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Ende der 1960er Jahre waren die Freigärtner auf den britischen Inseln nahezu ausgestorben. Die Idee der Freigärtner und auch etliche ihrer Logen überlebten jedoch in den ehemaligen Kolonien in Südafrika und Australien. | Ende der 1960er Jahre waren die Freigärtner auf den britischen Inseln nahezu ausgestorben. Die Idee der Freigärtner und auch etliche ihrer Logen überlebten jedoch in den ehemaligen Kolonien in Südafrika und Australien. | ||
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Aktuelle Version vom 4. November 2024, 20:12 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Freimaurer und Freigärtner – der vergessene Zwilling
von Gerd Scherm
- „Der kleine Garten musste der eines Freigärtners sein, kein Garten geschwollen zu einem Reich. Die eigenen Hände wollte er benutzen, nicht die Hände anderer Leute befehligen.“
- J.R.R. Tolkien über den Hobbit Samweis Gamdschie (im Original Samwise Gamgee), „Der Herr der Ringe“, Teil III „Die Rückkehr des Königs“.
„Freigärtner? Ist das ein Scherz? Was soll das sein? Gibt es die wirklich?“
Wenn ich in den letzten Monaten sagte, dass ich an einem Vortrag über das Thema „Freigärtner“ arbeite, erntete ich ungläubiges Staunen. Einige dachten, es ginge um eine Parodie und fanden, dies sei eine lustige Idee. Andere verbanden den Begriff sofort mit den so genannten Freimaurer-Gärten wie in Veitshöchheim oder im Neuen Schloss in Potsdam. Doch diese Gärten haben einen ganz anderen Ansatzpunkt:
Bei den Freimaurern dient der Garten in erster Linie als Bühne für Bauwerke und Skulpturen, bei den Freigärtnern stehen jedoch die Pflanzen und die Landschaft im Zentrum.
Auch unter Freimaurern ist die Existenz der Freigärtner kaum bekannt. Ich selbst stieß erst nach mehr als zwanzig Jahren Zugehörigkeit zum Bund der Freimaurer auf diesen vergessenen Zwilling. Ich wurde neugierig und begann zu recherchieren.
Bei einem Besuch der Schweinfurter Loge „Brudertreue am Main“ entdeckte ich vor einigen Monaten im Clubraum einen gerahmten Freigärtner-Schurz und als ich nach seiner Herkunft fragte, hieß es, diesen alten englischen Freimaurerschurz habe ein Bruder bei einer Auktion erworben und dann seiner Bauhütte gestiftet. Wer waren oder sind diese Freigärtner? Was haben sie mit den Freimaurern gemeinsam? Und vor allem – wodurch unterscheiden sich die Gärtner von den Maurern?
Schnell war klar, dass Freimaurer und Freigärtner eng miteinander verwandt sind und in der Anfangszeit im 17. Jahrhundert eine nahezu parallele Entwicklung genommen haben. Die älteste bekannte Loge der Freigärtner ist die „Ancient Fraternity of Free Gardeners of East Lothian” in Haddington in Schottland, sie wurde 1676 gegründet.
Doch was ist der Unterschied zwischen Freimaurern und Freigärtnern? Vereinfacht ausgedrückt arbeiten die einen am Tempelbau der Humanität, also an einem Bauwerk; die anderen, am Garten der Humanität, also an einem symbolischen Paradies. Die einen schöpfen ihre Symbolik aus der Architektur und dem Bauhandwerk, die anderen aus den Traditionen der Gartenkultur.
Die erste Großloge der Freimaurer wurde 1717 in England gegründet, die erste Großloge der Freigärtner erst fast 100 Jahre später. Im Gegensatz zu den Logen der Freimaurer, blieben viele Logen der Freigärtner nach ihrer Gründung unabhängig und schlossen sich lange Zeit keiner Dachorganisation an.
Die Freigärtner scheinen auch wesentlich ortsverbundener zu sein, als die doch sehr reiselustigen Maurer. Ein Freegardener schrieb: Als Salomons Tempel fertig war, sind die Bauarbeiter weitergezogen, die Gärtner aber sind geblieben, um die Oliven- und Lorbeerbäume, die Blumen und die Kräuter zu hegen und zu pflegen, und Öle und Räucherwerk für die Rituale bereitzustellen.
