Lehrfragstück über Masonei und Masonenbund II: Unterschied zwischen den Versionen
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====Fr. (24) Ist ein jeder Freimaurerbruder verpflichtet, die Lehrzeichenkunst (die symbolische Kunst) und die innere Werkthätigkeit der Brüderschaft zu verhehlen?==== | ====Fr. (24) Ist ein jeder Freimaurerbruder verpflichtet, die Lehrzeichenkunst (die symbolische Kunst) und die innere Werkthätigkeit der Brüderschaft zu verhehlen?==== | ||
− | Antw. Er ist nach dem bestehenden Gesellschaftrechte der Loge oder des | + | Antw. Er ist nach dem bestehenden Gesellschaftrechte der Loge oder des Logenvereines, deren Mitglied er ist, hierzu nur insoweit verbunden, als sein gethanes Gelöbniß (S95) reicht; und selbst dieses Gelöbniß ist für ihn, als Menschen, nur insoweit, und nur so lange, verbindend, als ein in der geschichtlichen Wesenheit der Masonei und ihres Verhältnissen zu dem gegenwärtigen ganzen Menschheitleben enthaltener Grund der angelobten Verheimlichung für ihn, das ist, nach seiner Einsicht, stattfindet, und insofern er die von andern Brüdern, einzelnen Logen und Logenvereinen für verpflichtenden Grund der Verheimlichnug gehaltnen Umstände undt Verhältnisse in eigner Einsicht selbst als einen solchen Grund anerkennt. - Denn nur auf einem solchen Grunde könnte, nach Vernunft und Recht, die innere Verpflichtung und die äußere Verbindlichkeit für jeden Freimaurerbruder beruhen, in Hinsicht des Freimaurerbundes irgend Etwas zu verhehlen, also auch die Verbindlichkeit, dessen Lehrzeichenkunst und innere Werkthätigkeit vor Nichtmitgliedern des Bundes, oder auch vor Mitgliedern, (S96) geheimzuhalten. Nur auf einen solchen Grund könnte sich auch die gesellige Befugniß stützen, hierüber von jedem Aufzunehmenden eine feierliche Erklärung, daß er der Maßregel jener Verheimlichung beistimme, oder auch ein feierliches Versprechen, daß er selbst jene Verheimlichung beobachten wolle, zu fordern. Eigentlich könnte auch nur ein solcher Grund die Befugniß rechtfertigen, dieses Versprechen, oder jene Erklärung für jeden Aufgenommenen auch hinterher als aüßerlich gesellschaftrechtlich verbindend anzusehen. |
− | Ein jedes, wenn schon freiwillig gethanes, versprechen aber, es betreffe was immer für einen Gegenstand es wolle, bleibt, wie überhaupt jede einzelne, im Leben freiwillig eingegangene, selbeigenlebliche (persönliche) Verpflichtung, stets der Einen Urverpflichtung zu dem Einen Urguten in Gott, welche Gott selbst dem nach Reinheit des Herzens strebenden Menschen durch das Gewissen kundthut, untergeordnet und davon | + | Ein jedes, wenn schon freiwillig gethanes, versprechen aber, es betreffe was immer für einen Gegenstand es wolle, bleibt, wie überhaupt jede einzelne, im Leben freiwillig eingegangene, selbeigenlebliche (persönliche) Verpflichtung, stets der Einen Urverpflichtung zu dem Einen Urguten in Gott, welche Gott selbst dem nach Reinheit des Herzens strebenden Menschen durch das Gewissen kundthut, untergeordnet und davon abhängig; mithin bleibt auch die Verbindlichkeit, ein gethanes Versprechen zu erfüllen, zu jeder Zeit dem Richtspruche des Gewissens unterworfen. - Der Inhalt jedes eigenleblichen Versprechens, es werde in Form eines Eides, oder in was immer sonst für einer Gestalt, abgelegt, darf der Urverpflichtung zu dem Einen Urguten in Gott nicht widerstreiten; denn durch die Urverpflichtung zu dem Einen Urguten in Gott sind wir vor und über jedem einzelnen und besonderen eigenleblichen Versprechen, Zusage oder Eide, urwesenlich und ewig, also auch in der Zeit bleibend, unauflöslich, und ohne alle Ausnahme verpflichtet. Die Pflicht geht Dem, der sie kennt, über Alles, was ihm im Leben begegnen kann. Ein so Gesinnter allein ist seinem vernunftgemäßen Versprechen, unter aIlen aüßeren Umständen, zuverlässig treu; er erfüllet, Was er versprochen, ohne alle Hinsicht auf Lust und Schmerz, auf Lohn und Strafe und äußeren Zwang, bis an die Grenze der Möglichkeit. (S97) |
