Traktat: Alfons Mucha, Künstler und Freimaurer
Alfons Mucha, Künstler und Freimaurer
Quelle: Quatuor Coronati Jahrbuch 1986
Autor: Alfred Fantis
lm Jahre 1985 sind 125 Jahre seit der Geburt eines berühmten Künstlers der Jahrhundertwende vergangen. Zu seinem 120. Geburtstag wurden mehrere Ausstellungen, wie z. B. in Darmstadt, Paris und Prag veranstaltet. Es gab wohl keinen bedeutenden Maler der Sezession und keinen Graphiker des Jugendstils, dessen Werk - ob zu Recht oder Unrecht - nicht in Zusammenhang mit der Persönlichkeit Muchas erwähnt worden wäre.
Er gehörte zu den berühmten Gründern der Sezessionsepoche der bildenden Kunst, wurde zum hervorragenden Vertreter des Symbolismus, gehörte der Gruppe der'Art nouveau" in Paris und ebendort der Avantgarde der Plakatbilder-Maler neben Toulouse- Lautrec, Cheret, Cassandre, Capielleo und anderen an. Es war die Zeilder Entfaltung van Goghs und der Pont-Avenschen Schule mit Paul Serusier und Paul Gaugin - Muchas Freund - an der Spitze. Damals setzte sich die Gemeinschaft der "Les lndependents" im Prozeß des Unwerten der impressionistischen Malerei, vertreten durch Paul Signac und Georg Seurat und der Einfluß der dekorativen Malerei von Puvis de Chavannes durch. Diese dynamische Entwicklung der modernen bildenden Kunst in Paris gestaltete besonders das schöpferische Werk und den künstlerischen Werdegang Muchas.
Alfons Mucha ist am 24. Juli 1860 in lvancic in Mähren geboren. Er war eines von 6 Kindern, seine Eltern waren ziemlich arm. Trotzdem verstand er es, den Widerstand seiner Familie gegen seinen Entschluß, Kunstmaler zu werden, zu überwinden.
Nach einigen Lehrjahren in Wien unter dem Einfluß des damals sehr berühmten Kunstmalers Makart wurde er von seinem späteren und treuen Gönner Graf Khuen von Mikulöic als begabter Künstler entdeckt und zur Ausbildung in die Münchener Kunstakademie geschickt, wo er mit Erfolg im Jahre 1885 die Prüfung in der figuralen Malerei abgelegt hat. München war damals der Deutsche Montparnasse, nicht ohne Einfluß des Königs Ludwig ll., Förderer des neuantischen Akademismus. lm Gegensatz dazu gärte aber schon in München ein neuer künstlerischer Stil, der später durch die Zeitschrift "Jugend" im Jahre 1894 als "Jugendstil" eingeführt wurde.
Nach Beendigung seiner Studien in München arbeitete Mucha vorübergehend für seinen Mäzen Graf Khuen. Er dekorierte das neue schloß Khuens mit Wandmalereien, und sowohl sein Gönner als auch seine Freunde waren begeistert. Der Graf ermöglichte deswegen Muchas weitere Ausbildung in Paris. Voll von Enthusiasmus nahm Mucha seine studien bei Lefebvre, Boulanger und Laurens auf. Bald folgten jedoch für den jungen Künstler trostlose und magere Jahre. Nur durch Zufall, mit einem Plakat für die damals sehr berühmte Schauspielerin Sarah Bernhardt, eroberte Mucha auf einen Schlag die Herzen des künstlerischen Paris und gewann große Popularität durch einen ganz neuen Stil dieser Malerei, die sehr "modern" war. Er bekam Angebote zum lllustrieren der Bücher von Robert de Flers, Charles Seignobos, Anatole France und anderen.
