Cäsar Wolf
Inhaltsverzeichnis
Daten der Familie Cäsar Wolf
Sally Cäsar Wolf wurde am 18.5.1874 in Hamburg geboren;
entstammt Privatbankerfamilie, wird Banker, übernimmt nach Tod des Vaters und Bruders die private Familienbank; nimmt sich am 13. Mai 1933 das Leben.
Hintergründe zu seiner Ehefrau, Elisabeth Wolf, geb. Meyer, am 8.5.1877 in Hamburg geboren, sind nicht bekannt; 1899 heiratet sie Cäsar Wolf; nimmt sich am 4. Dez. 1941, vor ihrer Deportation nach Riga, das Leben.
(Archivbestand 331-05 Polizeibehörde – Unnatürliche Sterbefälle, 1942 / 514 )
Tochter Hildegard wird am 15.1.1900 in Hamburg geboren, bleibt einziges Kind;
heiratet vor 1933 Solomon Fürth, Prokurist im Bankhaus Warburg& Cie.
vor Emigration nach Schweden war die Adresse Inocentiastraße 8
Aus der Ehe entstammt einzige Tochter, Elisabeth Fürth, geb. am 14.12.1923 in Hamburg;
letzte bekannte Adresse Isestraße 71
die Familie Fürth emigriert nach dem Freitod von Cäsar Wolf nach Schweden und kehrt 1945 nach Hamburg zurück.
Daten zu Cäsar Wolf
schon vor dem Beitritt zur Freimaurerei in die ältesten Loge von Deutschland, der 1737 gegründeten Loge de Hambourg, später umbenannt in Absalom zu den drei Nesseln, wirkte der tätige Humanist in Wohlfahrtseinrichtungen. Später als deren Vorstand.
So in der „Caritas“ einer Einrichtung zur Förderung armer Schauspielkinder, im „Verein für Krüppelfürsorge“ (heute würde man Schwerbehindertenfürsorge sagen). Er war schon Vorstand der „Vaterstädtischen Stiftung“, sie errichtete und verwaltete in Eppendorf Stiftswohnungen für alte (mittellose) Bürger. Das Engagement für diese Einrichtungen hat er zeitlebens aufrechterhalten.
Cäsar Wolf war vom Tag seiner Aufnahme am 14. März 1901 bis zum 13. April 1933 Bruder: der Tag, an dem er als Nichtarier die Loge aufgrund der nationalsozialistischen Gesetzgebung und Verordnungen nicht mehr betreten durfte. Dazu später noch entscheidende Anmerkungen.
Drei Jahre nach seiner Aufnahme übernahm der praktizierende Banker für 4 Jahre das Amt des Schatzmeisters (1904 – 1908 ); 1908 wählten ihn die Brüder zum zugeordneten Meister vom Stuhl. 1909 hat man ihm dieses für eine Loge bedeutsamste Amt übertragen. Der Beginn einer beispiellosen Amtsführung, die, mit kurzen Unterbrechungen, bis in das Jahr 1931 währte.
Die Chronisten seiner Zeit rühmten seinen starken Willen, aber auch sein Fingerspitzengefühl, sein diplomatisches Geschick.
Mit Beginn seiner Stuhlmeisterzeit übernahm er gleichzeitig die treuhänderische Verwaltung einer der Loge von einem Mitglied vermachten stattlichen Summe Geldes, die in die „Schönewald Stiftung“ eingebracht wurde. Hier konnte mit Fug und Recht der Spruch gelten :
„der richtige Mann, zur richtigen Zeit am richtigen Ort“. Wie inhaltlich wahr der Spruch wurde, ist umfangreich dokumentiert.
Es war in jenen Tagen das Feld der Caritas, das unser Bruder zu seiner Arbeitsstätte erwählt hatte. Es entsprach wohl seinem angeborenen, tiefinnersten Bedürfnis.
