Traktat: Warum heisst die Johannismaurerei auch „Blaue“ Maurerei?
Inhaltsverzeichnis
Warum heisst die Johannismaurerei auch „Blaue“ Maurerei?
von Roland Müller
siehe auf Englisch:
- http://www.masonicdictionary.com/blue.html
- http://www.masonic-lodge-of-education.com/masonic-blue.html
- http://phoenixmasonry.org/why_is_it_called_blue_lodge.htm
1731: Desaguliers verlangt blau für Meisterband und Einfassung des Schurzes
Wolfgang Scherpe gibt in seinem Buch "Das Unbekannte im Ritual" (1977; 3. Aufl. 1990, 175) folgenden Hinweis.
"Der Grossmeister Desaguliers verfügte 1721, das nur die Grossmeister und ihre Deputierten und die Aufseher der Grossloge eine blaue Umrandung des Schurzes tragen durften. 1745 eigneten sich die Meister der Logen das Blau an, und seitdem spricht man auch von einer 'Blauen Freimaurerei'."
Dumm ist nur, dass John Theophilus Desaguliers bloss von 1719-20 Grossmeister war. Dennoch könnte die Sache stimmen.
Jedenfalls wird in einem Bericht von 1738 (Historische Vertheidigung der Frey-Maurer-Gesellschaft) erwähnt, dass der Grossmeister "mit einem blauen Ordens-Band in Form eines Trianguls gezieret" war.
In den ergänzten "allgemeinen Verordnungen" von Georg Payne (1738, dt. 1741) heisst es:
„Am 17. Mart. 1730/1. Verordnete die grosse Loge zu Abstellung einiger Irregularitäten, daß keine, als der Groß-Meister, sein Deputirter und seine Vorsteher (welche die eintzigen Groß- Beamten sind) ihre Kleinodien in Gold an blauen Bändern um ihren Hals, und weisse lederne Schurtzfelle mit blauer Seide tragen sollen; welcher Art von Schurtzfellen sich auch die ehemahligen Groß-Beamten bedienen mögen.“
In den „Minutes“ der damaligen Grossloge von England heisst es für diesen Tag:
“Dr. Desagulier taking notice of some irregularities in wearing the marks of Distinction which have been allowed by former Grand Lodges. Proposed, that none but the Grand Master, his Deputy and Wardens shall wear their Jewels in Gold or Gilt pendant to blue ribbons about their necks and white leather Aprons lined with blue silk.
That all those who have served any of the three Grand Offices shall wear the like Aprons lined with Blue Silk in all Lodges and assemblies of Masons when they appear clothed. That all Masters and Wardens of Lodges may wear their Aproms lined with White Silk and their respective Jewels with plain white Ribbons but of no other color whatsoever.“
Das erwähnt auch das "Internationale Freimaurer-Lexikon" von Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 146, 337, 460).
1731: Blau ist die Farbe des Hosenbandordens
Rätselhaft ist, dass die Grossloge vier Jahre zuvor die Farbe Weiss für das Halsband vorgeschrieben hatte. Fred J. W. Crowe vermutete 1910, dass die Grossloge 1731 auf die Farbe des Hosenbandordens umgeschwenkt sei (auch Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 146, 188, 460).
1745 heisst es in „Der Entdeckte Und von allen seinen Geheimnissen Entblösste Freymaurer“:
„An den Tagen, da jemand in die Gesellschafft aufgenommen worden, hat der Präsident, der Schatz-Meister und der Cantzler der Gesellschaft ein blaues Band um den Hals, an welchem ein kleiner Dreyanqel hanget.“
In den Transactions der englischen Forschungsloge „Quatuor Coronati“ Vol. XVII, 1904,
zitiert F. J. W. Crowe aus einer Verordnung für Schurze aus dem Jahre 1734:
„Two Grand Masters aprons Lined with Garter blue silk, and turn'd over two inches, with white silk strings. Two deputy Grand Masters aprons turn'd over one inch & ditto."
Er fügt erläuternd an:
„Here the connection with the colour of the Order of ihe Garter is most clearly indicated, and I think there is little doubt that the then members of our fraternity thought that they were adopting a colour which, as the badge of the most famous Order of Knighthood in Christendom, added to their dignity and increased the growing prestige of the Grand Officers.
