Ritual

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Unter 'Ritual' versteht man die Gesamtheit der anerkannten spezifischen maurerischen Verhaltensformen und Gebräuche (insbesondere für die rituellen Arbeiten), die durch Ritualtexte der verschiedenen Ritualsysteme und durch (oft logenspezifische) Überlieferungen vorgegeben sind.


Unser tägliches Ritual

Was sind Rituale? Der Begriff ist schwammig und die Wissenschaft uneins.
Von Rudi Rabe für ZEIT&MASS, das Mitgliedermagazin der Großloge von Österreich: Zeit & Maß

Zähne putzen, Zeit-im-Bild (= die österreichische 'Tagesschau') einschalten, unser Verhalten im Straßenverkehr: Manche Forscher nennen auch das Rituale. Andere sprechen lieber von individuellen und kollektiven Regeln und Gewohnheiten. Diese haben den Sinn, wiederkehrende Handlungen zur Routine werden zu lassen. Das entlastet uns im Alltag: Wir müssen nicht jedes Mal neu entscheiden.

Geburtstagspartys, Hochzeitsfeiern, Sonntagsmessen: Dies sind echte Rituale; zyklisch wiederkehrende (Geburtstag), Lebensübergänge markierende (Hochzeit) oder transzendental orientierte Liturgien (Sonntagsmesse). Fünf Merkmale zeichnen diese Rituale aus: Ein mehr oder weniger festes Muster, Inklusion der Teilnehmer und Exklusion der Außenwelt; sie sind Sinn stiftend, gemeinschaftsbildend und von Symbolen durchsetzt.

Muß man die Symbole verstehen?

Es ist nützlich aber nicht zwingend. Im Vordergrund steht nämlich nicht die kognitive Entschlüsselung der Symbole, wichtiger ist die Inszenierung und deren Wirkung auf unsere Gefühle. Wir brauchen das: Rituale sind lebenswichtig. Es gibt keine Gesellschaft, die ohne sie auskommt.

Die vielzitierte 68iger-Generation revoltierte gegen gesellschaftliche Rituale: Einerseits weil viele erstarrt und nicht mehr zeitgemäß waren („Unter den Talaren, der Muff von tausend Jahren“), und andererseits weil die Nazis die Menschen mit großen Ritualen betrogen und öffentliche Rituale dadurch diskreditiert hatten. Kein Wunder, dass sich Österreich und Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern mit Staatsritualen bis heute schwer tun. Eine Paradoxie am Rande: Die Ritualkritik der 68iger äußerte sich selbst in neuen rituellen Formen wie zum Beispiel inszenierten Demos.

Renaissance der Rituale

Bei allen Unterschieden im Detail: Masonische Rituale ähneln sich überall auf der Welt. Hier ein Beispiel aus Rumänien: Entzünden der 'kleinen Lichter'

1968 ist lange vorbei. Ritualforscher registrieren: Rituale werden wieder mehr geschätzt. In den als unsicherer empfundenen Zeiten ist der Bedarf an rituellen Gemeinschaftserlebnissen, die emotionale Sicherheit vermitteln, gestiegen. Man heiratet wieder groß und feiert Geburtstage mit vielen Freunden.

Es gibt sogar schon Ritualberater: Ritualprofis, die den Menschen helfen, für ihre Lebensübergänge eigene Rituale zu entwickeln. Entsprechend unserer individualisierten Gesellschaft sind die neuen Rituale weicher und vielfältiger als in den früheren Einheitsgesellschaften. Es gibt weniger Druck zum Mitmachen, mehr Auswahl und durch das Internet völlig neue Formen (Beispiel: Facebook).

Freimaurerischen Rituale

Das sind hochentwickelte Formen, in denen viel altes Symbolwissen aufbewahrt ist. Sie stiften Gemeinschaftsgefühle, die weit intensiver empfunden werden als bei anderen Vereinigungen: Dies ist durchaus logisch, weil die meisten Gruppenrituale wesentlich genügsamer sind.

Meine persönliche Erfahrung bekomme ich von Brüdern immer wieder bestätigt: Nach der Rezeption war ich ein paar Monate unsicher, wie ich mit dem Ritual umgehen soll, und so habe ich vor allem beobachtet. Doch bald habe ich es liebgewonnen, und schon lange will ich es nicht mehr missen. Ich lass‘ es einfach auf mich wirken.

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