Sagen über Freimaurerei Teil 1

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Es haben sich Sagen erhalten, die aus einer Zeit stammen, in der man glaubte Freimaurer hätten etwas mit dem Teufel oder mit schwarzer Magie zu tun. Man schrieb ihnen übersinnliche und bösartige Dinge zu, die mit der Realität nicht das Geringste zu tun hatten. Hier möchte Goldapfel einige davon aus der Freimauer-Zeitung übertragen.

Neunte Sage

Der Gold und Edelsteine fertigende Arzt

Quelle: Freimaurer-Zeitung: Manuscript für Brüder 04.02.1860 Jg. 14 Nr. 5 S. 37

Geraume Zeit nach dem siebenjährigen Kriege, erzählte mir einst ein Bauer in der Gegend um Quedlinburg, erregte ein Arzt im Braunschweigischen ungeheures Aufsehen. Er hatte Zulauf von allen Orten und Enden der Welt: Engländer, Russen, Baschkiren, Chinesen, Hottentotten, und was Zeug man sonst noch sagt, kamen mit Vieren, Sechsen und Achten angefahren, denn er hatte in seiner Heilung unsägliches Glück, und konnte das, woran andere Ärzte, die das Ihre auch gelernt hatten, verzweifelten, leicht im Umsehen machen.

Schwindsucht und Wassersuchten zu vertreiben, wenn Neumond war, hohle Zähne in gesunde zu verwandeln, an der Stelle ausgefallener neue wachsen zu lassen, Blut zu stillen, abgehauene Finger und Hände wieder herzustellen, wenn sie nur noch baumelten, war für ihn ein Kinderspiel. Gichtbrüchige rannten wie frische Burschen aus des Doktors Hause, in das sie sich kaum mit Krücken hatten schleppen können. Armbrüche und Beinbrüche heilte er binnen drei, fünf oder neun Tagen, je nachdem der Vollmond stand. Merken Sie nun den Braten? -

Aber alle, die sich von ihm heilen ließen, behielten Zeit ihres Lebens in der Herzgrube einen feuerroten Flecken, der wie eine Teufelskralle aussah, und starben Sie, wurden ihre Leichen in der zweiten Nacht kohlschwarz und die Gesichter nach dem Nacken gedreht. Riechen Sie jetzt Lunte? - Sie sind freilich noch blutjung; aber wenn Sie erst Erfahrungen wie ich in der Welt durchgemacht haben, werden Sie nicht mehr lachen über das, was alte Leute ihnen zur Warnung erzählen. - Also unser Doktor forderte gegen die Gewohnheit seiner Berufsgenossen niemals Bezahlung für seine Mühe, war mit dem Geringsten, das ihm ein Genesender spendete zufrieden, mit einem Sechser, einem Groschen, und leiste vorzüglich gern armen Leuten Beistand. Wenn die ihn riefen, ließ er alles stehen und liegen, und rannte wie besessen; aber die hüteten sich wohl ihn zu rufen, denn arme Leute sind immer frömmer als reiche, die gottlos gar nicht darnach fragen, ob die Hülfe von Gott oder vom Teufel kommt, wenn sie ihnen nur gebracht wird. Der Doktor verhehlte nicht, das er Freimaurer war, brauchte es auch nicht vor der Landesregirung, bei der alle Freigeister gut angeschrieben standen. Das machte der alte Fritze: niemand sagte es uns, doch wir Leute wußten es. Daher bedingte sich der Doktor oft von den Kranken aus, daß sie nach ihrer Genesung auch den Freimaurern beitreten sollten, wenn er nämlich an deren Kopfe und Leibe gewisse sonderbare Zeichen entdeckt hatte, über welche er das tiefste Schweigen beobachtete. Ja die Schwarzen sind von der Geburt an gezeichnet, und die Muttermale, dagegen soll mir Keiner etwas sagen, rühren gewiss nicht von Gottes Willen her. (Anmerkung: Es handelt sich hier nicht um Rassismus, so steht es in der Freimaurer-Zeitung von 1860 einer ganz anderen Zeit, in der man sicherlich gar nicht wusste wie ein Afrikaner aussieht)

Obgleich des Doktors Eltern blutarme Leute gewesen waren, die ihren Sohn weder auf der Schule noch auf der Universität hatten erhalten können; so gelangten sie doch durch dessen besonderen Gaben zu beträchtlichem Wohlstande und brauchten sich nachher nicht mehr zu plagen und zu schinden wie unser eins, sondern lebten herrlich und in Freuden gerade wie der reiche Mann des Evangeliums und ließen den armen Lazarus vor ihrer Thüre liegen: denn der Sohn gebot über unermeßliche Schätze. Woher er alles das Geld gewonnen hatte, wußte Niemand zu sagen, zumal da er von den Kranken für die immer bewirkte Heilung wenig Bezahlung kriegte, höchstens kleine Geschenke der Dankbarkeit. Seine Frau war ebenso ein blutarmes Mädchen gewesen, die Tochter eines preußischen Generals im siebenjährigen Kriege. In seine Stube durfte sie nicht kommen, wenn Jemand bei ihm war. Wer mochte auch freiwillig in die gehen? -

