Regius-Poem II
Inhalt
I. Zum Text und den Übersetzungen
II: Übersetzung der Verse 1-496 durch C. W. Asher, 1842
III. Nacherzählung der Verse 497-794 durch C. W. Asher, 1842
IV. Nacherzählung der Verse 497-794 durch Wilhelm Begemann, 1909
Inhaltsverzeichnis
- 1 II: Übersetzung der Verse 1-496 durch Carl Wilhelm Asher, 1842
- 1.1 Hic incipiunt constitutiones artis Geometriae secundum Euclidem
- 1.1.1 Hic incipit articulus primus
- 1.1.2 Articulus secundus
- 1.1.3 Articulus tercius
- 1.1.4 Articulus quartus
- 1.1.5 Articulus quintus
- 1.1.6 Articulus sextus
- 1.1.7 Articulus septimus
- 1.1.8 Articulus octavus
- 1.1.9 Articulus nonus
- 1.1.10 Articulus decimus
- 1.1.11 Articulus undecimus
- 1.1.12 Articulus duodecimus
- 1.1.13 Articulus xiijus
- 1.1.14 Articulus xiiijus
- 1.1.15 Articulus quindecimus
- 1.2 Plures constituciones
- 1.2.1 Secundus punctus
- 1.2.2 Tercius punctus
- 1.2.3 Quartus punctus
- 1.2.4 Quintus punctus
- 1.2.5 Sextus punctus
- 1.2.6 Septimus punctus
- 1.2.7 Octavus punctus
- 1.2.8 Nonus punctus
- 1.2.9 Decimus punctus
- 1.2.10 Punctus undecimus
- 1.2.11 Punctus duodecimus
- 1.2.12 Xiijus punctus
- 1.2.13 Xiiijus punctus
- 1.2.14 Quindecimus punctus
- 1.3 Alia ordinacio artis Geometriae
- 1.1 Hic incipiunt constitutiones artis Geometriae secundum Euclidem
- 2 Links
- 3 Siehe auch
II: Übersetzung der Verse 1-496 durch Carl Wilhelm Asher, 1842
Bearbeitung: Roland Müller
(An einigen Stellen weicht die unsorgfältige Nachschrift in Hodapp, 2006, vom Original der Übersetzung aus dem Jahre 1842 ab)
Hic incipiunt constitutiones artis Geometriae secundum Euclidem
Wer gut lesen und sehen kann
Findet in alten Büchern gemerket an
Von großen Herren und ihren Damen
Die viele schöne Kinder bekamen;
Aber weder in Stadt noch in Aeckern hatten
Ziemlich Gut um sie auszustatten.
Drauf eines Tages sie zusammen traten
Um für ihre Kinder zu berathen
Wie sie bestens und friedlichst lebten auf Erden,
Ohne von Kummer und Sorge heimsuchet zu werden
Besonders auch die späteren Schaaren
Die sie als Kindeskinder gewahren.
Große Gelehrte ließen sie kommen
Um gute Werke, zu ihrem Frommen
Den Kindern zu weisen; Oh! Mög' es gefallen
Dem Herrn, daß es gelinge Allen,
Damit sie in ehrlich' und sicherer Weis
Ihr Leben führen zu seinem Preis.
So ward durch gute Geometrie
Die ehrsame Zunft der Masonie
In jenen Tagen ausgedacht
Und von den Gelehrten zur Kunde gebracht:
Auf Bitten der Herren verfaßten sie
Und nannten Maurerei die Geometrie –
Bei Weitem die ehrsamste Zunft von allen.
Den Kindern der Herren schier musst es gefallen:
Sie wurden von ihm sie zu lernen gebracht,
Wie er in besonderer Weis' sie erdacht.
Wes Vater und Mutter thäten bitten
Der ward bei der ehrsamen Zunft gelitten:
Wer dann in Lernen und Ehrbarkeit
Der Beste war, und in Geschicklichkeit
Hervor sich that vor seinen Gesellen
Der sollte vor alle Andere sich stellen.
Euklides der große Mann ist genannt,
Sein Nam' ist bei allen Völkern bekannt.
