Traktat: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität
Ein Gesellenstück
Für mich ist es eine besondere Freude und natürlich auch eine Ehre, daß ich heute in unserem Tempel das erste Mal das Wort an sie richten darf. Für mich ist es eine Gewohnheit zu sprechen; sei es in einem direkten Gespräch, in Meetings oder sogar vor einer größeren Anzahl von Menschen. Aber an diesem Ort ist es für mich doch etwas Besonderes und daher stehe ich heute vor ihnen und fühle eine freudige Erregung, die das übersteigt, was ich normalerweise bei Vorträgen empfinde.
Wie sie schon an der Einführung erkennen können, möchte ich den Schwerpunkt des Lehrlingsgrades bei meiner Zeichnung wörtlich nehmen und in mich schauen. Das ist sicherlich auch einer der wesentlichen Unterschiede zu Vorträgen in der profanen Welt, da man dort nicht seine persönlichsten Gedanken teilt. Dabei möchte ich als roten Faden die Grundwerte der Freimaurerei zu Hilfe nehmen.
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität.
Und das nicht nur, weil wir das Thema Toleranz zu unserem Jahresschwerpunkt ausgewählt haben, sondern auch weil diese Grundwerte die Säulen sind, um am Tempel der Humanität zu arbeiten. Wobei mir schon nach der kurzen Zeit in der Bruderkette klar geworden ist, daß trotz dieser Erleichterung ein langer oder sogar unendlicher Weg vor jedem liegt, der dieses Ziel verfolgt. Diese Grundwerte möchte ich gerne mit meinen eigenen Gedanken oder auch kleinen Ereignissen verbinden, welche mir auf dem bisherigen Weg in den Kopf gekommen oder mir wiederfahren sind.
Beginnen wir mit der Freiheit. Einer der höchsten Werte welcher ein glückliches Leben bestimmen kann. Auch wenn ich schon immer versucht habe mein Leben frei und unabhängig zu gestalten, so hat mir das Aufnahmeritual im ersten Moment nochmals sehr deutlich gemacht, dass durch das Verbinden der Augen ein Teil der Freiheit genommen wird. Auch die Art der Bekleidung trug dazu bei, daß ein Fortbewegen nur eingeschränkt möglich war.
Zu meinem Erstaunen rief diese Art der Unfreiheit bei mir kein Unbehagen hervor, denn ich wusste, ich bin in einer Umgebung in der ich mich im wahrsten Sinne des Wortes blind auf die Brüder verlassen kann. Und es fiel mir leicht mich in ihre Hand zu begeben. Dieses Vertrauen zur Bruderkette des Rings der Ewigkeit habe ich sehr schnell aufbauen können. Auf diesen Punkt komme ich aber nochmals beim Wert der Brüderlichkeit zurück. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an einen unserer Gästeabende in dem wir über das 2. Gespräch von Ernst und Falck gesprochen haben. In diesem Gespräch wurde zwar zum einen über die Unvollkommenheit einer jeden Staatsform diskutiert, aber auf der anderen Seite wurde auch festgestellt, dass Gesetze geschaffen wurden um aus Individuen ein soziales Ganzes zu erschaffen. Oder um es mit Goethes Worten zu sagen „Das Gesetz nur kann uns Freiheit geben“. Leider kann ich hier nur alle Themen sehr kurz anreißen, aber in der Freimaurer Wiki gibt es ein sehr interessantes Traktat zu diesem Thema.
Als zweites möchte ich mich nun der Gleichheit zuwenden. Zu diesem Thema möchte ich einen Bruder unserer Loge zitieren, welcher sagt: „Der Meistergrad erhebt mich nicht über den Gesellen und er sagt nicht aus, dass ein Meister mehr weiß. Er ist nur länger dabei.“ Er spricht vom „ersten unter gleichen“ oder auch „primus inter pares“. Auch wenn der Bergriff von Kaiser Augustus geprägt wurde um seine Stellung im römischen Staatsgefüge zu beschreiben, so war er doch in de facto ein unumschränkter Herrscher. Zum Glück hatte ich vom ersten Moment in unserer guten Loge das Gefühl einer unter gleichen zu sein.
Schon beim ersten Gästeabend fühlte ich mich als gleichberechtigt, wenn auch noch nicht als Mitglied der Bruderkette. Und mit jedem Zusammentreffen wurde mir klarer, daß diese Gleichheit im Ring der Ewigkeit gelebt wird. Was für mich besonders beeindruckend war ist die Gesprächskultur, welche in der profanen Welt in dieser Form nicht stattfindet. Jeder darf und kann ausreden und es wird die Meinung des anderen akzeptiert, aber darauf möchte ich später noch einmal zurückkommen.