Auf den ersten Blick sind die Symbole der Freigärtner denen der Freimaurer sehr ähnlich. Auch sie haben rituelle Arbeiten und tragen Schurze und Beamtenabzeichen. Ihre zentralen Symbole sind Winkelmaß und Zirkel, doch gehört bei den Freigärtnern noch ein halb geöffnetes Gärtnermesser dazu. Während bei den Freimaurern die Loge auf drei Säulen ruht – „Weisheit, Stärke und Schönheit, sind bei den Freigärtnern vier – Liebe, Weisheit, Harmonie und Wahrheit.
Die Freigärtner kennen wie die Freimaurer drei Grade, die denen von Lehrling, Geselle und Meister entsprechen. Bei den Freigärtnern ist der 1. Grad Adam, dem ersten Gärtner zugeordnet, der 2. Grad Noah, der die Saat weitergereicht hat und schließlich der 3. Grad König Salomo, der zusammen mit seinem Tempel einen diesen umgebenden Garten anlegen ließ.
Der Schurz der Freigärtner
Salomo wählte zur Stabilisierung der Tempelmauern Zedern, Efeu um die Wände zu schmücken und Ysop, um sie duftend und rein zu machen.
Der Schurz der Freigärtner wirkt mit seinen vielen Buchstaben sehr enigmatisch. Dabei stehen die Buchstaben A für Adam, N für Noah und S für Salomo. Im Zentrum steht ein O für die Olive oder den Olivenbaum, der den Priestern das heilige Öl lieferte.
Des Weiteren sind auf dem Schurz die Buchstaben P, G, E und H zu finden. Diese stehen für die Namen der vier Flüsse, die im und um den Garten Eden fließen: Pischon, Gihon, Euphrat und Hiddekel, der hebräische Name für Tigris.[1]
Die jüngeren Schurze der Freigärtner sind in Größe und Form denen der Freimaurer sehr ähnlich. Ursprünglich jedoch trugen die Freigärtner wesentlich längere Schürzen. Sie waren aus Leder oder festem, dunkelblauem Baumwollstoff, fantasievoll und bunt bemalt oder bestickt. In ihrem Symbolreichtum entsprachen sie den Arbeitstafeln und Arbeitsteppichen der Freimaurer.
Die wachsenden Mitgliederzahlen der Freigärtner-Logen führten dazu, dass ab der Mitte des 19. Jahrhunderts professionelle Händler für masonisches Gebrauchsgut diesen lukrativen Markt entdeckten. Sie boten kostengünstige, kleinere Schurze, die schnell verfügbar waren und den Freimaurerschurzen sehr ähnlich sahen. Aus der ehemals kunstvoll verzierten Gärtnerschürze wurde ein symbolischer Schurz. Die in den Familien von Hand genähten und prachtvoll bemalten oder bestickten langen Freigärtner-Schürzen wurden nur noch bei besonderen Feierlichkeiten getragen.
Bereits im 18. Jahrhundert rückten Freigärtner und Freimaurer personell stärker zusammen. Viele wurden Doppelmitglieder bei beiden Bruderschaften. Dabei fällt auf, dass wesentlich mehr Brüder bei den Freigärtner begannen, bevor sie sich auch den Freimaurern anschlossen als umgekehrt.
Der Garten als Allegorie und Symbol
Die Definition des deutschen Wortes „Garten“ ist kurz und knapp: Garten ist ein abgegrenztes Stück Land, in dem Pflanzen gepflegt werden. Der deutsche Begriff Garten leitet sich etymologisch von Gerte ab. Gemeint sind Weiden-, Haselnussruten oder andere Zweige, die früher – ineinander verflochten – den Garten umfriedeten, also den Zaun bildeten.