====Fr. (25) Von Wem rührt das Gesetz dieses Geheimhaltens in der Freimaurerbrüderschaft ursprünglich her?==== | ====Fr. (25) Von Wem rührt das Gesetz dieses Geheimhaltens in der Freimaurerbrüderschaft ursprünglich her?==== | ||
− | Antw. Zunächst von den Stiftern der Brüderschaft im Mittelalter in den britischen Inseln. (S98) Damals aber war das Geheimniß, das ist, das Geheimgehaltene, ein Doppeltes: zuerst Kenntnisse und Fertigkeiten in der Baukunst, dann aber auch allgemeinmenschliche Wahrheiten (Lehren) und Bestrebungen; von welchen lezteren, seit sich im Jahr 1717 die Brüderschaft von der eigenlichen Bauzunft der englischen Freimaurer (S99) im Wesenlichen (S100) abgesondert und als selbständige, nach Reinmenschlichkeit strebende, Gesellschaft ausgebildet hat, jetzt noch allein die Rede sein kann. Die drei ältesten Kunsturkunden zeigen uns deutlich an, inwiefern, weßhalb und mit welcher Gesinnung die Stifter des Bundes damals allgemeinmenschliche Wahrheiten und Bestrebungen verhehlten. Denn diese Urkunden behaupten: "daß die Menschen damals," im Mittelalter, "im Dunkeln und in tiefes Verderben versunken gewesen, welches durch die Lust (Lustgier) in die Welt gekommen sei." (S101) Sie erwähnen aber auch ausdrücklich: "daß die Masonen auf alle Weise und immer von Zeit zu Zeit den Menschen solche von ihren Geheimnissen mitgetheilt haben, welche allgemeinnützlich sein konnten. Nur solche haben sie zurückbehalten, welche hätten schädlich werden können, wenn sie in üble Hände gekommen wären; (S102) und einige ihrer Künste vorhehlen sie nur deßhalb, damit diese nicht von bösen Menschen zu übeln | + | Antw. Zunächst von den Stiftern der Brüderschaft im Mittelalter in den britischen Inseln. (S98) Damals aber war das Geheimniß, das ist, das Geheimgehaltene, ein Doppeltes: zuerst Kenntnisse und Fertigkeiten in der Baukunst, dann aber auch allgemeinmenschliche Wahrheiten (Lehren) und Bestrebungen; von welchen lezteren, seit sich im Jahr 1717 die Brüderschaft von der eigenlichen Bauzunft der englischen Freimaurer (S99) im Wesenlichen (S100) abgesondert und als selbständige, nach Reinmenschlichkeit strebende, Gesellschaft ausgebildet hat, jetzt noch allein die Rede sein kann. Die drei ältesten Kunsturkunden zeigen uns deutlich an, inwiefern, weßhalb und mit welcher Gesinnung die Stifter des Bundes damals allgemeinmenschliche Wahrheiten und Bestrebungen verhehlten. Denn diese Urkunden behaupten: "daß die Menschen damals," im Mittelalter, "im Dunkeln und in tiefes Verderben versunken gewesen, welches durch die Lust (Lustgier) in die Welt gekommen sei." (S101) Sie erwähnen aber auch ausdrücklich: "daß die Masonen auf alle Weise und immer von Zeit zu Zeit den Menschen solche von ihren Geheimnissen mitgetheilt haben, welche allgemeinnützlich sein konnten. Nur solche haben sie zurückbehalten, welche hätten schädlich werden können, wenn sie in üble Hände gekommen wären; (S102) und einige ihrer Künste vorhehlen sie nur deßhalb, damit diese nicht von bösen Menschen zu übeln Endzwecken gebraucht werden mögen" (S103) Weiter erklären auch diese Urkunden: "daß die Masonen den andern Menschen viele Künste gelehrt haben, und daß sie Lernbegierige unterrichten wollen." (S104) Endlich verkündigt der wesenliche, durch ein Grundlehrzeichen versinnbildete, unbedingte Ausspruch der zweiten Kunsturkunde: "die Masonei ist allgemein," (S105) die echtmenschliche und menschheitinnige, und ebendeßhalb echtmasonische, Überzeugung der Stifter unseres Bundes, und Überhaupt der altzeitigen Brüder: daß die Masonei oder Freimaurerei alleit einzeInen Menschen und der ganzen Menschheit gemeinsam wesenlich sei, und daß sie daher einst allen Menschen offen gelehret, und von allen Menschen "in Einer allgemeinen Loge", gesellschaftlich ausgeübt werden solle. Zugleich giebt derselbe Ausspruch, vereint mit der Wahl von Sonne, Mond und Meister zu drei kleinern Lichtern in der Masonei, (S106) die Absicht der Bundstifter und altzeitigen Brüder zu erkennen: für diese Allgemeinheit der Masonei vernunftgemäß zu wirken. |