Mucha selbst hat einige Bücher herausgegeben, wie "Documents decoratifs" und mit hervorragenden lllustrationen monumentaler Art das Werk "Le Pater" - das "Vater unser", ',Meister Johannes Hus", und illustrierte außerdem Seignobos' hervorragendes ' Buch "Scénes et Episodes de 'l'Histoire d'Allemagne',. Danach ging es weiter bergauf. Mucha wurde im Jahre 1898 zum Professor an der Akademie Colarossi in Paris ernannt, später zu ähnlichem Lehrauftrag (1905) in New York in der "School of applied Design for Women, danach in Chicago und Philadelphia. In den Vereinigten Staaten arbeitete er mit Unterstützung des amerikanischen Magnats Charles Crane auf dem monumentalen Zyklus "Slavische Epopäe". Die Ausstellungen wurden zur Weltsensation. ln dekorativer Kunst in Paris, besonders bei der Weltausstellung und auch in anderen Städten Europas gehörte er zu den Spitzenkünstlern der Sezession und Jugendstils ln der ganzen Welt, besonders aber in Frankreich, Deutschland, Böhmen und Amerika sind mehrere Bücher über Muchas Persönlichkeit, Werk und Schöpfung erschienen.
Namentlich im letzten Jahrzehnt hat man sich wieder - dank der Publikationen seines Sohnes Jiri Mucha - mit ihm beschäftigt. ln der Bundesrepublik ist ein ausführlicher und hervorragender Katalog zur Ausstellung anläßlich seines 120. Geburts- tages auf der Mathildenhöhe Darmstadt im Jahr 1980 erschienen, und im Jahr 1982 Georg Muchas Buch über seinen Vater. In keinem dieser Bücher oder anderen mir bekannten Publikationen erfährt man, daß Mucha nicht nur begeisterter Freimaurer, sondern sogar Großkommandeur des Schottischen Ritus' in der CSR war.
Daß sein Sohn Georg darüber geschwiegen hat, obwohl man zwischen den Zeilen lesen kann, daß er es wohl davon wußte, ist zu verstehen. Seine neueste Publikation ist in Prag und zweifellos auch nicht ohne Zensur erschienen.
Im Darmstädter Katalog schrieb der Direktor der Nationalgalerie von Prag Jiri Kotalik Über Mucha ziemlich kritisch in dieser Hinsicht: "Von den Bereichen, die seine vielfältigen aber oft inkohärenten geistigen Vorstellungen beeinflußten, sind zu nennen: Katholizismus, Mystizismus und liberalisches Aufklärertum, Spiritismus, Freimaurertum und konservativer Nationalismus".
Eine Mitautorin an diesem Katalog J. Brabcová verwechselt sogar die Königliche Kunst mit dem Rosenkreuzerorden: "Mucha sah in den Zeichnungen und lllustrationen von Carlos Schwabe (1866-1926) ein Vorbild. Wie diesen nahm auch Mucha die Atmosphäre des Rosenkreuzerordens gefangen, zu dessen Programm, den Kult des ldeals und der Tradition durch Schönheit auszudrücken, wie man es einfach formulieren kann" er sich eher hin- gezogen fühlte, als zu den Gedanken, die von der Zeitschrift "La Plume" und im Umkreis des" Salon des Cents" vertreten wurde. Nach der Autorin war der Grund zu Muchas Hinwendung zum Rosenkreuzerorden sicherlich dessen exklusives Milieu! Hier liegen sowohl Unkenntnis als auch Systemtreue der Autorin zugrunde.
Alfons Mucha als Künstler war in meiner alten Heimat ein Begriff - alle bewunderten ihn als einen großen nationalen Künstler - über seine Biographie selbst wußte man wenig. Jeder Freimaurer müsste sich deswegen gefreut haben, seinen Namen, Laudationen und Festschriften über ihn und sogar auch seine persönliche Erinnerung über sein Leben und Aktivitätt in der Königlichen Kunst besonders im freimaurerischen Schrifttum und Zeitschriften der vierziger Jahre unseres Jahrhunderts lesen zu können.
Sehr eindrucksvoll ist die Schilderung dieses weltberühmten Künstlers und großen Menschen über die besonderen Umstände seiner Aufnahme, die er in einer Sammlung "Suchende in der Finsternis" verfaßte.
Mucha schrieb: "Dem Begriff Freimaurerei begegnete ich schon in meiner Kindheit. ln den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, in der Zeit der Verbannung der Königlichen Kunst durch den Papst Pius lX. wurde die Freimaurerei zum Teufelsbegriff des Schreckens. Es hat gereicht dazu, daß jeder Gläübige dabei Schwefel und Pech riechen müßte" - es wurden Greuelgeschichten über die Freimaurer als Teufelsdiener erzählt."
ln seiner Ausbildungszeit, einmal von seinem Mäzen Gral Khuen zum Abendessen eingeladen, in Anwesenheit einiger deutscher Aristokraten, kam die Rede auf die Freimaurerei. Mucha schreibt darüber: "lch hatte den Eindruck, dass über etwas Ungeheueres und sehr Gefährliches, was man lieber meiden sollte, gesprochen wird. Es wurde dabei von den Gästen viel Kritik über die Königliche Kunst geübt.
