Joseph Aloisius Maier (Knigge) - Ueber Jesuiten, Freymaurer und deutsche Rosencreutzer
Joseph Aloisius Maier ist ein Pseudonym Adolph Freiherr von Knigges
Für Knigge erweckt die Freimaurerei durch Bilder die Gelegenheit zum Nachdenken
Inhaltsverzeichnis
Ueber Jesuiten, Freymaurer und deutsche Rosencreutzer
Herausgegeben von Joseph Aloisius Maier, der Gesellschaft Jesu ehemaligen Mitgliede.
Leipzig 1781.
Vorrede
3-10
Wenn es wahr ist, daß die Natur den Menschen zu einem gesellschaftlichen, verständigen und sittlichen Leben bestimmt hat; Wenn ohne diese gesellige Vereinigung, zu Erfüllung unserer Bestimmung, und zu Beförderung wechselseitiger Glückseligkeit, unser Zustand sich wenig über den der unvernünftigen Thiere erheben würde; Wenn also häußliche Bande, bürgerliche Verhältnisse, Wissenschaften, und endlich die Erfüllung unserer Obliegenheiten, unsere Einflüsse auf die übrige Well, deren Theil wir sind — Kurz! wenn Liebe, Freundschaft, bürgerliche Pflicht, Weisheit, Geselligkeit, Moral und Religion die größten Gegenstände der menschlichen Aufmerksamkeit sind, so muß jedem Wellbürger auch alles äusserst wichtig seyn, was in einem von diesen Stücken eine Revolution zu Wege bringen kann,
Fast alle Völker des Erdbodens haben Gesetze, Staatsverfassungen, Systeme, Einrichtungen, die von grossen Begebenheiten modificirt, von gewissen Leuten gehandhabt, nach dem Laufe der Welt, verbessert, verschlimmert, geändert werden, und ein guter Bürger tragt, soviel Kopf, Herz und seine Lage gestatten, dazu bey, in seinem Zeitalter auf alle diese Dinge zum Besten des Ganzen zu würken. Wo daher Staaten sind, da haben sich die Menschen zu einem Zwecke vereinigt, und was diese Verbindung schwächt oder theilt, das bewürkt mehr oder weniger eine Revolution in dem, was dem Weltbürger wichtig ist.
Wenn also ausser den öffentlichen Einrichtungen noch geheime Verbindungen unter Mitgliedern des Staats obwalten, so ist es der Mühe Werth zu wissen, ob diese jenes allgemeine Band theilen und schwächen oder nicht.
Wenn Einige sich vereinigen etwas auszuführen oder etwas zu besitzen, welches sie der übrigen Welt verschweigen und vorenthalten; so ist das status in statu - Ich mögte sehen, wie man mir das widerlegen wollte. Das Ding klingt nun gefährlich, ist es aber im Grunde gar nicht. Durch Verständnisse einzelner Menschen oder durch die Kraft Eines Entschlossenern und Klügern sind Staaten entstanden. Es wäre sonderbar, wenn es nicht den Menschen frey stehen sollte, diese selbst gemachten Einrichtungen nach Bedürfnis abzuändern, wenn darüber der größte und stärkste Theil unter sich einig ist. Allein es liegt dem Ganzen daran, daß solche Einrichtungen nicht durch die listigsten, sondern durch die klügsten und besten Menschen bewürkt werden, daß sich also nicht unberufene Representanten zu Reformatoren aufwerfen.
Alle Menschen haben Anspruch auf alles, was die Welt und dies Leben Gutes und Großes im Physischen und Intellectuellen gewähren kann. Sobald also einzelne Menschen in ein geheimes Bündniß zusammentreten, sich absondern, und nach und nach auch Andre zu diesem Bündnisse bilden und anwerben; so muß das seine besondere Ursachen haben; sie wollen entweder etwas anders würken, als bis itzt geschehen ist, oder gewisse besondere Schätze, gewisse Kenntnisse allein besitzen, und den Andern vorenthalten. Die Ursachen nun ihrer Vereinigung zu ergründen, ob sie gut oder schlecht, nützlich oder gefährlich sind, dazu giebt uns die Menschheit ein Recht. Dies Recht muß man einem jeden gestatten, besonders denen einmal erwählten Vorstehern der Staaten, und jedem Bürger muß es erlaubt seyn diese darauf aufmerksam zu machen.
Nicht jedem Menschen haben Natur und Erziehung dieselbe Kraft, dieselbe Richtung gegeben. Was Einer wünscht, was Einer erforscht, dünkt dem Andern unwichtig, gefährlich, oder bleibt ihm verborgen. Es giebt also fehlerhafte Staaten, falsche Systeme, Vorurtheile.
Hier kömmt es nun darauf an, wer Recht hat. Leider! müssen oft tausend Redliche Einem Schurken gehorchen, oder tausend Kluge Einem Dummkopfe nachlallen, blos weil dieses Häuflein sich nicht kennt, sich zu schwach glaubt, um zu wiedersprechen. Eine geheime Gesellschaft kann also den Zweck haben, dies Häuflein der bessern und klügern Menschen zu sammlen, um gewisse Mißbräuche und Vorurtheile, die herrschend geworden sind, auszurotten.
