Peter Reimer: Die Altschottische Loge »Hermann zu den neun Sternen« 1811 im Orient Goslar

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Für die allermeisten von uns nicht entzifferbar. Peter Reimer kann es: im Buch ist es die Seite 52 - siehe die folgende Illustration
Die kryptischen Zeichen hinter den Namen der unterzeichneten Grosslogen-Vertreter bedeuten „Respectable“

Aktenstücke zur Geschichte der Schottenmaurerei - im Jahr 2023 aus den historischen Dokumenten transkribiert von Peter Reimer und herausgegeben vom Forschungsbeirat Johann Friedrich Zöllner der Großen National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“.

Keine übliche Rezension - jedoch mit Interesse studiert von Rudi Rabe.

Zusammenfassung: Das 70-seitige Büchlein spiegelt die komplizierte Gründungsgeschichte der Altschottischen Loge »Hermann zu den neun Sternen« in der norddeutschen Stadt Goslar vor mehr als zwei Jahrhunderten.

➤ Warum „komplizierte Geschichte“?

Weil die Zeiten in Goslar damals so wie überall in Europa politisch kompliziert und letztlich instabil waren. Anfang der zehner Jahre hatte Napoleon noch das Sagen, was für Goslar bedeutete, dass die Stadt bei der Gründung der »Hermann zu den neun Sternen« im Jahr 1811 zum napoleonischen Machtbereich gehörte - genauer zum Königreich Westphalen mit der Hauptstadt Kassel. Gegründet wurde die Altschottische Loge, eine Hochgradloge, von drei Johannislogen („blaue Logen“): vor allem der „Hercynia zum flammenden Stern“ (in Goslar gegründet erst 1808; deren Stuhlmeister war der eigentlich Motor), unterstützt von zwei weiteren Logen in Osterode und Alfeld. Diese drei Logen gehörten zum französisch beeinflussten freimaurerischen Großorient von Westphalen in Kassel.

➤ Warum „spiegelt“?

Das Buch beschreibt nun nicht etwa das politische Umfeld und seine Auswirkungen auf die Freimaurerei Goslars, wie ich das zusammenzufassen versucht habe. Vielmehr spiegelt es nach kurzen einleitenden Kapiteln auf sechzig Seiten den umfangreichen Briefwechsel zwischen den Freimaurern in Goslar und dem Großorient in Kassel. Das Wort „spiegelt“ verwende ich hier, weil Peter Reimer die Originaldokumente detailgenau in unsere heutige Schrift übertragen hat, so dass wir sie lesen und verstehen können. Das ist der eigentliche Schatz des Buches: Briefe und Eintragungen in Kurrentschrift, die heute kaum mehr jemand entziffern könnte, wurden so für die Nachwelt und für die Freimaurerforschung gesichert.

Ein ganz normaler Leser wird die sehr administrativ-juristisch gehaltenen Briefe (so wie auch ich) wohl nicht Wort für Wort durchackern, sondern darin blättern und schmökern und durch die vielen verblichenen Ausdrücke daran erinnert werden, wie lang das alles schon her ist. Dies nicht nur des eigentlichen Themas wegen, sondern gelegentlich auch, wenn er erfahren kann, wie gefährlich zum Beispiel das Reisen damals war, etwa wenn ein „strängeschlagender“ Hengst „biß und schlug“ und die Rösser nicht wollten, wie sie sollten: „Mehrere Male lag der Knecht zwischen den Pferden, und endlich wurden wir auf das Schrecklichste umgeworfen, ich habe meine Brust und Rippen so gequetscht, daß ich mich noch voller Schmerzen befinde.“

➤ Und das Ergebnis?

Der umfangreiche Briefwechsel zwischen Goslar und der masonischen Obrigkeit in Kassel führte noch 1811 zum Ergebnis, dass der Großorient grünes Licht gab. Man könnte das als Zeichen der damaligen französischen Liberalität deuten, durchaus auch in einem gewissen Kontrast zu den Zeiten nach 1813, als die Franzosen die Völkerschlacht bei Leipzig verloren hatten, wodurch sich das Königreich Westphalen auflöste und die Freimaurer der Region nach einem neuen Dach suchen mussten. Für die Mitglieder der Altschottischen Loge »Hermann zu den neun Sternen« bedeutete das, dass sie nach einigem Suchen am 18. Dezember 1822 schließlich bei der preußischen Großen National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“/3WK landete - auch das nach einem komplizierten Schriftwechsel, der ebenfalls erhalten ist, dessen Transkription aber noch aussteht.

➤ Transkriptionen als Kulturtat

Mit solchen Transkriptionen - weitere werden hoffentlich folgen - vollbringen der Forschungsbeirat "Johann Friedrich Zöllner" und Peter Reimer eine maurerische Kulturtat. Peter Reimer verwendet diesen Ausdruck bescheidenerweise nicht. Seine Leistung und die des Forschungsbeirats bewertet er ganz prosaisch einfach so: „Um dem Vergessen vorzubeugen und das Wissen weiterzugeben, wurde dieses historische Dokument aus der deutschen Kurrentschrift transkribiert und für nachfolgende Generationen lesbar gemacht. Wünschen wir, dass hiervon einstmals Gebrauch gemacht wird.“

Übrigens: Die Altschottische Loge »Hermann zu den neun Sternen« bestand bis 1935 - dem Unglücksjahr, in dem Hitler die deutsche Freimaurerei aufgelöst hat.

Noch ein Beispiel mit zwei tollen alten Siegeln ... und darunter die Transkription (im Buch auf den Seiten 66 Mitte bis Ende 67). Beim genauen Studium des Originals ist zu erkennen, dass einzelne Wörter wie etwa Eigennamen in unserer heutigen Schrift geschrieben sind, dass manche Schreibende damals also durchaus beide Schriften beherrscht haben.


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Peter Reimer: Die Altschottische Loge »Hermann zu den neun Sternen« 1811 im Orient Goslar - Aktenstücke zur Geschichte der Schottenmaurerei - Berlin 2023 - herausgegeben vom Forschungsbeirat »Johann Friedrich Zöllner« der GNML zu den drei Weltkugeln.

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