Rezension: Horst-Rudolf Köneke: Freimaurerlogen. Die letzten Mysterienbünde

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Horst-Rudolf Köneke: Freimaurerlogen. Die letzten Mysterienbünde

Rezension von Roland Müller

Horst-Rudolf Köneke: Freimaurerlogen. Die letzten Mysterienbünde (1998)


Horst-Rudolf Köneke: Freimaurerlogen. Die letzten Mysterienbünde. Delmenhorst: Der Neue! Verlag 1998; 2. erweiterte Aufl. Norderstedt: Books on Demand 2003.


Das ist ein konfuses Buch. Man würde nicht denken, dass der Autor (geb. 1931), Studiendirektor ist und im Fachbereich Religionswissenschaften der Universität Bremen arbeitet.


Aufbau und Inhalt des 250seitigen Werkes sind chaotisch. Vielfach hat man den Eindruck, es handle sich um Karteikärtchen und Notizzettel mit einzelnen Sätzen, die auf den Boden gefallen sind, mühsam aufgelesen und in zufälliger Reihenfolge gedruckt wurden. Gegen Ende der Lektüre wird man gewahr, dass es dem Autor um den Nachweis geht, dass die Freimaurerei durchaus mit dem Christentum vereinbar und offenbar eine ganz gute Sache ist. Aus Internetseiten geht hervor, dass der Autor Freimaurer ist.

Saloppe Behauptungen

Viele Ausführungen sind reichlich salopp. Einige Beispiele:
„Als die Zeit der grossen Dombauten im 17. Jahrhundert ausklang, wurden die Logen merkwürdigerweise zunehmend von Intellektuellen unterwandert“ (40). Oder: „Der Bund der Freimaurer trug zum Niedergang des Absolutismus bei. Logenbrüder wirkten an herausragender Stelle bei der Französischen Revolution mit“ (44). Oder: „Das 18. Jh. mit seinen zahlreichen Logensystembildungen und auch Verirrungen bedingte eine Unzahl von Ritualen“ (127). Oder: „Geduldig – ihrem Toleranzprinzip fest zugetan – erwarteten die Logen die Herrschaft des NS-Regimes. Im Jahre 1935 gab es dann in Deutschland keine Freimaurerlogen mehr“ (46). Oder: „Im ‚real existierenden Freimaurertum’ besteht Hoffnungslosigkeit … Der hohe Anspruch, eine bessere Welt gestalten zu wollen, erzeugt die Angst vor dem eigenen Versagen und die Depression der scheinbaren eigenen Hilflosigkeit“ (68).

Weitere pauschale Behauptungen sind: „Freimaurerisch war das Grundmotiv der Verfassung der USA, ohne die wir unfrei wären“ (83). „Freimaurerisch war die Gesinnung, die in Deutschland zur Abschaffung der Leibeigenschaft und zur Emanzipation der Juden führte“ (83). Fraglich sind die Behauptungen, „die freimaurerische Bezeichnung ‚Grosser Baumeister aller Welten’ geht auf biblische Ursprünge zurück“ (178). „die feste Überzeugung, dass es eine Gott gibt, der sich mit uns freut, aber auch mit uns leidet, ist in Freimauerkreisen weit verbreitet“ (184).


Wer war nun wirklich Freimaurer?

Warum Köneke Richard Nixon (45) und Leo Tolstoi (96) als Freimaurer bezeichnet, ist unerfindlich. Dafür bezweifelt er Klopstocks und Schlegels Zugehörigkeit zum Bunde (156). Ebenso rätselhaft ist die Erwähnung, dass der berüchtigte Berliner SA-Sturmführer und nationalsozialistische Märtyrer Horst Wessel „Sohn eines evangelischen Pfarrers und Freimaurers“ (56) war. Dass Voltaire unter den „prominenten Brüdern“ ausführlich gewürdigt wird (15-152), ist etwas gewagt, da dieser erst zwei Monate vor seinem Tod in den Bund aufgenommen wurde. Lessing, Herder, Fichte und Rückert hatten durchaus ein gestörtes Verhältnis zur Freimaurerei, was Köneke mit folgendem Satz begründet: „Zu dieser Zeit gab es jedoch Mystifikationen, Ritterspielereien und menschliche Unzulänglichkeiten, die heute bis auf den letzten Aspekt ausgeräumt sind (156).
Unrichtig ist die Behauptung: „Die österreichischen Bundeskanzler Vranitzky und Sinowatz sowie der US-Präsident Ronald Reagan machten aus ihrer Logenmitgliedschaft kein Hehl ... Auch der ermordete israelische Ministerpräsident Yitzhak Rabin gehörte zum Bund der Freimaurer“ (157). Dass Kant von den Freimaurern als „einen der ihren“ bezeichnet werde (156) ist nicht bekannt.

Konfus

Die historische Darstellung der Freimaurerei in Deutschland (43-64) wirkt etwas chaotisch, jedenfalls wird die Chronologie immer wieder durchbrochen. In Zentrum steht die „Grosse Landesloge“, welche „das sogenannte christliche Prinzip“ (47) durchsetzte, wonach Juden vom Logenleben ausgeschlossen wurden. Auch sonst herrscht Chaos, obwohl Köneke das Motte des Alten und Angenommenen Schottischen Ritus (AASR) zitiert: „Ordo ab chao“ (1, 73). Zweimal bringt er Kants Definition von Aufklärung (43f, 81).

