Mystik
Inhaltsverzeichnis
Mystik bei Lennhoff/Posner
Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)
"Mystik ist die vermeintliche Erfassung des Übersinnlichen, Transzendenten, Göttlichen, durch gefühlsmäßiges Erleben in der Tiefe des eigenen Seins, Aufgehen des eigenen Bewußtseins in das unterschiedslose Wesen Gottes." (Heinrich Schmidt).
Innere Offenbarung, Erleuchtung, Ekstase, Innenschau sind die seelischen Zustände. Mystik ist zugleich eine All-Einheitslehre, eine Spielart des Pantheismus die die Einheit von Gott und Welt lehrt. Gott ist der Ursprung der in allen Wesen wirkenden geistigen Kräfte. "Mystizismus kann nur jene Geistesbeschaffenheit genannt werden, welche alle wissenschaftliche Begründung oder Auseinandersetzung verschmäht, die alles wahre Wissen nur von einem sogenannten Inneren, auch nicht allgemein leuchtenden, sondern im Individuum eingeschlossenen Licht, aus einer unmittelbaren Offenbarung aus bloßer ekstatischer Intuition oder aus bloßem Gefuhl herleiten will" (Schelling).
Geheimlehre
Mystik war die Geheimlehre der alten Mysterienbünde. Mystiker waren die Neuplatoniker Eckhart, Suso, Tauler, Jakob Böhme. In der Gegenwart ist mystischer Einfluß in den philosophischen Anschauungen von Bergson, James, Kayserling feststellbar. Der Mystizismus als Bewegung war ebenso wie die Kabbala, eine Reaktion gegen den Formalismus der kirchlichen Lehre und suchte die Religion mit lebendigem Inhalt zu erfüllen.
Sauerteig der gesamten Geistesbewegung
"Die mystische Bewegung war ein Sauerteig der gesamten Geistesbewegung" (Wolfstieg: "Philosophie der Freimaurerei"). Die ganze Kunst des Mittelalters neigte zur Mystik, zur Individualisierung der Gottesverehrung; die Steinmetzen bildeten keine Ausnahme. Die Freimaurerei war schon auf diesem Wege dem Einfluß der Mystik ausgesetzt. Wolfstieg behauptet, daß sie mit der "Bruderschaft der Weisheit" und mit den "Mystischen Gottesfreunden" im 14. Jahrhundert in Zusammenhang zu bringen sei.
Freimaurerische Riten auf mystischer Grundlage
In der Symbolik der Freimaurerei spielt Mystik auch heute noch eine Rolle. Das so bedeutsame Symbol des Lichts kam über die Kabbalisten, Reuchlin, die Rosenkreuzer und die Pansophisten auf sie. Die Freimaurerei vergeistigte allerdings das Symbol, wie sie ja ganz allgemein ihren Kult überall in ethisch-humanistischem Sinne deutet. In der Forderung nach Selbsterkenntnis, die schon beim Mystiker Eckhart (Meister Eckhart) eine große Rolle spielte, durfte auch die mystische Versenkung in die Tiefen der eigenen Gefühlswelt nachklingen. Die Wanderungen des Neophyten haben mystisch-symbolischen Charakter.
Im 18. Jahrhundert standen viele freimaurerische Riten auf rein mystischer Grundlage. Im allgemeinen ist man von ihnen abgekommen. Doch wird auch heute der Standpunkt vertreten (Horneffer, Schenkel), daß die Freimaurerei ein Mysterienbund ist, der seinen Kult und seine Symbole aus verschiedenen Systemen der alten Mysterienbünde zusammengetragen hat. Es darf allerdings nicht vergessen werden, daß M. nicht der alleinige Inhalt der Mysterienbünde war, sondern daß insbesondere auch Magie in diesen eine tragende Rolle gespielt hat.
Schwedische Lehrart
Stark von Mystik ist nach wie vor die Schwedische Lehrart, bezw. Zinnendorfsche Lehrart erfüllt, die geradezu als eine in freimaurerische Formen gehüllte Erneuerung der mittelalterlichen christlichen Mystik bezeichnet werden kann.
Mystik bei Mossdorf
Quelle: Encyclopädie der Freimaurerei, Band 2 von Friedrich Mossdorf
Mystik ist die Geheimlehre des Göttlichen und der unmittelbaren Gemeinschaft des Menschen mit dem Übersinnlichen.
Auszug aus dem Buch: Spiritualität, Glaube, Religion, Mystik von Br. Markus G. Schlegel
These
Mystik ist die Lehre vom Über-gang vom gottesfürchtigen zum gottgefälligen Glauben.
