Ordnungen und Verbände der alten Steinmetzen

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Ordnungen und Verbände der alten Steinmetzen

Bearbeitung: Roland Müller

aus Wilhelm Begemann: Vorgeschichte und Anfänge der Freimaurerei in England. Erstes Buch: Die alten englischen Werklogen und ihre Sprösslinge. Berlin: Mittler 1909, 65-87 – ohne die zum Teil ausführlichen Anmerkungen; Zusammenfassung, 309-311.

Enthaltend deutsche Übersetzungen

etwas gekürzt - der folgenden Urkunden

  • Satzungen einer Gilde von Zimmerleuten in Norwich, 1375
  • Fabric Rolls of York Minster, 1352
  • Yorker „Ordinacio cementariorum", 1370
  • Yorker „Ordinationes", 1409
  • Ces sount les ordenaunces et les articles touchauntz le mestier des masouns, 1356 in London
  • Der Wappenbrief der Masons, or ffree Masons in London von 1472

Zu diesen Dokumenten siehe auch z. B.:

Douglas Knoop, Gwilym Peredur Jones: The Genesis of Freemasonry. 1948; Nachdruck London 1978; dt.: Die Genesis der Freimaurerei. Bayreuth: Quatuor Coronati 1968, 43-48.

Manche freimaurerischen Geschichtschreiber haben es für nötig gehalten, zum Teil recht langatmige Betrachtungen über das mittelalterliche Gildenwesen ihren Darstellungen einzuverleiben. Ich kann nicht finden, dass dadurch unsre Geschichtserkenntnis in nennenswerter Weise gefördert worden ist, und sehe daher von einer solchen Beigabe ab, indem ich mich auf einige Vorbemerkungen zum eigentlichen Gegenstande beschränke.

Die Gilden des Festlandes lasse ich ganz beiseite, da wir hier allein mit englischen Verhältnissen zu tun haben.

Die beste Quelle über die englischen Gilden im allgemeinen ist das Buch „EngIish Gilds" von Toulmin Smith [1870], welches die „Ordinances" zahlreicher Gilden des 14. und 15. Jahrhunderts und einige andre wertvolle Quellenstücke darbietet.

Nach der „Introduction" gehen Nachrichten über Brüderschaften zurück bis in den Anfang des 12. Jahrhunderts (S. XXIII f.); sie zerfallen in zwei Hauptklassen, „Social Gilds" und „Gilds of Crafts" (S. XXVI f.), es gab aber auch solche, die weder ganz sozial noch ganz zunftmässig waren (S. XXVII). Derartige freie Vereinigungen bedurften einer Genehmigung seitens des Königs nicht (S. XXVII f.), so dass viele erst sehr spät eine solche nachsuchten, hauptsächlich ihrer liegenden Güter wegen (S. XXVIII).

Personen jeden Ranges schlossen sich Gilden an, selbst Könige; manche Gilden nahmen auch Schwestern auf (S. XXXI). Bei der Aufnahme hatte jedes Mitglied einen Eid des Gehorsams gegen die Satzungen zu leisten, wurde auch wohl mit einem Friedenskuss begrüsst (S. XXXI; S. 6 u. 9). Die Unkosten deckte man durch Eintrittsgelder und regelmässige Beiträge (S. XXXII). Die Versammlungen fanden einmal, zweimal, dreimal oder viermal jährlich statt und waren für alle Mitglieder verbindlich (S. XXXII).

Einmal war der Gildentag oder „allgemeine Tag", an dem man gemeinschaftlich zur Kirche ging und einen Festschmaus hielt, zur Fördrung der brüderlichen Liebe, wobei ein friedliches und angemessnes Benehmen streng vorgeschrieben war, und zwar bei bestimmten Geldstrafen (S. XXXIII f.). Gegenseitiger Beistand und Unterstützung der armen, kranken und sonst hilfsbedürftigen Mitglieder war ein Hauptgrundsatz, auch Bestattung verstorbner Brüder und Schwestern war Sache der Brüderschaft; gefangne Brüder besuchte man und suchte zu ihrer Befreiung beizutragen (S XXXVI).

An der Spitze stand ein Alderman, auch Graceman genannt oder später Master, neben ihm Wardens oder Stewards; ein Clerk (Schriftführer) und ein Dean (Diener) oder Beadle (Büttel) erhielten Bezahlung (S. XXXVIII).

Ihre Ordinances machten sie sich selbst, und diese wurden oft vorgelesen; Verändrungen bedurften der Zustimmung aller Brüder und Schwestern (ebenda). Achtung der bestehenden Gesetze und das Streben nach höherm sittlichen Wert waren zwei Hauptkennzeichen: Auflehnungen gegen das Gesetz und Schädigungen des guten Rufes zogen Strafen oder auch Ausschliessung nach sich (S. XXXIX f.).

Gilden und Brüderschaften

Im Jahre 1388 erliess das Parlament zwei Verfügungen, eine für alle Gilden und Brüderschaften, eine für alle Gewerke und Zünfte, zur Einliefrung von Berichten über ihre gesamten Verhältnisse. Die Gilden sollten Angaben machen über ihre Stiftung, ihren Anfang und Fortgang und ihre Verwaltung, über ihre Eide, Zusammenkünfte, Feste und Hauptversammlungen, über ihre Freiheiten, Vorrechte, Satzungen, Ordnungen, Gebräuche und Gewohnheiten, ebenso über ihre Güter und Besitzungen und deren jährlichen Ertrag; auch sollten sie ihre vom Könige oder seinen Vorgängern gewährten Freibriefe oder Patente vorlegen, falls sie solche besässen; das alles bei Strafe des Verlustes der Freibriefe und aller Freiheiten.

Die Meister und Aufseher der Gewerke und Zünfte sollten die Freibriefe oder Patente, die ihnen vom König oder seinen Vorgängern verliehen waren, vorlegen, bei Strafe des Verlustes der Freibriefe und aller Freiheiten. Beiden Gruppen wurde anbefohlen, sich nach den zukünftigen Anordnungen und Bestimmungen des Parlaments zu richten (S. 127-129 u. S. 130 f.).

Ein grosser Teil der Eingänge in englischer Sprache des Jahres 1389 bildet den I. Abschnitt des Werkes von Toulmin Smith, der II. Abschnitt enthält an erster Stelle die beiden lateinisch abgefassten Parlamentsverfügungen von 1388 in englischer Übersetzung und dann eine Reihe andrer Quellenschriften. Viele Einzelheiten aus beiden Abteilungen werden an geeigneten Stellen zur Vergleichung herangezogen werden, um die Familienähnlichkeit dieser Gildensatzungen und der Steinmetzenverfassungen zu zeigen.

