Lessing (Frankfurt am Main)
Johannisloge:
"Lessing" | |
Orient: | Frankfurt am Main |
Matr.-Nr.: | 769 |
Gründungsdatum: | 1946 |
Großloge: | AFuAMvD |
Inhaltsverzeichnis
Logengeschichte
Noch keine fünf Monate nach Kriegsende versammelten sich im September 1945 Brüder aus verschiedenen Logen in Frankfurt. Es stellte sich heraus, daß die Mitgliederzahl jeder einzelnen Loge zu klein war, um eine eigene Loge wieder zu erwecken. So beschlossen die Brüder eine neue Loge zu gründen und gaben ihr den Namen "Lessing". Die Gründungsurkunde wurde am 7. Januar 1946 der Loge "Lessing" feierlich übergeben.
In dem weitgehend zerstörten Frankfurt waren öffentliche Lokale, die einen abgeschlossenen Raum bieten konnten, praktisch nicht vorhanden. Anfang 1946 hatte Dr. med. Emil Selter (Kinderarzt) sein Haus soweit in Stand gesetzt, daß er seine Sprechstunden wieder beginnen konnte, und bot den Brüdern an, sein Wartezimmer als Versammlungsraum zu benutzen. Wegen der Beschränkung auf den Nachmittag, es bestand noch eine nächtliche Ausgangssperre, kam nur der sprechstundenfreie Mittwoch in Frage. So ist der Mittwoch der Tag der Loge "Lessing" geworden und geblieben. Mit Besserung der Verhältnisse im Gaststättengewerbe und Lockerung der Ausgangssperre verlegte die Loge "Lessing" ihre Zusammenkünfte auf den Abend und in das in der gleichen Straße gelegene Restaurant "Casino". Kurze Zeit später (1948) als die Mitgliederzahl auf 34 angewachsen war, ging man zu der befreundeten Loge "Carl und Charlotte zur Treue" nach Offenbach. Immer aber blieb der Wunsch in den Brüdern lebendig, einen eigenen Tempel zu besitzen.
Sie mieteten Räume in Frankfurt in der Mainzer Straße an, die besonders ausgeschmückt waren. Der Ausbau der Räume wurde unter der Leitung von drei Brüdern, die Architekten von Beruf waren, durchgeführt. In diesem Tempel hat die Loge "Lessing" 39 Suchenden das maurerische Licht gegeben und 24 Brüder in der Loge angenommen.
Gerade in dem Zeitpunkt, in dem der Mietvertrag für diese Räume abgelaufen war, ergab sich für die Loge wieder eine Möglichkeit einen Schritt vorwärts zu tun: die Loge "Wilhelm zur Unsterblichkeit" sah sich außer Stande, ihr wieder zurückerhaltenes Haus in der Finkenhofstraße 17 allein zu nutzen. Entweder mußten die Räume für maurerische Zwecke verkleinert werden und der Rest der Liegenschaft neu mit vermietbaren Geschäftsräumen ausgebaut werden, oder das Haus mußte in das Eigentum eines größeren Bruderkreises überführt werden. Unter maßgeblicher Beteiligung von Brüdern der Loge "Lessing" und durch deren Initiative konnte der letztere Weg beschritten werden. Seitdem hält die Loge "Lessing" ihre Vorträge und Tempelarbeiten in diesem Hause ab.
Zeichnungen
Teil des Logenlebens ist die Auseinandersetzung mit Themen durch die Diskussion. Dazu wird von einem Bruder ein Thema recherchiert und ein Vortrag gehalten. Freimaurer nennen dies "eine Zeichnung auflegen". Die Zeichnung bildet die Basis für die folgende Diskussion, die nach den Regeln der freimaurerischen Diskussionskultur abläuft und jedem die Möglichkeit gibt, seinen Horizont zu erweitern und seine Meinungen zu prüfen. Zeichnungen können sich mit freimaurerischen oder alltäglichen Themen beschäftigen, sie können öffentlich oder im geschlossenen Kreise aufgelegt werden. An dieser Stelle möchten wir von nun an eine Auswahl an Zeichnungen veröffentlichen, um Ihnen einen Einblick in das Logenleben zu ermöglichen.