If a fuither reason is needed it may be found in ihe fact that two Grand Masters previous to this date were Knights of the Garter, i. e., John, Duke of Montague, G. M. in 1721, and Charles, Duke of Richmond, G. M. in 1724; and Bro. Henry Sadler informs me that the Duke of St. Albans and the Earl of Chesterfield were both Knights of the Garter and craftsmen, whilst Bro. John Austis, of the University Lodge (to which Dr. Desaguliers and many other notabilities belonged), was Registrar of the Order of the Garter.“
siehe auch:
Der Grund des alten Zunftwappens: blau oder schwarz?
Eine andere Begründung lautet, dass das alte Zunftwappen der „englischen Bauhüttenbruderschaft“ einen blauen Grund hatte (Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 188, 460. 1669).
In Mackeys „Encyclopedia of Freemasonry“ lesen wir unter „Arms of Masonry“, sie seien gewesen „azure on a chevron between three castle argent; a pair of compasses somewhat extended of the first. Crest a castle of the second.“
Unter „Masons, Company of“ heisst es jedoch: „Sable or black on a chevron,between three towers argent or silver,a pair of compasses“.
Auf den seltenen farbigen Abbildungen dieses Wappens ist die Farbe tatsächlich schwarz; siehe Paul Naudon, Geschichte der Freimaurerei, 1982, 33,
und Günter Duriegl, Susanne Winkler: Freimaurer; Ausstellungskatalog Wien, 1992, 178.
Das Wappen heute in „The Arms of the United Grand Lodge of England“ hat als Grundfarbe dunkelrot:
Interessant ist, wie vorsichtig ein amerikanischer Forscher 1934 formuliert:
„It is possible, of course, that the ancient operative masons, from whose guilds and organizations modern Freemasonry came as a result of slow evolution, may have had an especial reverence for the color blue.“
Noch interessanter ist, dass Carl Heideloff in seinem legendär unzuverlässogen Buch „Die Bauhütte des Mittelalters“ (1844, 23) behauptet:
„Kaiser Maximilian’s I. grösste Freude war bei einem Bau gegenwärtig zu sein und anordnen zu helfen. Er soll auch der Gesellschaft der freien Maurer ein neues Wappen, nämlich vier goldene in ein Quadrat gelegte Zirkel in blauem Felde, auf dem Helm den Adler des Evangelisten Johannes, des Schutzpatrons der alten Maurer, mit einem Heiligen-Schein um den Kopf, verliehen haben.“
Bei Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 1669) heisst es immer noch: „vier nach Art der Swastika (Hakenkreuz) in einer Kugel steckende Zirkel, als Krönung des Wappens den Adler des heiligen Johannes des Evangelisten“.
- http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Steinmetzwappen.jpg
- http://www.oocities.org/steven313de/Wappenbeschr.htm
1730: Prichard: Blaue Hosen symbolisieren die Schenkel des Zirkels
Andere Merkwürdigkeiten berichtet bereits Samuel Prichard in seiner "Zergliederten Freimaurerei" (1730):
Der Meister ist in eine gelbe Juppe und blaue Hosen gekleidet. Die gelbe Juppe bedeutet den Zirkel, die blauen Hosen bedeuten die Stahlspitzen.
Bei Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 146) lautete die Deutung: „der Zirkel hat einen goldenen Knopf und stahlblaue Schenkel.“
Dieselbe Erklärung findet sich auch im "verrathenen Orden der Freymäurer" von 1745.
Im „Master-Key“ von John Browne (1798) findet sich die folgende Passage:
- „201) Bruder älterer Aufseher, haben Sie heute Ihren Meister gesehen?
- Ich habe die Ehre, ihn jetzt zu sehen.
- 202) Wie ist er gekleidet, oder wie soll er sein?
- In der alten Tracht.
- 20З) Welches ist diese alte Tracht?
Blau, Scharlach, Purpur und Gold.
- 204) Warum diese Farben?
- Weil es königliche Farben waren, dieselben, welche von unsern alten Königen und Fürsten getragen wurden, und woraus, sowie uns die heilige Schrift belehrt, der Vorhang des Tempels zusammengesetzt war.“
Und die Templer – Meister – Gesellen?