Von letztern ist leider kein selbständiges Beispiel in der Sammlung zu finden, sondern nur in einer Zusatzbemerkung zu den Satzungen einer Gilde von Zimmerleuten in Norwich, die 1375 zu Ehren der heiligen Dreieinigkeit begonnen war, wird gesagt:

Und neben allen diesen Ordnungen liefern Robert von Elyngham, Masoun, und andre gewisse masouns von Norwich in der Christuskirche zu Norwich zwei brennende Fackeln für den Hochaltar, wie vorher gesagt ist (S. 39).

Steinmetzen von Norwich

Diese Steinmetzen von Norwich müssen demnach der Zimmrergilde zur heil. Dreieinigkeit mit angehört haben, denn die ersten Worte „neben allen diesen Ordnungen" können kaum etwas andres bedeuten, als dass Robert von Elyngham und seine Werkgenossen dieselben Ordnungen für sich gelten liessen, dass sie aber zwei Fackeln für ihren Altar stifteten, die Zimmrer anscheinend nur eine (vgl. S. 38 oben). Dass es dieselbe Gilde war, beweist eine Bemerkung auf einer andern Norwicher Eingabe, wonach Elyngham und andre ausdrücklich als Mitglieder societatis sancte Trinitatis bezeichnet werden (S. 41).

Da die masons sich diesen Ordnungen angeschlossen hatten, teile ich sie in abgekürzter Gestalt, die wichtigern Stücke wörtlich, mit:

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes und unsrer heiligen Frau Maria, der Mutter Christi, und der ganzen heiligen Gesellschaft des Himmels wurden die Ordnungen der Gilde der Zimmrer begonnen, zu Ehren der heiligen Dreieinigkeit, im Jahre des Heils unsers Herrn Jesu Christi 1375, im 49. Jahre nach der Thronbesteigung unsers edeln Königs Eduards III. (Zweck der Gilde ist Verstärkung der Lichter des Hochaltars der Mutterkirche von Norwich).
Diese Ordnungen haben alle Brüder und Schwestern der Gilde gut geheissen, zu Ehren der Dreieinigkeit, sie zu halten und zu beobachten, nach Kraft und Vermögen, solange 12 Personen der Gilde noch leben.
Alle Brüder und Schwestern sollen am Sonnabend nach Himmelfahrt alljährlich abends zusammenkommen an dem vom alderman und seinen beiden Genossen bestimmten Orte, um vor ihrem Licht zu Ehren der Dreieinigkeit ein Gebet zu verrichten und dabei zu gedenken der heiligen Kirche, des Friedens und der Einigkeit im Lande, sowie der Seelen der Brüder und Schwestern und Freunde und aller Christen. Jeder soll andächtig 5 Vaterunser und 5 Ave-Maria vor der brennenden Kerze sprechen.
Ferner sollen jährlich am Sonntag nach Himmelfahrt alle Brüder und Schwestern im Zuge mit Kerze und Fackel zum Münster gehen und sie auf dem Altar darbringen, die Hochmesse hören und einen Halbpfennig bei der Messe opfern.
Wenn ein Bruder (oder eine Schwester) der Gilde stirbt, soll er (sie) bei der Totenfeier und der Messe von den Brüdern Kerzen bekommen, die um seinen (ihren) Leichnam brennen. Alle Brüder und Schwestern sollen dabei sein und für seine (ihre) Seele beten. Am folgenden Tage sollen sie dem Requiem beiwohnen, einen Heller opfern und einen Halbpfennig als Almosen für die Seele geben. Alle Brüder und Schwestern geben einen Pfennig, um eine Seelenmesse lesen zu lassen.
Wenn ein Bruder oder eine Schwester innerhalb 7 Meilen ausserhalb Norwich stirbt, sollen alle Brüder und Schwestern zu seiner (ihrer) Beisetzungsmesse gehen (die weitern Vorschriften wie vorher).
Wenn er in weitrer Ferne stirbt, soll ihm die Gilde eine Totenfeier im Münster von Norwich veranstalten wie vorher.
Wenn jemand ohne eignes Verschulden, und nicht durch Torheit oder Leichtfertigkeit, in Not oder Armut gerät, so dass er sich selbst nicht mehr helfen kann, soll er aus Nächstenliebe von allen Brüdern und Schwestern wöchentlich einen Heller erhalten, solange die Not dauert.
Wer gegen eine dieser Ordnungen verstösst, auf die er sich verpflichtet hat, soll zu dem Licht zur Verehrung Christi 2 Pfund Wachs zahlen, es sei denn, dass er sich vernünftig entschuldigen kann durch des Königs Dienst oder wegen einer Reise für den König oder seine Minister oder aus einem andern vernünftigen Grunde.
Auch ist es Absicht der Brüder, dass sie um keiner der hier gemachten Ordnungen willen oder aus irgend einer Rücksicht auf diese Gilde eine Ungesetzlichkeit oder eine Verschwörung gegen des Königs Recht oder das gemeine Gesetz unternehmen, auch niemand benachteiligen sollen, nach der Ergebenheit, die sie Gott schulden, und nach der Lehnstreue, die sie unserm Herrn dem Könige schulden.

Wappenbrief

Freibrief oder Patent für die Steinmetzenzunft gab es 1389, soviel wir wissen, noch nicht, sondern erst 1472 ist ihr ein Wappenbrief erteilt worden, nachdem sie, wie Randle Holme berichtet [1688], bereits 1411 zu einer Company gemacht worden war (oben S. 55). Auch in Stows „Survey of London" von 1633 wird dasselbe Jahr angegeben (oben S. 50 Anm. ***).

Was aber das Wesen einer solchen Company oder Fraternity oder Brotherhood oder Society ausmachte, habe ich schon nach Randle Holme angeführt (S. 56) und dabei bemerkt, dass als fünfte gleichwertige Benennung bei ihm noch Fellowship hinzukommt, die ja auch im Wappenbrief und sonst angewendet wird.


Wie alt die Fachverbände der Steinmetzen sind, können wir aus unmittelbaren geschichtlichen Zeugnissen nicht nachweisen. Dass 1376 die masons und freemasons in London als Zunft mit aufgeführt werden, wurde oben unter Nr. 7 schon mitgeteilt (S. 32).

Hierbei ist noch ein frühres Missverständnis zu berichtigen, welches durch eine irrige Angabe Herberts [1834] veranlasst worden und in spätre Schriften übergegangen ist. Schon Gould hat, nachdem er Vol. II, 304 noch den Irrtum geteilt hatte, später denselben verbessert (III, 145 [1885]), aber eine völlige Aufklärung verdanken wir erst Conder, der in seinem Aufsatze „The Masons' Company of the City of London" die Eintragungen der betr. Handschrift genau beschreibt (AQC IX, 29). Der Schreiber hat die Zünfte mit den Namen der Vertreter aufgeführt und an 19. Stelle gesetzt

ffreemasons

Thomas Wrek
John Lesnes

und an 36. Stelle folgen

Masons

Thomas Wrek
John Lesnes
John Artelburgh
Robert Henwick.