Arbeitsteppich
Ausführlich dargestellt auf der Seite Workshop "Arbeitstafel"
Dies ist die Zeichnung des Arbeitsteppichs der SGLvD Loge Spinoza iO Frankfurt am Main. Lichteinbringung im Januar 1933. Die Loge löste sich nach der Machtergreifung auf, die Ritualgegenstände -auch der Teppich- wurden von den Nazis konfisziert. Die Zeichnung stammt von Br Emil Selter, dem Gründer der Frankfurter Loge "Lessing"
Später wurde der Teppich der Lessing im Orient Frankfurt durch dieses Exemplar ersetzt, auf dem alle heute noch lebenden Brüder der Loge ihre ersten Schritte in der Freimaurerei gemacht haben. Er ist aus sehr festem Stoff und handgemalt und bedarf der Aufarbeitung.
Die Überlebenden der Spinoza und der SGLvD Loge "Goethe zu den 3 Säulen" iO von Offenbach gründeten im Sommer 1945 die Loge Lessing. Die erste rituelle Arbeit fand im Dezember 1945 als Jahresschlußloge statt. Die Zeichnung ist bei den Dokumenten zu finden. Ab 1946 wurde mit einem Teppich gearbeitet, der sich am Teppich der Loge Spinoza orientierte. Den Erfordernissen der Zeit geschuldet, wurde der Teppich aus Resten von Fahnenstoff zusammengenäht. Da die ersten Tempelarbeiten im Wartezimmer der Arztpraxis im Hause des Logengründers Emil Selter stattfinden mussten, ist der Teppich kleiner als üblich. Nach der Restaurierung konnten er im Juni 2012 zum ersten Mal wieder gezeigt werden..
Die neu erstellte Version des Selter-Arbeitstepichs für die Loge Lessing, auf Hanf-Leinwand gemalt vom Ehrenmitglied der Loge Lessing, Br Jens Rusch
Burns Supper
Die Loge Lessing Nr. 769 im Orient von Frankfurt hatte am 07.02.2015 zum fünften Mal zu einer besonderen Geburtstagsfeier geladen. Gefeiert wurde der schottische Nationaldichter und Freimaurer Robert Burns.
Burns war bis zu seinem frühen Tod im Alter von 37 Jahren ein begeisterter Freimaurer und diente seiner Loge in Tarbolton, Schottland in verschiedenen Ämtern. Überall auf der Welt, wo sich Freunde der schottischen Kultur und Lebensart zusammenfinden, werden rund um seinen Geburtstag Feiern veranstaltet, die den Dichter, sein Werk, seine Lebensfreude und seine Hingabe an das schöne Geschlecht und auch an die Maurerei in Erinnerung rufen. Der Abend verlief auf vergnügliche Weise und folgte doch im Wesentlichen einem Rahmen, der seit über 200 Jahren wenig geändert wurde.
Die Loge Lessing hat an diesem Abend 2300 Euro gesammelt, die voraussichtlich durch andere freimaurerische Organisationen weiter aufgestockt werden. Die Spenden gehen in diesem Jahr an ein Projekt, dass sich die Hilfe für Langzeitarbeitlose zum Ziel gesetzt hat und dabei einen unkonventionellen Weg beschreitet. Weitere Informationen dazu unter www.neustarter.org.
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Traditionell wird der Geburtstag des schottischen Nationaldichters und Freimaurers Robert Burns mit Whisky und anderen schottischen Spezialitäten begangen.
Der Abend verläuft auf sehr vergnügliche Weise und folgt doch im wesentlichen einem Rahmen, der seit über 200 Jahren wenig geändert wurde. Er beginnt mit Musik, sodann werden in Begleitung eines Dudelsackspielers der Haggis, das schottische Nationalgericht sowie andere Köstlichkeiten aufgetragen. Nach dem Essen folgt erneut Musik als Überleitung zum eigentlichen Höhepunkt des Abends, der Geburtstagsfeier für den Dichter mit vorgetragenen Liedern, Toasts, Gedichten und Zitaten.