Die Weisern und Bessern können etwas ergründet, oder können Plane für das Wohl des Ganzen haben, welche sie dem großen Haufen mitzutheilen für unnütz oder schädlich halten. Allein es kann auch kommen, daß eine Gesellschaft sich für weiser und besser hält, ohne es wirklich zu seyn. Es kann der Fall entstehen, daß die Bösen sich zusammenrotten', um insgeheim die Guten zu überwältigen, ihre Leidenschaften auf Unkosten der Schwächern zu befriedigen — Wer wird bey diesem Gedanken nicht aufmerksam auf jede geheime Einrichtung werden?
Es kann geschehen, daß Männer, denen das Wohl der Welt am Herzen liegt, und welche darüber seufzen, daß so manche öffentliche Einrichtung durch die Ränke der Bösewichte ausgeartet ist, sich in der Stille vereinigen, dem Despotismus, der Dummheit, dem Unglauben, mit einem Worte! der Verderbniß sich entgegen zu setzen, Weisheit, Liebe, Tugend und Freyheit wieder siegen zu machen, oder dergleichen. Aber es kann auch kommen, daß listige Bösewichte sich heimlich verbinden, die Uebermacht zu Unterdrückung ihrer Brüder in ihre Hände zu spielen — Woher soll ich wissen, ob eine Gesellschaft, welche geheime Einrichtungen hat, von der einen oder von der andern Art ist? Ich dächte das Natürlichste wäre, sie aus der Wahl ihrer Mitglieder, aus deren Handlungen und Reden, aus ihren Schriften, hauptsächlich aber aus den Würkungen zu beurtheilen, welche eine solche Gesellschaft auf die Begebenheiten in der Welt und auf den herrschenden Ton gehabt hat.
Unter allen solchen bekannten Gesellschaften, welche im Rufe von Geheimnissen gewesen sind, haben sich in neueren Zeiten vorzüglich drey ausgezeichnet: die Freymaurer, die Rosencreutzer, und die Jesuiten. Es ist also der Mühe werth einmal unpartheyisch dasjenige durchzugehn, was man von diesen drey Orden bis itzt gesehn und erfahren hat, um zu wissen, ob man für Religion, Moralität, Staatsverfassung und Aufklärung etwas von ihnen zu befürchten oder zu hoffen haben mögte.
Ich bin im Stande dem Publice einige Thatsachen vor Augen zu legen, ohne selbst ein Urtheil zu wagen. In den geheimen Grundsätzen der Gesellschaft Jesu bin ich leider! selbst auferzogen, und bin es der Welt schuldig, hier über ihre höchst gefährlichen, noch immer fortdaurenden Plane Nachricht und Warnung zu geben. Den Brief über die Freymaurerey habe ich aus den Händen eines alten ächten Mitglieds dieser so oft verkannten Gesellschaft, und über die heutigen sogenannten deutschen Rosencreutzer kann ich, wenn man an dem zweifeln sollte, was ich in dem Aufsatze darüber beigebracht habe, Documente herausgeben, die ich ins dessen lieber unterdrücken mögte, wenn ich nicht dazu aufgefordert werde. Ueberhaupt aber findet man hier von allen dreyen Gesellschaften weniger die nicht bekannte innere Einrichtung verrathen, als vielmehr, nach denen vorhin festgesezten Regeln, dieselben so beurtheilt, wie es jeder nach den äussern Früchten thun kann.
Ein Brief über die Freymaurerey
von einem erfahrnen Mitgliede dieses Ordens an einen profanen Freund geschrieben.
73-90
Mein lieber Freund!
Weil Sie mich so kühn auffordern, den Vorwürfen, die Sie dem Orden der Freymaurer machen, und welche Sie für unwiderleglich halten, kräftige Gründe entgegen zu setzen; so muß ich wohl endlich die Feder ergreifen; Sie mögten sonst entweder Ihre Zweifel für gegründet, oder mich für in unwissend halten, dieselben zu heben.
Sie thun mir die Ehre, mich für einen erfahrnen Freymaurer zu halten. Wenn das ist; so wäre ich vielleicht im Stande, alle Ihre Einwürfe durch Thatsachen zu wiederlegen. Allein dann müßte ich verrathen, was ich zu verschweigen versprochen habe. Also will ich nur im Allgemeinen, ohne Parthey zu ergreifen, als ein fremder Beobachter, dasjenige durchgehn, was das unbefangene Publicum nach den äussern Früchten dieser nun schon lange in der Welt wandelnden Gesellschaft von derselben urtheilen kann, und urtheilen muß.
Zuerst Ihre Einwürfe! Sie sagen:
I. Die Freymaurerey ist ein schädliches Institut,
- 1. weil sie in die Rechte der Staaten greift; Denn jede Gesellschaft, welche sich geheime besondere Gesetze und Obrigkeiten giebt; (Mögten sie auch den allgemeinen Gesetzen und Obrigkeiten unterworfen bleiben) formirt einen besondern After-Staat, so wie jeder, der in meinem Hause Befehle giebt (Mögten sie auch noch so unwichtig, mögte er übrigens noch so sehr mir gehorsam seyn) in mein Hausrecht greift.
