Freiheit
Freiheit
Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)
im allgemeinen, Unabhängigkeit von außerhalb des Subjekts liegendem Zwang; im politischen Sinne die Ausschaltung der Willkür von einzelnen Personen und von einzelnen Schichten des Volkes und die Bestimmung des Schicksals, der Gemeinschaft durch den Gesamtwillen, der in einer Demokratie durch die Wahlen erfaßt wird; in philosophischem Sinne ist Freiheit in metaphysischer Hinsicht Indeterminismus (s. d) in psychologischer die Fähigkeit des zielbewußten, aktiven individuellen Wollens und Handelns (Wahlfreiheit), in ethischem Belange die Fähigkeit, schädliche Triebe und Neigungen durch die Vernunft zu beherrschen. Volle Willensfreiheit ist ein Grenzwert, in Wirklichkeit ist nur ein relativ freier Wille als seelisches Kraftzentrum annehmbar. Der Mensch ist als Sinnenwesen determiniert, dem Kausalgesetz unterworfen, als Vernunftswesen ist er aber frei (Kant). Freier Wille ist der den sittlichen Gesetzen unterworfene Wille.
Der sittliche Mensch handelt, als ob er frei wäre. In diesem Sinne ist die Freiheit eine notwendige Fiktion (Vaihinger), die die Konstruktion der Verantwortlichkeit und Zurechnungsfähigkeit ermöglicht, ohne die ein soziales Zusammenleben undenkbar ist. Für James bedeutet die Willensfreiheit nur das "Besser-werden-Können". Für die Freimaurerei ist die Willensfreiheit, die Autonomie des sittlichen Gesetzes, Grundgedanke (Caspari: "Die Bedeutung der Freimaurerei für das geistige Leben"). Die Freimaurerei glaubt daran, daß der Mensch insbesondere seine sozial schädlichen Neigungen ändern kann. "Die Freiheit richtig anzusehens ist die wichtigste Aufgabe des Maurers" (Wolfstieg: "Die Philosophie der Freimaurerei")- Die Imperative, die im Aufnahmeritual eine wichtige Rolle spielen, setzen ebenfalls Willensfreiheit voraus. Die Freimaurerei verlangt von ihren Angehörigens daß sie freie Männer von gutem Rufe seien, vertritt also sittliche Freiheit, die sich von Leidenschaften und verzerrten Urteilen freizuhalten weiß, die den Mann in Selbsterkenntnis zur Selbstbestimmung führt und die es ihm ermöglicht, nach sittlichen Grundsatzen sein Handeln frei selbst zu regeln. Die Freiheit des Freimaurers gründet sich auf Erkenntnis und Wissen. Deshalb lehnt er jeden Dogmenzwang ab und findet den Begriff seiner Freiheit eingeschlossen in den Worten von der Glaubens- und Gewissensfreiheit, die er für sich beansprucht und die er anderen gegenüber nach dem Grundgesetze der Toleranzidee zu üben verpflichtet ist. Die sittliche Freiheit des Freimaurers ist eine durch die Übung des Sittengesetzes, durch Selbsterkenntnis und Erkenntnis und wohlwollendes Verstehen anderer gezügelte. Wer seine Schranken kennt, der ist der Freie, wer frei sich wähnt, ist seines Wahnes Knecht (Grillparzer).