Nachher sah er, dass er die beiden ersten Namen vorher schon einmal geschrieben hatte, machte einen Versuch, die erste Eintragung durch Radieren zu beseitigen, und da ihm das anscheinend nicht gelingen wollte, hat er sie ausgestrichen und die Worte quia postea daneben geschrieben. Wir dürfen hieraus schliessen, dass schon damals wie noch später im 17. Jahrhundert der Doppelname Masons or Freernasons für die Zunft üblich war, da die Namen der beiden letztern dieselben sind wie die der beiden ersten Masons, dass es sich hier also nicht um zwei getrennte Zünfte, sondern nur um zwei verschiedne Namen für dieselbe Zunft handelt.

Um eine Grundlage für die Beurteilung der in den alten Verfassungen der Werkleute enthaltnen Vorschriften zu gewinnen, bringe ich einige Ordnungen, wie sie für die bei einem Bau angestellten Arbeiter abgefasst wurden.

Da sind zunächst einige in den Fabric Rolls of York Minster (vgl. oben S.18 Anm. **) erhaltnen zu berücksichtigen. Die älteste gehört dem Jahre 1352 an (S. 171 Anm.), ist lateinisch geschrieben und wird bezeichnet als „Ordinacio facta pro cementariis et ceteris operariis fabricae" (S. 171 ff.). Ich gebe den Inhalt etwas abgekürzt:

Von dem ehrwürdigen Kapitel der Kirche des heil. Petrus von York ist verordnet worden, dass die alten Gebräuche der Steinmetzen und Zimmerleute und der übrigen Werkleute am Bau in den einzelnen Jahreszeiten in hergebrachter Weise beobachtet werden sollen.
Darnach sollen der oberste und der zweite Steinmetz, Meister derselben genannt, und der Zimmermann des Baus, welche vom Kapitel angenommen oder noch anzunehmen sind, vor dem Kapitel schwören, dass sie die unten bezeichneten alten Gebräuche von den übrigen Steinmetzen, Zimmerleuten und den übrigen Werkleuten beobachten lassen wollen, wie folgt.
Die Steinmetzen, die Zimmrer und die übrigen Werkleute sollen an Werktagen im Sommer früh arbeiten bis zum Schlage der Glocke der heil. Jungfrau, dann eine Zeitlang unter der Loge des Baus sich setzen. Darauf sollen die Meister an die Tür der Loge schlagen und alle sofort fleissig an die Arbeit gehen bis zur neunten Stunde, um dann ihr Frühstück zu essen. Ebenso sollen sie im Winter von Michaelis bis Ostern bei Tagesanbruch zur Arbeit kommen und sofort beginnen bis zur neunten Stunde. Nach dem Frühstück sollen sie im Sommer unter der Loge schlafen.

Frühstück der Kanoniker

Wenn die Vikare vom Frühstück der Kanoniker kommen, soll der Meister Steinmetz (magister cementarius) oder sein Stellvertreter sie zur Arbeit wecken; so sollen sie bis zum ersten Vesperschlage arbeiten .und dann sich in der Loge setzen bis zum dritten Schlage, im Sommer wie im Winter. Im Winter sollen sie sofort nach ihrem Frühstück wieder an die Arbeit gehen, ohne die Rückkehr der Vikare zu erwarten, sollen so bis zum ersten Vesperschlage arbeiten und dann unter der Loge trinken bis zum dritten Schlage, darauf im Winter wie im Sommer ihre Arbeit, fortsetzen, so lange sie bei Tageslicht sehen können.
Jeder Steinmetz soll im Winter wöchentlich eine Taglöhnung weniger erhalten als im Sommer. Wenn zwei Feiertage in eine Woche fallen, soll jeder eine Taglöhnung verlieren, wenn es drei sind, die Hälfte des Wochenlohns. Bei Vigilien und an Sabbathtagen, wenn sie wegen des folgenden Feiertags nach der neunten Stunde ruhen, sollen sie bis zum Schlage derselben arbeiten. Die beiden Meister Steinmetzen und der Zimmermann sollen bei jeder Erholung zugegen sein und dem custos und contrarotulator des Baus das Säumen und das Fehlen der Steinmetzen, Zimmerleute und andern Werkleute anzeigen, und darnach soll einem jeden sein Lohn gekürzt werden, um eine ganze Taglöhnung oder um eine halbe, wie es gerecht sein wird.
Die beiden Meister Steinmetzen und der Zimmermann sollen diese Gebräuche unter eidlicher Verpflichtung redlich beobachten und dafür sorgen, dass sie von den übrigen Steinmetzen und Werkleuten beobachtet werden, bei Strafe der Entlassung. Und wenn einer in der vorgeschriebnen Weise nicht arbeiten will, soll er sofort entlassen und nachher nicht wieder angenommen werden, ehe er nicht auf eigne Gefahr genauste Beobachtung zugesagt hat.

Ordinacio cementariorum

Die nächste Yorker „Ordinacio cementariorum" (S. 181 f.) ist vom Jahre 1370 und in dem Englisch jener Zeit abgefasst [Nachschrift bei William James Hughan: Masonic Sketches and Reprints, 1871, 25-26; Nachdruck Kessinger Publishing 1999]. Sie lautet, gleichfalls etwas gekürzt, also:

