Traktat: L’Arche d’alliance
»L’Arche d’alliance«
N° 988 in Puteaux (Paris) - G.L.N.F.
Impressionen eines Besuchers 1998 von BR. „Nesselblatt“
Nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar finden Bruder Pascal und ich das kleine Logenhaus versteckt in der Altstadt von Puteaux, westlich von Paris. Zum Glück war unser Auto mit einem Satellit gestützten Navigationssystem ausgerüstet, das sowohl den richtigen Weg durch die engen, mit Einbahnstraßen reich beschenkten Städtchen wußte, als auch das Logenhaus kannte. In Frankreich haben Logen eben einen besonderen Status.
Ich wunderte mich, daß in Puteaux, daß in Frankreich die Arbeit bereits um 19:00 Uhr angesetzt ist, doch davon später.
Alle Brüder versammeln sich, in Ermangelung entsprechender Aufenthaltsräume, im Tempel. Mäntel und Taschen stapeln sich an der Westseite des kleinen Tempels, und es geht hoch her, als der Exot, pardon, „frère Uwe“ aus Deutschland herumgereicht und viel geküßt wird. Apropos Bruderkuss: der wird dreimal auf die Wangen gegeben und gleichzeitig wird forsch dreimal auf die Schulter geklopft. Die Brüder erscheinen im dunklen Straßenanzug, mit schwarzer Krawatte, der Hamburger Freimaurer im Smoking und weißer Schleife - erneut exotisch.
Man bekleidet sich jetzt bereits maurerisch, einschließlich der weißen Handschuhe.
„Pünktlich“ um 19:20 Uhr klatscht der anwesende Altgroßmeister in die Hände, die Brüder verlassen unter lautem Geschwätz nur widerwillig die bereits ausgesuchten Sitzplätze.
Draußen angekommen, ruft sogleich der Zeremonienmeister, forsch und knapp, dreimal kurz mit dem einfachen Stab auf den Boden klopfend, die Brüder in den Tempel, erst die „hohen Tiere“, dann die Beamten, die Lehrlinge, Gesellen, Meister und danach in gleicher Reihenfolge die besuchenden LLL, GG und Meister. Der Altgroßmeister und der Meister vom Stuhl werden allein und unter Beifall eingeführt.
Der Tempel ist fast wie gewohnt aufgebaut, in rot gehalten, man ist ja Schotte (écossier), und der gesamte Boden ist musivisch. Die 3 Säulen stehen zwar enger zusammen, aber wie bei uns im AFuAM angeordnet. Im Westen die Attrappen der beiden Tempel-Säulen. Zwischen den Säulen stapeln sich die persönlichen profanen Gegenständer der Bruderschaft nebst dem schwarzen Blechkasten für die Ritualgegenstände.
Die Beamtenpulte stehen zum Osten hin, nur der erste Aufseher sitzt im Westen, der Wachhabende neben der Tür. Die Ritualbeamten tragen Schwerter. Die Schurze sind rot umrandet (schottisch eben) und in englischer Ausführung, Logenbijous tragen nur die Meister. Die Schurze der Ritualbeamten sind dunkelblau, schön bestickt mit den Aufgaben der Beamten, der französischen Flagge gekreuzt mit einer goldenen Flagge. Die Ränder sind ornamentiert. Die Ritualbeamten klimpern ungewohnt, ein feines singendes Geräusch ertönt, wenn zackig, die Hacken bei jeder Wende zusammengeknallt, sehr zügig durch den Tempel geschritten wird.
Alles ist leger, aber durchaus würdig, wenn sich die Brüder der Kolonnen dann beruhigt haben.
Der durch den Bruder Experte unter Zuhilfenahme seines Schwertes aufgeklappte Teppich ist ein ca. DIN A 3 großer farbiger Druck; ich habe um Kopien gebeten. Übrigens, im Original Ritual stehen keine Regieanweisungen, alles, was ich noch beschreiben werde, scheint durch gemeinsame Übereinkünfte der handelnden Beamten und der Großloge zustande gekommen zu sein: es wollte so recht niemand damit heraus.
Die angesetzte Arbeit hatte den „ordre de jour“ (Tagesbefehl), einen neuen Bruder aufzunehmen, den 6. Lehrling innerhalb eines Jahres.
Nun meine Impressionen zu dem Ritual, verschämt auf einem kleinen Zettel während der Arbeit niedergekritzelt. Sicherlich werde ich das eine oder andere Detail vergessen haben, dem Ritual folgen und gleichzeitig ein paar Notizen zu kritzeln, ist aber auch nicht gerade einfach, zumal in einer fremden Sprache.
An der weißen Tafel wurde mir versichert, ich hätte lediglich eine „light“-Version der Reisen gesehen, wahrscheinlich weil der Kandidat im profanen Leben ein „hohes Tier“ ist, dem auch in der Loge der entsprechende Respekt entgegengebracht werden muß.
Im Tempel erfolgt jetzt eine Pause, in der profan gesprochen wird und man wandert ein wenig hin und her, um sich die Beine zu vertreten.
Bevor der Kandidat nun erneut eintritt, wird die Ordnung wieder hergestellt.
Die allfälligen, sehr lang und ausführlich dargebrachten Instruktionen erfolgen im Rundgang des Bruders von Beamten zu Beamten.
Nach dieser nun erfolgten Aufnahme erhält jeder anwesende Lehrling die Gelegenheit, seine Gedanken zu seiner Aufnahme in Form einer kurzen Rede darzulegen.
Es folgen dann noch mehrere kurze und auch sehr lange Instruktionen über die ethischen Werte, die ein Freimaurer zu verteidigen hat. Allen Beiträgen war ein sehr hohes Sendungsbewußtsein zu entnehmen. Mittlerweile hat das Ritual schon 2½ Stunden gedauert.
Nach der Arbeit wird zu einer halbrituellen Tafel gebeten, der MvSt betritt unter Beifall den Raum. Hier erfolgen nun erneut Instruktionen durch Brüder, die sich dazu berufen fühlen. Die anwesenden Gesellen müssen eine kurze freie Ansprache zur Arbeit im Allgemeinen und zu ihren Erfahrungen im Besonderen halten. Man hört hier durchaus auch kritische Kommentare zum Ablauf der Arbeit. Danach kommt der Gast, nachdem er bereits im Tempel seine Grüße überbrachte, hier zu Wort, wobei eine auch kritische Anmerkung erbeten wird, es ist aber wohl besser, zurückhaltend zu sein. Der Lehrlingsunterricht wird angekündigt, die Brüder dringend ermahnt, teilzunehmen.
Erneut wird viel geküßt und geklopft, ehe man sich nach Mitternacht trennt. Es war ein unvergessenes Erlebnis, wir haben uns geschworen, einander wieder zu sehen. (uks)
Hinweis
Die sehr persönliche Schilderung von Eindrücken, Erlebnissen und Beobachtungen durch den Autor wurde am 25.4.2017 durch die Redaktion inhaltlich gekürzt.