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Aktuelle Version vom 23. Januar 2022, 11:40 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Glaube
Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)
Der Freimaurer glaubt an das Walten einer sittlich schöpferischen Kraft im Weltall, die er unter dem Namen des Allmächtigen Baumeisters aller Welten verehrt - In dieser Formel stimmen alle Großlogen überein.
Ihre besondere Deutung (vom unbedingten Gottesglauben bis zum Symbol) ist in den verschiedenen Obedienzen ganz außerordentlich verschieden. Völlig falsch ist jedenfalls die Behauptung von Gegnern der Freimaurerei diese oder nur ein Teil von ihr sei glaubensfeindlich. Einzelne namentlich die nordamerikanischen Großlogen legen den Glaube an die Unsterblichkeit der Seele fest.
Die Großloge von England vertritt diese Glaubensforderung in ihren letzten Grundregeln für die Anerkennung nicht mehr. Sehr weit gehen amerikanische Großlogen, die von ihren Mitgliedern den Glauben an die Wirksamkeit des Gebetes fordern. In den christlichen Systemen wird Christus in den Mittelpunkt der Lehre gestellt.
Der Grand Orient de France hat jede Glaubensformel aus seiner Verfassung gestrichen und sich dadurch besonders zur angelsächsischen Freimaurerei in einen unüberbrückbaren Gegensatz gebracht.
In keiner anderen Frage kommen die verschiedenen geistigen Temperamente und Veranlagungen der national getrennten Freimaurereien der verschiedenen Länder so stark zum Ausdruck wie gerade im Glaubensproblem. Der Begriff des A. B. a. W. ist geeignet, alle Weltanschauungen zu decken.
Der Glaube des Freimaurers kann nicht eine Religion der Gunstwerbung im Sinne Kants sein. Wesentlich in ihm sind lediglich die sittlichen Ableitungen aus dem persönlichen Glauben. Die immanente Sittlichkeit des großen Weltgeschehens gibt dem Freimaurer den Glauben zur Arbeit und die Hoffnung auf die Erfüllung seines Bauzweckes.
Selbstverständlich gibt es auch unter Freimaurern eine mitunter sehr bedauerliche Intoleranz in Glaubensfragen, zumal ja die Freimaurerei nicht eine Versammlung von Vollendeten, sondern eine Schule zur Vollendung sein will.
Weltanschauungsfragen haben daher die Freimaurerei in einzelnen ihrer Teile wiederholt intensiv beschäftigt. Hier den Richter spielen wollen und Recht und Unrecht verteilen, hieße die geistigen Veranlagungen der einzelnen Freimaurereien mißverstehen, Allgemein verbindend bleibt in all diesen Weltanschauungsfragen für die unterschiedlichen Freimaurereien lediglich die Vorstellung und der Glaube an den A. B. a. W.
Auszug aus dem Buch Buch: Spiritualität, Glaube, Religion, Mystik von Br. Markus G. Schlegel
These
Der Glaube, im spirituellen Sinne, ist eine Entscheidung für oder gegen eine transzendente Wahrheit.
Auszug
Im Wortsinn handelt es sich beim Glauben, um eine Überzeugung von einer Wahrheit, die nicht bewiesen ist. Oder anders ausgedrückt: Eine Wahrheit für die es keine Fakten oder Beweise im weltlichen Sinne gibt.
Der Begriff der „Wahrheit“ ist uns bereits mehrfach begegnet. Am Anfang des Buches habe ich den Be-griff der Wahrheit mit dem Begriff des „Lichts“ gleichgestellt. Die Suche nach der nichtbeweisbaren Wahrheit wird auch gerne als die Suche nach dem Licht beschrieben.
„Ich glaube, es ist 9 Uhr morgens.“
Dieser Glaube ist hier nicht gemeint, beschreibt aber die Idee. Wir haben ein Zeitgefühl. Wir merken, dass es morgens ist. Vielleicht ist es Winter und erst seit einiger Zeit wird es hell. Wir sind aufgewacht und versuchen die Zeit einzuschätzen. Wir versuchen, die Wahrheit zu finden, umso vom Gläubigen zu Wissenden zu werden. Bezogen auf die Uhrzeit ist es heute für uns nicht mehr so schwierig. Ein Blick auf die Uhr oder auf das Handy und wir brauchen nicht mehr zu glauben, sondern werden zu Wissenden.
