Schloss Kuckuckstein

Aus Freimaurer-Wiki
Schloss Kuckuckstein in Liebstadt (Sachsen). Der Ort 30 Kilometer südlich von Dresden zählt kaum 1500 Einwohner.
Foto: Kolossos - Wikipedia
Der sogenannte Logenraum im Schloss Kuckuckstein mit Säulen, Deckenbemalung … Unkundige können das durchaus als Freimaurertempel wahrnehmen.
Dieses Foto und die drei folgenden: Kunstfaun - flickr.com cc
Wandtafeln informieren über die Freimaurerei im allgemeinen und bezogen auf das Schloss.
Das Gemälde rechts zeigt Carl Adolph von Carlowitz. Die Bilder hängen im Schloss Kuckuckstein.
Auch dieses Bild hängt im Schloss: Ottomar Hensius von Mayenburg. Die Widmung darunter: "Meinem geschätzten Werkmeister - Herrn Schulze - anläßlich des Jubiläumstags seiner - 20jährigen treuen Dienste. - Dresden am 13. April 1931. Mayenburg".

Schloss Kuckuckstein

Die Legende vom historischer Freimaurertempel im alten Freimaurerschloss

Was ist Dichtung und was ist Wahrheit? Gibt es im Schloss Kuckuckstein oberhalb des kleinen sächsischen Städtchens Liebstadt wirklich einen alten Freimaurertempel?
Von Rudi Rabe.

Ich schreibe diese Zeilen Ende April 2018. Gegenwärtig kann das Schloss wegen eines ziemlichen Hin und Her in Sachen Eigentum nicht besichtigt werden; so steht es auf der Webseite des Schlosses. Aber noch 2012 hieß es auf derselben Website: „Wir arrangieren für Sie und Ihre Gäste einen unvergesslichen Tag im Freimaurerschloss Kuckuckstein in Liebstadt bei Pirna. Schon Napoleon Bonaparte war von dem Zauber dieses Anwesens sehr angetan. Freimaurer wie Fichte und Kleist gründeten zusammen mit dem damaligen Hausherrn Carl Adolph von Carlowitz im Jahr 1800 die Freimaurerloge ‚Zu den drei Schwertern’. Erkunden Sie zusammen mit Ihren Gästen diesen mystischen Ort.“

Und bei Wikipedia steht unter „Schloss Kuckuckstein“ (Stand 28. April 2018): „1800 wurde im Schloss eine Freimaurerloge eingerichtet, die mit geheimnisvollen, frühromantischen Malereien ausgestaltet wurde. Die Bibliothek des Schlosses verfügt außerdem über einige wertvolle Freimaurerschriften. … Darüber hinaus verfügt das Museum über eine Reihe historischer Gegenstände aus der Freimaurerei wie Logenabzeichen, Freimaurerschurze sowie über Ölgemälde, die vormalige Logenbrüder aus den sächsischen Logen darstellen.“

Das Schloss wurde und wird also als „Freimaurerschloss“ vermarktet, und ein bestimmter Raum im Schloss als „Freimaurerloge“ - was immer das genau heißen mag. Die Freimaurerforschung ist sich jedoch längst einig, dass diese Behauptungen eine blosse Legende sind.

Und so war es wirklich

Der Schlossherr Carl Adolph von Carlowitz (1771–1837) war zu Zeiten Napoleons Mitglied in der Dresdner Freimaurerloge ’Zu den drei Schwertern’. Die 1966 freigelegten an freimaurerische Motive erinnernden Deckenausmalungen in Kuckuckstein mit Sonne, Mond und Sternen werden von Fachleuten als masonische Liebhaberei eingestuft. Einen wirklichen Tempel dürfte es in diesem Schloss nie gegeben haben. Davon war auch der Freimaurer und Freimaurerforscher Ernst-Günther Geppert (1918 - 2010) überzeugt. Er verfasste 1989, also gerade noch zu DDR-Zeiten, für die Freimaurerzeitschrift ’Humanität’ einen Artikel, in dem er diesen seinen Standpunkt mit vielen Details untermauerte. Das Freimaurer-Wiki hat den Text 2011 posthum als Traktat veröffentlicht: hier.