Selbstverständlich wird das „Wasser des Lebens“ der schottische Malt Whisky, in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, denn der Dicher wusste:
„Wen Du beseelt , o Gerstensaft,
der fühlt zu jedem Wagnis Kraft!
Ein Gläschen Bier – weg sind die Zweifel
Mit Whisky trotzen wir dem Teufel!“
Unkostenbeitrag
Ein Abend für Freunde des Dichters Robert Burns, der schottischen Lebensfreude sowie Freimaurer und Gäste. Entsprechend dem Anlass ist die Kleidung gediegen.
Der Unkostenbeitrag beträgt 30 Euro inkl. Speisen und Getränken. Der Erlös der Veranstaltung kommt einem guten Zweck zu Gute.
Anmeldung
E-Mail: burns@freimaurerloge-lessing.de
oder auch telefonisch: 0177-552 55 00
Die ersten tage der Loge Lessing in Frankfurt a.M.
Aus den ersten Tagen der Loge Lessing Nr. 769 im Orient Frankfurt am Main
Auszug aus der Festschrift zum 25. Jährigen Jubiläum
Auferstanden aus Ruinen.
Noch keine fünf Monate waren nach der bedingungslosen
Kapitulation des Hitlerkrieges vergangen, da versammelten
sich am Nachmittag des 26. September 1945 auf Einladung des
Br.-. Georg G e i e r und in dessen beengten Wohn- und
Geschäftsräumen am Kaiserplatz in Frankfurt 11 Brr.-.
Freimaurer, die die Verfolgungen des Nationalsozialismus und
die Schrecken des Krieges überlebt hatten und wieder in
Frankfurt, Offenbach oder der erreichbaren Umgebung dieser
Städte wohnten oder ihrem Berufe nachgingen. Es waren dies
sechs Mitglieder der früheren Loge „Spinoza" im Orient von
Frankfurt am Main und fünf Mitglieder der früheren Loge
„Goethe zu den drei Säulen" im Orient Offenbach. Die
Zusammenkunft sollte dem Bericht über die Schicksale der
Brüder im Einzelnen, einer Diskussion der Situation der
Freimaurerei nach der Unterdrückung und einer Prüfung der
Aussichten für eine Wiederaufnahme der maurerischen Arbeit
dienen.
Die ersten Feststellungen waren im Wesentlichen tröstlich: mit
einer Ausnahme war es allen aus politischen oder rassischen
Gründen nach 1933 gefährdeten Brüdern gelungen ins Ausland
zu gelangen; einer hatte eine Emigration abgelehnt, eine letzte
Nachricht von ihm war aus einem Arbeitslager bei Krakau
gekommen. Von einem Br.-. war eine Nachricht nach
Kriegsende aus französischer Gefangenschaft gekommen, die
seine baldige Rückkehr erwarten ließ. Von den emigrierten
Brr.-. lagen eingehende Nachrichten nach Kriegsende noch
nicht vor. Sehr viel trauriger erschien den Brr.-. die Situation der
Freimaurerei im Frankfurter Raum.
Von den 16 Logen aller Systeme, die 1933 in Frankfurt am Main
und Offenbach bestanden hatten, gehörten vier von Anbeginn
an zu einem christlichen System und waren mit diesen unter
der nationalsozialistischen Herrschaft in „christliche Orden"
umgewandelt worden, hatten also die freimaurerische
Grundlage der Arbeit verlassen. Zwei der sechs Logen des
Eklektischen Bundes waren 1933 zu dem „Nationalen
Christlichen Orden Friedrich der Große" übergetreten. Die am
26. 9. 1945 versammelten Brr.-. waren übereinstimmend der
Auffassung, daß in Anbetracht ihres Verhaltens in der Zeit
zwischen den beiden Weltkriegen, insbesondere in der Zeit
zwischen 1930 und 1935, die drei Berliner (christlichen)
Großlogen nicht wieder entstehen könnten und würden. Von
mindestens weiteren zwei eklektischen Logen war eine
Wiedererweckung zu praktischer Arbeit wegen ihrer hohen
Verluste an Mitgliedern nicht zu erwarten. Ein gleiches wurde
für vier weitere Logen vermutet, die verschiedenen anderen
humanitären Großlogen angehört hatten.