Die Stifter des Masonbundes, sowie überhaupt die altzeitigen Brüder, welche den Lehren und Vorschriften der drei ältesten Kunsturkunden folgten, haben also, laut ihrer eignen ausdrücklichen Erklärung, kein allgemeines, sondern nur ein bedingtes und hinsichts jedes zu verschweigenden Gegenstandes in der Höherausbildung des Menschheitlebens vorübergehendes, (S107) Gesetz der Verschwiegenheit gegeben; und die nunzeitigen Brüder, Logen und Logenvereine können sich daher, zu Bstätigung der von ihnen hinsichts der Verschwiegenheit als Gesetz angenommenen Maßregeln, auf die Stifter der Freimaurerbrüderschaft, und auf die von ihnen dem Bunde gegebne Verfassung und Gesetze, sowie auf den Gebrauch und die Gewohnheit der altzeitigen Brüder, nur insoweit berufen, als eben diese von ihnen beibehaltenen oder erst jetzt angenommenen Maßregeln mit den soeben urkundlich angeführten Grundsätzen der Bundstifter und altzeitigen Brüder genau übereinstimmen, mithin auch nur insoweit, als die in den drei ältesten Kunsturkunden angeführten Gründe der Verheimlichung noch jetzt stattfinden. (S108) | Die Stifter des Masonbundes, sowie überhaupt die altzeitigen Brüder, welche den Lehren und Vorschriften der drei ältesten Kunsturkunden folgten, haben also, laut ihrer eignen ausdrücklichen Erklärung, kein allgemeines, sondern nur ein bedingtes und hinsichts jedes zu verschweigenden Gegenstandes in der Höherausbildung des Menschheitlebens vorübergehendes, (S107) Gesetz der Verschwiegenheit gegeben; und die nunzeitigen Brüder, Logen und Logenvereine können sich daher, zu Bstätigung der von ihnen hinsichts der Verschwiegenheit als Gesetz angenommenen Maßregeln, auf die Stifter der Freimaurerbrüderschaft, und auf die von ihnen dem Bunde gegebne Verfassung und Gesetze, sowie auf den Gebrauch und die Gewohnheit der altzeitigen Brüder, nur insoweit berufen, als eben diese von ihnen beibehaltenen oder erst jetzt angenommenen Maßregeln mit den soeben urkundlich angeführten Grundsätzen der Bundstifter und altzeitigen Brüder genau übereinstimmen, mithin auch nur insoweit, als die in den drei ältesten Kunsturkunden angeführten Gründe der Verheimlichung noch jetzt stattfinden. (S108) |
Aktuelle Version vom 22. Februar 2012, 18:30 Uhr
- Lehrfragstück über Masonei und Masonenbund
- Lehrfragstück über Masonei und Masonenbund II
- Lehrfragstück über Masonei und Masonenbund III
- Lehrfragstück über Masonei und Masonenbund IV
- Lehrfragstück über Masonei und Masonenbund V
- Lehrfragstück über Masonei und Masonenbund VI
Inhaltsverzeichnis
- 1 Lehrfragstück über Masonei und Masonenbund
- 1.1 II. Ob und inwiefern die Masonei (Freimaurerei) geheim gewesen sei, jetzt geheim sei, und in Zukunft geheim sein könne und solle. (S88)
- 1.1.1 Fr. (22) Ist die Masonei, das ist die Freimaurerei, ein Geheimniß? (S89)
- 1.1.2 Fr. (23) Ist denn das Geheimsein der Lehrzeichenkunst (der symbolischen Kunst) und der inneren Werkthätigkeit der Brüderschaft eine von der ganzen Brüderschaft gemachte Anordnung?
- 1.1.3 Fr. (24) Ist ein jeder Freimaurerbruder verpflichtet, die Lehrzeichenkunst (die symbolische Kunst) und die innere Werkthätigkeit der Brüderschaft zu verhehlen?
- 1.1.4 Fr. (25) Von Wem rührt das Gesetz dieses Geheimhaltens in der Freimaurerbrüderschaft ursprünglich her?