Wie viel wohlklingender und bedeutungsvoller ist da doch das Wort „Paradies“ als Bezeichnung für einen Garten. Das griechische Wort „Paradeisos“ bezog sich ursprünglich auf persische Königsgärten, im biblischen Zusammenhang dann auf den „Gottesgarten“. In der Septuaginta, der griechischen Übersetzung der Thora, bezeichnet es den Garten Eden.
Überhaupt spielen Gärten in der Bibel eine wichtige Rolle. Von der Genesis über das Hohelied Salomos bis zum Garten Gethsemane.
Im Spätmittelalter nahm die Bedeutungsvielfalt des Motivs „Garten“ immer mehr zu: In der christlichen Ikonographie gab es nun neben mariologischen Gärten auch Gartenallegorien als Bild der „guten Natur“ des Menschen, so die Seelen- und Tugendgärten; in der profanen Ikonographie wurden Gärten als Allegorien von Dynastie und Staat konzipiert, sowie so genannte „Liebesgärten“ dargestellt. In der Renaissance wurde dann die antike Tradition der Philosophengärten wieder aufgegriffen, daran anknüpfend die Vorstellung von der Erziehung der menschlichen Natur im Bild des Gartens. […] Gleichzeitig dienten Gärten und ihre Bepflanzung auch ganz real als Medium der Gottes-, Welt- und Selbsterkenntnis, die durch Begehung des Gartens erfahren und allegorisch „gelesen“ werden konnte. Diese Gartenkonzepte spiegelten für den Betrachter sichtbar die göttliche Ordnung wider und bezogen sich auf den Garten Eden.
In der Renaissance-Literatur findet man seit der einleitenden Szene zu Dantes „Inferno“ erstmals eine Antithese zum Tugendgarten in Gestalt eines „Waldes der Laster“. Dieser bedrohliche Gegenpart des Gartens beflügelte fortan die menschliche Fantasie und vor allem die Alpträume.
In der Bibel spielt der Garten nicht nur in der Schöpfungsgeschichte und im Hohenlied Salomos eine zentrale Rolle. Das Gartenmotiv ist auch ein deutliches Unterscheidungsmerkmal des Johannesevangeliums von den drei anderen Evangelien. Johannes beginnt seine Geschichte nicht mit der Person Jesu, sondern mit der Erschaffung der Welt. Er verweist auf die Genesis „Am Anfang war das Wort“ und stellt damit die Menschwerdung Jesu in den Kontext eines Neuanfangs des Weltenlaufs, den Beginn einer neuen Zeit, der Verheißung des neuen Paradieses. Interessant ist bei Johannes, dass nicht nur die Verhaftung Jesu in einem Garten stattfindet, in Gethsemane, sondern dass auch sein Grab in einem Garten liegt. Dort suchen ihn nach der Auferstehung die Jünger vergebens. Nur Maria aus Magdala begegnet ihm, erkennt ihn aber nicht, sondern verwechselt ihn mit dem Gärtner.
Die Theologieprofessorin Christiane Koch machte in einem Essay dazu eine interessante Ausführung: „Legt es sich nicht nahe, jenes „Missverständnis“ der Maria als unbewusste Ahnung zu deuten, die intellektuelles Begreifen übersteigt? Als Ahnung davon, dass Christus als Gärtner die Botschaft vermittelt, dass Gott den Garten Eden, jene ursprüngliche Heimat des Menschen, nicht preisgegeben hat, sondern dass er festhält an diesem Ort des Lebens in Fülle. Mit der „Wiederkunft“ des Gärtners hat die neue Schöpfung unwiderruflich begonnen.“
Veränderte Weltsicht: „Die Natur ist republikanisch“
Die Gärten des Barock repräsentierten die göttliche und die weltliche Ordnung, in der profanen Ikonographie waren sie Allegorien für Dynastie und Staat. Doch dies änderte sich ab der Mitte des 17. Jahrhunderts. Die so genannten „englischen Gärten“ wurden zum Vermittler neuer philosophischer und politischer Inhalte in ganz Europa.