Was hilft mir ein Hauptschlüssel, wenn man mir noch ein Neben-Schloß vor mein Zimmer hängt, wozu ich den Schlüssel nicht Habe? Was hilft mir es, daß ich Ihre Manuskripte in meiner Gewalt behalte, wenn sie in einem Chiffer geschrieben sind, den ich nicht verstehe?
- 2. weil also der Staat nie sicher seyn kann, ob dieser Haufen verbundener Männer nicht etwas gegen das Wohl des Ganzen unternehmen wird. Und wenn auch dieses nicht ist, wenigstens
- 3. weil sie das Geschäft von einer Menge Leute ausmacht, die ihre Zeit besser zum Nutzen des Ganzen anwenden könnten.
- 4. weil sie etwas vor den Vorstehern der Staaten geheim hält, welche Vorsteher doch entweder alles, was zum Glück ihrer Unterthanen dienen kann, wissen, oder, wenn sie dessen nicht würdig sind, nicht Vorsteher seyn müssen.
II. Die Freymaurerey ist wenigstens eine unnütze Sache,
- 1. weil sie nicht nur die Welt, sondern nicht einmal ihre Mitglieder besser macht, unter denen es eine ungeheure Menge Unwürdiger giebt,
- 2. weil sie noch nichts Großes zum allgemeinen politischen Besten der Welt, noch sonst bis itzt gewürkt hat.
- 3. weil sie noch in keiner Wissenschaft noch Kunst mehr Aufklärung verschaft hat.
- 4. weil sie keinen festen Plan, kein festes System, in keiner Sache haben kann, indem man an ihren Mitgliedern in keinem Stücke gleiche Grundsätze, gleiche Art zu denken und zu handeln wahrnimmt.
- 5. weil die Freymaurer sich unter einander hassen und verfolgen, folglich kein Freundschafts-Band, zu Erreichung großer Endzwecke, unter ihnen Statt findet —
Wie werde ich den Orden gegen alle diese schrecklichen Vorwürfe vertheydigen können? — Es scheint ein böser Handel zu seyn, doch will ich es versuchen. Also zu dem ersten Punct, zu der Gefährlichkeit der Maurerey!
Eine Gesellschaft, die ausser den allgemeinen Verhältnissen eine engere Verbindung unter sich stiftet, ist ein status in statu— Zugestanden! So ist denn aber ein jedes Freundschafts-Band, so ist eine Handlungs-Gesellschaft, ein geschlossenes Cränzgen und dergleichen auch unerlaubt. „Ja!“ werden sie einwenden, „bey diesen sind keine geheime Einrichtungen“ — Lassen Sie uns denn den äussersten Punct annehmen. Lassen Sie uns glauben, eine Gesellschaft habe sich durch geheime Gesetze verbunden, Misbräuche in der Staats-Verfassung oder dergleichen abzuschaffen. Daß es solcher Misbräuche viel giebt, muß man zugestehn; daß es den Menschen, welche Staaten und Systeme errichtet haben, und denen es nicht gleichgültig seyn kann, ob Misbräuche immer mehr darinn einreissen, freystehn muß zu reformiren, was sie gestiftet haben, ist wohl ausgemacht; daß dies die Weisesten und Besten thun sollten, hat wohl keinen Zweifel; daß die Weisesten und Besten fast immer die kleinste Anzahl ausmachen, bestättigt leider! die Erfahrung; und daß endlich, wenn sich diese verbinden und verstärken wollten, es insgeheim geschehen müßte, um nicht von dem großen Haufen der schlechtern Menschen, deren Interesse sie bestreiten müßten, unterdrückt zu werden, folgt natürlich aus dem Obigen.
Also liesse sich eine geheime Gesellschaft denken, welche würklich statum in statu machte, welche würklich politische Zwecke hätte, und doch nicht nur nicht gefährlich, sondern, bey der jetzigen allgemeinen Verderbniß, eine Wohlthat für die Menschheit wäre.
Um nun aber zu entscheiden, ob die Freymaurerey, oder jede andre Verbindung, von dieser Art wäre, müßte man sie nach ihren Früchten beurtheilen, und das führt mich zur Beantwortung des zweyten Stücks Ihres ersten Haupt-Einwurfs.
Haben Sie je gesehn, daß aus Freymaurer-Schriften etwas von politischen Absichten hervorleuchtet? Es ist wahr, kürzlich hat man einem Zweige derselben die Absicht den T ... O... wieder herzustellen vorgeworfen. Allein wenn auch dieses elende Mährchen wahr wäre, wenn auch nicht (wie es würklich ist) gewisse aus dem T... O... aus guten Gründen in die Maurerey gekommene, nachher aber übel verstandene Cäremonien dazu Anlaß gegeben hätten; was für Gefahr würde denn, nach der jetzigen Verfassung von Europa, aus dieser Wiederherstellung entstehn?
Sie werden doch nicht glauben, daß das ganze Heer von Freymaurern, Männer aus allerley Ständen, einen Krieg anfangen würden, um die alten Güter jenes Ordens zu reclamiren? Aber neue Acquisitions zu machen — Wer wird ihnen das Recht abstreiten, es sey nun unter dem Namen von Rittern oder Kaufleuten, wenn man sie übrigens duldet, wie man Handlungs-Gesellschaften duldet? — Doch das Ganze ist eine Grille, worüber jedes Wort zu viel gesagt wäre.