Die Wände starrten vor Büchern, Totenschädeln, Gerippen, allerlei Unthieren, und wunderlichen Geräthen, mit denen er blitzte und donnerte. Ein ehrlicher Bauer ward einmal von seinem Amtmanne mit einem ellenlangen Briefe zum Doktor geschickt und sollte auf die Antwort warten. Er setzte sich, obgleich der Doktor ihn sehr freundlich darum bat, auf keinen Stuhl, sondern blieb hübsch vorsichtig an der Stubenthüre stehen und rührte von dem Essen und Trinken, das ihm des Doktors schöne Frau reichte, nicht einen Bissen an: denn besser ist besser. Da hat er mit wachenden Augen gesehen, wie der leibhaftige Teufel auf des Doktors Befehl aus der Mauer gesprungen ist und dem Doktor das Licht zum Siegeln gehalten hat. Natürlich ist der Bauer spornstreichs davon gelaufen ohne Brief zu seinem Amtmanne, der für schweres Geld nun einen anderen schicken mußte, der dreister war. Nachmals hat jener die Wahrheit dessen, was er alles gesehen hatte, mit einem leiblichen Eide vor dem Amtmanne und den Gerichtspersonen beschworen - Sie lachen? - nun Sie werden schon einmal aufhören zu lachen, wenn Sie erst den leibhaftigen Teufel mit ihren Händen greifen können.

In seinem weitläufigen Hause, das er um einen Spottpreis gekauft hatte, da jeder andere sich scheuete, auf das selbe zu bieten, weil es vor undenklichen Zeiten ein Nonnenkloster gewesen und voller Spuk war, hatte der Doktor eine versteckte große Küche eingerichtet, in die er stets ganz allein ging und Niemand sonst sehen konnte. Er verschloss sie auch mit drei Schlössern gerammelt dicht. Aus der langen Esse derselben, das bezeugen alle Nachbarn, sprüheten oft seltsame Funken, und ungeheuerliche schwarze und feuerfarbene Gestalten fuhren im Rauche und Dampfe aus und ein. Der Doktor empfing fast alle Wochen Briefe aus Holland; was solche von daher zu bedeuten haben, will ich gern nicht verrathen. Die Messen in Leipzig und anderwärts besuchte er regelmäßig; man weiß ja, was für Volk da zusammenläuft, Armenier und Türken, denen jeder ordentliche Christenmensch hundert Schritte weit ausweicht. Dort soll er zehn Fuß lange Stangen Goldes, stark wie ein Mannesarm, Demanten und Rubinen groß wie Eier von Hühnern und Tauben, hauptsächlich aber Smaragde und Türkise von unerschwinglichem Werthe verkauft haben, doch über alle Erwartung billig so, daß die Abnehmer binnen kurzer Zeit Millionäre geworden sind und den Großtürken gefragt haben: wie theuer, sey, die Türkei? - Der aber ließ die gottlosen Burschen spießen und nahm ihnen, was sie hatten; doch das ward eitel zu Kohlen.

Woher nun hatte der Doktor die Zentner Goldes und die Scheffelsäcke voller Edelsteine? - Kein Mensch konnte darauf antworten, aber so viel steht fest, daß er selbst in seiner verschlossenen Küche alle die Kostbarkeiten machte; denn er war ein Freimaurer. Hätte er doch nur hundert Jahre früher gelebt, da alle Schriften noch fromm und gottesfürchtig waren, so wurde er zweifelsohne von den Gerichten geköpft oder verbrannt worden sein nach Recht und Gerechtigkeit. Allein in unserer freigeisti[schen?] Zeit durfte ihm Niemand an Leib und Leben, weil der Herzog selbst ein Freimaurer war, und gar erst der alte Fritz in Berlin bei Kopfabhacken verboten hatte, an Hexen, Zauberer, Wettermacher und andere Teufelskinder zu glauben. Die nützen die Gunst der Könige und Fürsten aus, trieben Unfug über Unfug und kehrten die ganze Welt um, bis endlich der Napoleon aus Frankreich her maschirte und mit seiner eisernen Ruthe Groe und Kleine strafte.

Als endlich jener Arzt zu sterben kam, nachdem er steinalt geworden war, und der Teufel wahrscheinlich ihm nicht mehr dienen wollte, fuhren rothe und grüne Flammen aus den Essen, so daß die Nachbarn meinten, das ganze Haus werde in Feuer zusammenbrechen. Das aber blieb unversehrt, doch drinnen polterte und rumorte es, und den andern Morgen zischelten die Nachbarn einander in die Ohren, der Doktor wäre todt, was dennoch keiner glaubte, weil die Witwe wider Sitte und Gebrauch die Leiche nicht ausstellte, ja nicht einmal sehen ließ. Dazu mochte sie gewiß ihre Ursache haben. Der Sarg ward um Mitternacht auf einem vierspännigen schwarzen Wagen abgeholt. Wohin er gefahren worden ist, weiß Niemand.

Als das Gericht den Nachlaß aufnahm, fand es im Schreibepulte des Arztes zahllose Rollen Goldstücke und große Kasten voller Ringe mit Edelsteinen, in der geheimen Küche aber lediglich Kohlen, Asche, Holz und viele Flaschen mit grünen, rothen, gelben, weißen und schwarzen Flüssigkeiten, die man rasch über Seite brachte. *)

*)Ich lasse es dahin gestellt, in wie weit dieser sehr abenteuerliche Sage die bekannten Geschichten vom Professor Beireis in Helmstädt zu Grunde liegen mögen. Ob derselbe Freimaurer gewesen ist, weiß ich zwar nicht, bezweifle es aber wegen der eigenthümlichen Geistesrichtung jenes Sonderlinges. Der heillose Aberglaube, welcher sich in beiden Sagen spreizt, ist leider seit zwanzig Jahren mit erneuerter Stärke unter wenig veränderten Formen wieder hervorgetreten.


Zehnte Sage

Der glücklich heilende, vom Teufel am hellen lichten Tage geholte Freimaurerarzt

Bei Berlin, so erzählte vor gerade fünfzig Jahren ein Bürger in Wittenberg