Es ist vom Kapitel der St. Peterskirche zu York verordnet, dass alle an der Kirche beschäftigten Steinmetzen von Michaelis bis zum ersten Fastensonntage täglich morgens in der neben der Kirche für sie bestimmten Loge an der Arbeit sein sollen, sobald sie bei Tageslicht ordentlich sehen können, und sie sollen redlich den ganzen Tag ihre Arbeit verrichten, so lange sie ordentlich sehen können, wenn es ein voller Werktag ist, sonst bis die Glocke Hochmittag (hegh none) geschlagen hat, wenn ein Feiertag auf den Mittag fällt, ausser zwischen Michaelis und Fasten.
Zu jeder andern Zeit des Jahres mögen sie vor Mittag essen, wenn sie wollen, und auch, wo es ihnen gefällt, doch sollen sie zu jeder Zeit des Jahres zur Essenszeit nur so kurze Zeit von ihrer Arbeit in der Loge fortbleiben, dass kein tüchtiger Mann darin einen Verstoss finden kann; und zur Essenszeit um Mittag sollen sie von der Loge und ihrer Arbeit nie länger als eine Stunde fortbleiben.
Nach Mittag mögen sie in der Loge trinken. Zwischen Michaelis und Fasten sollen sie während des Trunks nicht länger als eine halbe Viertelstunde ihre Arbeit unterbrechen, und vom ersten Fastensonntag bis Michaelis sollen sie bei Sonnenaufgang in der Loge an der Arbeit sein und den ganzen Tag redlich und fleissig arbeiten bis zu einer Viertelstunde vor Sonnenuntergang, wenn es ein Werktag ist, sonst bis zur Mittagszeit, wie vorher gesagt ist, doch sollen sie in derselben Zeit essen, wie zuvor gesagt, und nach Mittag schlafen und trinken in der Loge, jedoch durch Schlafen und Trinken die Arbeit nicht länger als eine Viertelstunde unterbrechen.
Wenn jemand von der Loge und der Arbeit fortbleibt oder gegen diese Verordnung einen Verstoss begeht, soll er mit einem Lohnabzug bestraft werden, nach dem Ermessen des Meister Steinmetzen (maistyr masoun). Alle Zeiten und Stunden sollen durch eine dafür bestimmte Glocke angezeigt werden.
Es wird weiter verordnet, dass kein Steinmetz für die Arbeit an der Kirche angenommen werde, ohne vorher eine Woche oder länger auf die Güte seiner Arbeit geprüft zu werden, und wenn er genügend darin erfunden wird, soll er mit allgemeiner Zustimmung des Meisters und der Unternehmer des Baus sowie des Meister Steinmetzen angenommen werden und auf das Buch schwören, dass er nach seinem Vermögen redlich und fleissig, ohne Falschheit, Unlust oder Trug, alle Punkte dieser Verordnung beobachten und heilig halten wolle, in allen Dingen, die ihn angehen, so lange er vom Zeitpunkt seiner Annahme an als gedungner Steinmetz beim Bau der Kirche des heil. Petrus bleiben werde, und dass er den Bau nicht verlassen wolle ohne Erlaubnis der Meister.
Jeden, der gegen diese Verordnung verstösst und sie übertritt, gegen den Willen des Kapitels, treffe Gottes und des heil. Petrus Fluch.

In einer Anmerkung sagt der Herausgeber, der Meister Robert von Patrington und 12 andre Steinmetzen seien am 31. Oktober 1370 vor dem Kapitel erschienen und hätten diese Regeln beschworen (S. 181 Anm.). Dieser Meister Robert von Patrington war infolge der guten Dienste, die er beim Kirchenbau geleistet hatte, im Jahre 1368 vom Kapitel mit einem Jahresgehalt von 10 Pfund Sterling auf Lebenszeit angestellt worden und hatte auch eine Dienstwohnung erhalten (nach einem Patent in lateinischer Sprache, S. 180 f.); ebenso sein Vorgänger Wilhelm von Hoton (S. 166 f.).

Ordinationes

Endlich sind noch einige „Ordinationes" in lateinischer Sprache aus dem Jahr 1409 erhalten, die aber nur teilweise bemerkenswert sind:

Es ist verordnet worden, dass die Satzungen der Kirche in betreff der Steinmetzen (latomos) bestehen bleiben und Zweifelhaftes, wenn es nützlich erscheint, vom Kapitel klargestellt werden soll.
Ebenso, dass ein Supervisor bestimmt werde, der beständig in der Loge anwesend sei, so weit es ihm möglich sein wird, und die Verfehlungen der Ausgehenden und Eingehenden anmerke, zur Fördrung des Fleisses der Steinmetzen; und es ist vom Kapitel bestimmt worden, dass der Dominus Robert Appilton, Vikar, Supervisor der Steinmetzen sein soll.
Ebenso, dass die Nachlässigkeiten mit Lohnabzug bestraft und die Unverbesserlichen entlassen werden. Ebenso, dass niemand in der Loge zum Arbeiten zugelassen werde als mit Zustimmung der Kanoniker und des Meisters des Baus.
Ebenso, dass der Meister Steinmetz (magister latamus) und die Aufseher (gardiani) und die ältern Steinmetzen einen körperlichen Eid für Redlichkeit und Fleiss leisten, und dass sie, falls sie irgendwelche Vereinbarungen oder eine Verschwörung unter den Steinmetzen wahrnehmen, dies redlich den Herren des Kapitels offenbaren wollen.
Ebenso ist verordnet worden, dass jeder Steinmetz körperlich schwöre, die die Steinmetzen betreffenden Satzungen getreulich zu beobachten.
Ebenso soll wegen der Unerfahrenheit der Steinmetzen mit dem Meister der Steinmetzen verhandelt werden (S. 199).

Supervisor

Man beachte die Einsetzung eines Geistlichen zum Supervisor, wovon gleich hinterher noch ein andres Beispiel angeführt wird zur Überwachung der Herstellung einer Säule (S. 199 f.). Andre Einzelheiten werden an geeigneten Stellen Berücksichtigung finden.

Ich wende mich nun zu den Vereinbarungen, die am 2. Februar 1356 in London vor der Stadtbehörde zwischen zwei streitenden Gruppen von Werkleuten getroffen wurden, und die als amtliches Muster solcher Artikel ihre geschichtliche Bedeutung haben, wie wir bei der Betrachtung der Verfassungen der Werkleute später sehen werden.

Sie wurden aus dem Londoner Stadtarchiv von Henry Thomas Riley zuerst veröffentlicht [1868] und später öfter von andern Schriftstellern abgedruckt.

[Bei Knoop/ Jones, 1968, 43, lautet die englische Bezeichnung: „London Regulations for The Trade of masons“.]

Nach der Angabe des Londoner Archivbeamten, die mir durch Songhurst zugegangen ist, lautet die französische Überschrift:

Ces sount les ordenaunces et les articles touchauntz le mestier des masouns.