Noch thät er in seiner Weisheit verfügen,
Daß wer bis zum Meistergrade gestiegen,
Der sollt auch den Schwächsten an Witz belehren
In der ehrsamen Kunst sich einst zu bewähren.
Den Andern zu lehren sollte Jeder sich üben,
Und sich wie Bruder und Schwester zu lieben:
Ferner noch verordnete er
Meister solle genannt werden der
Dem am Meisten von Allen Ehre gebührt:
Der werde mit solchem Namen geziert.
Doch Maurer soll Keiner den Andern nennen
Wenn sie sich in der Zunft erkennen;
Auch Unterthan nicht, noch Diener; nur Bruder mein,
Mag er auch minder fertig als Andre seyn.
Sie sollen alle sich nennen Genossen
Denn Alle sind sie vom Weibe entsprossen.
So hat durch Verstand der Geometrie
Begonnen die Zunft der Masonie;
Der Gelehrte Euklid im Aegyptischen Land
Solchergestalt diese Kunst erfand;
Lehrt in Aegypten nach allen Seiten
Und thät sie nach vielen Ländern verbreiten.
Doch nach vielen Jahren, wie ich verstand,
Ist die Kunst erst gekommen in unser Land. -
Die Kunst kam nach England, will ich Euch sagen,
In des guten Königs Adelstans Tagen –
Hallen und Frauengemach ließ er erbauen
Und Tempel mit Ehrfurcht anzuschauen:
Zur Ergötzlichkeit jene bei Tag und bei Nacht
Und diese zum Beugen vor Gottes Allmacht.
Der edle Herr liebte die Zunft gar sehr
Und wollte sie kräftigen mehr und mehr;
Und da er in ihr der Mängel erfand
Gar manche, sandt er umher im Land
Daß sämmtliche Maurer der ganzen Zunft
Bei ihm stracks hielten Zusammenkunft,
Die Mängel in ihr zu bessern alle
Durch heilsamen Rath, dass nicht sie verfalle
Er versammelte dann einen großen Rath
Von zahlreichen Herren, in ihrem Staat,
Herzoge und Grafen, Barone auch,
Ritter und Freisassen, nach altem Brauch,
Und dann die ersten Bürger der Stadt
Sie kamen Jeder nach seinem Grad.
Und Alle dort zusammen traten
Der Maurer Verfassung zu berathen;
Mit ihrem Witz es auszudenken
Wie diese Zunft sey wohl zu lenken.
Drauf haben sie funfzehn Artikel erdacht
Und funfzehn Sätze also gemacht:
Hic incipit articulus primus
Den ersten Artikel nunmehr hört:
Der Meister Maurer sey wohl bewährt:
Standhaft bewahr' er Ehr' und Treue,
Dann hat er nimmer zu fürchten Reue.
Den Gesellen die Kost er vergüten soll
Nach den Preisen am Markt, das weißt Du wohl.
Und bezahle den Lohn, nach bestem Ermessen,
So viel wie sie verdienen dessen.
Auch nicht mehr geb' er für ihre Häuer
Als was da recht ist, und nicht zu theuer.
Er soll nicht aus Liebe, aus Furcht nicht schonen,
Von keiner Partei sich lassen lohnen;
Er sey Gesell oder Edelmann
Von Keinem nimmst Du Belohnung an;
Als Richter stehe Du nur aufrecht
Dann giebst Du Beiden ihr gutes Recht,
Und wahrlich, wo Du Dich so beweist,
Dein Ehr und Nutzen ist es zumeist.
Articulus secundus
Nun höret was die Maurer-Genossen
Als zweiten Artikel haben beschlossen:
Ein jeder Maurer im Meister-Grad
Der darf nicht fehlen im Großen Rath
Sobald ihm gehörig ist angesagt
Wo die Versammlung wird getagt.
Und muß er in diese Versammlung kommen,
Er habe denn wahre Behindrung bekommen:
Oder der Zunft sich abgewendet
Oder sey von arger Falschheit geblendet;
Oder wenn Krankheit ihn so danieder hält
Es wird ihm unmöglich, dass er sich stellt;
Das gilt für Entschuldigung wahr und wohl
Und ihm zum Schutze gereichen soll.