In der konfusen Verräterschrift von „Sarsena“ (1816, 35) wird behauptet: „Die blaue Farbe, die für den Meistergrad bestimmt ist, war von dem heimlich fortgepflanzten Orden des Tempels angenommen; und daher ist man in den Logen durch die drei Freimaurergrade bewaffnet. Daß bei der Oeffnung der Loge der Degen gezogen wird, bedeutet den militärischen Orden, und die Ritterschaft der alten Tempelherren.“
Wenn schon, jedenfalls in den USA ist Blau die Farbe des Gesellengrades, wie Don Falconer schreibt:
„because it is emblematic of the intellectual knowledge and practical skill of the craftsman and his faithfulness to the fraternity“.
C. J. E. Hudspeth hat das 1949 etwas anders erklärt:
„It is thought by some that the blue rozettes added to the Fellowcraft apron indicate the progress being made in the science of regeneration and that the candidate's spirituality is beginning to bud forth, also that the wilderness of the natural man is now blossoming as the rose, in the flowers and graces of his regenerated nature.“
Allerdings meint Foster H. Garrett, von der Spitze der „Roten“ Freimaurerei herunterschauend:
„We learn therefore that by custom and symbolism and not by any adopted law or by-law, we use Blue in referring to the Master Mason lodge as the ‚Blue Lodge’.“
Der bestirnte (1710) oder vielfarbige (1730) Baldachin
Das „stary firmament“ kommt bereits im Dumfries Manuskript No. 4 von 1710 vor.
In „Der verrathene Orden der Freymäurer“ (frz. 1744; dt. 1745) heisst es:
- „Fr. Mit was ist die Loge bedeckt?
- A. Mit einem himmlischen mit goldenen Sternen bestreuten Thronhimmel.“
[D’un Dais céleste, parsemé d’Etoiles d’or]
Dagegen findet sich in Prichards „zergliederten Maurerei“ der Dialog:
- „Fr. Welche Bedekkung habt Ihr für die Loge?
- A. Einen wolkigen Baldachin von verschiedenen Farben (oder die Wolken).“
[A clouded Canopy of divers Colours (or the Clouds)]
1762 bediente sich ein englischer Autor beim „Verrathenen Orden“, formulierte jedoch in seiner Schrift „Jachin and Boaz“:
- „105. M. Hatte Eure Loge irgend eine Bedekkung (Dekke)?
- A. Ja, einen wolkigen Thronhimmel von verschiedenen Farben (oder die Wolken).“
[Yes, a clouded Canopy of divers Colours]
Interessanterweise ist bis 1800 nie von einem blauen Himmel die Rede. Noch im „Master-Key“ von John Browne aus dem Jahre 1798 lesen wir:
- „Die Bedekkung unserer Loge ist ein Thronhimmel von verschiedenen Farben.“
- Und im Katechismus dazu heisst es:
- „127) Was ist die Bedekkung der Loge des Maurers?
- Ein Thronhimmel (himmlisches Gezelt) von verschiedenen Farben.“
Dennoch wird vielfach der Satz zitiert:
„According to Coil's Masonic Encyclopedia [1961], it is not known when blue first came to be associated with Freemasonry, although some historians think that initially the color was used in Craft Masonry to represent the sky.”
In "Coil’s“Masonic Encyclopedia“ von 1995 heisst es dann:
„It has never been discovered how or when blue became the characteristic color of Craft Masonry, but the most probable explanation is the simple analogy to the blue dome of heaven, the classified canopy, or star-decked firmament. In Masonry, blue indicates universal brotherhood and instructs us that those virtues should be as extensive as the blue arch of heaven itself.“
Daran hält sich auch noch Christopher Hodapp in seinem klugen Buch „Freimaurer für Dummies“ (2006, 145):
„Der Ursprung des Begriffs ‚Blaue Loge? Ist ungeklärt. Im Lehrlingsgrad wird das von Sternen übersäte Himmelsgewölbe erwähnt. Es könnte sich also um eine Anspielung auf den blauen Himmel handeln. Viel Logenräume haben in der Tat blau gestrichene Decken.“
„Über den Sternen muss Gott thronen und wachen“
Poetisch formulierte einst der Zürcher Josef Schauberg in seinem "Vergleichenden Handbuch der Symbolik der Freimaurerei":
„Der weissen Licht- und Himmelsfarbe steht die blaue Farbe als das Symbol des blauen Himmelsäthers, worin die Sterne ihre Bahnen ziehen, gleich und verbindet sich daher vielfach in dem Gottesdienste mit derselben, wird gleichfalls zur Farbe des Kleides der Götter und der Menschen.
