Drei Lichter verlöschen nicht, Gott, Vernunft und Liebe."

Vom Licht handeln mehrere Sprichwörter wie:

  • "Wer das Licht gut beißt, ist Gottes Freund." -
  • "Wer das Licht sucht dem scheint´s aus jeder Wolke." -,
  • "Ohne Licht ist auch der Himmel finster." -
  • "Wer das Licht scheut, der hat nichts Gutes im Sinn" - Das Sprichwort tritt immer für Licht und Wahrheit ein, es sagt:
  • "Zuletzt siegt Wahrheit und Tugend."

Kelle, Senkblei und Kleinod

Von sonstigen Sprichwörtern sind noch folgende für die Freimaurerei von Interesse.

  • "Es ist noch nicht aller Kellen Abend" d. h. also der Feierabend ist

noch nicht da, die Arbeit ist noch nicht beendet.

Von den Kleinodien heisst es:

  • "Ein Kleinod hütet man wohl" und
  • "Ein teures Kleinod erfreut, so oft man es anschaut."

Selbst das Senkblei ist erwähnt.

  • "Das Senkblei findet überall Grund, wenn es tief genug geht."

Bibel

Ein feierliches Gelübde wird im Sprichwort bezeichnet:

  • "Er hat´s auf die Bibel geschworen," Ferner soll im Hause eine Bibel sein.
  • "Wo keine Bibel ist im Haus, da sieht es öd' und traurig aus."

Tod

Endlich erinnert auch das Sprichwort an den Tod:

  • "Wer geboren wird, ist vom Tod geworben." -
  • "Sterben und geboren werden, ist der Thun auf Erden."

Unglück

Und wenn es zu den Freimaurer-Lehren gehört, standhaft im Unglück zu sein, so sagt das Sprichwort:

  • "Unglück macht fromm, klug, bescheiden und glücklich." -
  • "Im Unglück habe frischen Mut, trau` Gott, es wird wohl werden gut."

Gott

Schließlich weist das Sprichwort immer auf Gott hin.

  • "Anfang und End' in allen Sachen muss man mit Gott dem Herren machen." -
  • "Wer Gott vertraut hat wohl gebaut." Ja, wer auf den allmächtigen Baumeister vertraut der hat wohl gebaut.

Um den vertrauenden Vater versammelt, fürchten Noahs Kinder in ihrer Arche sich nicht. Heil uns, wenn wir wohl bauen mit Fleiß und Einsicht, Sorgfalt und Ausdauer, mit den besten Baumaterialien, dass wir alle Meister werden und sagen können:

  • "Allhier ist gut wohnen. Dieses unser Haus ist schön und am allerschönsten ist es im Innersten."
  • "Die Arbeit ist unser, das Gedeihen Gottes."

Die Arbeit ist unser, sagt das Sprichwort Unser sind viele die die gleiche Aufgabe haben, das Gott uns trösten aber zugleich mahnen, dass auch noch Andere: Platz in dem grossen Bau haben, dass immer frische Gehilfen und Lehrlinge zum Bau gerufen werden. Wir haben die Pflicht zu arbeiten, aber der Erfolg sei Gott anheim gestellt. Von ihm kommt aller Segen, von ihm kommt alles Licht.

Plädoyer

Gel. Brr.! Mag man auch klagen, dass das Volkssprichwort in unsrer Zeit immermehr zu schwinden und zu welken droht, weil die Sprache oder wie Luther sie nennt, "die Scheide darin das Messer des Geistes steckt", nicht fest mehr sich anschliesst, sondern oft in farblosen abstrakten Ausdrücken sich gefällt, wir Freimaurer werden die alten Sprüche stets in Ehren halten, sollten sie auch der modernen Welt draußen nicht als salonfähig erscheinen. Der hochverdiente Nestor der deutschen Frmei. Br. Marbach der ähnlich wie Goethe sich trefflich auf die Spruchdichtung verstand, ruft uns zu:

  • Goldne Sprüche hörst du klingen die wie blaue Rätsel tönen, wird die Lösung dir gelingen, soll das reinste Licht dich krönnen.

Ich schliesse meine kleine Betrachtung mit einem Sprichwort über die Linde. "Wo Linden blühen die Bienen Honig ziehen.", ... dass noch recht viele der Biene gleich den Honig der Freimaurerei aus ihr ziehen mögen.