Articulus tercius
Der dritte Artikel, also heißt er:
Es nehme keinen Lehrling der Meister,
Er habe denn gute Kundschaft für ihn
Um auf sieben Jahre zu ihm zu ziehn,
Die Kunst zu erlernen mit Nutz und Verstand;
In weniger ist er das nicht im Stand
Für sich zum Nutzen und für den Patron:
Das wißt Ihr aus eigener Einsicht schon.
Articulus quartus
Den vierten Artikel müsst Ihr verstehn:
Der Meister soll sich wohl vorsehn,
Daß keinen Leibeignen er nehm' in die Lehre
Und nie aus Geiz sich dazu bethöre;
Denn der Herr dem er leibeigen ist
Der darf ihn nehmen zu jeder Frist.
Holt er ihn aus der Bauhütte gar
Das könnte Unheil geben, fürwahr;
Denn es wäre leicht in solchem Falle
Daß es Viele ärgerte oder Alle.
Denn alle die Maurer, lobesan,
Sie fest und treulich zusammenstahn.
Doch wenn in der Zunft nun Solche leben
Dann könnt es mancherlei Unheil geben.
Drum müsst Ihr zu eigenem Nutz und Bequemen
Nur freigeborene Lehrlinge nehmen;
Von Alters her Ihr geschrieben find't:
Ein Lehrling sey guten Hauses Kind;
So geschieht es daß auch aus der Fürsten Stand
Sich Manche zur Geometrie gewandt.
Articulus quintus
Der fünfte Artikel besagt Euch gut:
Wie der Lehrling seyn soll von ächtem Blut,
Soll um keinen Gewinn der Meister können
Einen Presshaften jemals zum Lehrling ernennen.
Das hat zu bedeuten, vernehmet wohl,
Daß er alle seine Glieder haben soll.
Es müsste die Zu[n]ft sich wahrlich schämen,
Wollte sie Lahme und Krüppel annehmen.
Denn er Krüppel, auch von bestem Blut,
Der Zunft gar wenig Nutzen thut.
Daß weiß von Euch doch Jedermann
Die Zunft verlangt den mächtigen Mann;
Der Verstümmelte aber, der hat keine Macht,
Das müsst Ihr wissen lange vor Nacht.
Articulus sextus
Den sechsten Artikel sollt ihr wohl verstehn,
Dem Patron soll vom Meister kein Nachtheil geschehn;
Und für dessen Lehrling ein Mehres nicht nehmen
Als andere Meister zu thun sich bequemen;
Denn die Meister sind gleich vollkommen zu nennen,
Ist Einer es nicht, Ihr müsst es erkennen.
Auch wär es gegen gesunde Vernunft
Nähm' einer mehr Lohn als die übrige Zunft.
Derselbe Artikel verordnet auch
Bei Lehrlingen sey zu halten der Brauch,
Daß dem Einen niedren Lohn man reicht
Der dem Anderen in der Arbeit nicht gleicht;
Der Meister den Lehrling so halten kann,
Daß sein Lohn sich verbessert dann und wann,
So daß wenn die Zeit zu Ende ist
Er dann den vollen Gehalt genießt.
Articulus septimus
Es folgt nun der siebente Artikel hier;
Der verkündet Euch Allen schier
Daß nie ein Meister, aus Gunst oder Zittern
Einen Dieb soll bekleiden oder füttern:
Einen Dieb soll niemals er verbergen,
Oder einen Todtschläger bei sich herbergen,
Oder solche die schlechten Namen tragen:
Das könnte der Zunft zur Schande ausschlagen.
Articulus octavus
Der achte Artikel sagt Euch darauf:
Der Meister hat wohl Recht vollauf,
Wenn die Zunft ihm Jemanden geben wollte
Der nicht so gut ist wie er seyn sollte,
Daß er ihn dann mag abbestellen
Und nehmen einen bessern Gesellen;
Durch solchen Mannes schlimmes Versehn
Könnte der Zunft arger Schimpf geschehn.
