Toleranz

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Toleranz - Lennhoff Posner

Quelle: Lennhoff, Posner, Binder von 1932


Duldung, kam am Ausgang des Mittelalters als Reaktion gegen den Fanatismus den unerbittlichen Absolutismus der katholischen Kirche, zunächst infolge der Dogmenmüdigkeit eines Teils der Menschheit zum Durchbruch. Die deistische Bewegung (s. Deismus), die die allen Menschen annehmhare "natürliche Religion" suchte, spiegelte die erwachte Toleranzidee in besonders prägnanter Weise. Comenius (s. d.) gebrauchte den Ausdruck Toleranz bereits im modernen Sinne der Glaubens- und Gesinnungsfreiheit. Die Toleranz wurde in der Folge auch auf das politische Gebiet übertragen. Eine wahrhafte Demokratie — die vorherrschende Staatsform der Gegenwart — soll ihrem ganzen Wesen nach von Toleranz durchtränkt sein. Die "Alten Pflichten" (s. d.) brachten den Toleranzgedanken in klarster Form zum Ausdruck.

"... So hält man jetzt für ratsamer, sie (d. s. die Maurer) bloß zu der Religion zu verpflichten, in welcher alle Menschen übereinstimmen, und jedem seine Meinung zu lassen, d. h. sie sollen gute und treue Männer sein oder Männer von Ehre und Rechtschaffenheit, durch was für Sekten oder Glaubensmeinungen sie auch sonst sich unterscheiden." An anderer Stelle heißt es: "Denn wir gehören als Maurer bloß zu der oben angeführten allgemeinen Religion, auch sind wir von allen Nationen, Zungen und Sprachen.. .", was der deutsche Kaiser Friedrich III. später in die Worte kleidete: "Zwei Grundsätze bezeichnen vor allem unser Streben: Gewissensfreiheit und Duldung". "Toleranz ist das Palladium der Freimaurerei immer gewesen und muß es bleiben" (Wolfstieg, "Die Philosophie der Freimaurerei"). Die Einsicht in die Bedingtheit aller Wahrheiten bildet bei der freimaurerischen Toleranzidee das auslösende Motiv.

Die geistige Maurerei, die Freimaurerei von heute setzte in England in einem Augenblick ein, da John Locke (1632—1709) und andere die Toleranzidee in den Mittelpunkt der Erörterungen gerückt hatten. (Vergl. Lockes Buch "Die Vernünftigkeit des Christentums", durch welches er zum Wortführer der religiösen Tolernaz wurde.) Die Freimaurerei nahm diese Lehre begierig auf.

Die wichtigste Aufgabe der Freimaurerei ist, in das an sich unduldsame, von verantwortungslosen Führern aufgepeitschte Massengeschehen durch Erziehung, vor allem ihrer eigenen Glieder, Toleranz zu tragen. Durch diese Mission wirkt sie an der Vergeistigung und Befriedung der sozialen Wechselbeziehungen in hervorragender Weise mit und ist in diesem Sinne berufen ein wichtiger Kulturfaktor zu sein, wenn sie ihrer Sendung gerecht wird. Die Loge hat daher keine wichtigere Aufgabe, als die Erziehung zur Duldsamkeit. Die katholische Kirche bekämpft die Freimaurerei vor allem wegen der in der Toleranzidee enthaltenen Antidogmatik, da diese ihre dogmatiche Grundlage zu erschüttern, die Disziplin ihrer Anhänger zu lockern geeignet sei. Die - erste antifreimaurerische - Bulle des Papstes Clemens XII. vor 1737 warf der Freimaurerei vor, daß sie eine Gesellschaft sei, "in welcher Menschen jeder Religion und Sekte... sich gegenseitig verbinden". Diese Auffassung kehrte in allen späteren päpstlichen Verdammungen wieder.