„Hauptbedeutungsträger des frühen Landschaftsgartens war nun die Natur selbst, die als Symbol der Freiheit und als Zeichen eines natürlichen Urzustands der Gesellschaft fungierte. […]
Im 18. Jahrhundert wurde der Garten unter dem Einfluss von Voltaires „Candide“ (1758) und Jean-Jacques Rousseaus „Nouvelle Héloïse“ (1761) zum Bild eines neuen ethischen und gesellschaftlichen Ideals. Landschaftsgärten und Nutzgärten verkörperten im Gegensatz zum formalen Barockgarten ein einfaches, natürliches Leben.“
Im Zuge der Aufklärung oszillierte der Blick auf die Natur nicht mehr zwischen verlorenem Paradies und höfischem Prunk, sondern rückte den Menschen in den Mittelpunkt. Das Augenmerk richtete sich nun auf das Gemüt auf der einen Seite und den Nutzwert der Pflanzen auf der anderen.
Ein bedeutender Garten-Theoretiker und -Praktiker in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts war Friedrich Casimir Medicus, Botaniker, Arzt und Gartendirektor am Mannheimer Hof. Er war auch Freimaurer und gehörte zu den Illuminaten.
Dieser wandte sich entschieden und leidenschaftlich gegen die den Geist und das Gefühl einengenden höfischen Barockgärten: „Daher empfindet der Mann in dem großen Garten Gottes, in der freien Natur mehr Rührendes, Entzückendes und dahin Schmelzendes, als in unsern Gärten, wo er ganz kalt ausruft: er ist schön! Sich aber aus dieser langweiligen Schönheit hinaussehnt, und erst fühlt, daß er der freiathmende Mann sei, wenn er des Zwanges von Ringmauern, Rabbatten, abgezirkelten Wegen, possierlich geschnittenen Bäumen u.d.m. entledigt ist, und alles dasjenige anstaunen kann, was die Natur in ihrer zwar scheinbaren aber schönen Nachläßigkeit großes, erhabenes und edles hervorgebracht hat.“
Neben vielen anderen Neuerungen in der Gartenkunst propagierte Medicus auch den Netzwerkgedanken, um Erfahrungen auch überregional und international auszutauschen und sie dadurch für viele Menschen nutzbar zu machen.
„Jeder geht seinen eigenen Gedankengang, und dadurch kommt der eine auf dem, der andere auf dem anderen Wege zum Ziel, alle aber arbeiten dennoch gemeinschaftlich […] Vorzüglich aber wünsche ich auch mehrere unserer gegenwärtigen Versucher dadurch aufzumuntern, ihre Beobachtungen bekannt zu machen. Gar viele haben schöne Erfahrungen angestellt, die nun mit ihrem Tode so gut als nicht angestellet sind.“
Die Ursprünge der Freigärtner
In mittelalterlichen Städten gab es Zünfte und Gilden. Diese waren durch Verträge mit der Gemeinde verbunden. Jede Zunft vertrat die Rechte des jeweiligen Handwerks und war zuständig für die Organisation und Qualifikation ihrer Mitglieder.
Den Gärtnern war jedoch die Bildung von Zünften meist nicht möglich. Gilden waren ein urbanes Phänomen, Gärtner lebten aber meist auf dem Land. In ganz Schottland gab es nur in Glasgow eine 1626 gegründete Zunft der Gärtner und Gemüsehändler. So blieb den Gärtner in den kleinen Städten und Dörfern nur die Möglichkeit, sich in lodges, in „Logen“ genannten Gesellschaften zu organisieren.
Die ersten Freigärtner-Logen, von denen wir schriftliche Aufzeichnungen haben, wurden im 17. Jahrhundert gegründet, um das Handwerk der Gartenarbeit und die Gärtner selbst zu fördern, zu organisieren und sich gegenseitig zu unterstützen. Sie dienten darüber hinaus dem Erfahrungsaustausch, dem Handel mit Samen und Pflanzen und auch als Hilfe bei der Stellensuche und zur Stellenvermittlung von Gärtnern.
Mehr als 350 Jahre hat die Bruderschaft der Freigärtner den Beruf des Gärtners in Schottland geregelt und unterstützt. Anfangs sorgten die Mitglieder dafür, dass fachliches Wissen und neue Sorten von Pflanzen in der Gemeinschaft verbreitet wurden und dass die Berufsanfänger für ihr Berufsleben angemessen ausgebildet und qualifiziert waren.
