Die Maurerey und die Musik: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 11. Mai 2015, 08:34 Uhr

Flyer Rosenau 2015.jpg

Dies ist der Titel der Zweijahresausstellung 2015 bis 2016 im Österreichischen Freimaurermuseum Rosenau. Von Rudi Rabe.

Einige Textteile dieses Eintrags basieren auf dem Ausstellungsführer, der vom Museumsdirektor und Ausstellungskurator Peter Back-Vega verfasst wurde.

Die Ausstellung beleuchtet das Thema zweifach: Sie widmet sich dem Zusammenhang von Freimaurerei und Musik und zum zweiten jenen großen Komponisten, die Freimaurer waren. Viele berühmte Musiker und Komponisten waren Freimaurer, viele haben auch für die Logen komponiert. Ob als Hymne auf die masonischen Ideale, ob mit meditativer Klarheit im Ritual oder im Trinklied zur Feier der Geselligkeit und der Brüderlichkeit aller Menschen: Musik spielte immer im Denken und Empfinden der Freimaurer eine zentrale Rolle. Und so vermittelt die Ausstellung ‚Die Maurerey und die Musik’ einen Eindruck, wie die Musik dazu beitragen kann, die freimaurerischen Ideale in jedem Menschen zum Klingen zu bringen.

Musik im und um das Ritual

Von allem Anfang an war die Musik für das Ritual der Freimaurer wichtig. Eine die Gemeinschaft stärkende Geselligkeit wurde bei Tafellogen mit Trinkliedern gepflegt; Hymnen auf die Ideale, auf Humanität, Wohltätigkeit, Freiheit und Brüderlichkeit erklangen ab 1723; jedenfalls wurden in diesem Jahr die ersten Liedertexte in der Konstitution der Englischen Großloge veröffentlicht. In unseren Breiten ist etwa die ‚Ode an die Freude’ allgemein bekannt, die Friedrich Schiller (kein Freimaurer) 1785 für die Loge ‚Zu den drei Schwertern’ in Dresden dichtete: Heute haben wir diese Klänge als ‚Europahymne’ im Ohr.

Da sich die ersten Logen in Wirtshäusern versammelten, waren die Anfänge der freimaurerischen Musik eher volkstümlich geprägt. Aber schon zu Mozarts Zeiten kommt Instrumentalmusik hinzu, und in den viktorianischen Tempeln im England des 19. Jahrhunderts standen und stehen große Orgeln, um den gemeinsamen Gesang zu befeuern.

Bis heute ist vielen Österreicher nicht klar, dass die Melodie ihrer Bundeshymne („Land der Berge ...“) als sogenanntes Kettenlied („Lasst uns mit geschlungnen Händen ...“) für das freimaurerische Ritual geschrieben wurde: wie man inzwischen weiß wahrscheinlich gegen 1800 vom Freimaurer Johann Baptist Holzer, und nicht, wie man lange annahm, vom Freimaurer Wolfgang Amadeus Mozart, der zur selben Zeit wie Holzer Mitglied einer Wiener Loge war.

Viele Komponisten waren Freimaurer

Wolfgang Amadeus Mozart selbst hat ja viel Freimaurermusik komponiert. Sein letztes vollendetes Werk heißt sogar ‚Freimaurerkantate’. Doch am bekanntesten ist wohl die Freimaureroper ‚Die Zauberflöte’. In der Ausstellung wird jedoch keineswegs nur Mozart bemüht sondern auch viele andere berühmte Komponisten, die Freimaurer waren. Etwa (alphabetisch): Johann Christian Bach (aus der Bachfamilie), Luigi Cherubini, Gottfried von Einem, Duke Ellington, Leo Fall, König Friedrich II. von Preußen, Joseph Haydn, Franz Hoffmeister, Johann Nepomuk Hummel, Scott Joplin, Gustav Albert Lortzing, Giacomo Meyerbeer, Ignaz Pleyel, Claude-Joseph Rouget de Lisle (Marseillaise), Jean-Philippe Rameau, Jean Sibelius, Louis Spohr, Alexander von Zemlinsky, Carl Michael Ziehrer.

Weitere bekannte Namen lassen sich in der Ausstellung entdecken, denn auch Jazz-Musiker sowie manche Klassiker der Moderne haben sich den freimaurerischen Idealen verschrieben und sie in Töne gesetzt.