Der lateinische Einleitungssatz nennt den Tag der Abmachung und die amtlichen Vertreter der Stadt, den Mayor, 12 Aldermen, 2 Sheriffs und 3 Commoners, vor denen gewisse Artikel für das Gewerbe der Steinarbeiter festgestellt wurden. Die nächsten beiden Absätze berichten in französischer Sprache folgendes:
Da dem Mayor der Stadt London, Simon Fraunceis, zu verstehen gegeben ist, dass Uneinigkeiten und Streitereien zwischen den masons hewers auf der einen Seite und den masons layers and setters auf der andern Seite in der Stadt erregt worden sind, weil ihr Gewerbe nicht in gehöriger Weise durch die Regierung von Leuten ihres Gewerbes geregelt worden ist, wie es in andern Gewerben geschehen ist, so hat der Mayor, um den Frieden unsers Herrn des Königs aufrecht zu erhalten, um derartige Uneinigkeiten und Streitereien beizulegen, und um die Liebe unter allen Leuten zu nähren, zur Ehre der Stadt und zum Nutzen der Bevölkrung (common people bei Riley), mit Zustimmung und Rat der Aldermen und Sheriffs, die guten Leute des genannten Gewerbes vor sich berufen lassen, um von ihnen gute und gehörige Unterweisung zu erhalten, wie ihr Gewerbe am besten geordnet und geregelt werden könnte, zum Nutzen der Bevölkrung.
Hierauf wählten die guten Leute des genannten Gewerbes aus ihrer Mitte zwölf der geschicktesten Männer ihres Gewerbes, um den Mayor, die Aldermen und die Sheriffs über die Bestimmungen und Artikel ihres Gewerbes zu unterrichten, nämlich ... (folgen 6 Namen) seitens der masons hewers und ... (wieder 6 Namen) seitens der masons layers and setters. Diese Leute wurden vor Mayor, Aldermen und Sheriffs vereidigt, wie folgt:
  1. An erster Stelle, dass jeder Mann des Gewerbes jede das Gewerbe angehende Arbeit verrichten kann, wenn er vollkommen geschickt und kundig darin ist.
  2. Ferner, dass gute Leute des Gewerbes gewählt und vereidigt werden sollen, so oft es nötig sein wird, zu überwachen, dass niemand vom Gewerbe eine Arbeit fertig zu machen übernimmt, wenn er nicht gut und vollkommen weiss, wie eine solche Arbeit auszuführen ist, bei Strafe einer Busse von einer Mark zur Verfügung der Stadt beim erstenmal, wo er von den vereidigten Personen dessen überführt wird, von zwei Mark zum zweitenmal, und beim drittenmal soll er das Gewerbe für immer abschwören.
  3. Ferner, dass niemand eine Arbeit im ganzen übernehmen soll, wenn er nicht die geeignete Fähigkeit besitzt, eine solche Arbeit zu vollenden. Wer eine solche Arbeit im ganzen zu übernehmen wünscht, soll dem guten Mann, für den er eine solche Arbeit angenommen hat, sechs oder vier ältre Männer seines Gewerbes bringen, die darauf vereidigt sind, wenn sie dem guten Mann zu bezeugen bereit sind, dass jener geschickt und fähig ist, die Arbeit auszuführen; wenn es ihm nicht gelingt, die Arbeit in gehöriger Weise zu vollenden, oder er nicht die Fähigkeit besitzt, sie zu verrichten, sollen sie, die ihm bezeugen, dass er geschickt und fähig sei, die Arbeit zu beendigen, selbst verpflichtet sein, die Arbeit auf ihre Kosten gilt und angemessen zu vollenden, so wie jener sie übernommen hat, falls der Bauherr den Unternehmer voll bezahlt hat. Wenn jedoch der Bauherr ihm etwas schuldet, soll er dies den Personen zahlen, die es übernommen haben, für ihn die Arbeit zu vollenden.
  4. Ferner, dass niemand einen Lehrling oder Gesellen (journeyrnan} an die Arbeit stellen soll, - ausser in Gegenwart seines Meisters, - ehe er vollkommen in seinem Geschäft unterrichtet ist; wer dem zuwiderhandelt und von den vereidigten Personen dessen überführt wird, soll beim erstenmal zur Verfügung der Stadt eine halbe Mark zahlen, beim zweitenmal eine Mark und beim drittenmal 20 Schillinge, und dann jedesmal 20 Schillinge.
  5. Ferner, dass niemand vom Gewerbe einen Lehrling für weniger als sieben Jahre annehmen soll, nach dem Gebrauche der Stadt; wer dem zuwiderhandelt, soll in gleicher Weise bestraft werden.
  6. Ferner, dass die genannten, so gewählten Meister darüber wachen sollen, dass alle die, welche tageweise arbeiten, ihren Lohn nehmen sollen, je nachdem sie geschickt sind und für ihre Arbeit verdienen, und nicht über Gebühr.
  7. Ferner, wenn einer vom Gewerbe sich nicht in gehöriger Weise von den darauf vereidigten Personen seines Gewerbes lenken oder leiten lassen will, so sollen diese vereidigten Personen seinen Namen dem Mayor bekannt machen, und der Mayor soll mit Zustimmung der Aldermen und Sheriffs ihn durch Gefängnis und andre Strafen züchtigen lassen, damit andre Aufrührer (rebels) ein Beispiel an ihm nehmen können, um sich von den guten Leuten ihres Gewerbes lenken zu lassen.
  8. Ferner, dass niemand vom Gewerbe den Lehrling oder Gesellen eines andern nehmen soll, zum Nachteil oder Schaden seines Meisters, bis seine Zeit völlig abgelaufen ist, bei Strafe der Zahlung einer halben Mark zur Verfügung der Stadt für jedesmal, wo er dessen überführt werden kann.

Die Yorker „Ordinaciones" und die Londoner „Artikel"

Die Yorker „Ordinaciones" und die Londoner „Artikel" sind die ältesten amtlichen Aufmachungen für Steinmetzen, die bisher bekannt geworden sind, und die dem 14. Jahrhundert angehören. Sie unterscheiden sich in der Weise, dass die erstern von dem Domkapitel beschlossen und den Werkleuten einfach vorgeschrieben wurden, während die letztern auf einer Vereinbarung zwischen der Stadtbehörde und den Werkleuten beruhen, wobei deren Vorschläge seitens der Behörde ausdrücklich begehrt wurden.

Gemeinsam ist beiden die Vereidigung der verantwortlichen Persönlichkeiten und die Androhung von Strafen in Übertretungsfällen.

In London wird in dem einleitenden Bericht besonders hervorgehoben, dass die Regierung des Gewerbes durch eigne Abmachungen noch nicht so gut geregelt sei wie bei andern Gewerben. Wir erkennen daraus zweierlei: einmal, dass die Londoner Zunft im Jahre 1356 eine vollkommne Organisation noch nicht besass, und zweitens, dass es bis dahin Sache der Zünfte selbst gewesen war, sich eine solche Organisation durch eigne Vereinbarungen zu geben, zur Fördrung der Gewerbe selbst und zum Vorteil der Allgemeinheit, wie in vielen von der Behörde bestätigten Ordnungen gesagt wird.

Die Parlamentsverfügungen über die Höhe der berechtigten Lohnfordrungen begannen ja erst mit dem Jahre 1349, und zwar gerade deshalb, weil die arbeitenden Klassen nach der Meinung der Regierenden ihre Ansprüche so sehr gesteigert hatten, dass gesetzlich dagegen eingeschritten werden musste. Das erste Gesetz von 1349 (lateinisch) setzt noch keine bestimmten Löhne an, sondern verfügt nur im allgemeinen, dass niemand mehr fordern soll, als im 20. Jahre der Regierung Edwards III. oder 5 bis 6 Jahre vorher üblich war (Statutes, Vol. I, 307f.; Gould, III, 336f.), und zwar sollte das gelten für dienende Personen jeder Art sowie für Handwerker, unter denen die cementarii mit namhaft gemacht werden. Wer mehr nimmt, soll in das nächste Gefängnis gebracht werden.

