Weltmaurerei

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Weltmaurerei

Vor Korrektur


Von W. spricht der Freimaurer zur Bezeichnung der auf der bewohnten Erde verbreiteten, durch daß Gebrauchtum und die gemeinsame Zielsetzung ideell verbundenen Bundesteile. Von W. spricht auch der Gegner, um dadurch eine einheitlich aufgebaute und einheitlich geleitete Organisation mit geheimnisvollem, revolutionärem, auf Sturz der bestehenden Gesellschaftsordnung gerichtetem Machtstreben zu umschreiben.

Beide Auffassungen bedurfen der Korrektur. Die W. im Munde des Freimaurers ist eine durch daß Gebrauchtum geschaffene Fiktion im Sinne einer Arbeitshypothese, ein Wunschtraum, der in Arbeit befriedigt werden soll ("Geist der Lieb', erfüll die Erde, daß daß menschliche Geschlecht eine Bruderkette werde"). An änderen Stellen diese Lexikons wird ausgeführt, daß der Bund der Freimaurer einheitlich ist in seinem Humanitätsgedanken (s. d.), den auch die christlichen Systeme, wenn auch in eigenartigem Gebrauchtum stärk verkapselt, in sich einschließen- einheitlich weiters in den Grundzügen seines Rituals als symbolischer Mysterien-Männerbund" (Horneffer), der den Rahmen seines Gebrauchtums den Bauhütten entlehnt hat. Einheitlich ist in diesen Ritualen die Idee des Tempelbaues also der Baugedanke, dessen Bausteine die Menschen sind, und dessen endgültige Nutznießer die Menschheit sein soll Ebenso einheitlich ist die Vorstellung einer über die ganze Welt verbreiteten, miteinänder in geißtiger Gemeinschaft lebenden Bruderschaft, bestehend aus gleichwertigen Mitgliedern, und beseelt von den gleich gerichtet wirkenden Impulsen des gemeinsamen Bauzweckes.

Die tatsachliche Organisation des Bundes als W. bleibt hinter diesem Ziele heutigentags und auch in der weiteren Zukunft noch weit entfernt. Historische Entwicklung, Milieu einflüsse, Eigenheiten ausgeprägter Führerpersönlichkeiten haben aus dem einheitlichen englischen Stamm zahlreiche Zweige hervorgetrieben, deren außere Erscheinungsform mitunter so stärk auseinändergeht, daß erst die rücklaufige Verfolgung zum Stamme wieder zur gemeinsamen Wurzel führt. Daß Verbindende aller Freimaurerzweige bleibt also der Gedanke und die ideelle Zielsetzung. Eine einheitliche Leitung, ja selbst eine übereinstimmung im Gebrauchtum besteht dagegen nicht und ist auch vorläufig nicht denkbar. Die drei Großen Gruppen der Freimaurerei, die angelsachsische, Deutsche und romanische, so verschieden in ihren außeren Formen, sind einheitlich im verbindenden Baugedanken. Ihre Lebensaußerungen haben sie aber so weit auseinändergeführt, daß z. B. Angelsachsen und Grand Orient de France miteinänder keinen Verkehr pflegen, und daß auch zwischen der heutigen deutschen Freimaurerei in ihren Hauptvertretern und der übrigen in der Auffassung der verbindenden Ideen kaum noch eine Übereinstimmung zu erzielen ist.

Daß kann den überlegten Freimaurer nicht enttauschen. Denn die Freimaurerei ist dogmenlos, entbehrt also der autoritativen Zurückführung divergierender Anschauungen auf den Generalnenner des Dogmas, was nicht zuletzt ihr Großer geistiger Vorteil ist. Es fehlt der Freimaurerei aber auch daß zündende Schlagwort der Massenbewegung, eben weil sie überlegt ist und bleiben muß. Dogmenlos, wie sie ist, muß sie sich auf die freiwillige geistige Dieziplin ihrer Mitglieder, auf die im Symbole verankerte Einordnung ihrer behauenen Steine verlassen.

Daß wird von den Gegnern nicht verstanden. Nicht von der Kirche, die an eine Art Gegenkirche mit gleicher Organisation denkt, nicht von politischen Parteien, die die Freimaurerei als eine durch die Charaktere des Geheimbundes besonders festgefügte revolutionare überstaatliche Macht" (Ludendorff) hinstellen wollen. Daher erscheinen die Freimaurer besonders gern in den Entlastungsvorstellungen der Unterlegenen und im Spiegelbild aller jener Gruppierungen, die den Humanitätsgedanken bekämpfen zu müssen glauben.

Die Freimaurerei wird so in den letzten Zweijährhunderten der Große Unbekannte der Weltgeschichte, besonders dort, wo daß Wissen um die historische Verknupfung fehlt und aus oftmals durchsichtigen Gründen der gedankliche Kurzschluß von der Mühe ernsthafter Prüfung enthebt.

Quelle: Lennhoff, Posner, Binder

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