Formal zeigt die Ausstellung Bilder und Grafisches, darunter auch historische Originale. Und sie lässt natürlich Musik erklingen: Dies nicht wie oft in solchen Ausstellungen via Kopfhörer, was den Nachteil hat, dass der Besucher sozusagen angebunden wird.
In Rosenau wurde das anders gelöst: Der durch die Ausstellung wandernde Besucher bewegt sich durch einander ablösende Klangwelten. Diese begleiten ihn etwa so, wie wenn er durch die Gänge einer Musikschule schlenderte, hinter deren Türen ganz verschiedene Musikstücke zu hören sind. Ausstellungskurator Peter Back-Vega: „Keine Konzertsituation, aber musikalische Empfindungen.“ Foto-Copyright: Gabriele Moser. Wir danken Frau Moser, dass sie uns das Bild zur Verfügung gestellt hat.



Die Ritualmusik in unserer Zeit

Auch heute sind in den Logen Musiker und Komponisten zu finden. Das kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die Ritualmusik gegenwärtig keine große Zeit erlebt. Wie überall in der Gesellschaft ist auch in der Freimaurerei das gemeinsame Singen derzeit nicht en vogue. Außerdem hat die Musikkonserve das masonische Ritual erobert.

Auf einem gut besuchten ganztägigen Symposion rund um die Eröffnung der Ausstellung und in einer anschließenden rituellen Arbeit befasste sich die Loge ‚Lux Rosenau’ mit dem Thema ‚Die Musik in der Freimaurerei’. Wir bringen daraus Äußerungen zweier österreichischer Freimaurer, die professionelle Musiker sind. Sie beziehen sich auf die aktuelle Situation. Das Freimaurer-Wiki bedankt sich bei beiden, dass wir ihre Interpretationen widergeben dürfen.

Das Problem mit den Musikkonserven

Darauf ging der Wiener Cellist Günter Tuman im Symposion in einer Wortmeldung ein. Zusammengefasst: Die modernen Tonträger machen Ritualmusik zwar leicht verfügbar, aber sie sind zugleich ein Problem weil sie dazu verführen, die Musikteile des Rituals zur bloßen Musikbrücken zu degradieren. Günter Tuman hat nach der Diskussion seinen Standpunkt für das Wiki so extemporiert:

„Die Musik von einem Tonträger kann einfach ausgeblendet werden. Das ist zwar praktisch, aber es führt oft zu einer Degradierung großer Musik. Man stelle sich vor: Haydn’s Streichquartett ‚Sonnenaufgang’ wird einfach abgedreht! Unmöglich! In den alten Zeiten war das anders. Ein Orgelspieler konnte aus seiner Erfahrung heraus das Ritual mit Gefühl begleiten, indem er zum Beispiel präludierte, also auf einen rituellen Höhenpunkt hin improvisierte. Die Musik war dann ein gleichberechtigter Teil des Rituals und nicht ein Ritualknecht.

Wie gut so etwas funktioniert, kann man heute zum Beispiel noch in einer Kirche auf dem Land erleben, wenn nicht ein geübter Kirchenchor sondern die Gläubigen in einer einfachen Sonntagsmesse singen. Der Organist begleitet dann gekonnt die Lieder. Er kennt ja den Ablauf, und so präludiert er, und am Ende kann er jederzeit einen sogenannten ‚böhmischen Schluss’ hinlegen, also mit einer einfachen Kadenz schließen; das ist eine gute Lösung. Wenn man wie heute üblich mit Tonträgern arbeitet, muss der Musikmeister die Musik wegziehen, wenn der Stuhlmeister nach einer Pause das Ritual wieder fortsetzt. Dadurch wird die musikalische Unterstützung zur reinen Gebrauchsmusik.

Aber es gibt noch weitere Probleme. Ich war eine Zeit lang Musikmeister meiner Loge. Dabei habe ich mich als bloßer Dienstleister verstehen müssen, das heißt, ich konnte nur Musik auswählen, die bei den Brüdern als ritualfähig gilt. Ritualfähig heißt, Musik, die nicht schwierig ist, die nicht irritiert, die man in Ohr hat und die bei jedem Bruder ein ähnliches Muster abruft, eine ähnliche Assoziationskette, damit in der Gruppe ein gewisser innerer Gleichklang hergestellt wird. So geht man auf Nummer sicher. Mit einer ungewohnten Zwölftonmusik käme keine Ritualstimmung auf. Auch ein spätes Streichquartett von Beethoven würde viele überfordern. Diese Rücksichtnahme auf die musikalischen Gewohnheiten der Brüder ist nicht negativ, es ist nur schade, wenn deswegen überhaupt nicht mehr experimentiert werden kann. Wenn ich einmal etwas ausprobierte, bin ich auf Kritik gestoßen. Das hat zwar Musik-Freaks erreicht, die sich auskennen, aber bei den anderen führte es zu Unverständnis.