Die Besten ihres Fachs schafften es sogar, in Schottland in der Nähe des Golfstroms Ananas und Wein anzubauen. Als Referenz an diese besondere Leistung wurde in der frühen Tradition der Freigärtner die Ananas und die Weintraube in den Symbolkanon aufgenommen. Nur ein Meister hatte das Geschick, diese Früchte im 18. Jahrhundert in Schottland zu züchten und zu pflegen.
Die neue Form des Landschaftsgartens, die den Barockgarten ablöste, spielte bei den Landlords und Lairds eine große Rolle. Dafür benötigten sie qualifizierte Kräfte, die sie in der Bruderschaft der Freigärtner fanden.
Der soziale Aspekt
Die Freigärtner-Logen fanden großen Zulauf und bald wurden sie auch Heimat für andere Berufsstände, denen die Gründung von Zünften und Gilden verwehrt war: Ärzte, Rechtsanwälte, Soldaten, Beamte, Händler und freie Handwerker. Die Loge in Dunfermline zum Beispiel führte akribisch Buch über ihre Mitglieder seit der Gründung 1716. Die Loge veröffentlichte zu ihrer Hundertjahrfeier in einer Festschrift eine Mitgliederliste, die einen Herzog, einen Marquis, sechs Earls, sieben Lords, acht Ritter und Hunderte von anderen Grundbesitzern und Lairds verzeichnet.
Die Beiträge in den Logen waren für praktizierende Gärtner günstiger als für die zahlreichen Mitglieder aus anderen Berufen und Ständen. Darüber hinaus wurden an die Brüder Kleinkredite zu günstigen Zinsen vergeben, die weiteres Geld in die Kasse brachten.
Bereits die ältesten Regeln der Freigärtner-Logen verfügten, dass das eingenommene Geld verwendet wird, um die Armen und Kranken zu unterstützen, ebenso die Angehörigen ihrer verstorbenen Mitglieder. Das Sterbegeld der Bruderschaft deckte nicht nur die unmittelbaren Kosten einer Beerdigung, sondern auch die Bedürfnisse von "verzweifelten Witwen oder Waisen" für ein paar Wochen.
Die Freigärtner wirkten nicht im Verborgenen, sie waren ein geachteter, aktiver und deutlich sichtbarer Teil des Gemeinwesens. So gab es jedes Jahr meist im Sommer eine Parade, die vom Stadtpfeifer oder einem anderen Musikanten und einem kostümierten Charakter namens "Old Adam", alter Adam, mancherorts auch „Grüner Mann“ genannt, angeführt wurde. Die Figur des grünen Mannes, der die Fruchtbarkeit der Natur symbolisiert, gehört zum vorchristlichen keltischen Erbe Schottlands.
Man führte bei der Parade auch eine Blumen geschmückte Laube mit sich, die den Garten Eden repräsentierte und "Ehren-Jungfrauen" trugen Blumensträuße. Der Umzug endete dann mit Essen und Tanz auf der Festwiese.
Welche bedeutende Rolle die Freigärtner in einem Ort spielten zeigt sich am Beispiel von Haddington. Dort besaß die Loge in der Kirche ein eigenes Abteil, dessen Balustrade grün gestrichen und mit Blumen bemalt war. Wenn ein Logenmitglied starb, wurde dieses Abteil mit schwarzen Tüchern verhängt.
Entwicklung und Wachstum im 19. Jahrhundert
Die Freigärtner-Logen mit der Idee und dem Konzept einer umfangreichen sozialen Absicherung hatten im frühen 19. Jahrhundert großen Zulauf und fanden in Schottland schnell eine immense Verbreitung. 1859 wurde dann in Glasgow erstmals eine Großloge der Freigärtner, die „Grand Lodge of the Ancient Order of Free Gardeners“ gegründet.