Das 6. Kapitel trägt den Titel „Hochgrad-Freimaurerei“ (65-76) und behandelt den AASR; Kapitel 10.4 hat den Titel „Weiterführende Grade“ (140-146) und behandelt unter anderem erneut den AASR, dazu die „Erkenntnisstufen“ der Grossen National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“ und das System der Grossen Landesloge.

Köneke behauptet: „Eine Geheimhaltung freimaurerischer Symbole kann es nicht geben, denn es gibt nichts, was verraten werden könnte“ (107). Später zählt er jedoch auf, dass von den Freimaurern geheimgehalten werden: „1. die Ritualtexte, 2. die Erkennungszeichen, 3. die Namen der Logenbrüder“ (123).


Ungenau, unrichtig und unproportional

Vieles ist ungenau: Lange nicht alle Symbole und Rituale der Freimaurer stammen aus der Dombauwelt (159). Es gilt nicht, „der Menschheit einen Tempel zu bauen“ (88), sondern die Freimaurer bauen am Tempel der Humanität (vgl. 113). In Mozarts Zauberflöte werden „Original-Ritualabläufe“ mitnichten „realitätsgerecht“ dargestellt (124).

Köneke spricht von der „heimeligen Welt des Freimaurertempels“ (91) und behauptet später, der Tempel sei „ein geweihter Raum, ein Heiligtum – ein Gotteshaus“ (123) oder der Tempel stelle „einen von der profanen Welt abgeschnittenen heiligen Bezirk“ dar (188). Manches ist schlicht sprachlich wie inhaltlich vermurkst, z. B.: „Mit dem Spitzhammer soll sich der Freimaurer-Lehrling entsprechend dem unbehauenen Stein die Ecken der Unvollkommenheit abhauen“ (112).

Viele Schilderungen sind schlecht proportioniert: So wird beispielsweise das Gesellenritual auf einer Seite skizziert, die Hiramslegende des Meisterrituals - einem dramatischen Mysterienspiel - dagegen auf sieben Seiten ausgebreitet (133-139).

Unpassendes und Unverständliches

Unpassend ist, wenn Köneke zum Thema „Tempeldienst ohne Frauen“ Voltaire zitiert: „Die Frau ist ein menschliches Wesen, das sich anzieht, schwatzt und wieder auszieht“ (160). Oder er fragt: „Ist die Venus von Willendorf am Ende ein Pin-up-Girl altsteinzeitlicher Jäger?“ (161) Oder er berichtet, dass Immanuel Kant „beinahe zwei Frauen – hintereinander versteht sich“ Anträge gemacht hat (164).

Gegen Schluss bringt Köneke noch einige religiöse Sondergruppen ins Spiel. Wenn ein Freimaurer bei den Scientologen aufgestiegen ist, mutiert er für seine Loge zu einer “Karteileiche“ (205). Die Zeugen Jehovas verhalten sich gegenüber Freimaurern „wie zu Rauchern. Sie müssen vor der Aufnahmezeremonie das Rauchen aufgeben“ (205). In den Ostkirchen hat die höchste Macht nicht ein einzelner, wie der Papst, sondern das Ökumenische Konzil. „Durch Ikonen hindurch wird Gott angebetet. Alles dies befindet sich in Übereinstimmung mit freimaurerischem Gedankengut“ (206).

Unverständlich ist auch die Behauptung, dass der sogenannte Toronto-Segen der Pfingstbewegung 1994 „in den Tempeln der Freimaurer“ nicht zu spüren war (197). „In der Bruderkette ist durch die Zugehörigkeit der meisten Freimaurer zu einer der grossen Kirchen diese immer dabei“ (198).

Abgeschrieben und nicht ergänzt

Die auffallend lange Wiedergabe der Verhandlungen der katholischen Kirche mit der und über die Freimaurerei (210-238) sind wörtlich abgeschrieben von Seiten 104-126 aus dem Buch von Jürgen Holtorf „Die verschwiegene Bruderschaft“ (1983; später unter dem Titel: „Die Logen der Freimaurer“). Der einzige Unterschied: Das K von „katholische Kirche“ ist gross geschrieben … Noch betrüblicher ist, dass bei diesem Thema mit keinem Wort erwähnt wird, dass 1983 ein neuer Codex Iuris Canonici in Kraft trat und am 26. November desselben Jahres die Glaubenskongregation der katholischen Kirche bestätigte, der Beitritt von Katholiken zur Freimaurerei bleibe weiterhin verboten.

Was unterbleiben sollte

Am Schluss gibt der Autor 12 Empfehlungen, „wie die Freimaurerei aus ihrer offensichtlichen Lethargie herauskommen könnte“ (139). Das könnte eine moderate Öffnung sein. Eine radikale Offenlegung werde von der Öffentlichkeit „gar nicht erwartet, geschweige denn verlangt. Von Geheimnisvollem geht durchaus ein Reiz aus, der werbewirksam genutzt werden kann“ (241). Oder: „Dass Gespräche über Politik und Religion in den Logen nicht verboten sind, sollte mehr verdeutlicht werden … Unterbleiben sollte hingegen das Zitieren aus der Sensations- und Regenbogenpresse“ (241f).

Unterbleiben sollte freilich auch das Zusammenschustern schlechter Bücher.

Wenn man das Buch mit einem verdrehten Satz des Umschlags karikieren möchte, könnte man sagen: „Eine überflüssige Darstellung – mit kritischer Polemik.“



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