Die Wirkung scheint nicht die gewünschte gewesen zu sein, denn schon 1351 (Vol. I, 312 f.) folgte eine schärfre Verordnung (französisch), in der bestimmte Löhne festgelegt werden; auch sollen alle Arbeiter und Handwerker vor den Richtern schwören, dass sie die Verordnung befolgen wollen. Wer zuwiderhandelt, wird in Geldstrafen genommen oder eingekerkert, je nachdem die Richter entscheiden (Gould III, 337-339). Viermal jährlich sollten die Richter in allen Grafschaften Verhöre veranstalten, um etwaige Übertretungen zu ermitteln und zu bestrafen.

Uns geht hier die Bestimmung an,

dass Zimmrer, masons, Ziegeldecker und andre Dachdecker für ihre Arbeit täglich nur soviel nehmen sollen, wie sie gewohnt waren (nämlich vor 1346), d. h. ein Meister Zimmermann 3 Pence, ein andrer 2 P.; ein mestre mason de franche peer 4 P., ein andrer mason 3 P., ihre Diener 1 P.; ein Ziegeldecker 3 P., sein Bursche (garceon) 1 P., ein andrer Dachdecker mit Rohr und Stroh 3 P. und sein Bursche 1 P. Ebenso Gipsformer und andre Arbeiter von Lehmwänden, und ihre Burschen nach dem gleichen Satz, ohne Essen und Trinken; das alles von Ostern bis Michaelis, und von da an weniger, nach Ansatz und Ermessen der dazu bestimmten Richter (Vol. I, 312; Gould III, 338; Kloss S. 271).

Die Stadtbehörde von London hatte schon 1350 nach dem ersten Gesetz eine besondre Verfügung über Löhne und Warenpreise in der Stadt erlassen, die bei Riley abgedruckt ist (S. 253-257). Dieselbe beginnt mit folgendem Einleitungssatze:

Um die Nachteile und Schädigungen, welche die guten Leute der Stadt, arm und reich, während des vergangnen Jahres erduldet und empfunden haben, durch masons, Zimmrer, Gipsformer, Ziegeldecker und Arbeiter jeder Art, welche übermässig viel mehr nehmen, als sie zu nehmen gewohnt waren, zu bessern und abzustellen, werden mit Zustimmung des Mayors Walter Turk, der Aldermen und der ganzen Stadtgemeinde die nachstehenden Punkte verordnet, um für immer gehalten und streng beobachtet zu werden (S. 253).

Dann folgen lauter Einzelbestimmungen für Handwerker und Gewerbetreibende, wieviel sie für ihre Arbeit und ihre Waren nehmen dürfen; ich zähle deren 40. An der Spitze stehen die Steinmetzen mit folgender Vorschrift

An erster Stelle, dass die masons zwischen Ostern und Michaelis nicht mehr als 6 Pence für den Werktag nehmen sollen, ohne Speisen und Getränk; und von Michaelis bis Ostern 5 P. für den Werktag. An Festtagen, wenn sie nicht arbeiten, sollen sie nichts nehmen. Auch für die Herstellung und Ausbessrung ihrer Werkzeuge sollen sie nichts nehmen.

In den nächsten Absätzen wird für Zimmrer und Gipsformer derselbe Lohn festgesetzt, die Ziegeldecker sollen aber nur 5 1/2 und 4 1/2 P. nehmen, die Arbeiter nur 3 1/2 und 3 P. Die andern Bestimmungen haben für uns keine Bedeutung.

Die Gesetze haben aber offenbar noch nicht die erwartete Wirkung gehabt, denn 1360 werden sie wieder verschärft, und jetzt richten sich strenge Verbote gegen Vereinbarungen der Bauhandwerker, die sich durch Eide gegenseitig verpflichten, nicht unter einem bestimmten Lohnsatz zu arbeiten. Der für sie geltende Teil lautet also:

Dass Zimmrer und Maceons in diese Verordnung eingeschlossen seien, ebenso andre Arbeiter. Diener und Handwerker; dass die Zimmrer und die Maceons fortan für den Tag und nicht für die Woche, noch auf andre Weise Lohn nehmen; dass die Hauptmeister der Zimmrer und Maceons 4 Pence für den Tag nehmen, die andern 3 P. oder 2 P. je nach ihrer Leistung; und dass alle Verbindungen und Verabredungen von Maceons und Zimmrern, Versammlungen, Kapitel und Verordnungen und Eide untereinander fortan null und nichtig sein sollen; so dass jeder Maceon und Zimmrer, in welchem Verhältnis er stehen mag, von seinem Meister, dem er dient, gezwungen werden kann, jede ihm zukommende Arbeit zu tun, sei es de fraunche pere ou de grosse pere, und ebenso jeder Zimmrer nach seiner Klasse; aber es soll jedem Bauherrn oder sonst gesetzlich erlaubt sein, einen Vertrag oder eine Vereinbarung für einen Bau im ganzen mit solchen Arbeitern und Handwerkern zu machen, wenn es ihnen gefällt, sodass sie solche Bauten nach dem Vertrage oder der Vereinbarung gut und gesetzmässig ausführen (Vol. I, 366f.; Gould III, 340; Kloss S. 273 f.).

In der Folgezeit wurden die frühern Gesetze wiederholt erneuert und bestätigt, so besonders 1389, indem man zugleich bestimmte, dass wegen des Wechselns der Preise für Korn und andre Lebensmittel die Friedensrichter zu Ostern und zu Michaelis nach dem Stand der Preise bekannt geben sollten, wieviel jeder Mason, Zimmrer, Ziegeldecker und andre Werkleute und Arbeiter täglich mit oder ohne Speisen und Getränke nehmen sollen, und dass ein jeder diesen Bekanntmachungen zu gehorchen habe (Vol. II, 63; Gould III, 347; Kloss S. 275 f.).

Auch das Verbot, sich gegen Wochenlohn zu verdingen oder an Festtagen Lohn überhaupt und an halben Arbeitstagen mehr als die Hälfte des Tagelohns zu nehmen, wurde 1402 neu eingeschärft (Vol. II, 137; Gould III, 348; Kloss S. 276); ebenso 1414 die Verpflichtung der Richter, die Handwerker viermal jährlich vor sich zu laden und sie auf ihre Eide zu verhören, ob sie die Gesetze befolgt hätten (Vol. II, 177; Gould III, 349; Kloss S. 277).

Diese Verhöre werden 1423 noch einmal eingeschärft mit besondrer Bezugnahme auf Bauhandwerker, unter denen Masons und Zimmrer an erster Stelle genannt sind; wer eines Verstosses gegen Gesetze und Verordnungen schuldig befunden wird, soll für einen Monat eingekerkert werden (Vol. II, 225; Gould III, 349; Kloss S. 277).