Die älteren Logen praktizierten ihre eigenen, ursprünglichen Rituale bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Die neuen Logen jedoch orientierten sich an Symbolen und Elementen, Riten und Praktiken der Freimaurerei, die sie interpretierten und integrierten. Die Symbolik und die Rituale der neueren Logen bildeten ein Konglomerat aus Mystik, Legenden und Handwerksbezügen. Das Auftreten von Bildern im Freimaurer-Stil auf Arbeitsteppichen und Fahnen und entsprechender Symbolik auf Gärtner-Regalia und Artefakten ist fast immer ein Zeichen für eine späte Logen-Gründung im 19. Jahrhundert.
Das 20. Jahrhundert
Um die große Verbreitung der Freigärtner in Schottland zu verdeutlichen, ein Vergleich: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in Schottland bei rund 5 Millionen Einwohnern ca. 60.000 Freigärtner. In Deutschland gibt es im Jahr 2017 bei 82 Millionen Einwohnern ca. 15.000 Freimaurer.
Das Nationale Versicherungsgesetz von Großbritannien im Jahr 1911 veränderte die soziale Funktion der Freigärtner-Logen schlagartig. Nun übernahm erstmals in der Geschichte Britanniens der Staat einige Bereiche der Sozialversorgung. Doch der Traditionsgedanke, die zusätzlichen Leistungen und vor allem die brüderliche Gemeinschaft mit ihren menschlichen Bindungen ließen die Logen trotzdem weiter bestehen. Die meisten Logen hielten nun ihre handwerklichen, geistig-erbaulichen und rituellen Praktiken getrennt von den profanen, formalen Versicherungstransaktionen. Innerhalb der Logen schufen sie für diesen Bereich eine separate Untergruppe.
Den Niedergang der Freigärtner-Logen leitete nach dem Zweiten Weltkrieg 1947 die britische Labour-Regierung mit einer weitreichenden Verbesserung der sozialen Absicherung ein. Von da an übernahm der Staat alle Verantwortung für ärztliche Leistungen und Renten. Ende der 1960er Jahre waren die Freigärtner auf den britischen Inseln nahezu ausgestorben. Die Idee der Freigärtner und auch etliche ihrer Logen überlebten jedoch in den ehemaligen Kolonien in Südafrika und Australien.
Das 21. Jahrhundert
Auf der Suche nach ihren Ursprüngen reisten im Jahr 2002 Freigärtner aus Australien und Südafrika nach Schottland. Sie fanden keine aktiven Logen mehr, nur spärliche Zeugnisse und Artefakte in Heimatmuseen. Doch zum Glück trafen sie noch auf Veteranen der letzten Freigärtner-Logen. Gemeinsam mit diesen Brüdern gründeten sie die erste neue Loge „The Countess of Elgin“ in Kirkcaldy. Aus der Glut unter der Asche war wieder ein Feuer entflammt.
Kurz darauf wurde in Schottland eine Gesellschaft zur Revitalisierung der Freigärtnerei ins Leben gerufen.
2013 arbeiteten in Schottland bereits wieder acht aktive Logen. Derzeit ist auch international wieder ein wachsendes Interesse an der Freigärtnerei zu beobachten.
Heute gibt es Freigärtner-Logen in Australien, England, Kanada, Südafrika und den USA. Im Zuge des wachsenden grünen Bewusstseins und dem hohen Stellenwert der Gartenkultur in der Gesellschaft sind auch in Deutschland Bestrebungen zur Gründung von Freigärtner-Logen zu beobachten.
Galerie HUMANITÄT
Freigärtner
"Der kleine Garten mußte der eines Freigärtners sein, kein Garten geschwollen zu einem Reich. Die eigenen Hände zu benutzen, nicht die Hände von anderen zu befehlen"
- Samweis Gamdschie, Der Herr der Ringe, Teil III, S. 206.
Freigärtner hatten in Schottland und England eine besondere Aufgabe in Bezug auf die Verwaltung der Kolonien in Übersee. Sie erprobten, welche Pflanzenarten für königliche Gärten und öffentliche Parkanlagen klimatologisch resistent genug sein könnten. Ohne die Freigärtner würden wir heute in Europa die Bogainvillea und viele andere Pflanzen nicht haben.