- 1.1.5 Fr. (27 - Anmerkung: 26 wird vom Setzer übersprungen) Haben denn also die Stifter der Freirmauerbrüderschaft und die altzeitigen Brüder nicht gewollt, daß die Freimaurerei und die Freimaurerbrüderschaft zu jeder Zeit geheim sein sollen?
- 1.1.6 Fr. (27' - Anmerkung: Doppelte Nummerierung) Gesetzt aber, die Bundstifter und die altzeitigen Brüder hätten es doch gewollt, daß die Freimaurerei und die Freimaurerbrüderschaft zu allen folgenden Zeiten geheim seien?
- 1.1.7 Fr. (28) Finden die Umstände und Verhältnisse, welche die Stifter unseres Bundes als verpflichtende Gründe jenes Geheimhaltens anerkannten, (S113) jetzt nicht mehr statt?
- 1.1.8 Fr. (29) Hat denn die heutige Freimaureibrüderschaft eine reinmenschliche Kunstlehre, und eine Kunstwerkthätigkeit, welche geheimgehalten werden dürften oder brauchten?
- 1.1.9 Fr. (30) Ist die Lehrzeichenkunst, das Gebrauchthum und die ganze innere Werkthätigkeit der jetzigen Freimaurerbrüderschaft bestimmt und geeignet, öffentlich zu sein?
- 1.1.10 Fr. (31) Wird, die Freimaurerbrüderschaft, wenn sie einst in dem werdenden Menschheitbunde als öffentliche Gesellschaft im Wesenlichen fortlebt, besser und wirksamer werden, als sie jetzt ist?
- 1.1 II. Ob und inwiefern die Masonei (Freimaurerei) geheim gewesen sei, jetzt geheim sei, und in Zukunft geheim sein könne und solle. (S88)
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Lehrfragstück über Masonei und Masonenbund
Quelle: Internetloge
(Der Philosophen und Freimaurer Karl Christian Friedrich Krause beantwortet 132 Fragen zur Freimaurerei)
(Zitiert nach der dritten Ausgabe (Neuausgabe 1849)
"Die drei ältesten Kunsturkunden der Freimaurerbrüderschaft", erster Band,
II. Ob und inwiefern die Masonei (Freimaurerei) geheim gewesen sei, jetzt geheim sei, und in Zukunft geheim sein könne und solle. (S88)
Fr. (22) Ist die Masonei, das ist die Freimaurerei, ein Geheimniß? (S89)
Antw. Die Masonei oder Freimaurerei, sofern sie von dem Masonbunde, oder der Freimaurerbrüderschaft, ausgeübt wird, ist, sowohl an sich, als nach der Absicht der Brüderschaft, nicht ihrer ganzen Wesenheit, noch ihrem ganzen Dasein nach, geheim, (S90) sondern zufolge der jetzt bestehenden Gesetze aller einzelnen Logen und Logenvereine, welche letzteren sich zu dem Urbilde des Menschheitbundes, ja selbst zu dem reinen Geschichtbilde der Masonei (S91) wie unvollkommne Versuche verhalten, soll bloß ein Theil der äußeren Form, nehmlich die von der Baukunst entlehnte Lehrzeichenkunst (symbolische Kunst) und deren Ausübung in dem Logengebrauchthume (dem Logenrituale), welcher Theil der äußeren Form von den Verhehlenden fälschlich für das Erstwesenliche (Wichtigste) und Ersteigenwesenlich (das wichtigste Characteristische) der Masonei selbst geachtet wird, allen Nichtaufgenommenen geheim gehalten werden; und deßhalb soll auch, nach den erwähnten in der Brüderschaft bestehenden Gesetzen und Einrichtungen, (S92) zu der inneren gesellschaftlichen Werkthätigkeit der Brüderschaft, sowie zu allen ihren, der gesellschaftlichen Ausübung der Maurerei gewidmeten Versmmlungen, kein Nichtmitglied der Brüderschaft zugelassen werden. Es bestimmen jedoch verschiedne einzelne Maurer in ihren Kunstlehren, (S93) und verschiedne einzelne Logen und Logenvereine in ihrer Gesetzgebung die Grenzen und die Art dieser Verheimlichung verschieden.
Fr. (23) Ist denn das Geheimsein der Lehrzeichenkunst (der symbolischen Kunst) und der inneren Werkthätigkeit der Brüderschaft eine von der ganzen Brüderschaft gemachte Anordnung?
Antw. Nein; weil die Brüderschaft als ganze Brüderschaft, das ist, als Eine, wirklich vereinigte, gesellschaftrechlich (socialrechtlich organisirte) und als solche arbeitende Gesellschaft, noch nie und nirgend im Leben wirklich da gewesen ist, noch auch heute als solche da ist. (S94)
Fr. (24) Ist ein jeder Freimaurerbruder verpflichtet, die Lehrzeichenkunst (die symbolische Kunst) und die innere Werkthätigkeit der Brüderschaft zu verhehlen?