Die Loge Absalom, im Verbund mit den Fünf Hamburger Logen ( kurz V5 ), konnte aus den Erträgen der Stiftung umfangreiche Zuschüsse an Organisationen der Wohlfahrt spenden. So an das Freimaurer Krankenhaus, am kleinen Schäferkamp ( seit 3. Okt. 1795 ), das Altersheim in Einbeck, die Unterstützungskasse der Victoria-Stiftung, an das Hamburger Rote Kreuz u.v.m.
Wie fast alle Deutschen in der Zeit, so war auch Cäsar Wolf vom vaterländischen Geist und der Geschichte durchdrungen. Das in die Stiftung umgewandelte Schönewald-Vermächtnis versetzte die Loge in die Lage, im 1. Weltkrieg auf dem Gelände des Freimaurer-Krankenhauses ein Baracken-Lazarett mit 125 Betten zu errichten und ärztlich vollständig zu betreuen.
Lazarettkommission
Cäsar Wolf wurde Vorsitzender der eingerichteten Lazarettkommission. Bis 1919 hat er diese Funktion ausgeübt. Vom IX. Armeekorps wurde dieses Hilfslazarett im Zeitraum 1914-19 als eines der besten bezeichnet. Man muss zudem wissen, dass die Loge Absalom, als es notwenig erschien, 1914 dem hamburgischen Landesverband vom Roten Kreuz einen voll ausgerüsteten Lazarettzug zur Verfügung stellte. Für die Finanzierung des Zuges hat Cäsar Wolf aus seinem Privatvermögen einen bedeutenden Betrag beigesteuert. Der Zug bestand aus 31 Krankentransport-, einem Küchen-, einem Material-, einem Vorrats-, einem Apotheker-, einem Ärzte-, einem Sanitätspersonal- und einem Packwaggon. Er wurde bei seinen Einsätzen in Frankreich und Russland vom Stuhlmeister Cäsar Wolf, in der Funktion des Rechnungsführers, begleitet. Es ist anzunehmen, das die administrativen Arbeiten für das Lazarett am kleinen Schäferkamp und den Zug, die Weichen für sein später so erfolgreiches Engagement im Elisabeth-Krankenhaus der Freimaurer gestellt haben.
Elisabeth-Krankenhaus
Ab 1921 wurde Br. Wolf zum geschäftsführenden Vorsitzenden des Elisabeth-Krankenhauses ernannt. Die nächsten 12 Jahre haben damit der Einrichtung sehr zum Vorteil gereicht. Ihm ist es zu verdanken, dass das Haus die schwierigen Zeiten der Inflation überstand. Schließlich handelt es sich bei diesem Haus um eine von der Loge Absalom und den V5 privat finanzierten Einrichtung. Nach Überwindung der Krise ließ er modernisieren, beschaffte neueste Therapiegeräte und konnte Ärzte gewinnen, die diesem Haus in Hamburg einen guten Ruf verschafften.
Es wäre ja auch undenkbar gewesen, wenn eine fast 150 Jahre währende Arbeit und Spendenfreudigkeit, die nicht jedem Bruder von Absalom und der V5 leicht gefallen sein mag, in Folge vernichtet worden wäre.
Getreu dem Goethe Spruch .“Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen!“ hat Cäsar Wolf die Idee der Humanität, der Nächstenliebe, der Brüderlichkeit im täglichen Leben praktiziert. Ist Vorbild, Orientierung, Ansporn weit über seinen unmittelbaren Einflussbereich hinaus gewesen.