Die Geschichte der Freigärtner geht 1000 Jahre zurück auf die Gärten und Weingärten bei König Salomons neugebautem Tempel auf dem Berg Zion.
Der eigentliche Orden der Free Gardeners ist eine brüderliche Gesellschaft, die in Schottland in der Mitte des 17. Jahrhunderts gegründet wurde und sich später nach England und Irland ausbreitete. Wie zahlreiche andere befreundete Gesellschaften der Zeit, war ihr Hauptziel der Austausch von Wissen und von Geheimnissen für den Beruf und die gegenseitige Hilfe untereinander. Im 19. Jahrhundert standen dann seine Aktivitäten im Rahmen gegenseitiger Versicherung im Vordergrund. Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts war der Orden fast ganz ausgestorben.
Im Jahre 1849 gründete sich "The Ancient Order of Free Gardeners Schottland Penicuik". Im Jahr 1956 wurde die Großloge per Charter, aufgrund der sinkenden Mitgliederzahlen in Schottland, nach Kapstadt in Südafrika übertragen und ist dort verblieben. Im September 2005 kam dann der alte Orden nach Schottland zurück, auf eine Initiative der "Gräfin von Elgin Lodge" (Elgin's Lodge at Leven No. 91 [[1]]).
Obwohl die Free Gardeners immer der Freimaurerei anhingen, entwickelten sich in diesem Licht zahlreiche Unterarten und Fachgruppen.
Pflanze des Jahres
Ritual
Das Freigärtner-Ritual entstand in unmittelbarer Anlehnung an freimaurerische Rituale. Auch die Grade entsprechen der freimaurerischen Ordnung.
Abweichend ist jedoch die Symbolik, wie die hier gezeigten Beamtenzeichen aufweisen.
Metaphorik
Dokumente eines Logentages von 1873 zeigen auf, dass Freigärtner Bezug nehmen auf den Garten Eden und die Pflege des Bodens metaphorisch mit der Pflege des Geistes und der Tugenden in Verbindung sehen. Ein tiefer Respekt vor der Schöpfung und ein pfleglicher Umgang mit den Gaben der Natur entspricht der "Arbeit am rauhen Stein" der üblichen spekulativen Freimaurerei.
3 Grade
- 1. Grad Der Lehrling (Basiert auf Adam aus der Genesis)
- 2. Grad Der Geselle (welcher irgendwie mit der Erzählung von Noah´s Arche verbunden war)
- 3. Grad Der Meistergärtner (wird mit König Salomon gleichgesetzt)
Freigärtner in Oberschlesien
Eine Eigentümlichkeit Oberschlesiens stellten die Freigärtner oder Freileute dar. Ihren Status verdankten sie der Geldverlegenheit, in der sich Herzog Johann von Oppeln im 16. Jahrhundert einst befunden hatte.
Genannte Freigärtner
- Johann Gottfried Weimann
- Schilkowitz Krs. Wohlen 28. 05. 1833
- Gottfried Weinmann * Kendzic, Krs. Militsch, 31. 7. 1796
- Gottfried Kaulfuss Deputierter der Gemeinde Heidau
Freigärtnerloge in Deutschland
Freigärtnerloge Carl Theodor zum goldenen Garten e.V.
In Schwetzingen (gegründet am 17.03.2020) – Matrikelnr. 30 im Verband von »The International Order of Free Gardeners« mit Sitz in London (gegründet am 16.08.1676 in Haddington)
Namensursprung
Der Name der Freigärtnerloge »Carl Theodor zum goldenen Garten« leitet sich vom Kurfürsten Carl Theodor und seinem Schwetzinger Schlossgarten ab. Sie ist Mitglied des »International Order of Free Gardeners« mit Sitz in London und trägt die Matrikelnummer 30. Sie ist im Vereinsregister eingetragen.
Der gemeinnützige Verein hat sich folgende Aufgaben gestellt:
Die Freigärtnerei, d. h. die metaphorische Gartenbaukunst,
die Freimaurerei im Allgemeinen und
den Schwetzinger Schlossgarten und dessen geistige Inhalte zu fördern.