Aus dem Umstand, dass im Schloss Kuckuckstein wohl nie ein ständiger Freimaurertempel eingerichtet wurde, kann man aber nicht schließen, dass es dort nie freimaurerische Tempelarbeiten gegeben hätte. Aus den alten Zeiten ist uns diesbezüglich zwar nichts überliefert. Doch aus den 1990er Jahren wissen wir: Die Loge ’Zu den drei Schwertern und Asträa zur grünenden Raute’ war nach ihrer Wiedergründung 1991 bis sie schließlich in Dresden eine feste Bleibe fand mehrere Jahre lang eine sogenannte Wanderloge, das heißt, sie veranstaltete ihre Tempelarbeiten an wechselnden Orten. Und einer dieser Orte war das Schloss Kuckuckstein. Das war durchaus naheliegend, war doch einer der Brüder dieser 1762 gegründeten Traditionsloge Carl Adolf von Carlowitz, der Schlossherr im frühen 19. Jahrhundert.

Hundert Jahre danach wurde ein weiterer Freimaurer für das Schloss wichtig: Ottomar Heinsius von Mayenburg, Mitglied der Apfelloge (‘Zum Goldenen Apfel‘) in Dresden. Als Zahnpastafabrikant („Chlorodont“) war er in den 1920ern der reichste Dresdner und geschätzt wegen seines sozialen Engagements für seine Arbeiter. Großzügig war er auch zu seinen vier Kindern: Er kaufte jedem ein Schloss, eine der Töchter bekam Kuckuckstein.

Wie entstand die Legende?

Wichtigster Legendenverbreiter dürfte der renommierte Architekturführer „Dehio“ gewesen sein. So steht es jedenfalls in der Nummer 64 der vierteljährlich erscheinenden kulturhistorischen Zeitschrift „Dresdner Hefte“. Ausgangspunkt war, dass noch in der DDR bei der Restaurierung des Schlosses im Jahr 1966 in dem Raum, der dann als Freimaurerloge bezeichnet wurde, die ursprünglichen Wandmalereien wiederentdeckt wurden.

Dazu die „Dresdner Hefte“ in ihrer Nummer 64, die der Freimaurerei in Sachsen gewidmet war: Nach der Freilegung der Wandmalereien, die zu den Logenspekulationen anregten, übernahm auch „der bekannte Architekturführer ’Dehio’ die Legende. Mit der Formulierung ’besonders beachtenswert’ sei ’die Freimaurerloge …., deren Ausmalung um 1800 bei der Restaurierung 1966 freigelegt wurde’, erhielt die Legende eine Art höhere Weihe. Das macht sie freilich nicht wahrer. Die scheinbare Existenz einer ’privaten Schloss-Freimaurerloge’ ist allein aus der Liebhaber-Symbolik im Interieur einzelner Räumlichkeiten des Schlosses abgeleitet worden!“

Und weiter heißt es in den „Dresdner Heften“: „Eine von der Liebstädter Logen-Legende beharrlich ausgeblendete Tatsache ist aus den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts überliefert: Die freimaurerisch-romantische Ausmalung, bei der Restaurierung 1966 freigelegt, war in Wirklichkeit bis zu den späten 1930er Jahren zu sehen gewesen! … Die Übermalung der Symbolik ist somit offenbar erst in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts vom letzten Schlossherrn veranlasst worden. Der war selbst ein Freimaurer. Gustav Ottomar Heinsius von Mayenburg, der letzte Privateigentümer von Kuckuckstein, hatte das Schloss 1931 ersteigert und gehörte der Dresdner Loge zum golden Apfel an. Zur Übermalung der Räumlichkeiten kann er sich kurz vor seinem Tode aus Selbstschutzgründen entschlossen haben, als die Nationalsozialisten die Freimaurerei immer mehr attackierten. - Die Datierung der ursprünglichen Ausmalung aus der Zeit ’von etwa 1800’ haben die Legendenbildner kühn als Datum einer vermeintlichen Logengründung ausgegeben. … Erst die Unkenntnis der Kriterien, was im Sinne der Freimaurerei eine ’Freimaurerloge’ ausmacht, begünstigte das Entstehen der Legende in sozialistischer Zeit.“


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