Zur Überraschung aller Anwesenden erklärte Graf Khuen mit leiser Stimme: "Meine Lieben, ich vermute, daß Sie sich alle irren! lch würde es sogar für große Ehre halten, wenn ich auch in die Freimaurerei aufgenommen werden könnte" und fast flüsternd gab er zu: "sogar der Deutsche Kaiser ist auch ein Freimaurer!"
Alle am Tisch staunten, ich selbst aber hörte es von Khuens Mund und es hat gereicht, im Geiste umzukehren und die Freimaurerei mit heimlicher Verehrung von jetzt an zu betrachten. lch habe ein Geheimnis kennen gelernt, das mich nicht mehr verlassen hat und es ging mit mir nach Jahren nach Paris, wohin ich im Herbst 1886 ankam".
In Paris konnte Mucha in den Zeitungen, besonders im damals populären Boulevardblatt "L'intransigeant" von einem Pamphletisten Henri Roquefort viel lesen. Er verleumdete gerne die Freimaurer, die er spöt- tisch "Fréres trois points" bezeichnete. Dank dieser Zeitschrift konnte er paradoxerweise viele ausgezeichnete Maurer kennen lernen. Zu seiner Vorausbildung in der Königlichen Kunst hat eine ihm geschenkte Zeitschrift der Pariser Freimaurer "Le rameau d'or" erheblich beigetragen. Endlich vertraute er sich seinem Freund Br. Pierre Bezian an, der ihm Kontakt zu einer Loge ermöglichte. Nachdem Mucha Antrag um Aufnahme durch seinen Freund gestellt hat, bekam er nach längerem Warten wiederholte Besuche ihm bisher unbekannter Herrn, die mit ihm über alles mögliche diskutierten, und nach solchen Ermittlungen wurde er endlich in den Tempel in der Rue Cadet Nr. 20 eingeladen.
"Es empfingen mich zwei vermummte Gestalten in schwarzem Gewand, und ich stellte mich vor und wurde auffallend milde behandelt" schildert Muchal.. Eine der geheimnisvollen Gestalten führte mich irgendwohin abseits in ein dunkles Verließ, legte auf einen alten Tisch einen Papierbogen vor mich. Der furchtbare Mann teilte mir mit, ich soll mein Testament auf diesen Papierbogen schreiben und verschwand in der Finsternis." lm Kerzenlicht konnte er in der Ecke ein Skelett erkennen - die Wände der Kammer waren schwarz gestrichen.
"Das alles beeinflußte meine Stimmung. lch war eigentlich in einem Grab. Bin ich wohl ein Chrysalide, dem gewährt wird, in das helle Licht der Freimaurerischen Lehre emporzufliegen?" Nachdem Br. Mucha die 3 Reisen absolviert hatte, wurde er, - stets mit verbundenen Augen - von unbekannten Stimmen von allen Seiten mit Fragen bombardiert. Er sollte besonders Folgendes beantworten: "Wie möchten Sie die Kräfte nutzen, derer Sie sich bei uns zu befleißigen erhoffen?"
Nach langem Zwischengespräch erwiderte Mucha, er möchte besonders seinem unter dem Habsburgischem Joch unterdrückten Volke alle seine Kräfte widmen.
Dann wurde ihm plötzlich das Licht erteilt und er sah um sich mehr als 100 Brüder, die ihn freundlich anschauten und unter ihnen mehrere im kulturellen und politischen Leben berühmte Männer. Mucha wurde also im Januar 1898 in die Loge "Les inséparables du Progrès" im Orient Paris aufgenommen und im Jahre 1902 wurde ihm der Lohn erhöht.
Aus der Schilderung Muchas kann man ersehen, wie streng die Suchenden geprüft wurden und wie lange die Lehrlingsjahre dauerten. Alfons Mucha's aktive Arbeit in der Königlichen Kunst wurde leider durch einen Wandel in seinem künstlerischen Leben und durch den l.Weltkrieg unterbrochen. Er bekam, wie schon erwähnt, den Lehrauftrag in den Vereinigten Staaten, wo er seit dem Jahr 1904 künstlerisch und pädagogisch tätig war.