Unter diesen Umständen und nach der Feststellung, daß die
eigene Zahl zu klein sei, um beide Logen, aus denen die
versammelten Brr.-. stammten, wieder in Arbeit zu setzen,
beschlossen die Brr.-. eine n e u e Loge zu gründen, die aber
auch nicht den Namen einer der beiden alten Logen tragen
sollte. Dazu wurden die Brr.-. durch die Auffassung bewogen,
daß das Versagen der Freimaurerei in Deutschland im Jahre
1933 nur möglich gewesen sei durch die unheilvolle Zer-
splitterung in 11 Großlogen, und also ein neuer Anfang
gemacht werden müsse in einer e i n z i g e n Großloge in
Deutschland. Sie lehnten daher auch die Unterstellung der
neuen Loge unter die in Israel im Exil noch existierende
„Symbolische Großloge von Deutschland", der ihre Logen
früher angehört hatten, ab.
Und so beschlossen sie, der neuen Loge den Namen „Lessing"
zu geben, sie solange keiner Großloge zu unterstellen, sondern
als unabhängige Loge zu arbeiten, bis eine einige deutsche
Großloge geschaffen sei, und daher auch kein bestehendes
Ritual anzunehmen, sondern ein eigenes Ritual zu bearbeiten,
das im Rahmen der überlieferten Tradition allen freimaure-
rischen Auffassungen Raum bieten könne.
Die Erwartung der Rückkehr des sechsten der Brr.-. aus der Loge „Goethe zu den drei Säulen" ging bald in Erfüllung und danach wurde noch vor dem Ende des Jahres 1945 die erste Matrikel der Loge aufgestellt, in der die Mitglieder nach ihrem maurerischen Alter (nach ihren ersten Erinnerungsangaben, die aber später durch Unterlagen berichtigt werden konnten) aufgeführt sind.
Diese Matrikel lautet: 1. S e lt e r, Dr. med. Emil, Kinderarzt, geb. 1. 1. 01 aufg. 27.12.1919 i. d. L. „Zur bergischen Freiheit" Or.-. Solingen (Gr.-L. Zur Sonne), zuletzt Loge „Spinoza" (Symbolische Großloge von Deutschland) zug. Mstr. 2. W e i n s h e i m e r, Adam, Fachlehrer i. R., geb. 7.10. 74 aufg. 1920 i.d. L. „Sokrates" Or.-. Offenbach (F.z.a.S.), zuletzt Loge „Goethe zu den drei Säulen" (Symbolische Großloge von Deutschland) Mstr.-. v.-. St.-. 3. H i n k e l , Otto, Fabrikant, geb. 26.1.89 aufg. 29.1. 21 i. d. L. „Sokrates" Or.-. Offenbach, zuletzt Loge „Goethe zu den drei Säulen" 111 °
4. H o f m a n n, Eduard, Kaufmann, geb. 28. 4. 75 aufg. 1924 i. d. L. „Sokrates" Or.-. Offenbach, zuletzt Loge „Spinoza" I. Aufs.-. 5. G e i e r , Georg, Kaufmann, geb. 19.10. 91 aufg. 26. 6. 26 i. d. L „Sokrates" Or.-. Offen bach, zuletzt Loge „Spinoza" Sekretär. 6. S c h n e i d e r, Heinrich, Feintäschnermeister, geb. 8. 7. 83 aufg. 1926 i. d. L. „Sokrates" Or.-. Offenbach, zuletzt Loge „Goethe zu den drei Säulen" IiI° 7. K e r n , Ludwig, Prokurist, geb. 25.10. 97 aufg. Oktober 1929 i. d. L. „Sokrates" Or.-. Offenbach, zuletzt Loge „Goethe zu den drei Säulen" lll° 8. V e i t h, Kilian, Malermeister, geb. 8. 