Das Sternenzelt des Himmels, in welchem die Urmenschheit zuerst Gott ahnte und anbetete mit seinem Azurblau ist seit den Urzeiten der Menschheit von dieser zu den Decken, Raumabschlüssen besonders der Tempel, wie vorzüglich auch in Aegypten verwandt worden“ (1861, 79-80)
„Es ist schon ein mächtiger Fortschritt der Menschen und ihres Gottesbewusstseins, wenn sie den Blick von der Erde und von den Bergen hinauf zu dem Himmel, zu den Sternen erheben und nunmehr dahin Gott und seinen Himmel versetzen. Richtet der fühlende Mensch, der einsame Hirte und Ackerbauer auf den hohen Bergen und in den Hochflächen nach des Tages Mühen und Leiden am anbrechenden Abend und in der lautlosen Nacht das Auge zu den flimmernden, glänzenden, ruhigen Sternen empor, erkennt er ahnend und hoffend das Dasein eines höhern Wesens, eines Schöpfers und Erhalters; in und über den Sternen der Nacht muss Gott thronen und wachen.
Zum Zeichen, dass in den fernen Sternen der Nacht der Mensch zuerst den wahren Gott erkannt habe, wölbet sich über jeder Maurerloge das blaue Himmelszelt, der endlose Sternenhimmel, darin das jedem Auge so leicht erkennbare Sternbild des Orion mit dem Hundsstern, Sirius, Sura nach den Zendschriften. Es ist das tiefste und umfassendste Licht- und Gottessymbol, dass die Maurer zur Erkenntniss und zur Verehrung des höchsten Wesens sich gleichsam in der stillen Nacht auf den Bergen unter dem leuchtenden Sternenhimmel in dem von Gott selbst geschaffenen einzigen Tempel des grossen Weltalls versammeln.
Alle Logen bedeuten die endlose Welt, ruhend unter dem Sternenmeere, und diese Welt, dieser Tempel der Weltmacht, umfasst alle Maurer der kleinen Erde. Der Maurer stürze in der Loge mit dem Geiste die engen Logenmauern ein und versetze sich hinaus mit allen Maurern der Erde, unter das eine weite Sternenzelt, in die einzige und unendliche Loge Gottes und der Menschheit; dann wird in ihm der wahre Menschen- und Maurergeist entstehen, wie über ihm in den strahlenden Sternen der göttliche Geist sich verkündet (1861, 247-248):
Himmelblau
1822 berichtet die "Enzyklopädie der Freimaurerei":
„Blau, Azur, ist die allegorische Farbe der Treue, welche die Freimaurerei adoptiert hat."
In der neuen Auflage unter dem Titel "Allgemeines Handbuch der Freimaurerei" (1. Bd. 1863) – und fast wörtlich auch in der Auflage von 1900 - heisst es:
„Blau bedeutet in der Farbensymbolik der mittelalterlichen Kunst:
- 1) als eine der mit den kirchlichen Jahreszeiten abwechselnden Farben der Messgewänder: Demuth und Busse, weshalb auch in den Fasten die meisten Kirchen blau ausgeschmückt werden ;
- 2) als Gewandfarbe eines Engels: Glaube und Treue;
- 3) als Gewandfarbe Maria’s: Bescheidenheit;
- 4) als Grundfarbe der Gewölbdecke der Dome: den Azur des Himmelsgewölbes.
In der Freimaurerei gilt hauptsächlich die Bedeutung der Treue und Beständigkeit, welche den wahrhaft guten Menschen und Maurer als erprobt und bewährt darstellt. Daher zeigt sich an der Kleidung. des Gesellen mehr Blau als an der des Lehrlings, und an der Kleidung des Meisters findet sich die meiste blaue Farbe. Das Blau der Freimaurerei ist das des Himmels (Azurblau), der über den Wolken in wechselloser, ewiger Bläue prangt.
Blaue Grade. Die drei untersten Grade aller Systeme oder die drei Grade der Johannismaurerei, auch symbolische Grade genannt, haben die blaue Farbe zur Bekleidung und Verzierung, daher sie auch nach dieser Farbe benannt werden. Die höhern Grade haben andere vorherrschende Farben, z. B. ziegelroth, grün.“