Während seines Aufenthaltes in Amerika wurde ihm leider nicht erlaubt, in eine Johannisloge zu affilieren, weil er Mitglied des Grand Orient de France war, der von den amerikanischen Brüdern nicht als regulär anerkannt ist. Die Ursache lag nach Muchas Schilderung darin, dass der Grand Orient de France aus dem Ritual den Begriff des Großen Baumeisters aller Welten entfernt hatte und deshalb auch aus der gerechten und vollkommenen Freimaurerei ausgeschlossen worden war.
Muchas freimaurerische Angehörigkeit blieb jedoch erhalten. Er traf sich mit vielen amerikanischen Brüdern, besonders Emigranten aus Böhmen, die schon im Jahre 1873 in den Vereinigten Staäten eine tschechischsprachige Loge gegründet haben. Solche Logen bestehen bis heute, und ich habe selbst die Gelegenheit gehabt, eine solche in Berwyn/lll. in der Nähe von Chicago zu besuchen.
Im Jahre 1908 bekam Mucha den Auftrag, das Gebäude von "German Theater" in New York malerisch auszuschmücken, und ein Jahr später übernahm Charles R. Crane die Finanzierung von Muchas Traum: die Schöpfung des monumentalen "slavischen Epos". Nach seiner Rückreise und wiederholtem Aufenthalt in Prag besuchte Mucha den "unpolitischen Verein Harmonia" den er nur durch Zufall entdeckte. Dieser Verein gehörte zu der Grenzloge "Hiram zu den drei Sternen" im Orient Pressburg, wie ich schon darüber berichtet habe. Es war die einzige Prager Grenzloge, die im Jahr 1908 entstanden war, und ihre Mitglieder warän deutsche, jüdische, ungarische und tschechische Brüder. Das brüderliche Zusammenleben, sogar auch in den ersten Jahren des Weltkrieges war trotz nationaler und Rassenunterschiede in der Diaspora beispielhaft. Nach dem Umsturz am Ende des Ersten Weltkrieges und Entstehung der selbstständigen Tschechoslowakischen Republik wurde das österreichische Verbot der Freimaurerei aufgehoben, und es kam zu einer raschen Entfaltung sowohl der deutschen als auch der tschechischen Maurerei.
Die deutschen Brüder vereinigten sich mit den ungarischen im Jahre 1920 im Rahmen der neugegründeten Großloge "Lessing zu den drei Ringen", gestiftet durch die Großloge "Zur Sonne" im Orient Bayreuth. Im Jahre 1934 gehörten unter die Obedienz der Großloge "Lessing" schon 29 Logen und ein Zirkel mit insgesamt 1470 Mitgliedern.
Von der Loge "Hiram" spaltete sich nach dem Kriege die neugegründete tschechische Loge "Jan Amos Komensky" i. O. Prag ab, in weicher Mucha zum Meister erhoben und zum Mitgründer wurde. Als auf dem Kongreß der obersten Räte des schottischen Ritus in Lausanne der Großorient der Nationalen Großloge für die Tschechoslowakei am 25.2.1923 gegründet und später von 91 ausländischen Großlogen anerkannt wurde, ist Mucha Großkommandeur und seitdem sehr aktiv in der Freimaurerei tätig geworden. Unter der Obedienz der Nationalen Großloge der Tschechoslowakei gehörten im Jahre 1935 insgesamt 16 Logen und 4 Zirkel mit 800 Mitgliedern - also eine bedeutend niedrigere Zahl als in den deutschen Logen.
Alfons Mucha wurde nach dem Kriege von künsflerischen Aufträgen überschwemmt. Schon kurz davor entwarf er das tschechoslowakische Staatswappen, danach die ersten Banknoten des neugegründeten Staates und zeichnete viele lllustrationen z. B. auch zum Buch "Von der Finsternis der Unterdrückung zum Lichte der Freiheit" Nach vorübergehenden erneuten Aufenthalt in U.S.A. blieb er definitiv daheim, und die Freimaurerei beeinflußte sein Leben immmer stärker.