"Derselbe Grund, aus dem der Papst uns verdammt, ist in den Augen der zivilisierten Welt der höchste Ruhm unserer Brüder" (J. C. Bluntschli). In der Ideologie der Freimaurerei stehen wahre Religiosität und Toleranz nicht im Gegensatz zueinander. "Gewissenszwang ist die schmählichste Sünde und Unduldsamkeit die gemeinste Art der Unmenschlichkeit, weil auf diese Weise ebenso das wahrhaft Menschliche, wie das Göttliche unmöglich gemacht wird..." (Schenkel, "Die Freimaurerei im Lichte der Religions- und Kirchengeschichte"). Die Freimaurerei faßt die Toleranzidee im weitherzigsten Sinne auf. Doch sind dieser dennoch Grenzen gesetzt, indem Anhänger von Bewegungen, die für Gewaltanwendungen in irgendeinem Sinne eintreten, in den Bund nicht aufgenommen werden sollen.

Die Toleranzidee ist in den Gesetzbüchern des überwiegenden Teils der Freimaurerei verankert; wenn einzelne Gruppen in der Gegenwart Zeitströmungen (Hypernationalismus, Antisemitismus u. a.) entgegenkommen zu müssen glauben, so verleugnen sie dadurch die wahren Grundlagen der Freimaurerei.

Toleranz im freimaurerischen Sinne

Quelle: Auszug aus "Leitgedanken der Freimaurerei" AFuAM http://www.freimaurerei.de/index.php?id=9

Das Einüben des Zusammenlebens aller Brüder in der Loge erfordert Aufeinanderzugehen in allen Lebenssituationen, Verständnis der Charaktereigenschaften des anderen und Hilfsbereitschaft in Not. Freimaurerische Toleranz bedeutet nicht desinteressiertes Geltenlassen anderer Auffassungen, sondern die Bereitschaft, die Überzeugung des Partners - oder sogar Gegners - in ehrlicher Auseinandersetzung zu respektieren. All dem stehen oft egoistische Verhaltensweisen und andere menschliche Unzulänglichkeiten im Wege. Deren Überwindung durch Gespräch, Anleitung und Vorbild ist fortdauernder Gegenstand freimaurerischer Arbeit.

Toleranz - Wikipedia

Quelle: Wikipedia, Artikel dort: „Toleranz“

Begriffsspektrum

Der Begriff der Toleranz findet sich ohne konsistente Bedeutung in Rechtslehre, der politischen Theorie, der Soziologie und der Ethik, jeweils im Zusammenhang mit dem Umgang und der Regelung von Konflikten in sozialen Systemen.[3] Viele Erlasse, die in der Geschichte (religiösen) Minderheiten Duldung zusicherten, werden auch als Toleranzedikte bezeichnet.

Toleranzidee

Entsprechend der Geschichte der Toleranzidee ist der Begriff häufig mit der religiösen Toleranzforderung verknüpft. So meint Toleranz beispielsweise den gegenseitigen Respekt der Einzelnen gegenüber den Ansichten über die „Letzten Dinge“. Eine Verankerung wird beispielsweise im christlichen Liebesgebot gesehen.

Soziale Definition

Im politischen und gesellschaftlichem Bereich gilt Toleranz auch als die Antwort einer geschlossenen Gesellschaft, und ihres verbindlichen Wertesystems, gegenüber Minderheiten mit abweichenden Überzeugungen, die sich in das herrschende System nicht ohne weiteres integrieren lassen. Insofern schützt die Toleranz ein bestehendes System, da fremde Auffassungen zwar zur Kenntnis genommen aber nicht zwangsläufig übernommen werden. Die Toleranz schützt aber auch die Träger einer Minderheitsmeinung vor Repression und gilt insofern als eine Grundbedingung für Humanität.In diesen Zusammenhängen ist Toleranz auch die Vorbedingung einer friedlichen, theoretischen, Auseinandersetzung um konkurrierende Wahrheitsansprüche.

Repressive Toleranz

Der von Herbert Marcuse geprägte Begriff repressive Toleranz kritisiert dabei, dass in einer Gesellschaft mit unklarem Wertepluralismus, in der Toleranz als Norm gilt, rationale und berechtigte Kritik wirkungslos bleiben kann.