Ein Zeitzeuge schrieb 1927 über Cäsar Wolf : „Die Genies und Talente unter den Stuhlmeistern sind sehr selten. Wohl der Loge, der ein solches zuteil wird.“
Blütezeit
Nie zuvor und danach hat die Loge Absalom eine gleichartige Blütezeit durchlebt als zu Cäsar Wolf`s Stuhlmeister Zeiten . Der in Hamburger Gesellschaftskreisen wohl Gesehene, verfügte über gute Verbindungen in alle Bereiche der Wirtschaft, Politik, Medizin, Kultur, der Kirche und den Senat der Stadt. In Folge gelang es ihm aus diesem Spektrum führende Persönlichkeiten als Gastredner in die Loge einzuladen. Bis dato war es eher üblich, Redner aus der eigenen oder anderen Logen einzuladen. Innerhalb kurzer Zeit erwarb sich die Loge den Ruf außerordentlicher Qualität ihres geistigen Niveaus bei ihren wöchentlich durchgeführten Abende. Unser philosophischer Männerbund ethisch moralischer Geisteshaltung muss für viele Bürger zu Zeiten der Weimarer Republik großes Interesse erzeugt haben. Mit der Stuhlmeister Führung durch Cäsar Wolf konnte die Loge eine Vielzahl an der Freimaurerei Interessierte in die Loge aufnehmen. Es gelang ihm ebenso, die Damen der Brüder durch öffentliche Veranstaltungen in das Logenleben einzubeziehen. Eine innerlich gefestigte Brüderschaft spürte sehr wohl den Impetus „ihres Cäsars“. Sie ermöglichte, dass er mit Unterbrechungen 17 Jahre lang als Meister vom Stuhl die Geschicke „seiner“ Loge in Händen hatte. 1931 übergibt er das Amt des Stuhlmeisters an seinen Nachfolger, den Bruder Uterharck.
Wenn man bedenkt, mit welchem persönlichen Aufwand der aktive Banker seine Aufgaben in der Caritas, den Wohlfahrtsverbänden, dem Elisabeth-Krankenhaus und der Loge wahrgenommen hat, fragt man sich, und wo ist der Mensch Cäsar Wolf selbst. All das ist der Mensch Cäsar Wolf ; vom Humanismus, von Ethik, Moral und Menschenliebe durchdrungen !
Ermächtigungsgesetz
Wir schreiben das Jahr 1933. Am 28. Februar 1933 tritt die „Notverordnung“ in Kraft, der 23. März 1933 bringt das „Ermächtigungsgesetz“.
Innerhalb von 3 Monaten muss ein Mensch, in der Blüte seines Lebens uns Schaffens, aufgrund der nationalsozialistischen Gesetzgebung alle seine Ämter und Tätigkeiten entsagen.
Er darf das Elisabeth-Krankenhaus nicht mehr betreten; es ihm auch untersagt, jegliche Funktion in den von ihm maßgeblich beeinflussten humanistischen Organisationen auszuüben.
Cäsar Wolf sah sich seiner Lebensaufgabe beraubt. Was in ihm in diesen Wochen vorgegangen sein muss, lässt sich nur erahnen. „Ich habe immer geglaubt, ein guter Deutscher zu sein, und nun bin ich nur ein Jude.“
In der Nacht von 12. auf den 13. Mai 1933 nahm sich Cäsar Wolf das Leben, fünf Tage vor seinem 59. Geburtstag. Am 14. Mai fand im kleinen Kreis der Familie an der Bahre des Verstorbenen eine Trauerfeier statt. Auf seinen Wunsch hin hat sein vertrauter Freund, Richard Bröse, ehemaliger Großmeister der Großen Loge von Hamburg, die Worte des Abschieds gesprochen und dem toten Bruder die drei Rosen als letzt Gabe der Liebe auf sein Herz gelegt.
Umständebedingt wurde er am gleichen Tag fast heimlich auf dem Hauptfriedhof Ohlsdorf zur letzten Ruhe gebettet.
Eine schlichte Stele ziert sein Grab.
Die Loge Absalom, die V5 und Brüder Freimaurer haben es ermöglicht, dass die Grabstätte in die „Gedenkstätte Cäsar Wolf“ umgewandelt wurde. Z.Zt. wird sie grundlegend restauriert.
Am 13. Mai 2009, um 11.00 Uhr, wurde die Gedenkstätte von der Loge Absalom, den Fünf Hamburger Logen ( V5 ) und der gesamten Brüderschaft auf dem Ohlsdorfer Hauptfriedhof neu geweiht. In einer etwa 45 Minuten währenden Feier haben wir unseres verehrten Altstuhlmeisters und Vorbild würdig gedacht. Seit diesem Datum gedenken wir unseres Brds. an jedem 13. Mai an seiner Grabstele.