Hat man aber je der Freymaurerey den Vorwurf mit Grunde machen können, daß sie in irgend einer politischen Revolution, von Ordens wegen (denn ich rede nicht von einzelnen Mitgliedern) thätig gewesen wäre? Hört, sieht, lieset man dergleichen von ihnen? Ist es auch wahrscheinlich, daß Menschen, die, wie Sie mir nachhero selbst vorwerfen, über solche Dinge nicht einerley Grundsätze haben, Nicht einerley Sprache führen, zu solchen Absichten sich vereinigt haben könnten? Würden Pfaffen und Fürsten, Arme Reiche dazu in ein gemeinschaftliches Bündniß treten? Würde sich dies Geheimniß so lange erhalten haben? Würde man so wenig äussere Früchte davon sehen?
Vielleicht ist der Orden nur zu unthätig von dieser Seite;
- „Denn was hilft am Ende“ mögte man sagen „alle geheime Wissenschaft, und sind wir nicht als Menschen verbunden zu handein? Sind wir zu Speculationen oder zur Thätigkeit auf die Welt gesetzt? Sollen wir nicht zum Guten gegen das Böse würken?
- Was gewinnt die Welt durch Ueberlieferungen, die keinen Einfluß auf ihr Wohl haben? Lassen Sie also Ihre hunderttausend innigst verbundenen Menschen, nach festen Planen, gegen alle Arten von Verderbnis würken! „ —
Aber in aller Welt, mein Herr! sagen Sie mir nur, wer zuerst die Wörter: „geheime Wissenschaften, Uebelieferungen, Plane“ u. d. g. in die Freymaurerey gebracht hat — Das ganz Eigenthümliche hat die Freymaurerey, daß der Geist, der auf den ächten Maurern ruht, ihn zu allen menschlichen Dingen geschickter macht, ohne ihn zu irgend einer That insbesondere hinzuziehen und ihn erleuchtet, ohne zu lehren — Also nichts von Planen, nichts von Ueberlieferungen.
Der Vorwurf aber, daß die Arbeiten der Maurer viel Zeit kosteten, welche man besser anwenden könnte, ist höchst schwach. Unter tausend widmet sich kaum Einer ganz den Geschäften des Ordens; die Uebrigen hängen nebenher ihren Berufs-Geschäften nach, wie es guten Bürgern zukömmt. Dabey überlege man nur, wie elend und unnütz die mehrsten Menschen ihre Lebenszeit hinbringen, da hingegen der Freymaurer, der sich den äussern Verrichtungen des Ordens widmet, so manche interessante Bekanntschaft macht, die ihm und Andern im bürgerlichen Leben nützen kann, manche Kenntniß sammlet, manches Gute verbreiten kann.
Und dies bürgerliche Leben, wie leer, wie zwecklos ist dasselbe nicht gewöhnlich? Es ist sonderbar, daß unsre kleinen Berufs-Geschäfte, welche Noth, Leidenschaft und Verderbniß zum Grunde haben, so sehr zur Hauptsache geworden sind, daß wir über die verschiedenen Stände und Personen den Menschen vergessen, und glauben, wir haben recht unsere Bestimmung erfüllt, wenn wir in den kleinen elenden Verhältnissen unsere Rolle gespielt haben, als wenn nicht Eine gute Handlung, welche Einfluß auf die Welt im Ganzen haben kann, mehr Werth wäre, als eine ganze Lebenszeit voll sogenannter Berufs-Geschäfte hingeträumt.
Es ist z. B. eine edle Sache, ein guter Richter seyn, aber noch edler ist es, etwas dazu beytragen, die Menschen so zu bilden, daß sie keiner Richter bedürfen. Doch sind wir weit entfernt, unsere Mitglieder aus ihren engeren Verhältnissen herauszureissen, und wie schon oben gesagt ist, wenige von uns widmen sich gänzlich den Ordens-Arbeiten.
Endlich die Geheimhaltung der Kenntnisse ? Ich habe Ihnen schon gesagt, daß in der ächten Freymaurerey eigentlich nichts gelehrt wird. Die Wahrheit würkt fühlbar und anschaulich; Alle Menschen könnten ebenfalls unsre Hieroglyphen besitzen, ohne dadurch Freymaurer zu werden, mithin liegt es nicht an uns, sondern an der Welt, daß wir etwas geheim halten.
Aber wenn wir nun auch besondere Kenntnisse hätten? Giebt es nicht eine Menge Dinge, die dem großen Haufen, dem vornehmen und geringen Pöbel nichts nützen, und deren Aufrechthaltung doch höchst nothwendig ist? Gehören nicht oft selbst die Vorsteher der Staaten zu diesem Pöbel? Schließt man aber wohl irgend einen guten klugen Mann, er sey Regent oder Bürger, von der Aufnahme in den Orden aus? Wäre es aber gut, wenn z. B. alle schwachen Köpfe in der Methaphysic unterrichtet, wenn alle Leute ohne Talent zu den schönen Künsten angeführt würden?
Doch noch einmal! wir lehren nichts, wir erwecken nur den Funken des Lichts, das der große Baumeister in die unverdorbene menschliche Natur gesenkt hatte. Dies Licht mögten wir so gern über die ganze Welt wieder verbreitet sehen, aber freylich läßt sich das weder erzwingen noch einpredigen.