Besonders zu berücksichtigen ist das Gesetz des Jahres 1425, das sich gegen die jährlichen Versammlungen und Bündnisse der Masons richtet. Schon 1360 waren solche Zusammenkünfte und Verabredungen verboten worden (vorher S. 81), die von Masons und Zimmrern unternommen wurden, um durch gemeinschaftliches Vorgehen Lohnerhöhungen zu erreichen und so die vom Gesetz aufgestellten Schranken zu durchbrechen. Das Verbot lautet also:

Da durch die von den in ihren allgemeinen Kapiteln versammelten Masons gemachten jährlichen Zusammenkünfte und Bündnisse Geltung und Wirksamkeit der Arbeiterstatuten offen verletzt und durchbrochen werden, mit Umstürzung des Gesetzes und zum grossen Schaden aller Gemeinen, hat unser Herr, der König, weil er in diesem Falle Abhilfe schaffen will, auf den Rat und mit Zustimmung sowie auf das besondre Ersuchen der genannten Gemeinen verordnet und bestimmt, dass solche Kapitel und Zusammenkünfte hinfort nicht mehr gehalten werden sollen, und wenn doch solche veranstaltet werden sollten, dann sollen diejenigen welche diese Kapitel und Zusammenkünfte haben zusammenberufen und halten lassen, im Falle der Überführung als Hochverräter gerichtet werden, und alle andern Masons, die zu solchen Kapiteln und Zusammenkünften kommen, sollen mit Einkerkerung ihres Leibes bestraft werden und Strafe und Busse zahlen, nach des Königs Willen (Vol. II, 227; Gould III, 351; Kloss S. 277 f.; Conder S. 76).

Die hier verbotnen gesetzwidrigen Versammlungen sind nicht zu verwechseln mit den gesetzmässigen der Gilden und Zünfte, in denen sie alljährlich zusammentraten, um die Beamten zu wählen und überhaupt ihre innern Angelegenheiten zu regeln. Durch die Parlamentsverfügungen von 1388, die ich oben besprach (S. 67), wird bewiesen, dass schon die Verbote von Vereinigungen und Vereinbarungen der Masons und Zimmrer von 1360 (vorher S. 81) nicht gegen bestehende Gilden und Zunftverbrüdrungen gerichtet waren, sondern gegen Sondervereinigungen der Bauhandwerker zur Erzielung höhrer Löhne. Allein gegen die letztern wendet sich auch das Verbot solcher gesetzwidrigen Bestrebungen von 1425.

Plot [1686] ist daher im Irrtum, wenn er dieses Gesetz mit der Society of Freemasons seiner Zeit in Verbindung bringt, die durch dasselbe ganz beseitigt werden sollte (er nennt es an act of Parliament quite abolishing this Society), und die Befürchtung ausspricht, „diese Chapters of Free-masons", da jene Verfügung nicht ordentlich durchgeführt sei, möchten noch ebensoviel Unheil stiften wie früher, so dass es gut sein würde, sie auch jetzt zu überwachen (§ 88, S. 317 f.).

Ebenso ist Plot im Irrtum, wenn er es für sehr unwahrscheinlich hält, dass Heinrich VI. und sein Rat die charges und manners bestätigt haben könnten, wie das in der ihm vorliegenden Pergamentrolle gesagt werde (Anfang von § 88).

Eine Parlamentsverfügung unter Heinrich Vl. von 1437 hatte nämlich für Gilden, Brüderschaften und andre inkorporierte Gesellschaften bei Strafe ausdrücklich vorgeschrieben, dass keine neuen Ordnungen gemacht oder eingeführt werden sollten ohne obrigkeitliche Genehmigung, und 1503/4 wurde diese Bestimmung erneuert. Es geschah beide Male, um den Meistern, Aufsehern und Mitgliedern von Gilden, Brüderschaften und andern inkorporierten Gesellschaften die Einführung ungesetzlicher und vernunftwidriger Ordnungen unmöglich zu machen (Vol. II, 298 f. u. 652 f.; Gould III, 361 u. 368; Kloss S. 284 u. 293).

Zwar werden hier Brüderschaften von Bauhandwerkern nicht einzeln namhaft gemacht, sondern es wird nur ganz allgemein von Genossenschaften der Zünfte gesprochen, aber dass sich auch solche von Masons darunter befunden haben, dürfen wir als selbstverständlich voraussetzen, da von einer Aufhebung von Zunftgenossenschaften bis dahin nirgends die Rede war, sondern nur von gesetzwidrigen Kapiteln und Zusammenkünften.

Wenn also einige Handschriften der Verfassung der Steinmetzen ausdrücklich versichern, dass ihre charges und manners von Heinrich Vl. und seinem Rat bestätigt worden seien, so liegt darin nicht die mindeste Unwahrscheinlichkeit, vielmehr eine einfache Beobachtung des Gesetzes von 1437, von dem Plot offenbar keine Kenntnis gehabt hat. Die Familie der Verfassung, von welcher er eine Handschrift vor Augen hatte, werden wir später näher kennen lernen.

Erteilung eines Wappens

Der bündigste Beweis aber für die Nichtaufhebung der Genossenschaft der Masons ist die Erteilung eines Wappens an dieselbe im Jahre 1472, also gerade in der Zeit zwischen 1425 und 1503/4. Und dazu kommt noch die Königliche Genehmigung für die fellowship of the Free Masons der Stadt London vom 15. Oktober 1481, dass die Mitglieder dieser craft, mistery or science eine Zunfttracht anlegen durften. Die Berechtigung erteilten den einzelnen die Aufseher und die von der fellowship dazu ernannten Personen.

Die Tracht, eine sogenannte livery, sollte benutzt werden, so oft die Aufseher es erforderlich hielten for the honesty of the fellowship der Zunft. Dies ergibt sich aus einer Urkunde, die erst im Jahre 1892 in der Bibliothek der Guildhall aufgefunden worden ist (vgl. Conder, S. 96 f., S. 96 Anm. 2, S. 97 Anm. 1-3).

Ausserdem erfahren wir von dem Heraldiker Randle Holme in Chester, dass die free Masons im 12. Jahre Heinrichs IV. zu einer company gemacht worden sind, also 1411, welches Jahr auch Stow in der Ausgabe von 1633 angibt (vgl. oben S. 55 u. S. 50 Anm. ***).

Vor der Wappenerteilung müssen die Masons auch jedenfalls schon eine Korporation gewesen sein, wie wir gleichfalls von Randle Holme lernen können. Er handelt in der handschriftlichen Fortsetzung seines Werkes über die Erteilung von Wappen an Zunftleute und sagt, dass auch diese, wenn sie zu entsprechendem Ansehen gelangen, ein Wappen beanspruchen können als Abzeichen von worship und esteem. Dann sagt er wörtlich.