Philosophie

In der Philosophie ist das Problem der Toleranz mit der Frage nach Wahrheit und Freiheit verbunden: Gibt es „die Wahrheit“ im Besitz von Einzelnen bzw. Gruppen und inwiefern verhält es sich mit Freiheit gegenüber dem als „Wahrheit“ angesehenen?

Geschichte der Toleranzidee

In der europäischen Geistesgeschichte entstand die Toleranzidee im Zusammenhang mit Überlegungen zum Verhältnis der christlichen Religion zu anderen Religionen, seit dem Zeitalter der Glaubenskriege auch bezüglich der Konflikte zwischen unterschiedlichen christlichen Konfessionen.

Eine Befürwortung von Toleranz gilt in der Ideengeschichte auch als ein Hinweis auf eine allmähliche Differenzierung von Kirche und Staat und für die Durchsetzung eines gesellschaftlichen Pluralismus. Entscheidend war in diesem Zusammenhang auch das Zurückdrängen absoluter Geltungsansprüche einzelner religiöser Richtungen in Politik und Rechtsprechung.

Toleranzedikt

Das erste neuzeitliche europäische Toleranzedikt war die Konföderation von Warschau (1573), die als Beginn der staatlich gesicherten Religionsfreiheit in Polen gilt.

Epistola de tolerantia

Der englische Philosoph John Locke konzipierte 1667 in englischer Sprache einen Aufsatz, der 1689 anonym in Latein unter dem Titel Epistola de tolerantia („Brief über die Toleranz“) erschien. Diesem folgten zwei weitere in englischer Sprache A Second Letter Concerning Toleration (1690) und A Third Letter Concerning Toleration (1692). Locke plädierte für eine gewisse Duldung unterschiedlicher religiöser Bekenntnisse, jedoch nicht des Atheismus und nur eingeschränkt des Katholizismus. In England wurde im ähnlichen Sinne 1689 vom Parlament der Toleration Act verabschiedet.

Aufklärungszeit

Im Zeitalter der Aufklärung wird die Toleranzidee zur Forderung einer Duldung aller Konfessionen, der Bedeutungsbereich des Toleranzbegriffs wird auch über das religiöse hinaus erweitert, auf eine allgemeine Duldung anders Denkender und Handelnder. So gilt in Lessings 1779 veröffentlichten Drama Nathan der Weise die Ringparabel als eine zeitgenössische Formulierung des Toleranzgedankens, bezogen auf die drei großen monotheistischen Religionen. In Frankreich machte sich Voltaire bereits 1763 in seiner Schrift Traité sur la tolérance („Abhandlung über den Toleranzgedanken“) zum Fürsprecher einer uneingeschränkten Glaubens- und Gewissensfreiheit.

Brockhaus

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts definierte Brockhaus im Conversations-Lexikon: „Die Toleranz – Duldung – heißt die Zulassung einzelner Personen, oder auch ganzer Gesellschaften, welche in Rücksicht der Religion anders denken, als die zur herrschenden Religion sich bekennenden Bewohner eines Orts oder Landes.“Und Goethe forderte in seiner Aphorismensammlung Maximen und Reflexionen: „Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: Sie muss zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen.“

Religiöse Toleranz

Der englische Philosoph und Ökonom John Stuart Mill verwendete in der Mitte des 19. Jahrhunderts den Begriff der Toleranz nicht als Terminus, sondern sprach von religiöser Toleranz im traditionellen Sinne. Seine Betonung individueller Freiheiten gilt jedoch als wegweisend für die Toleranzidee und die Ausdehnung des Bedeutungsrahmens: Insbesondere seit Mill wird von Toleranz nicht nur im Bezug auf das Verhältnis zwischen Gruppen sondern auch im Bezug auf Gruppen zu Individuen und Individuen zu Individuen gesprochen.

Siehe auch