Antw. Er ist nach dem bestehenden Gesellschaftrechte der Loge oder des Logenvereines, deren Mitglied er ist, hierzu nur insoweit verbunden, als sein gethanes Gelöbniß (S95) reicht; und selbst dieses Gelöbniß ist für ihn, als Menschen, nur insoweit, und nur so lange, verbindend, als ein in der geschichtlichen Wesenheit der Masonei und ihres Verhältnissen zu dem gegenwärtigen ganzen Menschheitleben enthaltener Grund der angelobten Verheimlichung für ihn, das ist, nach seiner Einsicht, stattfindet, und insofern er die von andern Brüdern, einzelnen Logen und Logenvereinen für verpflichtenden Grund der Verheimlichnug gehaltnen Umstände undt Verhältnisse in eigner Einsicht selbst als einen solchen Grund anerkennt. - Denn nur auf einem solchen Grunde könnte, nach Vernunft und Recht, die innere Verpflichtung und die äußere Verbindlichkeit für jeden Freimaurerbruder beruhen, in Hinsicht des Freimaurerbundes irgend Etwas zu verhehlen, also auch die Verbindlichkeit, dessen Lehrzeichenkunst und innere Werkthätigkeit vor Nichtmitgliedern des Bundes, oder auch vor Mitgliedern, (S96) geheimzuhalten. Nur auf einen solchen Grund könnte sich auch die gesellige Befugniß stützen, hierüber von jedem Aufzunehmenden eine feierliche Erklärung, daß er der Maßregel jener Verheimlichung beistimme, oder auch ein feierliches Versprechen, daß er selbst jene Verheimlichung beobachten wolle, zu fordern. Eigentlich könnte auch nur ein solcher Grund die Befugniß rechtfertigen, dieses Versprechen, oder jene Erklärung für jeden Aufgenommenen auch hinterher als aüßerlich gesellschaftrechtlich verbindend anzusehen.
Ein jedes, wenn schon freiwillig gethanes, versprechen aber, es betreffe was immer für einen Gegenstand es wolle, bleibt, wie überhaupt jede einzelne, im Leben freiwillig eingegangene, selbeigenlebliche (persönliche) Verpflichtung, stets der Einen Urverpflichtung zu dem Einen Urguten in Gott, welche Gott selbst dem nach Reinheit des Herzens strebenden Menschen durch das Gewissen kundthut, untergeordnet und davon abhängig; mithin bleibt auch die Verbindlichkeit, ein gethanes Versprechen zu erfüllen, zu jeder Zeit dem Richtspruche des Gewissens unterworfen. - Der Inhalt jedes eigenleblichen Versprechens, es werde in Form eines Eides, oder in was immer sonst für einer Gestalt, abgelegt, darf der Urverpflichtung zu dem Einen Urguten in Gott nicht widerstreiten; denn durch die Urverpflichtung zu dem Einen Urguten in Gott sind wir vor und über jedem einzelnen und besonderen eigenleblichen Versprechen, Zusage oder Eide, urwesenlich und ewig, also auch in der Zeit bleibend, unauflöslich, und ohne alle Ausnahme verpflichtet. Die Pflicht geht Dem, der sie kennt, über Alles, was ihm im Leben begegnen kann. Ein so Gesinnter allein ist seinem vernunftgemäßen Versprechen, unter aIlen aüßeren Umständen, zuverlässig treu; er erfüllet, Was er versprochen, ohne alle Hinsicht auf Lust und Schmerz, auf Lohn und Strafe und äußeren Zwang, bis an die Grenze der Möglichkeit. (S97)
Fr. (25) Von Wem rührt das Gesetz dieses Geheimhaltens in der Freimaurerbrüderschaft ursprünglich her?