Ähnlich ist es mit dem Glauben im spirituellen Sin-ne. Im vorhergehenden Kapitel haben wir folgende Definition festgelegt:
Spiritualität ist das Gefühl für eine transzendente [nicht sinnliche, mehr geistige oder seelische] Wahrnehmung von etwas Höherem [Nichtweltlichem, Unbeschreiblichem].
Hier ist es mit einem Beweis, einem Faktencheck schwierig.
Etwas zu glauben, was man nicht beweisen kann, ist eine Entscheidung. Wir haben auch die Möglich-keit uns gegen diesen Glauben zu entscheiden. So ergibt sich folgende
These:
Der Glaube, im spirituellen Sinne, ist eine Entscheidung für oder gegen eine transzendente Wahrheit. Im Wissen, keinen Beweis finden zu können, müssen wir uns entscheiden, wie wir das spirituelle Gefühl einordnen.
Im Grunde haben wir dabei zunächst zwei Möglichkeiten:
- Die spirituelle Wahrnehmung von etwas Höherem ist eine transzendente Erfahrung.
- Die Wahrnehmung ist ein Zusammenspiel von physikalischen Prozessen in und keine transzendente / höhere Erfahrung.
In beiden Fällen wird so das spirituelle Gefühl aus dem vorherigen Kapitel zu einer „Glaubenswahrheit“. Glauben bedeutet in diesem Gedankengang noch nicht Religion. Ich versuche diese Begriffe, scharf zu trennen, was die kommenden Kapitel auch zeigen werden. Es geht bis hier nur um die Entscheidung.
Jeder trifft mehr oder weniger bewusst diese Entscheidung für oder gegen etwas. [...]
Gedicht
Mein Glaube
- Ich glaube, dass die schöne Welt regiere ein hoher, weiser, nie begriff’ner Geist,
- Ich glaube, dass Anbetung ihm gebühre, doch weiss ich nicht, wie man ihn würdig preist.
- Nicht glaub’ ich, daß der Dogmen blinder Glaube dem Höchsten würdige Verehrung sei:
- Er bildet uns ja, als Geschöpft im Staube, vom Irrtum nicht, und nicht von Fehlern frei.
- Drum glaub’ ich nicht, dass vor dem Geist der Welten des Talmud und des Alkoran
- Bekenner weniger als Christen gelten - verschieden zwar, doch alle beten an.
- Ich glaube nicht, wenn wir vom Irrwahn hören, der Christenglaube mache nur allein
- Uns selig, wenn die Finsterlinge lehren: „Verdammt muss jeder Andersdenker sein”.
- Das hat der Weise, der einst seine Lehre mit seinem Tod besiegelt, nie gelehrt;
- Das hat fürwahr, dem Herrlichsten sei Ehre, kein Jünger je aus seinem Mund gehört.
- Er lehrte Schonung, Sanftmut, Duldung üben, Verfolgung war des Hohen Lehre fern;
- Er lehrte ohne Unterschied die Menschen lieben, verzieh dem Schwachen, ja dem Feinde gern.
- Ich glaube an des Geistes Auferstehen, dass, wenn dereinst das matte Auge bricht,
- Geläutert wir dort uns wiedersehen: Ich glaub’ und hoff’ es, - doch ich weiss es nicht.
- Dort, glaub’ ich, werd’ ich jene Sehnsucht stillen, die hier das Herz oft foltert und verzehrt,
- Die Wahrheit, glaub’ ich, wird sich klar enthüllen dem Geiste dort, dem hier ein Schleier wehrt.
- Ich glaube, dass für dieses Erdenleben, - glaub’s zuversichtlich, trotz der Deutlerzunft, -
- Zwei schöne Güter mir der Herr gegeben: das eine - Herz, das andere heisst - Vernunft.
- Die letztere lehrt mich prüfen und entscheiden, was ich für Recht und Pflicht erkennen soll.
- Laut schlägt das erst’re bei des Bruders Freuden, nicht minder, wenn er leidet, warm und voll.
- So will ich denn mit regem Eifer üben, was ich für Recht, was ich für Pflicht erkannt,
- Will brüderlich die Menschen alle lieben, am Belt, am Hudson und am Gangesstrand.
- Ihr Leid zu mildern und ihr Wohl zu mehren, sei jederzeit mein herrlichster Beruf.
- Durch Taten glaub’ ich würdig zu verehren den hohen Geist, der mich und sie erschuf.
- Und tret’ ich dann einst aus des Grabes Tiefen hin vor des Weltenrichters Angesicht,
- So wird er meine Taten strenge prüfen, doch meinen Glauben, - nein, das glaub’ ich nicht.
Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg (1774-1860)