7. 91 aufg. 17.11. 28 i. d. L. „Sokrates" Or.-. Offenbach, zuletzt Loge „Goethe zu den drei Säulen" II I ° 9. H u m m e l , Heinrich, Kaufmann, geb. 29.12. 88 aufg. 12. 6. 29 i. d. L. „Sokrates" Or.-. Offen bach, zuletzt Loge „Spinoza" lll° 10. H ü t h e r, Christian, Lederfabrikant, geb. 9. 6. 74 aufg. 9.9.29 i. d. L. „Sokrates" Or.-. Offenbach, zuletzt Loge „Goethe zu den drei Säulen" II° 11. K ü r t e 11, Georg, Wirtschaftstreuhänder, geb. 31.7. 97 aufg. 1932 i. d. L. „Goethe zu den drei Säulen" Or.-. Offen bach, zuletzt Loge „Spinoza" l° 12. E d e I, Ludwig, Malermeister, geb. 12.12. 05 aufg. August 1932 i. d. L. „Goethe zu den drei Säulen" Or.-. Offenbach, zuletzt Loge „Spinoza" l°.
Diese 12 Brr.-. sind die eigentlichen Gründer der Loge „Lessing". Den überkommenen Gebräuchen der Freimaurerei war genüge getan: unter ihnen waren mindestens 7 Brr.-. Mstr.-. und die erforderliche Zahl von mindestens 9 Brr.-. war vorhanden. Das Durchschnittsalter der Gründungsmitglieder betrug - trotz der 12 Jahre Pause in der freimaurerischen Arbeit — nur 56,5 Jahre.
Der erste Beamtenrat, wie er in der Gründungsversammlung gewählt wurde, setzte sich folgendermaßen zusammen:
Mstr.-. v.-. St.-. Br.- Selter
- zug. -. Mstr.-. : Br.. - Weinsheimer
I. Aufs.-. : Br.. - Hofmann II. Aufs.-. : .Br. - Hinkel Redner : .Br. - Kern Zer.-.-Mstr.-. : .Br. - Veith Sekretär : .Br. - Geier Schatzmeister .Br. Hummel
: -.
. und der Zukunft zugewandt
Ohne Räume, ohne Rituale, ohne Geräte und Werkzeuge
machte sich die neue Loge sofort an die Arbeit. Die Brr.-.
Lehrlinge, die das schon seit fast 14 Jahren waren, wurden am
21. November 1945 historisch zu Gesellen befördert, wobei ein
Exemplar der 1929 erschienenen Sammlung von
Gesellenritualen (herausgegeben von Br.-. Paul Seiter — So-
lingen) und ein alter Gesellenkatechismus aus dem Jahre 1917
als Unterlage dienten.
Am 30. Dezember 1945 feierte die Loge „Lessing" die erste
Jahresschlussloge. Statt heute eine Schilderung davon zu
geben, seien die Worte wiederholt, die bei der Feier des
10jährigen Bestehens der Loge hiervon berichteten, denn sie
sind unter einer frischeren Erinnerung formuliert.
Wenn wir heute die Räume in diesem Hause und vor
allem diesen Tempel sehen, dann ist es den meisten von
uns sicher unvorstellbar, unter welchen Verhältnissen die
Tempelarbeiten der Loge begonnen haben. Die erste
feierliche Tempelarbeit fand am 30. Dezember 1945 in
der Wohnung des Br.-. Geier, damals im Hause Krebs am
Kaiserplatz, statt. Es spricht sehr, sehr vieles für die
Annahme, daß diese Jahresschlußloge die erste
maurerische Arbeit nach 1935 in Deutschland in einem
rituell eingerichteten Tempel war. Dabei sind die letzten
Worte das Entscheidende und streng wörtlich zu nehmen.