Er verfaßte mehrere Artikel in den freimaurerischen Zeitschriften und viel wurde über ihn als Freimaurer geschrieben. später veröffenflichte er zwei größere Abhandlungen: "Freimaurerei" und "Grundsätze und Ziele der Freimaurerei".
Mucha entwarf auch die Bijous der Logen "Jan Amos Komensky". (JAK) "Pravda vitezi" (Die Wahrheit siegt), "Národ" (Die Nation) und illustrierte mit seinen Zeichnungen die freimaurerischen Zeitschriften. Nach dem Münchener Abkommen wurde Mucha zum Ziel von Invektiven von der Seite der faschistischen Presse wegen mutmaßlicher Verbindungen mit internationaler Freimaurerei, Judentum und Bolschewismus. Seine künstlerische Aktivität hat hierunter gelitten, und seine letzten Arbeiten, symbolische Bilder über das Zeitalter der Vernunft, der Weisheit und der Liebe sind leider nur in Skizzenform geblieben. Diese, zweifellos unter dem Einfluß der Königlichen Kunst geschöpften symbolischen, monumental konzipierten Bilder wurden leider nicht mehr realisiert.
Im Herbst '193g erkrankte Br. Mucha, konnte nicht mehr malen und nach der Schilderung seines Sohnes Jiri wurde er mehr und mehr Philosoph als Maler. Aus dem Maler wurde ein Apostel der Freimaurerischen ldeen zum Streben der Menschheit nach dem Frieden und allumfassender Liebe.
Er schrieb seine Erinnerungen und von seinem heiteren Optimismus ist nur resignierende Hoffnung geblieben. Am 15. März 1939 marschierten die deutschen Truppen in Prag ein und das Schicksal Europas wurde besiegelt. Unter den von der Gestapo Verhafteten war der Großkommandeur Mucha, der nach unendlichen Verhören zwar endlich entlassen wurde, seine Krankheit hat sich dadurch aber erheblich verschlechtert und am 14. Juli 1939 ist er gestorben'.
Ein Staatsbegräbnis des allgemein geliebten und berühmten Nationalkünstlers wurde von den Okkupationsorganen untersagt. Sein ehemaliger Freund, der Abt des Prämonstratenklosters P. Zaoral in Strahow, der Mucha mit seiner Gattin Marie Chytilova im Jahre 1906 getraut hatte, hat abgelehnt, das kirchliche Bestattungsritual zu zelebrieren, weil Mucha Freimaurer und dadurch ein schlechter sohn der Kirche gewesen sei. Hier hat aber wohl auch Angst, sich zu kompromittieren, eine wichtige Rolle gespielt. Trotz allem wurde Br. Mucha auf dem Friedhof der nationalen Elite, "Slavin" in Vysehrad sehr feierlich unter enormer Teilnahme der Bevölkerung beigesetzt. "Die Nation wird sie nie vergessen - ruhen sie süß" sagte sein Bruder, der Kunstmaler Max Schwabinsky, an seinem Grabe.
Mit Muchas Tod nahm auch die gesamte, sowohl deutsche als auch die tschechische Freimaurerei in Böhmen ein rasches Ende. Durch die Nazi-Organe des "Protektorats Böhmen und Mähren" wurde die "Juden-Maurerei" verboten und verfolgt. Viele Brüder sind verhaftet und hingerichtet worden, wie ich es später einmal schildern möchte. Nur eine kleine Zahl von Brüdern rettete sich durch Emigration. Sie gründeten später in London eine Exilloge "Jan Amos Komensky"' So ist in Böhmen zum vorletzten Male die Königliche Kunst eingeschläfert worden.
Zum Schluß lasset uns einige Worte Br. Muchas lesen:
"Mehr als früher wächst in unserer Zeit die Erkenntnis, daß wir für unser Geistesleben eine bestimmte gesellschaftliche Formation brauchen, die bei aller Freiheit und Freisein genug Kraft und Stärke hätte, den Einzelnen eine richtige Basis und Stütze in den Lebensstürmen zu leisten. Die Freimaurerei alleine und einzig erfüllt diese Bedingungen. Und wenn auch immer die ganze Maurerei heute nichts anderes wäre, als ein stiller Versuch, die Seelen der Menschen ohne dogmatischen Zwang zu einigen und dadurch in ihnen die Kraft und die Schönheit zu fördern, welche unschätzbare Verdienste hätte sie schon dadurch gewonnen !"