Jetzt zu dem zweyten Haupt-Einwurf, zu der Unnützlichkeit der Freymaurerey! Woher wissen Sie, daß der Orden seine Mitglieder nicht besser macht? Freylich nicht Alle; das Zaubermittel besitzen wir nicht. Alle sind berufen, wenige auserwählt. Aber schlechter werden doch gewiß unsre Leute nicht durch diese Verbindung, und wenn auch nichts erlangt würde, als daß unter Hunderten einmal Einer durch die Hieroglyphen zum Nachdenken geführt und bewogen würde, in sich zu gehn, seiner höheren Bestimmung nachzudenken, Dinge zu erforschen, wovon er sich ehemals nichts träumen ließ; Wenn der esprit de corps, die Begierde im Orden befördert zu werden, sich auszuzeichnen, ein gutes Beyspiel zu geben, geachteter zu werden u. d. gl. ihn bewegt besser zu handeln als er sonst thun würde; ist denn nicht schon sehr viel gewonnen?
Und dies ist doch wohl das Geringste, was die Freymaurerey gewiß bewürkt. Bösewichte giebt es unter uns, ja, leider! Aber sie schaden dem Inneren nicht; es ist ihr eigenes Unglück. Sie würden noch schädlichere Bösewichte seyn, wenn sie nicht Freymaurer wären, und giebt es nicht auch Bösewichte unter Fürsten und Priestern?
Was hat aber die erste Gelegenheit zu dieser anscheinenden Entweyhung unserer Verbindung gegeben? Die zu große Ausbreitung einer Sache, die nur für wenig Menschen gemacht ist, zu große Gefälligkeit gegen die Großen der Erde.
Wissen Sie denn auch gewiß, ob alle Logen in Deutschland die ächte Maurerey besitzen? ob sie in dem wahren Geiste des Ordens arbeiten? — Ein Wörtgen unter uns gesagt: Es giebt noch sehr wenig Freymaurer in Deutschland, so wie es wenig Christen giebt. Aber diese Wenigen lächeln herzlich über das Spiel der Andern, spielen mit, müssen das Ding so laufen lassen, wie es läuft, und verachten keine von den verschiedenen Logen. Immer besser, auch nur mit den Bildern der Kunst spielen, als sie gar nicht kennen; Es glimmt doch immer ein Fünkgen in der Asche auf, welches zünden kann.
Das Wesen der Freymaurerey ist, wie schon oft erwähnt worden, gar nicht, zu lehren, sondern nur durch Bilder die Gelegenheit zum Nachdenken zu erwecken. Diejenigen Bücher also, und diejenigen Grade, welche erklären und deutlich reden, sind — Wind. Das ist über die Sphäre der Freymaurerey, welche nur Pflanzschule seyn soll. Sie hat immer nur eine Sprache geredet, welche den Thoren ein Gauckelspiel, und dem Weisen höhere Lehre wäre. Die Erklärungssucht gewisser Dinge, über welche nie zwey erleuchtete Brüder, nicht einmal unter vier Augen reden dürfen, hat gemacht, daß man zuletzt sich ganz von dem ersten Zwecke entfernt hat.
Aber es giebt noch Männer, welche die Kunst verstehn, und es ist unbillig eine Sache verachten, blos weil sie gemisbraucht worden ist. Uebrigens darf ich so viel sagen, daß in Deutschland nur eine Haupt-Loge ist, die mit der ächten Quelle in Verbindung steht — Aber das thut nichts zur Sache; Alle Freymaurerey ist ächte Freymaurerey, so wie alle Religionen, die Gott sich gefällig zu bezeugen suchen, in Betracht ihrer Absicht und ersten Abstammung, ächte Religionen sind.
Ob die Freymaurerey schon etwas Großes in der Welt gewürkt hat? — Hier ist meine Antwort: Der Bösen sind viel, und sie sind mächtig; Der Erleuchteten Wenige. Die Früchte werden spät zeitig, aber sie sind desto reifer. Nichts würkt langsamer, nichts glänzt weniger von Aussen, als das dauerhafte Gute. Der Schwierigkeiten, der Verderbnisse, der Herabwürdigungen sind eine ungeheure Zahl; sie werden nur mit äußerster Mühe in Jahrtausenden überwunden; aber wehe dem Zeitalter, in welchem es keine Freymaurer giebt! Noch einmal! es ist nicht das Wesen des Freymaurer-Ordens seine Mitglieder als Maschinen zu Vollführung irgend eines Planes zu brauchen, sondern nur, die Menschen so zu stimmen, daß sie, von unsichtbarer Hand geleitet, ihre Bestimmung nicht verfehlen, und den bedingten Plan des höchsten Baumeisters nicht erschweren, nicht in die Länge ziehen. Denn was geschehen soll geschieht doch, nur liegt es an der Stimmung des Zeitalters, wie bald oder wie spät das Werk vollführt werden kann.
Und so hätte ich denn, wie ich glaube, auch das dritte und vierte Stück Ihres Haupt-Einwurfs beantwortet. Von Bearbeitung irgend einer Wissenschaft insbesondere, und Festsetzung irgend eines Systems kann gar nicht die Rede bey uns seyn. Die Maurerey stimmt nur unsichtbar die Instrumente, läßt aber das Schicksal, unter Aufsicht der Vorsehung, darauf spielen.