Antw. Zunächst von den Stiftern der Brüderschaft im Mittelalter in den britischen Inseln. (S98) Damals aber war das Geheimniß, das ist, das Geheimgehaltene, ein Doppeltes: zuerst Kenntnisse und Fertigkeiten in der Baukunst, dann aber auch allgemeinmenschliche Wahrheiten (Lehren) und Bestrebungen; von welchen lezteren, seit sich im Jahr 1717 die Brüderschaft von der eigenlichen Bauzunft der englischen Freimaurer (S99) im Wesenlichen (S100) abgesondert und als selbständige, nach Reinmenschlichkeit strebende, Gesellschaft ausgebildet hat, jetzt noch allein die Rede sein kann. Die drei ältesten Kunsturkunden zeigen uns deutlich an, inwiefern, weßhalb und mit welcher Gesinnung die Stifter des Bundes damals allgemeinmenschliche Wahrheiten und Bestrebungen verhehlten. Denn diese Urkunden behaupten: "daß die Menschen damals," im Mittelalter, "im Dunkeln und in tiefes Verderben versunken gewesen, welches durch die Lust (Lustgier) in die Welt gekommen sei." (S101) Sie erwähnen aber auch ausdrücklich: "daß die Masonen auf alle Weise und immer von Zeit zu Zeit den Menschen solche von ihren Geheimnissen mitgetheilt haben, welche allgemeinnützlich sein konnten. Nur solche haben sie zurückbehalten, welche hätten schädlich werden können, wenn sie in üble Hände gekommen wären; (S102) und einige ihrer Künste vorhehlen sie nur deßhalb, damit diese nicht von bösen Menschen zu übeln Endzwecken gebraucht werden mögen" (S103) Weiter erklären auch diese Urkunden: "daß die Masonen den andern Menschen viele Künste gelehrt haben, und daß sie Lernbegierige unterrichten wollen." (S104) Endlich verkündigt der wesenliche, durch ein Grundlehrzeichen versinnbildete, unbedingte Ausspruch der zweiten Kunsturkunde: "die Masonei ist allgemein," (S105) die echtmenschliche und menschheitinnige, und ebendeßhalb echtmasonische, Überzeugung der Stifter unseres Bundes, und Überhaupt der altzeitigen Brüder: daß die Masonei oder Freimaurerei alleit einzeInen Menschen und der ganzen Menschheit gemeinsam wesenlich sei, und daß sie daher einst allen Menschen offen gelehret, und von allen Menschen "in Einer allgemeinen Loge", gesellschaftlich ausgeübt werden solle. Zugleich giebt derselbe Ausspruch, vereint mit der Wahl von Sonne, Mond und Meister zu drei kleinern Lichtern in der Masonei, (S106) die Absicht der Bundstifter und altzeitigen Brüder zu erkennen: für diese Allgemeinheit der Masonei vernunftgemäß zu wirken.
Die Stifter des Masonbundes, sowie überhaupt die altzeitigen Brüder, welche den Lehren und Vorschriften der drei ältesten Kunsturkunden folgten, haben also, laut ihrer eignen ausdrücklichen Erklärung, kein allgemeines, sondern nur ein bedingtes und hinsichts jedes zu verschweigenden Gegenstandes in der Höherausbildung des Menschheitlebens vorübergehendes, (S107) Gesetz der Verschwiegenheit gegeben; und die nunzeitigen Brüder, Logen und Logenvereine können sich daher, zu Bstätigung der von ihnen hinsichts der Verschwiegenheit als Gesetz angenommenen Maßregeln, auf die Stifter der Freimaurerbrüderschaft, und auf die von ihnen dem Bunde gegebne Verfassung und Gesetze, sowie auf den Gebrauch und die Gewohnheit der altzeitigen Brüder, nur insoweit berufen, als eben diese von ihnen beibehaltenen oder erst jetzt angenommenen Maßregeln mit den soeben urkundlich angeführten Grundsätzen der Bundstifter und altzeitigen Brüder genau übereinstimmen, mithin auch nur insoweit, als die in den drei ältesten Kunsturkunden angeführten Gründe der Verheimlichung noch jetzt stattfinden. (S108)
Fr. (27 - Anmerkung: 26 wird vom Setzer übersprungen) Haben denn also die Stifter der Freirmauerbrüderschaft und die altzeitigen Brüder nicht gewollt, daß die Freimaurerei und die Freimaurerbrüderschaft zu jeder Zeit geheim sein sollen?
Antw. Es ist kein ausdrückliches, bejahendes, echt überliefertes Zeugniß auch nur eines einzigen Wortes vorhanden, welches den Willen oder auch nur die Überzeugung der Bundstifter oder überhaupt der altzeitigen Brüder ausspräche, daß die Freimaurerei und die Freimaurerbrüderschaft in der geselligen Ausübung ihrer reinmenschlichen Kunst (S109) für alle zukünftige Zeit geheim sein solle; vielmehr bezeugen die vorhin erwähnten ausdrücklichen Erklärungen und gesetzlichen Bestimmungen gerade das Gegentheil. Als Grund ihres Verhelens geben die altzeitigen Brüder in der zweiten und ersten Kunsturkunde an: "weil die Welt im Finstern und in Lust (Lustgier) versunken sei, und weil Manches von den damaligen auch gemißbraucht werden könne."