Zweck der Freigärtnerloge
Der Verein möchte seine Ziele erreichen, indem er öffentliche Vorträge, Kolloquien und Führungen durch Parkanlagen und ähnlich geartete Denkmäler anbietet, Publikationen sowie geeignetes Informationsmaterial bereitstellt, Spenden sammelt, mit seinen Interessen an die Öffentlichkeit tritt, verantwortungsbewusstes Handeln gegenüber Natur, Parkanlagen und Denkmälern sowie damit in Verbindung stehender Kultur und Kunst einfordert und Projekte Dritter oder von Vereinsmitglieder unterstützt, die dem Vereinszweck dienen.
Mitglied können Frauen und Männer ab dem 18. Lebensjahr werden.
Ehrenmitgliedschaften
Freigärtnerlogen in Schottland/England
Stand: Dezember 2014
- Lodge No. 1 - Caledonian Thistle, Edinburgh Chartered 2002 (SCOTLAND), (Loge Nr. 1 - Kaledonische Distel, Edinburgh, gegründet 2002 in Schottland
- Lodge No 2 - Cianalas, Brora Chartered 2002(SCOTLAND), (Loge Nr. 2 - "Melancholie, [Fluss] Brora" gegründet 2002 in Schottland
- Lodge No 3 (Lodge No. 105) - The Countess of Elgin Chartered 2002, Kirkcaldy (SCOTLAND),(Loge Nr. 3 "Die Comtesse von Elgin", gegründet 2002 in Kirkcaldy (Schottland)
- Lodge No 4 - Adelphi Bluebell, Chartered 2002 Uddingston (SCOTLAND), (Loge Nr. 4 - Adelphi Glockenblume, gegründet 2001 in Uddingston (Schottland)
- Lodge No 5 - Cheshire Bluebell Chartered 2003, Cheshire (ENGLAND) Now Inactive?, (Loge Nr. 5 - Cheshire Glockenblume, gegründet 2003 in Cheshire (England) gerade inaktiv?)
- Lodge No 6 - Eden, Leuchars (SCOTLAND) Chartered 2003, (Loge Nr. 6 - Eden, gegründet 2003 in Leuchars (Schottland)
Großbritannien:
Der folgende Link führt zur Auflistung aller Freigärtner-Logen in Großbritannien bis zum 12. Oktober 2002 beginnend mit der Gründung der Bruderschaft der Freigärtner am 16. August 1646: https://sites.scran.ac.uk/shelf/free/list.php
Siehe auch
- Traktat: Parabel vom Blumengarten
- Traktat: Auseinandersetzung über die Freigärtner von Markus Schlegel
- Carl Theodor zum Goldenen Garten
- Helvetia zum fürstlichen Garten
Links
- Ancient Order of Free Gardeners http://freemasonry.bcy.ca/texts/gardeners.html Free Gardeners
- Wikipedia http://en.wikipedia.org/wiki/Order_of_Free_Gardeners
- History of the Free Gardeners "Hanging Gardens of Babymon Lodge" http://hanginggardensofbabylonlodge.webs.com/history
- Freigärtner und Freileute :Als Freigärtner, auch Freileute genannt, bezeichnete man Kleinbauern, die überwiegend vom Ertrag einer kleinen Landwirtschaft und zusätzlicher Ausübung eines Handwerks oder Kleinhandel lebten. Ehemalige Leibeigene kauften sich im 17. /18. Jahrhundert von ihren Gutsherren frei und erwarben so oder als Freie, z. B. Exulanten, Freigärtnerstellen gegen eine festgelegte Geldsumme. In Preußen und Schlesien wurden nach 1750 entsprechend auch langfristige Schuldabzahlungen für die Stellen vereinbart.
Literaturverzeichnis
- ↑ Freimaurerische Inhalte des Schlossgartens in Schwetzingen - Kolloquium in Schwetzingen 11. und 12. Juli 2020. Heft der Wolfstieg-Gesellschaft. Oberursel 2020. Seiten 117-138. ISBN 978-3-942187-39-8