Articulus nonus
Drauf heißet Euch der Artikel neun:
Der Meister soll weis' und umsichtig seyn;
Daß er nie sich verstehe zu einem Bau
Er kenne denn Werk und Ordnung genau;
Damit es dem Bauherrn zu Nutze komme
Und auch der Zunft in aller Welt fromme.
Auch bei dem Grund er sich wohl vorseh
Daß der Bau ohne Riß und Spalt besteh.
Articulus decimus
Der zehnte Artikel gebeut mit Vernunft:
Es soll kein Meister in der ganzen Zunft
Verdrängen den Andern, Hoch oder Nieder;
Sie Alle leben wie Schwester und Brüder,
Die in dieser zierlichen Kunst begehren
Sich Meister Maurer genannt zu hören.
Auch keinen Fremden treib er hinaus
Der sich hat unterfangen des Bau's;
Es steht darauf so hohe Buß'
Mindestens zehn Pfennig er zahlen muß.
Außer es werde der schuldig befunden,
Der sich des Bau's zuerst unterwunden.
Denn dass Einer den Andern unverschuldet
Verdränge, wird nicht bei Maurern geduldet.
Wird aber die Arbeit so gemacht
Daß der Bau nicht würde zu Stande gebracht,
Dann darf sich erbitten ein Maurer schon
Den Bau, ihn zu retten für den Patron.
In keinem andern Fall inzwischen
Darf ein Maurer sich in die Sache mischen.
Doch wer fürwahr! den Grund beginnt
Als Maurer, tüchtig und wohlgesinnt,
Der ist auch sicher im Gemüth
Daß den Bau er gut zu Ende sieht.
Articulus undecimus
Der eilfte Artikel, hört mir zu,
Der ist ganz einfach und frei dazu;
Er lehret nämlich durch seine Macht:
Kein Maurer arbeite bei Nacht.
Doch nimmt er sich dessen mit Absicht an,
So mag er's ändern sobald er kann.
Articulus duodecimus
Artikel zwölf hohe Lehr' enthält
Für jeden Maurer in der Welt:
Nimmer soll er das Werk des Andern schelten
Will er's nicht an seiner Ehr' entgelten.
In zierlichen Worten magst Du's loben
Mit dem Witz den Gott Dir verlieh von droben:
Doch entlege Dich nicht, mit ihm allein,
Es nach Kräften zu bessern hinterdrein.
Articulus xiijus
Artikel dreizehn will, beim Herrn der Welt!
Daß wenn der Meister einen Lehrling hält,
So soll er auch gründlich ihn unterrichten
Und nach rechtem Maaß den Bau ihm richten.
Daß er als Maurer sich tüchtig beweise
Wohin er dann auf der Erde reise.
Articulus xiiijus
Artikel vierzehn sagt, wohl mit Vernunft,
Es solle kein Meister in der Zunft
Einen Lehrling jemals zu sich nehmen,
Er habe denn manch Werk zu unternehmen;
Damit er lerne in seiner Zeit
Gar vielerlei Kunstfertigkeit.
Articulus quindecimus
Der fünfzehnte Artikel das Ende macht;
Dem Meister ist er freundlich bedacht:
Um keinen Menschen, hört Ihr ihn verkünden,
Soll er falscher Behauptung sich unterwinden,
Und um keinen Gewinn aus solchem Werke
Er Andre in solcher Sünde bestärke,
Und lasse sie zu falschem Eide,
Aus Furcht daß ihre Seele leide.
Sonst trifft die Zunft gar große Schand
Und er wird bitter zu tadeln genannt.
Plures constituciones
In der Versammlung ward noch mancher Satz gesetzt
Von großen Herren und Meistern; höret jetzt:
Wer die Zunft will erlernen und drin gedeihn
Muß Gott wohl lieben und die Kirche sein;
Auch seinen Meister, zu dem er sich hält,
Wohin er geh, über Meer oder Feld;
Auch soll er lieben die Nebengesellen
Denn das thut ihm die Zunft befehlen.