Und noch etwas drittes: Früher hat man bei der sogenannten ‚Weißen Tafel’ auch gesungen. In England und in den Niederlanden ist das heute noch so. Wir singen nicht mehr weil uns die Nazis die Sangesfreude beschädigt haben. Sie missbrauchten das Liedgut für ihre Ideologie. Viele alte Lieder haben daher bis heute einen gewissen Hautgout, und wir spüren daher Widerstände, wenn wir sie singen. Natürlich wird auch bei uns weiter in Chören gesungen, aber kaum mehr spontan. Schade.“

Das Problem mit dem "Banalen und Immergleichen"

Darauf kam der Wiener Komponist und Jazz-Musiker Franz Koglmann in einem Vortrag (‚Zeichnung’) zu sprechen, den er in einer rituellen Arbeit der ‚Lux Rosenau’ hielt. Wir geben den Schluss des Vortrags, in dem Franz Koglmann sein „eigenes Verhältnis zum Thema Ritualmusik“ zusammenfasste, wörtlich wieder:

„Es ist leicht einzusehen, dass die Rezeption von Musik mit Lustgewinn verbunden ist. Der Lustgewinn hat es jedoch an sich, dass er langweilig wird, wenn sich die Reize im Immergleichen erschöpfen. Weshalb der musikalische Feinspitz seinen Lustgewinn aus der Abweichung vom Erwarteten zieht. Er will nicht das Immergleiche hören, er erwartet von der Musik auch Brüche im melodischen und rhythmischen Verlauf, Dissonanzen, Synkopen, Anheben und Absinken der Lautstärke und so weiter. Musik die solche Unregelmäßigkeiten nicht aufweist, ist großteils banal, verharrt in einer primär gefühlsaufgeladenen, also dem Kitsch verbundenen Situation und vermittelt durch ihre Gleichförmigkeit ‚falsche Geborgenheit’ bzw. etwas ‚dümmlich Tröstendes’, wie es Adorno formulierte.

Natürlich kann auch banale Musik Lustgewinn verschaffen, aber eher auf einer McDonalds-Ebene als auf der eines Spitzenrestaurants wie dem Wiener Steirereck, um einen kulinarischen Vergleich zu bringen. Und diese nicht sehr befriedigende Ebene scheint mir - vor allem durch oftmalige unreflektierte Wiederholung von ‚Klassikschlagern’ – in unserem Bund leider vorzuherrschen. Immer gleiche ‚Klassikschlager’, das war letztlich ein gewichtiger Grund, mich der Neugründung der ‚Loge Voltaire zur weissen Kugel’ anzuschliessen. Diese Neugründung verhieß nicht zuletzt ein komplexes und anspruchsvolles Kunstverständnis, gerade auch auf der Ebene der Ritualmusik. Da wir uns in dieser Loge verschiedenen anspruchsvollen Formen der Musik des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart verschrieben haben, kann es nicht nur um die Erfüllung von Erwartungshaltungen gehen. Es ist erlaubt, eben diese zu durchbrechen, das erweckt vielleicht Widerspruch, aber auch Nachdenklichkeit und Interesse.

Unter dieses Niveau, unter diesen Anspruch sollte sich meines Erachtens Ritualmusik nicht begeben. Musiksoziologische Forschungen haben gezeigt - ich beziehe mich auf Jourdain – dass die meisten Menschen ihre persönliche Musikwahl weder auf persönliche noch auf musikalische Kriterien gründen. Vielmehr hören sie Musik, um angepasst zu sein, begreifen Musik als Zeichen sozialer Identifizierung. Zudem entwickeln die meisten Menschen ihren Musikgeschmack in der Jugend und behalten gewisse Vorlieben ihr Leben lang bei. Wir verändern uns mit dem Alter, unser Musikgeschmack bleibt jedoch im allgemeinen derselbe. Diesen fatalen Mechanismus zu durchbrechen ist eine Kulturleistung, die einer Freimaurer-Loge angemessen ist.

Unbedarfte Zuhörer, so haben viele Untersuchungen gezeigt, bevorzugen Musik mit eher wenig als zu viel Information, also mit einem geringen Grad an Komplexität. Musikgeeichte Zuhörer, also Hörer, die sich im Laufe der Zeit eine musikalische Bildung angeeignet haben, bevorzugen zunehmend komplexere, informationsreiche Musik. Der umgekehrte Fall, dass Menschen zuerst komplexe Musik mögen und dann zu einfacher übergehen, ist praktisch unbekannt. An dieser Erkenntnis sollten wir uns orientieren und die Ritualmusiken unserer Logen in entsprechend anspruchsvollen Gefilden – welchem musikalischen Genre diese auch immer entstammen - ansiedeln.“

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