Brüderlichkeit
Ich komme jetzt auf den Punkt, welcher aus meiner Sicht einer der wesentlichsten der Freimaurerei ist. Die Brüderlichkeit. Auch hier erinnere ich mich gerne an unseren ersten Gästeabend. Es wurde von allen Brüdern ausgestrahlt, dass ich in ihrer Mitte willkommen war. Es entwickelte sich bei mir schon an diesem Abend ein Gefühl von Zugehörigkeit, welches mir das Signal gab, dass ich gerne in dieser Gemeinschaft dabei sein würde. Zum Abschluss des Gästeabends machten wir noch einen kurzen Abstecher in das Freimaurermuseum.
Beim Herabsteigen der Treppe ergriff einer der Brüder meine Arm und lies sich von mir nach unten geleiten. Allein diese kleine Geste zeigt mir, daß auch von den Brüdern ein Signal ausging, dass sie mich in ihrer Bruderkette haben wollten und es wurde mir sofort warm ums Herz.
Ein weiterer Punkt der mich sowohl bei den Gästeabenden als auch bei den ersten Treffen nach meiner Aufnahme beeindruckte war die Tatsache, dass im Umgang miteinander Zeit keine Rolle zu spielen scheint. Wenn es unter Brüdern etwas zu diskutieren oder es einen Austausch gibt, dann wird sich die Zeit genommen, die notwendig ist, um die Themen zu besprechen. Ein anderes Zeitempfinden ist, neben vielem anderen, einer der Gründe warum ich mich auf unserer Treffen immer besonders Freue. Sie reißen mich aus dem Alltag und entführen mich in eine andere Ebene, in der ich Entschleunigung spüre und entspannen kann.
Beim Verlassen unseres Logenhauses habe ich das Gefühl, für eine gewisse Zeit dem Alltag entkommen zu sein. Das ist sicher auch einer der Gründe, warum man eine eigene Zeitform entwickelt hat, welche die Loge aus der profanen Zeit in eine für alle Freimaurer weltweit gültige und gleiche Zeit entführt. Hochmittag ist (laut dem Freimaurer Wiki) eine freimaurerische Zeitbezeichnung, die den Beginn und das Ende der Arbeitsstunden angibt. Die Erklärung des Begriffes "Hochmittag" wird im englischen Ritual folgendermaßen gegeben: "Da die Erde sich ständig um ihre Achse und um die Sonne dreht, und die Freimaurerei allgemein über ihre Oberfläche verbreitet ist, so folgt daraus, daß die Sonne immer in ihrem Meridian in Beziehung zur Freimaurerei sein muß."
Eine weitere Erklärung für Hochmittag lässt sich aus der Hiramlegende ableiten. Es ist laut dieser Legende die Zeit in der Hiram seiner Gewohnheit gemäß die Arbeit am Tempelbau begutachtete, nachdem die Männer zur Erholungspause gegangen waren. So empfinde ich diese Zeit, obwohl mir der Begriff Hochmittag zugegebener Maßen am Anfang ein wenig befremdlich vorkam, nun auch als Zeit in der ich mich ein wenig zurücklehnen und die Arbeit an meinem rauen Stein begutachten kann.
Auch die Symbolik die hinter einer neuen Zeit steckt, erinnert mich an einen Gästeabend, an dem ich den Nutzen dieser in Frage gestellt und darauf hingewiesen habe, dass ich nicht wüsste, ob ich mit der in der Freimaurerei enthalten Symbolik etwas anfangen könnte. Eigentlich war diese Frage damals schon durch mich selbst erklärt, da die Bronze des rauen Steins meines Freundes und nun auch Bruders Jens Rusch mich zum Ring der Ewigkeit geführt hat. Aber ihr habt damals geantwortet, dass die Symbole dazu dienen die abstrakten Bedeutungen der Freimaurerei leichter verständlich zu machen und somit besser verinnerlicht werden können, als durch schriftliche Abhandlungen oder mündliche Erklärungen.
Da ich ja meine Eindrücke und Gefühle des „Schau in dich“ beschreiben möchte, werde ich noch einen kleinen Schlenker zu einem Thema machen, dass sowohl die Symbolik unterstützt aber mir auch hilft mich in ein anderes Zeituniversum zu begeben. Ich spreche hier von der Musik. Warum spreche ich das an? Es war, soweit ich mich erinnern kann, bei der Aufnahme eines Bruders, einen Monat nach meiner Eigenen. An dem Abend wurde im Tempel der Kanon in D-Dur von Pachelbel gespielt. Zum einen (und ich weiß bis heute nicht warum) ist es ein Stück welches mich immer sehr berührt. Zum anderen ist es auch wie die Freimaurerei etwas, dessen gesamter Inhalt sich nicht auf den ersten Blick erkennen lässt.