„Die Personen nun, denen solche Wappenzeichen eigentlich und von Rechtswegen zustehen, sind vor allen folgende: die niedern Gewerke (trades), welche Companies, Societies oder Brotherhoods bilden, bekommen ein besondres Wappen mit Helmzier zugewiesen, wenn sie Korporationen sind und mit der Berechtigung begabt, im Namen besagter Korporationen zu klagen oder sich verklagen zu lassen, und das besagte Wappen, das diesem oder jenem Gewerk gehört, kann jede Person jenes Gewerks (wenn auch nicht von der Society) annehmen und gebrauchen als sein eignes und besondres Wappen, sei es als Wappensiegel oder am Hause oder auf einer Platte eingegraben oder auf andre Weise, ohne dass jemand daran Anstoss nehmen darf. Und wenn schon ein Fremder, wie viel mehr können die von der Fraternity solches Wappen einer Company als ihr persönliches Recht benutzen“ (vgl. Mas. Mag. IX, 269 f.).

Aus den von Holme dann beschriebnen Wappen von Gewerken wählt Rylands die der Zimmrer und der Masons or ffree Masons aus, wie ich schon oben angeführt habe (S. 55), womit auch zu vergleichen ist, was Holme über das Wesen einer Fraternity oder Society oder Brotherhood oder Company sonst gesagt hat (S. 56).

Der Wappenbrief

Der Wappenbrief [der Masons, or ffree Masons von 1472] lautet also:

Allen Adligen und Edeln, die von diesem gegenwärtigen Schreiben hören oder es sehen, sendet William Hawkeslowe, sonst Clarencieux Wappenkönig der südlichen Marken Englands genannt, ergebne und schuldige Empfehlung, insofern als die Hole Crafte and felawship of masons sich mutig getrieben fühlt, eine vornehme und lobenswerte Führung zu üben und zu pflegen, in so rühmlicher Weise und Art, dass sie bestens zu der Vornehmheit passt, durch die sie mit Gottes Gnade zu Ehre und Würde zu gelangen sich beeifern wird, und mich, den genannten Wappenkönig, ersucht und gebeten hat, ich möchte, auf Grund der mir von des Königs guter Gnade übertragnen Kraft und Vollmacht, für die genannte Crafte and felawship ein Wappen erdenken, welches sie und ihre Nachfolger für immer dreist und in Ergebenheit besitzen, beanspruchen und geniessen können, ohne Nachteil und Vorwurf seitens irgend eines Standesherrn oder Edeln dieses Reiches.
Auf ihr Bitten und Ersuchen habe ich, der genannte Wappenkönig, mit Berücksichtigung und Erwägung des vortrefflichen Zweckes und Zustandes der genannten Crafte and felawship, für sie und ihre Nachfolger dieses folgende Wappen erdacht, nämlich: ein schwarzes Feld, einen ausgezackten silbernen Sparren, drei Burgen derselben Farbe mit Toren und Fenstern im Felde, auf dem Sparren einen schwarzen Zirkel.
Dieses Wappen habe ich nach meiner genannten Kraft und Vollmacht der genannten Crafte and felawship und ihren Nachfolgern bestimmt, verliehen und gewährleistet, und durch dieses mein gegenwärtiges Schreiben bestimme, verleihe und gewährleiste ich ihnen dasselbe, es für immer zu haben, zu beanspruchen, zu besitzen und zu geniessen, ohne irgendwelchen Tadel oder Vorwurf.
Zum Zeugnis dessen habe ich, der genannte Wappenkönig, diesem Gegenwärtigen mein Wappensiegel zugesetzt mit eigenhändiger Unterschrift.
Gegeben zu London im 12. Jahre der Regierung Edwards des Vierten nach der Thronbesteigung.

Clarencieux Wappenkönig

Das bei Conder dem Titelblatte vorgeheftete Faksimile hat zwischen Text und Unterschrift noch die Zahl 1472, ob gleich bei der Ausfertigung oder erst später hinzugefügt, ist nicht zu entscheiden. Durch einen handschriftlichen Nachtrag hat der Wappenkönig Thomas Benolt 1520, im 12. Jahre der Regierung Heinrichs VIII., den Wappenbrief bestätigt. Beweis genug, dass die ganze Zeit über die Craft and Fellowship der Masons sich der Königlichen Anerkennung erfreute.

Ein Bild des Wappens findet sich auf dem → Frontispiz von Georg Kloss: Die Freimaurerei in ihrer wahren Bedeutung, Leipzig: Klemm 1846, Reprint Graz: Akademische Druck- und Verlagsanstalt 1970.

Dazu der Text:

„Wappen der Company of Masons zu London, aus Maitland’s History and Survey of London, Ed. III, 1760. Fol. Vol. 2, S. 1248.

Es wurde ihr 1477 vom Wappenkönige William Hanckstowe ertheilt, doch wurde sie erst unter König Carl II. am 17. Sept. 1677 unter dem Namen The Master, Wardens, Assistants and Commonality of the Company of Masons of the City of London incorporiert.“

Offenbar wurde das Wappen auch übernommen von The Masters and Keepers, and Wardens of the Society of Freemen oft the Mystery or Art of Tilers and Bricklayers of London, welche von Königin Elisabeth 1568 inkorporiert wurde, später sogar von der „Grossen Loge der Freimaurer“ 1743 und 1767. Das heutige Wappen auf der Website der UGLE: → http://www.ugle.org.uk/static/ugle/coatof-arms.htm

Ein → Wappen in Farbe vom Jahre 1472-73 findet sich in Paul Naudon: Geschichte der Freimaurerei, 1982, 33; darunter ein ähnliches Wappen für eine → Korporation der Bauhandwerker in Gateshead, 1671.

Zunftverbände

Die Zunftverbände, die sich auf gesetzmässigem Boden hielten und das durch Vorlage ihrer Ordnungen im Jahr 1437 nachwiesen oder schon früher nachgewiesen hatten, waren durch die Parlamentsverfügungen von 1360 und 1425 in ihrem Fortbestande nicht bedroht. Deshalb haben auch die Verbote dieser beiden Jahre in ihrem französischen Wortlaut keine Ausdrücke, die den englischen Benennungen Fraternity, Society, Brotherhood, Company oder Fellowship gleich stünden, sondern sprechen nur von alliances, covignes, congregacions, chapitres, confederacies, womit lauter einzelne Versammlungen und Vereinbarungen, nicht die dauernd bestehenden Vereinigungen oder Körperschaften gemeint sind.

Darnach sind die généraux chapitres von 1425, in denen sich die Masons jährlich versammelten, .nicht zu verwechseln mit den general assemblies oder meetings der Gilden und Zunftverbände, wie Gould schon früher richtig gesehen („The four old Lodges", London 1879; S. 25) und später wieder betont hat (III, 355).

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