Was aber endlich die Uneinigkeit unter den Mitgliedern des Ordens betrift; so habe ich Ihnen schon bekennt, daß seit einiger Zeit die Freymaurerey sehr entweyhet worden ist, daß aber, wenn auch hundert Verbrecher gegen Einen ehrlichen Mann sich in den Orden eingeschlichen hätten, jene hundert doch dem Innern nie etwas schaden könnten, aber freylich ist uns der gewaltige Anwachs der Freymaurerey in sofern hinderlich, daß, wenn der Schlechten mehr als der Guten zu Maurern aufgenommen werden, die Bessern, durch falschen Wiederklang, aus der Stimmung kommen.
Aber wenn auch eine solche Freymaurerey entweyhet wird; so entsteht doch aus ihren Trümmern sogleich wieder eine andere, und das Werk ruhet nie. So war es von jeher, so wird es immer seyn, und einer solchen Catastrophe sehen wir gerade itzt entgegen.
Das war, denke ich, sehr vom Herzen weggesprochen; Indessen hoffe ich, Sie sollen, wenn Ihnen auch manches von dem, was ich hier gesagt habe, dunkel oder gar wiedersprechend scheinen mögte, doch keine Schwärmerey, keinen Unsinn darinn finden, Lassen Sie Sich nicht durch Bücher irre machen. Bösewichte, Thoren und Schwärmer haben uns die Freymaurerey oft sehr verunstaltet, weil sie ihr Wesen und ihren Zweck nicht kannten, sondern mit ihren Hirngespinsten vermischten.
Unter diesem Haufen haben sich besonders die neueren deutschen Rosencreutzer ausgezeichnet, deren Schriften nicht nur jeden in höheren Wissenschaften erfahrnen Mann, sondern überhaupt jeden Menschen von gesunder Vernunft und Geschmack empören, eine gänzliche Unwissenheit in den Wissenschaften der alten Gesellschaft welcher sie den Namen abgeborgt haben, verrathen, und endlich klar beweisen, wie wenig sie das Wesen, den Ursprung und die Grenzen der wahren Freymaurerey kennen, die sie gern in ihre Hände spielen mögten, die aber solche schwärmerische Unwissenden nicht kennt.
Doch ich rede vielleicht zu viel. Denken Sie aber über das nach, was ich Ihnen hier gesagt habe, und wenn es Wurzel gefaßt hat; so kommen Sie einmal zu mir — Wir wollen dann mündlich weitläuftiger darüber reden.
Zuverlässige Nachrichten über die Aechtheit der heutigen deutschen Rosencreutzer
Auszug 120-129
…
Diese Gesellschaft war also gänzlich verschwunden, als die Neugier einiger Freymaurer in Frankreich, und hernach auch in Deutschland, welche unwissend in dem Verstande der wahren maurerischen Hieroglyphen waren, die Erklärung derselben und ihren Ursprung, in der Geschichte älterer mystischen Gesellschaften suchten, und daher natürlich auch auf die Rosencreutzer verfiel. Einige Betrüger machten sich dies zu Nutze, behaupteten noch mit dieser noch immer existirenden verborgenen Gesellschaft in Verbindung zu seyn, machten die Leute glauben, die Freymaurerey habe von Anfang an mit der Rosencreutzerey in Gemeinschaft gestanden, und zogen auf diese Art Leichtglaubige, Neugierige und Schwärmer auf ihre Seite.
Doch riß dieser verderbliche Betrug nicht sobald allgemein ein, sondern fand nur wenig Anhänger, bis vor etwa fünfzehn Jahren, bey einer gewissen Revolution der Freymaurerey, der redliche aber betrogene und schwärmerische verstorbene Professor Schröder in Marburg in Hessen auftrat [1766], sich öffentlich für einen aufgenommenen ächten Rosencreutzer ausgab, andre Maurer aufnahm, aber endlich bekannte, er sey nicht mehr mit den Obern des Ordens in Verbindung.
Bey dieser Gelegenheit wachte der Geschmack an einer solchen mystischen Gesellschaft aller Orten wieder auf. Endlich nützten vor wenig Jahren ein Paar Aventuriers diesen Wahn, traten in ein enges Bündniß zusammen, formirten eine neue Gesellschaft, gaben diese für eine ächte Fortsetzung der alten Rosencreutzer aus, erweckten dadurch noch andre falsche Rosencreutzereyen, deren es jetzt unzählige giebt, griffen aber selbst so geschwind um sich, daß es Zeit ist, redliche Leute für diesen Betrug zu warnen.
Sie haben die äussere Einrichtung der alten Rosencreutzer, so viel sie davon wußten, beybehalten, und mit Zusätzen vermehrt. Allein von dem wahren Geiste derselben ist nichts bis zu ihnen hindurchgedrungen.