Secundus punctus
Der zweite Punct ist, wie ich Euch sage:
Der Meister arbeit am Werkeltage
So eifrig wie er kann und mag
Den Lohn zu verdienen für Feiertag;
Wer aber die Arbeit verrichtet wohl
Seinen richtigen Lohn auch empfangen soll.
Tercius punctus
Der dritte Punct enthält Mancherlei
Was dem Lehrling zu wissen nöthig sey:
Von seines Meisters Geschäften sprech er nicht
Oder seiner Genossen, das ist ihm Pflicht;
Was im Zimmer wird und in der Hütte berathen
Das soll er keinem Fremden verrathen;
Was dort Ihr höret oder seht
Das sagt Niemandem, wohin Ihr auch geht.
Was in Halle oder Gemach Ihr erfahren
In großen Ehren müsst Ihr's bewahren,
Sonst werdet Ihr zu tadeln genannt
Und Eure Zunft trifft große Schand.
Quartus punctus
Der vierte Punct belehrt uns fein
Gegen die Zunft soll keiner unwahr seyn;
Auf Irrthum soll Niemand je beharren,
Der Zunft gegenüber ihn lassen fahren;
Auch soll er keinen Schaden anstellen
Dem Meister nicht, und nicht den Gesellen;
Und muß auch der Lehrling der Zunft sich bequemen,
Gleiches Recht darf auch er in Anspruch nehmen.
Quintus punctus
Im fünften Punct ist fest verhängt:
Wenn der Maurer seinen Lohn empfängt
Vom Meister, der ihm verordnet ist,
Er nehm' ihn bescheidentlich, wie Ihr wisst;
Doch muß auch der Meister aus gutem Grund
Ihm gehörig künd'gen vor Mittagsstund,
Will er nicht ihn behalten ferner mehr
Wie er gethan hat bis hieher.
Dieser Ordnung darf nicht er zuwider seyn
Gedenkt er in seinem Geschäft zu gedeihn.
Sextus punctus
Den sechsten Punct muß Jeder kennen
Ihr mögt ihn hoch oder niedrig nennen;
Denn es könnte ja einst vorfallen
Unter den Maurern, Einigen oder Allen,
Daß aus tödtlichem Haß oder Neid
Sich entspänne ein großer Streit.
Dann soll der Maurer, sobald er mag,
Beiden Theilen setzen einen Tag;
Zum Liebesfest sollt Ihr jedoch nicht gehen
Als bis die Arbeit ist geschehen.
Ihr habt ja wohl an Feiertagen
Noch Zeit genug Euch zu vertragen,
Damit Ihr Eure Arbeitszeit
Nicht gar verliert um solchen Streit.
Doch Jene sind vor Euch beschieden
Auf dass sie halten Gottes Frieden.
Septimus punctus
Den siebenten Punct mag der bedenken
Dem Gott soll langes Leben schenken:
Denn er befiehlt uns offenbar
Bei Deines Meisters Weib lieg nimmerdar!
Auch nicht bei Deines Genossen, das nimm in Acht,
Damit Dich nicht die Zunft veracht;
Und auch bei Deinem Kebsweibe nicht
Wie Du nicht willst dass Dir geschicht.
Die Straf darauf die ist gar schwer,
Sieben Jahre soll man gehen zur Lehr;
Denn wer dergleichen je verschuldet
Die Strafe er mit Recht erduldet:
Drum mag sich Jeder wohl vorsehn
Solche Todsünde nicht zu begehn.
Octavus punctus
Der achte Punct sey wohl erwogen:
Hast Du 'nem Amt Dich unterzogen
Vollzieh es Deinem Meister treu
Das schützt Dich sicherlich vor Reu.
Ein treuer Vermittler sollst Du seyn
Dem Meister und den Genossen Dein;
Mit Wahrheit mußt Du danach streben
Jedem Theile sein Recht zu geben.
Nonus punctus
Zum Neunten, hören wir von Allen
Schaffner sind in unsern Hallen:
Daß Jeder der sich dort einstellt
Vom Andern Speis und Trank erhält;
Wackre Gesellen, Euch ists bekannt,
Zu Schaffnern seyd nach der Reih Ihr ernannt;
Woche nach Woche, daß ihr's wisst
Als Schaffner Ihr Allen dienen müßt.