Siehe auch
- Absalom zu den drei Nesseln
- Elisabeth Alten- und Pflegeheim der Freimaurer
- Große Loge von Hamburg
- Nationalsozialisten
- Hamburg
Artikel im Hamburger Abendblatt
Cäsar Wolf - gedemütigt, geächtet und in den Tod getrieben 09.05.2009, 03:53 Uhr Vanessa Seifert
Vor 76 Jahren erschoss sich der Bankier und Freimaurer Cäsar Wolf aus Angst vor den Nazis. Sein Grab in Ohlsdorf galt jahrelang als verschollen. Jetzt wurde es wiederentdeckt.
Suizid. Kleiner Schäferkamp. 13. Mai 1933." Eine Randnotiz in einer Polizeiakte. Eine kleine Notiz, hinter der sich ein großes Drama verbirgt. Die Geschichte des Cäsar Wolf. Eines jüdischen Bankiers, der sich erschoss. Mitten auf der Straße, in der Nacht vom 12. auf den 13. Mai 1933. Er flüchtete verzweifelt in den Tod. Aus Angst vor den Nationalsozialisten, zu deren ersten Opfern der Hamburger Cäsar Wolf wurde.
An einem Tag Anfang Mai 1933 musste Cäsar Wolf ins Krankenhaus. Dringend. Viele Termine standen an diesem Frühlingstag auf dem Kalender des 58-Jährigen. Es gab viel zu tun für den Geschäftsführer des Freimaurer-Krankenhauses, dem heutigen Elisabeth-Alten- und Pflegeheim am Schanzenpark. Doch als Cäsar Wolf die Klinik betreten wollte, wurde er von einem jungen Mann in Uniform harsch zurückgestoßen: "Juden sind hier ab heute unerwünscht."
Sechs Wörter. Sechs Wörter, mit denen Cäsar Wolf sein Leben genommen wurde. Sein Beruf und seine Berufung. Denn die Klinik, in der er seit 1921 gewirkt hatte, war sein Lebenswerk. Unter seiner Führung erst war das Krankenhaus zu einem der besten der Hansestadt aufgestiegen. Unter seiner Führung hatte die Klinik die wirtschaftlich harten Jahre der Inflation überstanden.
Sechs Wörter erschütterten Cäsar Wolfs Glauben an das Gute im Menschen. Und seine humanistischen Ideale, die der hanseatische Kaufmann täglich zu leben versuchte. Als Meister vom Stuhl von "Absalom zu den drei Nesseln", der ältesten Freimaurer-Loge Deutschlands. Als Wohltäter, der Kinder von verarmten Schauspielern unterstützte, sich um Schwerbehinderte kümmerte und für Senioren Stiftswohnungen in Eppendorf errichten ließ. "Jedem, der an seiner Tür klopfte, hat mein Vater aufgemacht und sofort geholfen", erinnerte sich Anfang der 80er-Jahre Cäsar Wolfs einzige Tochter, Hildegard Fürth, in einem Brief.
Doch 1933, im Jahr von Hitlers Machtergreifung, wurde für Cäsar Wolf die Tür zum gesellschaftlichen Leben zugeschlagen. Plötzlich wurde er doppelt geächtet. Als Jude. Und als Freimaurer. Denn der nach außen hin stets ein wenig geheimnisumwitterte Bund, dessen "Brüder" sich an geheimen Zeichen erkennen und an diskreten Orten treffen, war den Nazis ein Dorn im Auge. Ab 1933 zerschlugen sie die Logen in Deutschland, verfolgten die Mitglieder. Auch das Freimaurer-Krankenhaus am Kleinen Schäferkamp wurde zwangsweise in das "Krankenhaus Deutscher Orden" umgetauft.
Auszug. Hier weiterlesen: Hamburger Abendblatt