Ihre Häupter bleiben immer unbekannt. Wenn nun die Neugier einen Mann in ihre Hände liefert; so halten sie denselben in einem solchen Gehorsam, reden aus einem so übermüthigen Tone mit demselben, daß er nicht einmal das Herz hat an ihrer Aechtheit, Rechtmäßigkeit und Weisheit zu zweifeln, und da sie nun mit großem Eifer werben, und nie eher jemand weiter kömmt, bis er neue Mitglieder, neue Etablissements verschaft hat; so würde durch sie bald die ganze Welt in die Gewalt von ein Paar Betrüger kommen.
Aber sie wählen sorgfältig nur so viel möglich abergläubische und schwache Menschen zu ihren Untergebenen, hingegen listige, scheinheilige zu den Mittel-Obern. Um aber der Menschen Denkungsart zu erforschen, werden jedem Aufzunehmenden gewisse delicate Fragen stufenweise vorgelegt, durch deren Beantwortung er sich verrrathen muß.
Ihre in allen Provinzen zerstreueten Leuten müssen alles ausforschen, spioniren, aufsuchen und einberichten, was zu ihrem Zwecke dienen kann.
Niemand kennt den andern, folglich können sie unbekannt eine Menge Triebfedern mit einander und gegen einander in Bewegung setzen. Jeder bekömmt einen Ordens-Namen z. B. Constantius, Theodosius, Henoch, Cephalus u. d. gl. Wer ihnen im Wege ist und Aufklärung verbreiten will, der wird auf die schändlichste, rachgierigste Art verfolgt.
Um die Leute beständig in der Abhängigkeit zu erhalten, verbrennen sie ihnen das Gehirn durch die lächerlichsten Schwärmereyen, verleiten sie zu religiösen Träumen und Fanatismus, zum Geistersehen, und machen sie glauben, durch das Gebeth sey alles zu erlangen, ja, selbst Gott werde ihnen einst erscheinen, und mit ihnen reden; sie sollten nur im Glauben anhalten, wachen, bethen und fasten; so werde einst ein Mann aus fernen Ländern kommen, und sie unterrichten, denn in ihrer Macht stehe es nicht, ihnen ihre Kenntnisse mitzutheilen, sie müßten selbst suchen.
Ja! ihre elenden schwärmerischen Schriften z. B. der Compaß der Weisen [1779], das A. B. C. der Weisen [1778-1779], die Rosencreutzerischen Versammlungsreden [„Freymäurerische Versammlungsreden der Gold- und Rosenkreutzer des alten Systems“, 1779] u. s. f. sind so verworren und unsinnig, daß kürzlich der Verleger derselben, der zuviel darinn studiert hatte, darüber toll geworden ist.
Auf diese Art nun bleiben die Leute beständig in ihrer Gewalt, und hoffen immer auf Offenbahrungen. Unterdessen geben sie ihnen allerley alchymische Processe, welche sie auf eigene Kosten arbeiten, und über den Erfolg berichten müssen. Führen diese Processe zu irgend einer guten Entdeckung; so bereichert sich die Gesellschaft mit diesen Kenntnissen; gerathen sie nicht, so hat es an dem Mangel an Frömmigkeit und Gebet der Arbeitenden gelegen.
Sodann theilen sie Arzeneyen aus, und zwar oft die armseligsten, aus Ofen-Ruß, Urin oder d. gl. gezogene Tropfen und Essenzen. Ihre Untergebenen müssen damit an Profanen den Versuch machen, und über die Wirkung Nachricht geben. Crepirt ein solcher Profaner; ey nun! so ist wieder Mangel an Frömmigkeit die Ursache; geht es gut; so wird die Arzney Mehreren mitgetheilt, um die Versuche zu vervielfältigen.
Wenn die ersten Häupter dieser Gesellschaft nicht unwissende Betrüger wären; so könnten sie es im Politischen und Wissenschaftlichen in der That weit bringen, obgleich das Ganze auf einen Betrug beruht; Aber man lese nur ihre Schriften, und die Befehle an die Untergebenen — Sie eckeln jeden, wegen des schleppendesten, elendesten, jämmerlichsten Styls, wie ihn kein irgend geschickter Dorf-Schulmeister schreiben würde. Alles Wimmelt von Wiedersprüchen, groben Irthümern, und Stellen, aus alten Werken weiserer Männer ohne Auswahl und Verstand ausgeschrieben, und schief und erbärmlich ausgelegt. Man sieht, daß sie mit den allerersten unleugbarsten Grundsätzen der gemeinsten Wissenschaften fremd sind; daß sie die neuesten Entdeckungen in der Natur nicht kennen; daß sie unter andern das elende, längst wiederlegte System der Generierung der Dinge durch die Würkung der Central-Kräfte gegen die obern Kräfte, als ein Evangelium annehmen, und die gewöhnlichsten Natur-Phänomene der Einwürkung böser und guter Geister zuschreiben; daß sie die Hieroglyphen der alten Cabalisten für baares Geld annehmen, und nach den Worten verstehen — Mit Einem Worte, daß sie es darauf anlegen, den dümmsten Aberglauben wieder herrschen zu machen, damit sie im Trüben fischen können und, indem sie ihre Mitglieder zu unbrauchbaren, unthätigen Leuten in der bürgerlichen Welt machen, ihr Reich auf Betrug und Dummheit bauen.