Auszug aus dem Buch
An dieser Stelle sollten wir einen kurzen Rückblick wagen. Alles beginnt mit einer Sinnsuche aufgrund eines spirituell-transzendenten Gefühls. Wir entscheiden uns dazu, dieses Gefühl anzunehmen und als etwas Höheres anzuerkennen. Aus der Herausforderung heraus seine eigenen Gefühle nicht teilen zu können, entscheiden wir uns für eine Religion, um die Allegorien, Symbole und Bilder dieser Religion, wie eine Art Sprache, für unsere [Spiritualität spirituellen]] Gefühle nutzen zu können.
An diesem Punkt angekommen, sind wir Theisten und haben, wie bereits beschrieben, ein Problem.
Die Geschichten und Allegorien wirken auf uns wie Magie, da sie mit Heldengeschichten, wie aus Tausend und einer Nacht, Gefühlsvorgänge wiedergeben. Als Kinder sind wir gerne bereit, diese magischen Geschichten anzunehmen und sie begeistern uns, was auch das Ziel ist.
Mit dem Alter kommen aber auch immer mehr Zweifel und rein magische Geschichten tun wir als Legenden und Mythen ab. Als zu weit von unserem Erwachsenenalltag entfernt.
Wir verlieren den kindlichen Glauben.
Wir verlieren das Verständnis für diese religiösen Götter- und Prophetengeschichten.
An dieser Stelle sollte eine Religion von der Magie zur Mystik übergehen.
Hierfür sind im Grunde die Übergangsriten in den jeweiligen Religionen gedacht. Namentlich meine ich z.B. die Erstkommunion oder Firmung in der Katholischen Kirche, die Konfirmation in der Evangelischen Kirche, die Bar Mitzwa / Bat Mitzwa bei den Juden oder die Beschneidung im Islam.
Der Mensch braucht für das Verständnis der Mystik eine entsprechende Reife. Diese Reife ist nicht vor dem 8. oder 10. Lebensjahr gegeben. Nicht ohne Grund finden die Übergangsriten daher üblicherweise zwischen dem 8. und 15. Lebensjahr statt.
Ein schönes Beispiel für diesen Übergang ist der Weihnachtsmann oder das Christkind:
Kinder nehmen die Idee eines allwissenden Wesens dankend an, welches einen für gute Taten belohnt und für böse bestraft. Das dieses Wesen gleichzeitig durch Wände oder Kamine gehen und fliegen kann, ist aus dem magischen Verständnis der Kinder kein Problem. Mal ganz davon abgesehen, dass es kein Problem ist, Milliarden von Menschen in wenigen Stunden durch Zauberei und helfende Elfen zu beschenken.
Im Alter von 6 bis 10 Jahren kommen wir immer mehr in der Realität an und verlieren diesen Glauben Stück für Stück, der eine früher, der andere später. Der Glanz dieser Idee und das Ideal der Figuren bleibt aber aus der Kindheitserinnerung erhalten.
Die Geschichte wandelt sich für Einige von der Magie zur Mystik. Das gute Gefühl für gute Taten belohnt zu werden entwickelt sich, in einer idealen Welt, zu einer intrinsischen (von innen, eigen) Motivation, richtig zu handeln.
Um genau diesen Übergang geht es in der Mystik.
Ein anderes Beispiel:
Die magische Verständnisebene der Religion basiert üblicherweise auf Bestrafung. Ein kurzer Blick in das Alte Testament der Bibel und man versteht was ich meine. Folgt man nicht dem Willen Gottes wird man für sein Fehlverhalten bestraft. Ein Wort, dass diese Beziehung gut beschreibt, ist:
Gottesfurcht - Ehrfurcht.
Man ist motiviert richtig zu handeln, da man das allwissende höhere Wesen fürchtet. Wie bei der Angst vor dem Weihnachtsmann, der mir keine Geschenke bringt. Daher ist im Wort Gottesfurcht / Ehrfurcht das Wort Furcht als Synonym für Angst, enthalten.
Der Übergang in die Mystik ist nun recht einfach zu beschreiben. Ich nehme die Lehre und idealisierten Figuren aus der magischen Verständnisebene und verinnerliche die guten Eigenschaften.
Ich schmeiße sozusagen die schlechten Eigenschaften und Laster über Bord und dass so sehr, dass ich von mir aus richtig handele.
Nur aus der Überzeugung heraus selbst richtig handeln zu wollen.
So wird aus Gottesfürchtigkeit: Gottesgefälligkeit – der liebe Gott – ein Freund.
Und so komme ich zu folgender Definition:
These:
Mystik ist die Lehre vom Übergang vom gottesfürchtigen zum gottgefälligen Glauben.
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