Diese Geheimnisse aber, welche in den erwähnten Stellen unserer Urkunden gemeint sein können, sind in der heutigen Brüderschaft nicht mehr Vorhanden; auch sind sie jetzt der Menschheit auf andern ofnen Wegen, ohne die Brüderschaft, durch die höhere Ausbildung der Wissenschaft und der Kunst, sowie des Gottinnigkeitbundes und des Rechtbundes, zu Theil geworden. Dieses Alles berechtiget, anzunehmen, daß die Stifter unseres Bundes, und unsere altzeitigen Brüder, wenn sie zu unserer Zeit lebten, in Folge derselben lichten Erkenntnisse und Grundsätze, welche sie, laut der angeführten urkundlichen Stellen schon damals hatten, ihre lehrzeichenliche Kunstübung und Bundinnigung (ihr symbolisches Ritual und ihre Liturgie) und die ganze Werkthätigkeit der Brüderschaft nicht länger würden verhehlen wollen, sondern daß sie vielmehr dieselben offen und volkkundlich machen und mit Freuden dem jetzigen Lebenstande (Culturstande) der Menschheit gemäß, in Übereinstimmung mit Gottinnigkeit und Pflicht, reinigen, veredeln und urbildlich höhergestalten würden.
Fr. (27' - Anmerkung: Doppelte Nummerierung) Gesetzt aber, die Bundstifter und die altzeitigen Brüder hätten es doch gewollt, daß die Freimaurerei und die Freimaurerbrüderschaft zu allen folgenden Zeiten geheim seien?
Antw. So würde offenbar sein, daß sie geglaubt hätten, "die Welt,'" das ist die Menschheit dieser Erde, "werde ewig im Dunkeln bleiben." Darin nun hätten sie geirrt; (S110) und ihr Wille hätte auf einer voreiligen, zum Theil schon durch unsre Gegenwart widerlegten Voraussetzung beruht: er könnte also uns und die noch geistreiferen Nachkommen gar nicht verbindlich machen; und wenn wir dennoch diese vernunftwidrige Vorschrift befolgten, so würden wir nicht als reingute, sittlichfreie Menschen Gott und der Pflicht, sondern auf vernunftwidrige Weise einer verwerflichen willkührlichen Satzung folgen. Es ist überhaupt im Entfaltgange des Menschheitlebens wesenlich, daß die Freimaurerei, sofern sie in der Brüderschaft geübt wird, und der in Gesetzen ausgesprochne gesellschaftliche gemeinsame Wille dieser Brüderschaft frei nach Urbegrifen und Urbildern (Ideen und Idealen), der jedesmaligen Lebenstufe der Menschheit und dem Gesetze ihrer Lebenentfaltung gemäß, ureigenleblich weiter bestimmt und gebildet werde; und es ist mir kein einziger geschichtlicher Grund bekannt, der dazu berechtigte, den Stiftern unseres Bundes und den altzeitigen Brüdern überhaupt, welche im Mittelalter der Brüderschaft die Richtung auf das Reinmenschliche gaben, (S111) diese Einsicht im Allgemeinen abzusprechen; sie haben vielmehr durch bestimmte gesellschaftliche Einrichtungen und Gesetze bewiesen, daß sie stete Vervollkommnung des Bundes durch freie Berathung und Abstimmung aller Mitglieder als wesenlich erkannten und herbeiführen wollten. (S112)
Fr. (28) Finden die Umstände und Verhältnisse, welche die Stifter unseres Bundes als verpflichtende Gründe jenes Geheimhaltens anerkannten, (S113) jetzt nicht mehr statt?
Antw. Nein; denn die gebildetsten Völker Europa's, und deren Pflanzvölker, erkennen jetzt die Menschheit und das Leben derselben in den verschiedenen Zeitaltern, und nach seiner Ausbreitung über die ganze Erde, weit genauer. Ein Geist reinerer Menschlichkeit und Gottinnigkeit ist schon öffentlich aufgelebt, und es leben daher außer der Freimaurerbrüderschaft weit mehre wahrhaft menschlich Gesinnte, als in derselben. Diese nun üben Menschlichkeit und fördern das Leben der Menschheit auf Erden, ohne ihr Streben mit dem bloß aüßerlichen und vorübergehenden Namen der Freimaurerei zu benennen, und ohne dasselbe unter den aüßeren und vorübergehenden Formen der Lehrzeichenkunst und des Gebrauchthumes (der Symbolik und des Rituales) der Freimaurerbrüderschaft, und innerhalb der Grenzen der jetzigen Verfassung derselben, darzustellen und fortzupflanzen; (S114) sie sind Masonen und masonische Gesellschaften dem Geiste und der Wesenheit nach. In diesem Sinne ist Masonei schon zum größten Theile offen und offenkundig auf Erden, und nur der geringere Theil des schon jetzt belebten Wirkens für Menschlichkeit und Menschheit wird innerhalb der leider noch verschloßnen Maurerhallen geübt.