Wenn es sich auch nur um einen halbausgeräumten
Wohnraum handelte, so war doch alles vorhanden, was
Brauch und Herkommen vorschreiben: Der Teppich mit
weißer Plakatfarbe auf schwarzes Papier gemalt; der
Altar mit dem Platz des Meisters: ein mit blauem
Dekorationsstoff umhangener Tisch, auf dem Bibel, Zirkel
und Winkelmaß, letztere handelsübliche eiserne
Gebrauchswerkzeuge; die drei Säulen: einfache
Lattengestelle mit schwarzem Karton umkleidet, auf
ihnen die Lichter der Weisheit, der Stärke und der
Schönheit: keine Kerzen — das wäre ein unver-
antwortlicher Luxus gewesen — sondern kleine,
viereckige mit Paraffin gefüllte Pappkästchen,
sogenannte Sturmlichte; und die Plätze der beiden
Aufseher, hergerichtet wie der Platz des Meisters. In
diesem Raum nun versammelten sich 10 Brr.-. — ein
Lehrling, zwei Gesellen und 7 Meister, gerade die Zahl,
die erlaubt, eine Loge gesetzmäßig zu eröffnen und nach
einem kurzen, aus dem Gedächtnis niedergeschriebenen
und noch erhaltenen Ritual feierten sie vielleicht nicht die
schönste, sicherlich aber die erhebendste
Jahresschlußloge ihres Maurerlebens.
In ihr wurde die Gewissheit gewonnen, dass nicht die Dunkelheit über das Licht gesiegt habe, sondern dass die Freimaurerei lebendig geblieben sei und leben und wachsen werde.
Die an diesen verheißungsvollen Anfang geknüpfte Erwartung, nun sofort mit einem raschen Aufbau der Loge durch die Aufnahme von Suchenden beginnen zu können, trog: die Besatzungsbehörden verweigerten die erforderliche Genehmigung. Ohne diese glaubten die Brr.-. zwar, sich regelmäßig versammeln, Vorträge veranstalten und Tempelarbeiten durchführen zu können, auch eine Vergrößerung der Loge durch die Annahme von früher aufgenommenen Brr.-. glaubte man verantworten zu können. Als endlich im Mai 1947 die Gründung von Logen durch die Amerikaner gestattet wurde, hatten sich bis dahin noch weitere acht Brr.-. der Loge „Lessing" angeschlossen. Das waren folgende Brr.-. in der Reihenfolge in die sie in die Matrikel der Loge aufgenommen wurden: 13. K u d r n o f s k y , Josef, Kaufmann, geb. 31. 8. 86 aufg. i. d. L. „Zum siegenden Licht" Or.-. Frankfurt am Main (F.z.a.S.) Ill° 14. P f o r r, Karl, Regierungsdirektor, geb. 28.12. 94 aufg. 24. 6. 24 i. d. L. „Pythagoras z. d. drei Strömen" Or.-. Hann.-Münden (G. L. Zur Freundschaft), zuletzt Loge „Eiche auf roter Erde" Or.-. Herne (Drei Weltkugeln) lll° 15. F o r n a c o n , Willi, Postamtmann, geb. 28. 4. 91 aufg. 10.11. 24 i. d. L „Galilei zur ewigen Wahrheit" Or.-. Berlin (Gr.-L. Zur Sonne), zuletzt Loge „Eintracht und Freimütigkeit" Or.-. Frankfurt am Main (Gr.-L. Zur Sonne) 16. D ö n n e , Wilhelm, Kaufmann, geb. 8. 4. 90 aufg. 1923 i. d. Loge „Eintracht und Freimütigkeit" Or.-. Frankfurt am Main lll° 17. F i n c k h , Eduard, Kaufmann, geb. 30. 6. 99 aufg. 15. 3. 31 i. d. L. „Carl zum Brunnen des Heils" Or.-. Heilbronn (Gr.-L von Hamburg) lll° 18. K r a g , Paul, Architekt, geb. 22. 8. 91 aufg. 21. 2. 22 i. d. L „Goethe" Or.-. Frankfurt am Main (Gr.-L. Le droit humain) 19. P e t e r , Otto, Reichsbahnamtmann a. D., geb. 30. 4. 77 aufg. 20. 5. 27 i. d. L. „Wacht am Rhein" Or.-. Düsseldorf (F.z.a.S.) Ill° 20. F u c h s , Friedrich, Ingenieur, geb. 11.11.97 aufg. 1927 i. d. L. „Kaiser Friedrich III" Or.-. Lüderitzbucht (SWA) (Gr.-L von Hamburg) ll°
