Schwesterngesundheit: Unterschied zwischen den Versionen

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== Schwesterngesundheit ==
 
Ausarbeitung: [[Roland Müller]]
 
 
„Der Stein der Weisen ist der Bund<br />
 
Der Schönheit mit der Tugend“
 
 
 
''Aus:''<br />
 
Freymaurergedichte von Blumauer.<br />
 
Wien: Gräffer 1786, 114-121.<br />
 
Zweyte vermehrte Auflage. 1791, 125-132.
 
 
''Auch in'':<br />
 
Sammlung der Lieblingsdichter Deutschlands.<br />
 
19tes Bändchen: Blumenauers Freymaurerlieder.<br />
 
Köln: Rommerskirchen 1802, 98-103.
 
 
 
'''Schwesterngesundheit''',<br />
 
ausgebracht<br />
 
bey einer Schwesterntafel<br />
 
den 10 des Wintermonats 1782.
 
 
 
:Hört, edle Schwestern! Eh wir, voll
 
:Des Maurersinns, auf euer Wohl
 
:Die Trinkpistolen leeren,
 
:Will ich den Ursprung, und anbey
 
:Sogar den Zweck der Maurerey
 
:In kurzem euch erklären.
 
 
:Es sind beynahe tausend Jahr,
 
:Daß unser Stifter Merlin war,
 
:Der Table ronde Erfinder,
 
:Er fieng die Tafellogen an,
 
:Und König Arthur pflanzte dann
 
:Sie fort auf seine Kinder.
 
 
:Und die, so er zu Rittern schlug,
 
:Die waren alle fromm und klug,
 
:Voll Muth und Seelenadel,
 
:Und jeder dieser Ritter war
 
:Im Feld, bey Tische, ja sogar —
 
:Im Bette ohne Tadel.
 
 
:Wie König Arthur, wenn er aß,
 
:An einer runden Tafel saß,
 
:So sitzen wir in Kreisen:
 
:Ihm schuf ein mächt'ger Zauberer
 
:Die niedlichsten Gerichte her,
 
:Uns hext ein Koch die Speisen.
 
 
:Und alle Ritter tranken bloß
 
:Aus einem Tummler, mörsergroß,
 
:Den wir auch leeren müssen:
 
:Allein aus diesem Trinkgeschirr,
 
:Zu groß für Damen, liessen wir
 
:Für heut Pistolen giessen.
 
 
:Die Ritter weihten feyerlich
 
:Sich einer Dame, der sie sich
 
:In jeder Noth empfohlen:
 
:Es steht, ihr Schönen, nur bey euch,
 
:Ob wir in diesem Punkt auch gleich
 
:Den Rittern werden sollen.
 
 
:Wenn einer in die Ferne ritt,
 
:Nahm er der Dame Armband mit,
 
:Die Zeit sich zu verkürzen:
 
:Wir sind hierinn den Rittern gleich,
 
:Und tragen auch etwas von euch
 
:Beständig an den Schürzen.
 
 
:Und was selbst mehr, als Tapferkeit,
 
:Die holden Damen einst erfreut,
 
:Das war des Ritters Treue:
 
:Wir lieben sehr die dritte Zahl,
 
:Und diese ist ja allemal
 
:Ein Sinnbild ächter Treue.
 
 
:Die Dame war dem Ritter hold;
 
:Von ihr ward oft der Minnesold
 
:Dem Glücklichen beschieden:
 
:Wir fodern nicht einmal so viel,
 
:Und sind, wenn man uns lohnen will,
 
:Mit einem Kuß zufrieden.
 
 
:Doch dafür schwur auch jederzeit
 
:Der Ritter ihr Verschwiegenheit
 
:Bey seinem Liebesbunde:
 
:Auch Maurerritter plaudern nicht,
 
:Und halten stets ob dieser Pflicht
 
:Den Finger vor dem Munde.
 
 
:Und endlich war's der Ritter Brauch,
 
:Die Damen ihres Herzens auch
 
:In Liedern zu verehren,
 
:Der Brauch ist noch: darum ließ heut
 
:Auch unsre Dichterwenigkeit
 
:Zu eurem Lob sich hören:
 
 
:So weit geht unsre Aehnlichkeit
 
:Mir jenen Rittern alter Zeit,
 
:Die wir zu Vätern hatten:
 
:Und nun entdeck' ich ohne Scheu
 
:Euch auch den Zweck der Maurerey,
 
:Den noch kein Mensch errathen.
 
 
:Die ersten Ritter unsrer Art
 
:Entschlossen sich zu einer Fahrt,
 
:Und giengen einst auf Reisen:
 
:Ganz Asten und Afrika
 
:Durchreisten sie, und suchten da
 
:Den seltnen Stein der Weisen.
 
 
:Ihr denkt, was mag wohl dieser Stein
 
:Der Weisen für ein Wunder seyn?
 
:Geduld! ihr sollt es hören,
 
:Nur müßt ihr mir durch einen Eid
 
:Die pünktlichste Verschwiegenheit
 
:Auf Lebelang beschwören.
 
 
:Nun also, Schwestern. sey euch kund:
 
:Der Stein der Weisen ist der Bund
 
:Der Schönheit mit der Tugend.
 
:Die Schönheit ist dem Alter feind,
 
:Und ach, die andere vereint
 
:Sich selten mit der Jugend.
 
 
:Allein die Schwester seltner Art,
 
:In der sich Reitz mit Tugend paart,
 
:Die mag sich selig preisen;
 
:Sie ist's, wornach der Maurer strebt.
 
:Sie ist's, wornach das Herz ihm bebt,
 
:Sie ist — der Stein der Weisen.
 
 
:Wohlauf, ihr Brüder, laßt uns freun!
 
:Stellt alles weitre Suchen ein,
 
:Der Stein ist nun gefunden:
 
:Blickt auf, wohin das Aug, fällt,
 
:Hat Reitz mit Tugend sich vermählt,
 
:Und schwesterlich verbunden!
 
 
:Auf, Brüder, laßt uns nun durch Wein
 
:Den seltenen, gefundnen Stein
 
:Zur Huld für uns erweichen:
 
:Heil euch, ihr Schwestern, für und für!
 
:Heil allen Schwestern, die wie ihr
 
:Dem Stein der Weisen gleichen!
 
 
 
 
{{RolandMueller}}
 
[[Kategorie: Lieder]]
 
[[Kategorie: Frauen]]
 
 
 
==Siehe auch==
 
==Siehe auch==
 
*[[Ludwig Friedrich Lenz]]
 
*[[Ludwig Friedrich Lenz]]

Version vom 25. April 2015, 16:15 Uhr