Fr. (29) Hat denn die heutige Freimaureibrüderschaft eine reinmenschliche Kunstlehre, und eine Kunstwerkthätigkeit, welche geheimgehalten werden dürften oder brauchten?
Antw. Keinesweges; denn es fehlt der Brüderschaft noch ganz an einer wissenschaftlichen und gegliedeten (philosophischen, systematischen und organischen) Bundlehre und Bundinnung (Liturgie), sowie, vorzüglich ebendeshalb, an einer planmäßigen, wahrhaft gesellschaftlichen Werkthätigkeit. Wenn aber die Freimaurerbrüderschaft, infolge der jetzt begonnenen durchgreifenden Wiedergeburt und Urgestaltung, zu einer menschheitbundlichen Lehre, Verfassung, Bundinnigung und Werkthätigkeit auch nur im neubefruchteten Keime gelangt sein wird: dann wird der im werdenden Menschheitbunde verklärte Masonbund auch reine und ganze Offenheit als ein erstwesenliches Grundgesetz anerkennen und unwandelbar befolgen. (S115)
Fr. (30) Ist die Lehrzeichenkunst, das Gebrauchthum und die ganze innere Werkthätigkeit der jetzigen Freimaurerbrüderschaft bestimmt und geeignet, öffentlich zu sein?
Antw. Ihrem Urbegriffe und Urbilde nach ist die Freimaurerbrüderschat bestimmt, auch in diesen Dingen so offen zu sein, als es die Menschheit selbst und das Leben der Menschheit ist; ihrem Geschichtbegriffe aber und ihrem gegenwärtigen Zustande nach ist ihr Lehrzeichenthum, ihr Gebrauchthum und ihre Verfassung, nachdem sie von allem Menschheitwidrigen gereinigt sein werden, bestimmt, mit in das höhere Ganze der Bundlehre, der Bundinnigung und der Werkthätigkeit des als ofne Gesellschaft werdenden Menschheitbundes aufgenommen zu werden, und so in edlerer, menschheitwürdiger Gestalt und in höherer Wirksamkeit fortzuleben. Daß nun Dieses auf jede der Vernunft und dem Rechte gemäße Art, und insbesondere durch weise Offenkundigkeit, befördert, und daß überhaupt die Höherbildung und Wiedergeburt der Freimaurerbrüderschaft begründet, begonnen und vernunftgemäß geleitet werde, dahin mitzuwirken hat jeder Freimaurerbruder das Recht, und, wenn er sich durch seine Einsicht und Geistkraft als dazu berufen erkennt, auch die innere Pflicht und die aüßere Verbindlichkeit. Sobald er aber Dieses lebendig einsieht, wird er auch diesem Berufe folgen, und sich in der Erfüllung desselben mit Gott und Menschheit einstimmig und lebenvereint erkennen und fühlen.
Fr. (31) Wird, die Freimaurerbrüderschaft, wenn sie einst in dem werdenden Menschheitbunde als öffentliche Gesellschaft im Wesenlichen fortlebt, besser und wirksamer werden, als sie jetzt ist?
Antw. Das Unedle und Menschheitwidrige in ihren Formen und in ihrer Werkthätigkeit, sowie aller Schade, den Dasselbe den Mitgliedern an Geist und an Gesinnung zufügt, Wird vorzüglich durch Offenheit und Öffentlichkeit entfernt, und das in ihr vorhandne EdIe, Lebwesenliche, Menschheitinnige und Menschheitwürdige wird erhalten, gereinigt, befestigt, und mit dem Höherganzen des werdenden Menschheitbundes vereingebildet werden, und dann im Lichte der Menschheit fröhlich gedeihen, und schöngute Früchte des Lebens bringen. Gottinnigkeit und Gerechtigkeit, Wissenschaft und Kunst werden sich vereinen, um den neuerstandnen Bund vollwesenlicher zu bilden; die ofne Macht und die heitere Schönheit des Wahren und des Guten wird die der Menschen zuerst in ihn versammeln, und den immer vollwesenlicher gebildeten Menschheitbund über die Erde verbreiten helfen.
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