Rezension: Franz Bridoux - Liberté Chėrie - In Nacht und Nebel

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Liberté Chérie - In Nacht und Nebel

Rezension von Triangle

In seiner kurzen Einführung noch vor Vorrede und Vorwort weist der Verlag darauf hin, dass dieses Buch keine Literarischen Anspruch erhebt. Es gehe lediglich zum die Zusammenstellung von Nachforschungen und Erinnerung. Auftrag erfüllt und mehr als das:

Die einfach, schnörkellose Sprache, die zum Teil fragmentarisch und etwas willkürlich wirkende Zusammenstellung der Erinnerungen und Beschreibungen der Erlebnisse und Vorfälle im Konzentrationslager Esterwegen bis hin zur Gründung der gerechten und vollkommenen Freimaurerloge "Liberté Chėrie" im Herbst 1943 machen dieses Buch authentisch. Da wir nicht um der literarischen Höhenflüge willen mit Worten jongliert, da gibt es kein Pathos, sondern nur das direkte beschreibende Wort eines Überlebenden. Schonungslos beschreibt er die Ausgrenzung, die völlige Isolation der sogenannten NN-Gefangenen, der "Nacht und Nebel-Gefangenen". Sie waren dem Nazi-Regime ein solcher Dorn im Auge, dass sie diese nicht in den Prozess der herkömmlichen Vernichtungslager einschleusten, sondern in die emsländischen Moorlager steckten. Dort selbst isolierten sie die NN-Gefangenen so von den übrigen Häftlingen, dass sie wie ausradiert wirkten. Ziel und Absicht waren erreicht - es hat sie nie gegeben, seine Kugel, das Gas der Gaskammern war aus Sicht der Nazis zu schade - Vernichtung durch Arbeit zu aufwändig. Also ließ man sie - zusammengepfercht in Baracken - verhungern, dem Hunger-Wahnsinn entgegentreiben, verlöschen. Dieses Stimmung transportiert die einfach und klare Sprache des Überlebenden Franz Bridoux so weit möglich und legt damit den Grundstein für das Verständnis, warum hier Männer sich zusammenfanden, um geistig zu arbeiten. Die einen als Katholiken, die anderen als Freimaurer. Die einen in der Heiligen Messe, die anderen in der Rituellen Arbeit, sich gegenseitig achtend und schützend. Der Geist als Waffe gegen den von den Nazis gewollten geistigen und körperlichen Tod. Die Arbeiten der Freimaurerloge Liberté Chérie bleibt dabei in Andeutungen verborgen, es geht um Gespräche in kleinen Gruppen, mehr um den Geist des Miteinanders, der gegenseitige Stützung als um die faktischen Abläufe.

Und so entsteht trotz des fehlenden literarischen Zusammenhalts aufgrund der konkreten Schilderungen, Schaubilder und Skizzen ein sehr tiefgreifendes, sehr emotionales Bild über die Männer der Liberté Chérie.

Dieses Buch ist allen - nicht nur den Brüdern Freimaurern - zu empfehlen, die mehr über die Stimmung, die Atmosphäre in den KZ und speziell in den Lagern für politische Gefangene und Widerstandskämpfer erfahren wollen, die wissen wollen, was die Überlebenden hat überleben lassen und welches Geistes Kind sie waren: Vorbilder in Standhaftigkeit, die keines Pathos keiner hohen Sprache bedurften. Vorbilder an Mitgefühl und Toleranz untereinander. In diesem Buch geht es um die "Basics", wie man auf neudeutsch sagt: Was macht den Menschen menschlich im Angesicht der Unmenschlichkeit? Das wird in jeder Zeile spürbar. Ein tiefer Dank gebührt dem Salier-Verlag, dass er diese deutsche Übersetzung der Erinnerungen von Franz Bridoux veröffentlicht hat.

Ergänzung

Am 14. Januar 2017 unser Br. Franz Bridoux i. d. e. O. vorausgegangen. Der Belgier gehörte zu den Überlebenden des KZ Esterwegen, in das er 1943 als sogenannter "Nacht und Nebel"-Häftling deportiert worden war. In dem Lager war im selben Jahr von einigen Brüdern die einzige bekannte KZ-Loge unter dem Namen "Liberté Chérie" gegründet worden. Franz Bridoux war zu diesem Zeitpunkt, als 19-jähriger Fahnenflüchtiger und Widerstandskämpfer, zwar noch kein Freimaurer, gehörte aber zu den letzten Augenzeugen des Geschehens um diese Loge, über deren Geschichte und Mitglieder er später intensiv forschte.

Der Mut und die Brüderlichkeit seiner Mithäftlinge hatten ihn sehr beeindruckt, so dass er 1966 selbst Freimaurer wurde, aufgenommen in der Loge "Les Amis Philantropes" in Brüssel. In seinem Buch "Liberté Cherie - In Nacht und Nebel", das in französischer und deutscher Sprache erschienen ist, legte er seine Forschungen dar und beschrieb die grauenvollen Zustände im KZ Esterwegen auch aus eigenem Erleben.

Im Vorwort seines Buches schrieb er: "Unsere Hoffnung ist, dass die Erinnerung an die Gründer der Loge 'Liberté Chérie' uns wach hält, um uns den wieder aufziehenden Gefahren in den Weg zu stellen."

Br. Franz Bridoux, geb. am 1. Januar 1924 in Péruwelz/Belgien, starb am 14. Januar 2017, im Alter von 93 Jahren, in Rixensart, und wurde am 20. Februar 2017 von seiner Familie und Freunden zu Grabe getragen. Möge ihm das hohe Licht leuchten!

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