Um dies Reich desto fester zu machen, geben sie vor, ihnen komme die Direction der Freymaurerey zu, die doch gerade das Gegentheil zum Augenmerk hat. Deswegen bemühen sie sich Einfluß in dieselbe zu bekommen, und theilen die Freymaurer-Grade, pflichtvergessener und fälschlicherweise aus, an wen sie wollen.
Sie lassen sich angeblich kein Geld bezahlen, nehmen aber doch in jedem ihrer Grade acht, zwölf, und mehr Thaler, welche sie an Arme auszutheilen vorgeben, aber in ihre Taschen stecken, als wenn Goldmacher dergleichen Zuschüsse bedürften.
Ihre Emissarien laufen in der Welt umher, und bitten hie und da um Unterstützung, unter dem Vorwande: sie wollten nur sehen, ob noch Bruderliebe in der Freymaurerey herrsche, und von dieser Probe hänge das künftige Glück dieser Versuchten ab. Auf diese Art ziehen eine Menge von Müßiggängern in Deutschland herum, denen, in Hofnung auf Erleuchtung, kein neugieriger Freymaurer etwas abzuschlagen wagt, und die insgesamt verdienten ins Zuchthauß gesetzt, so wie ihre Bücher durch des Büttels Hand verbrannt zu werden.
Es ist unbegreiflich, wie die Verblendung und Liebe zum Wunderbaren so weit führen kann, solche Narrheiten zu glauben — Eine Gesellschaft von Weltweisen, die kaum ihre Namen schreiben. können; von Goldmachern die betteln, und sich Geld bezahlen lassen; von Vielwissenden, die, in allen Wissenschaften fremd, alle Menschen auszuforschen suchen; von Nachkömmlingen der alten Weisen, die nicht einmal die einzige achte Quelle kennen, aus welcher in unsern Tagen geheime Wahrheit fließt; von Gewissenhaften, die eidbrüchig Winkel-Logen halten; von Christen, die zum Theil unmäßig, liederlich und rachgierig sind; von Leuten, die vorgeben, schon seit vierhundert Jahre eine allgemeine Reformation der Welt zu träumen, und noch keine Grafschaft reformirt haben; von Leuten welche die allgemeine Arzeney besitzen, und beständig krank und elend sind —
Aber es giebt lächerliche Vorurtheile in der Welt, wogegen die gesunde Vernunft vergebens schreyet, und je öfterer man in seinen Erwartungen betrogen wird, um desto eifriger wird oft die Begierde zu finden, was man immer vergebens suchte.
Diese deutschen Rosencreutzer haben unser Zeitalter auf einen solchen Ton gestimmet, daß man wiederum anfängt, die elendesten Ammen-Mahrchen zu glauben, gegen welche einst Thomasius zu Felde zog. Ein solcher Rosencreutzer glaubt, seinetwegen könne ein Sturm, ein Ungewitter entstehen, seine Haus-Katze sey vom Teufel besessen um ihn zu versuchen; er könne blindlings die Bibel aufschlagen, und darinn Antworten auf jede Fragen finden, gleich als wenn der Schöpfer einem so elenden Tropfe zu gefallen, solche Wunder thäte!
Ein Anderer hält sich für einen Priester der Gottheit, und verrichtet unberufen allerley geistliche Aemter. Wenn ihm ein chymischer Proceß oder dergleichen nicht gelingt; so hat er nicht genug gebethet, mögte auch der Proceß an sich, den gemeinen Regeln der Scheidekunst entgegen laufen. Ueberhaupt meinen sie, Gott habe uns auf die Welt gesetzt, um in heiliger Unthätigkeit mit Bethen ohne Arbeiten den Schöpfer zu ermüden. Ein Buch braucht nur unverständlich, aus alten theosophischen Büchern zusammengeschmiert zu seyn, so wird es mit Golde aufgewogen, und ein Mann, der nur etwas abgesonderter, sonderbarer lebt als die Uebrigen, wird weit und breit als ein ächter Adept verschryen. — Sancta simplicitas! — Aber das ist das schändlichste, daß durch diese sonst bedaurenswürdige Thorheiten. der Welt so mancher thätiger, nützlicher Bürger entrissen, in den Wissenschaften ein Stillstand bewürkt, und jede Quelle der Erfindung und Nachforschung verstopft wird —
Doch genug hievon! Was ich hier sage, sage ich Ihnen gerade ins Gesicht, meine Herrn! Und sollte Ihre Magia divina nicht zureichen, den Verfasser dieser Schrift zu entdecken; so versichre ich Sie, daß ich mich gar nicht scheue, persönlich gegen Sie aufzutreten.
Viele unter Ihnen bedaure ich herzlich, weil Sie von Betrügern hintergangen worden — Aber wehe denen, die an Ihnen, liebe gute Männer, so verrätherisch handeln! Zu diesen rede ich nur, und ich bin der Mann, der es Ihnen mit meines Namens Unterschrift schriftlich geben kann, daß sie Betrüger sind, wenn nur Einer von diesen Häuptern mir in irgend einem öffentlichen Blatte seine sichere Addresse anzeigen will.
Ich würde nicht so zuversichtlich reden, wenn ich nicht Documente darüber in Händen hätte.
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Siehe auch
- Traktat: Martin Hollrieder - Freimaurer und Jesuiten: Ein Vortrag aus dem Jahr 2017