Ein Stück welches Höchstwahrscheinlich im Jahr 1694 für die Hochzeit von Johann Christoph Bach (dem älteren Bruder von Johann Sebastian) geschrieben wurde. Also etwas was wie die Freimaurerei auf eine mehr als 300 Jährige Geschichte zurückblicken kann. Also könnte man dieses Stück als ein wenig veraltet bezeichnen, was ja auch der Freimaurerei von einigen vorgeworfen wird. Aber wie auch unsere Bruderkette hat dieses Musikstück nichts von seiner Aktualität eingebüßt.
Die Harmoniefolge hat die Basis für die heutige Popmusik gelegt und wird bis heute in dieser immer noch verwendet. Besonders Nahe angelehnt haben sich zum Beispiel die Bee Gees, David Bowie und andere in einigen Stücken. Selbst die Fanhymne des 1. FC Union ist sehr stark an diese eingängige Akkordfolge angelehnt. Und daher gilt für die Freimaurerei, wie für die Musik, dass man z.B. die Essenz des Wissens, welches über Jahrhunderte zusammengetragen wurde, nun von uns in den Ritualen ausgekostet werden kann. Somit ist auch die Freimauerei immer noch aktuell und entwickelt sich weiter.
Da nun noch 2 Grundwerte fehlen und die Zeit ein wenig knapp wird, werde ich mich ab jetzt ein wenig fokussieren und diese Beiden gegebenenfalls bei einer weiteren Zeichnung nochmals aufnehmen. Toleranz haben wir als Jahresthema festgelegt und daher darf diese in meinem Gesellenstück natürlich nicht fehlen. Ich erinnere mich noch sehr gut an unser Kerzengespräch zu diesem Thema. Es war für mich das erste dieser Art und ich fand die Form dieses Gespräch sehr bereichernd. In diesem Gespräch kam mir mein Philosophieunterricht aus der Oberstufe wieder in den Sinn und ich erinnerte mich an den kategorischen Imperativ welcher vereinfacht lautet: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde“. Hier könnte ich mich noch einmal auf das vorher angesprochen Gespräch von Ernst und Falck berufen. So unvollkommen wie auch jede Staatsform sein wird, so verhält es sich auch mit der Toleranz.
Es wird nur schwer möglich sein eine allgemeingültige Formel zu entwickeln, welche für alle Menschen auf der Welt anwendbar ist. Und so muss jeder für sich immer wieder in Frage stellen wann Toleranz auf eine Handlung oder Äußerung angebracht ist oder ob Intoleranz in einigen Fällen nicht die bessere Wahl ist. Wenn sich alle Mitglieder einer Gemeinschaft immer wieder diese Frage stellen würden, so wäre auch dies keine vollkommene Gemeinschaft, aber sie wäre auf dem Weg des glücklicheren Miteinanders sicher weiter fortgeschritten. Der letzte Wert den ich heute noch kurz ansprechen möchte ist die Humanität. Das humanitäre Verhalten eines Bruders, hat mich wie sie wissen, dazu gebracht mich mit der Freimaurerei zu beschäftigen.
Bisher bin ich im Rahmen der Freimaurerei in unserer Loge, außer bei den Spenden die wir im Rahmen unserer Tempelarbeiten machen, noch nicht auf humanitäre Hilfe gestoßen. Auch in meinem privaten Umfeld in Berlin, war mein Bestreben humanitär tätig zu werden noch nicht von Erfolg gekrönt.
Bei unserer letzten Beratung habe ich aber mit Freude festgestellt, dass auch unsere geliebte Loge den Wunsch verspürt, hier stärker tätig zu werden und ich in späteren Überlegungen sicher mehr zu diesem Thema sagen kann.
Wenn ich meine bisherige Reise rekapitulieren würde, so kann ich feststellen, dass ich mich mit der Freimaurerei auf einen Weg begeben habe, welcher kein Ende hat aber eindeutig in eine besondere Richtung weißt und mir auf der kurzen Wegstrecke die ich bisher zurückgelegt habe schon sehr viel Freude, aber auch ein wenig Erkenntnis bereitet hat.
Ich hoffe, dass mich das Symbol der Bronze vom rauen Stein immer wieder daran erinnern wird, dass es ein Weg ist den es sich auch weiter zu gehen lohnt Daher schließe ich meine Zeichnung mit dem großen Dank an alle anwesenden Brüder und an meinen Proponenten, dass sie mir mit einer positiven Kugelung das Vertrauen und die Möglichkeit geschenkt haben Teil der guten Loge „Ring der Ewigkeit“ zu sein.
Es Geschehe also!