Bevor die Loge am Johannisfest 1947 die ersten Suchenden
aufnahm, erklärte sie die bisher genannten 20 Brüder als
Gründer der Loge „Lessing". Diese hatten das Licht erhalten in
den folgenden Großlogen:
Groß- und Bundesloge „Zur Sonne": 3
Große Loge von Preußen gen. „Zur Freundschaft": 1
Große Loge von Hamburg: 2
Freimaurerbund „Zur aufgehenden Sonne": 10
Internationaler Freimaurerorden „Le droit humain": 1
Symbolische Großloge von Deutschland: 3
Obwohl seit der Gründung der Loge fast zwei Jahre vergangen
waren und nur vor 1933 aufgenommene Brr.-. sich ihr
inzwischen angeschlossen hatten, betrug am Johannistag 1947
das Durchschnittsalter der Mitglieder immer noch nur 56,7
Jahre.
Nach der Genehmigung hat die Loge noch 62 Brr.-. angenommen; 32 von ihnen hatten das maurerische Licht vor 1938 erhalten in folgenden Großlogen: Groß- und Bundesloge „Zur Sonne": 5 Große National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln":11 Große Landesloge von Sachsen: 3 Große Mutterloge des Eklektischen Freimaurerbundes: 1 Große Loge von Hamburg: 6 Freimaurerbund „Zur aufgehenden Sonne": 2 Deutsche Großloge in der Tschechoslowakischen Republik „Lessing zu den drei Ringen": 2 Großloge von New York: 1 Großloge von Spanien: 1
1 1 Die übrigen 30, nach 1945 initiierten Brr.-. waren aufgenommen in Logen der
Großen Landesloge AFAM: 18 Großen Landesloge FO: 4 Großen National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln": 5 Großloge von Venezuela: 1 Großloge der Türkey: 1 einer Loge in China: 1
Durch nichts könnte der Charakter der Loge „Lessing" als
„Einigungsloge" besser bewiesen werden als durch diese
Zahlen.
Von den 52 Brr.-., die, vor 1938 aufgenommen, in der Loge „Lessing" aktive Mitglieder wurden, waren
3 Vertriebene aus den verlorenen Ostgebieten, 3 Vertriebene aus der Tschechoslowakei, 7 Flüchtlinge aus der sowjetischen Besatzungszone oder Ostberlin und 4 Heimkehrer aus dem Ausland.
Für über ein Viertel der „alten" Brr.-. trifft also zu, was der
Redner der Großloge im Mai 1952 auf dem Großlogentag in
Baden-Baden in seinem Referat über das Jahresthema sagte:
„Die Loge gibt — um ein spezielles Problem unserer heutigen Zeit zu streifen — dem Flüchtling und dem Vertriebenen das Gefühl, eingekehrt zu sein in das Haus des Bruders und dort eine Heimat, wenn auch eine n e u e Heimat zu haben."
Links
- Website der Loge Lessing i.O. Frankfurt am Main
Siehe auch
- Freimaurerische Dichtung
- Rittershaus Freimaurerische Dichtungen 1 "In der Nacht"
- Rittershaus Freimaurerische Dichtungen 2 Der Loge "Humboldt" in Philadelphia
- Rittershaus Freimaurerische Dichtungen 3 Einweihung der Loge "Lessing" in Barmen 1866
- Emil Selter