Liebend reich Einer dem Andern Labsal
Als wären wir Brüder und Schwestern zumal;
Auch soll Keiner auf des Andern Zechen
Sich selber einen Vortheil berechnen;
Jeder vielmehr sey dem Andern gleich
In allen Kosten, das merket Euch.
Sieh zu daß Jeder alsbald sein Geld
Für was er Dir verkauft erhält,
Daß niemals Mahner sich einstellen
Dich drängend oder die Gesellen;
Wer er auch sey, Weib oder Mann,
Bezahl ihn redlich, merk Dir's an;
Doch für die Zahlung die Du gemacht
Sey auf 'nes Gesellen Zeugniß bedacht
Daß nicht ein Schimpf die Andern äffe,
Und großer Tadel Dich nicht treffe.
Von Andrer Gut das Du verwaltest
Daß richtig Buch Du stets ja haltest;
Wo, und wie, zu welchem End
Solches Gut Du hast verwendt;
Du mußt, so oft sie es begehren,
Rechnung Deinen Gesellen gewähren.
Decimus punctus
Der zehnte Punct lehrt uns zu handeln
Um ohne Zweitracht durchs Leben zu wandeln.
Denn wenn ein Maurer der Missethat
Und falschem Werk sich ergeben hat,
Kann durch solch fälschliches Vorwenden
Seine Genossen er entsetzlich schänden;
Und weil ein Einziger ist zu schelten
Muß es die ganze Zunft entgelten.
Doch thut der Zunft er solchen Trutz
Bestärkt ihn nicht und gebt ihm Schutz,
Im Sündenleben zu beharren,
Wollt Ihr vor Zwist und Streit Euch wahren;
Doch sollt Ihr ihn nicht gleich verlassen.
Vielmehr ihm erst befehlen lassen
Daß er erschein, nach Eurem Willen,
Sey's öffentlich, sey es im Stillen
Beruft ihn vor den nächsten Verein
Daß er vor allen Genossen erschein;
Doch weigert er sich Euch zu hören
So muß die Zunft er wohl abschwören
Und die Strafe des Gesetzes tragen
Das gegeben ward in alten Tagen.
Punctus undecimus
Der eilfte Punct ist gar verständig
Das seyd Ihr sicherlich geständig:
Wenn Einer je, selbst wohlgeschickt,
Einen Andern den Stein behauen erblickt,
Nahe daran ihn zu vernichten,
Soll bessernd schnell er ihn zurichten,
Daneben Jenen auch belehren
Wie er das Werk vollend mit Ehren:
Mit sanften Worten belehren ihn
Lieblich, wie Gott sie ihm verliehn.
Um Seinetwillen, der droben thronet
Uebt Sanftmuth, daß Euch Liebe lohnet.
Punctus duodecimus
Der zwölfte Punct ist von hohem Bedeuten:
Gilts Eure Versammlung zu bereiten,
So kommen Meister allzumal
Und vornehme Herren in großer Zahl;
Auch der Scheriff der Graffschaft komme zum Rath
Und der Bürgermeister der Stadt;
Ritter und Freie erscheinen, traun!
Und andere Rathmänner mögt Ihr schaun;
Welcherlei Ordnung wird hier gemacht,
Die seyd zu halten wohl bedacht;
Gegen wen es auch sey, gegen jeglichen Mann
Der der freien und schönen Kunst gehört an.
Und will er sich solchem Gesetz nicht bequemen
Sollt Ihr ihn in Euren Gewahrsam nehmen.
Xiijus punctus
Zum dreizehnten sollt Ihr dann hören:
Kein Dieb zu seyn soll Jeder schwören,
Nie solch falsches Gewerbe zu schützen
Um der gestohlenen Güter eins zu besitzen,
Aller Theilnahm' und Kenntniß ledig und los,
Sein Gut oder Sippschaft sey noch so groß.
Xiiijus punctus
Im vierzehnten Punct ist wohl ersonnen
Wie Ehrfurcht wird dem Gesetz gewonnen;
Einen hohen wahrhaften Eid soll er schwören
Daß der Meister und alle Genossen es hören;
Treu woll' er und unwandelbar
Alle Puncte befolgen immerdar,
Und seinem hohen Herrn und König
In allen Dingen seyn unterthänig.
Was hiebevor Euch worden kund
Beschwört Ihr fest mit Herz und Mund.
Alle müssen leisten denselben Schwur
Der Maurer, sey's gern oder ungern nur,
Zu gehorchen den Puncten hievor gemeld't;
So ist es mit gutem Bedacht bestellt.
Auch soll man Jeden fleißig befragen
Nach seinem Wissen und seinem Betragen;
Und wird dann Einer schuldig erkannt
In einem der Puncte vorbenannt
Den suche man auf, wer er auch sey
Und bring ihn in die Versammlung herbei.
Quindecimus punctus
Der funfzehnte Punct ist wohl erkoren:
Für Alle, die den Eid geschworen,
Ist von den Herren und Meistern auch
In ihrer Versammlung geordnet der Brauch,
Daß wer sich jemals böslicher Weis
Auflehne gegen ausdrücklich Geheiß
Von diesen Artikeln, den führ man zur Stund
Vor der Herren und Meister versammelten Bund.
Ist ihnen dann im offnen Rath
Verwiesen worden die Missethat
Und wollen zur Abbitt sich nicht bequemen,
So müssen sofort sie Entlassung nehmen;
Der Maurer Zunft müssen dann fremd sie bleiben
Und schwören die Kunst nicht ferner zu treiben.
Wollt er auch zur Buße sich wenden alsdann
Die Zunft nehme nimmer ihn wieder an;
Doch wollte er nicht dazu sich bequemen
So soll der Scheriff ihn zu sich nehmen,
Ihn selber bring er an sicheren Ort,
Für solchen Frevel, gefangen fort,
Seine fahrende Hab' und auch sein Land
Die geb' er in des Königes Hand,
Der dann so lange sie behält
Als es seinem fürstlichen Willen gefällt.
Alia ordinacio artis Geometriae
Sie ordnen noch: jährlich solle die Zunft
An belieb'gem Ort halten Zusammenkunft.
Die Mängel, wenn etwa allerhand
Sich zeigen, zu bessern mit Verstand.
Sie halten sie jährlich oder alle drei Jahr
An jeglichem Orte hie oder dar.
Doch Zeit und Ort sie verkünden sollen
Wo sie zusammenkommen wollen.
Die Zunftmeister müssen dann alle kommen
Und große Herren, wie Ihr vernommen,
Zu bessern, was man dort anspricht
Und zu achten daß Keiner die Regel bricht.
Dort sollen alle auch beschwören
Die Regeln die der Zunft gehören,
Und all die Statuten zu haben in Acht
Die König Adelstan hat gemacht.
»Was hier ich für Gesetz hab' erkannt
Das haltet fest in meinem ganzen Land,
Daß meine Königsgewalt Ihr ehrt
Kraft der die Krone mir gehört.
Versammelt Ihr künftig Euch zu Hauf
Und treten vor Euren König drauf,
Von seiner hohen Gnade zu erflehen
Zu jeder Stunde bei Euch zu stehen,
Laßt Euch bestät'gen was mit weisem Rath
König Adelstan für Eure Zunft gesatzet hat.«
Die Verse 497-794 sind von C. W. Asher nicht wörtlich übersetzt, sondern nur sehr knapp nacherzählt worden. Anschliessend weist er nach, dass das sog. Freimaurererverhör rsp. Locke-Manuskript „geschmiedet ist“- „Im Ganzen ist es nur ein sehr plumper Versuch des Betruges“.
- Ausgearbeitet von Dr. phil. Roland Müller, Switzerland / Copyright © by Mueller Science 2001-2009 / All rights reserved
- ESOTERIK bei Dr. phil. Roland Müller
Links
Siehe auch
- Für die wörtliche Übersetzung siehe:
Übersetzung derselben Schrift von James Orchard Halliwell