Abbé Barruel Teil 8

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Abbé Barruel Teil 8

Bearbeitung von Roland Müller

Abbé Barruel: Denkwürdigkeiten

Teilstück VIII: Wie die Illuminaten den Wilhelmsbader Kongress manipulierten und weiter wirkten

Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Jakobinismus (frz. 1797-1798; dt. 1800-1803)

Dritter Theil

Vorläufige Bemerkungen über die Illuminaten und die Schriften, welche diesen Denkwürdigkeiten zu Beweisen dienen werden.

Auszug Seiten 11-13

Die Verschwörung [la Conspiration], welche mir in diesen Denkwürdigkeiten zu entschleiern übrig blieb, ist die der Illuminaten des Atheismus [des Illuminés de l’Athéisme], eben die, welche ich in der Inhaltsanzeige dieses Werks unter dem Titel:

Verschwörung der Sophisten des Unglaubens und der Anarchie gegen jede Religion und gegen jede Regierung, sogar die Republiken nicht ausgenommen, gegen jede bürgerliche Gesellschaft und gegen alles Eigenthum, angegeben habe.

Der Name Illuminat [le nom d‘Illuminé], welchen diese Sekte, die verderblichste in ihren Grundsätzen, die weitumfassendste in ihren Plänen, die listigste und boshafteste in ihren Mitteln, gewählt hat; dieser Name Illuminat ist in den Annalen der zerstörenden Sophisten nicht neu. So nahmen ihn schon Manes und seine Adepten an: gloriantur Manichaei Se de coelo illuminatos (dies heißt: die Manichäer rühmen sich, vom Himmel illuminirt oder erleuchtet zu seyn.) (Gaultier, verbo Manichaei Sec. 3.)

Die ersten Rosenkreuzer, welche in Deutschland auftraten, nannten sich auch Illuminaten. In unsern Tagen machen auch die Martinisten und verschiedene andere Sekten Ansprüche auf Illuminatismus.

Der historischen Treue halber unterscheide ich ihre Verbindungen und ihre Lehren, und führe sie auf zwey Gattungen zurück. Es giebt heut zu Tage Illuminaten des Atheismus und Illuminaten der Theosophie. Diese sind streng genommen, die Martinisten, deren System ich im zweiten Bande bekannt gemacht habe, und die Swedenborgianer von denen ich zu seiner Zeit und an seinem Orte nur das sagen werde, was mir von ihrer Sekte zu erfahren möglich war. Die Illuminaten, deren Verschwörung ich jetzt enthüllen werde, sind die des Atheismus.

Die Menge von Briefen, von Nachrichen [besser: Nachrichten], von Schriften, die ich seit Bekanntmachung meines Plans zu diesem Werke über sie erhalten habe, hat mir so viele Gegenstände zu enthüllen geliefert, daß ein Band dazu nicht hinreichen wird.

Die Sekte hat, wie mir vorgekommen ist, ihre verderblichen Pläne und die Gesetze, welche sie zu geben gewußt hat, um zur Ausführung zu kommen, so auffallend mit einander verbunden, daß ich damit anfangen zu müssen geglaubt habe. ihren Kodex, das heißt, dem ganzen Gang ihrer Grade, ihrer Geheimnisse und ihrer Regierung kennen zu lehren.

Da dieser Gegenstand allein einen Band fordert, so bin ich in die Nothwendigkeit gesetzt, einen vierten zu machen, für welchen ich den historischen Theil bei Illuminatismus und die Anwendung der dreyfachen Verschwörung auf die Thatsachen der Revolution aufbehalte.

Ich habe die Gesetzgebung der Sekte um so sorgfältiger bearbeitet, da noch kein einziges Werk vorhanden ist, wo man das Ganze des Kodex beysammen findet. Man ließ die Gesetze in den verschiedenen Urkunden, die der Sekte entrissen sind, zerstreuet liegen. Ich habe sie zusammengestellt, man wird danach um so leichter begreifen, was ihr Resultat ist, und was es seyn sollte.

Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Jakobinismus (frz. 1797-1798; dt. 1800-1803)

Vierter Theil

Drittes Kapitel.

Epoche der illuminirten Freymaurerey.

Anlagen von Weishaupt auf die Freymaurer-Logen. Acquisition von Knigge und dessen ersten Dienstleistungen.

Seiten 99-123

Alles von dem Wesen, dem Zwecke und dem Ursprungs der Freymaurerey in diesen Memoiren angeführte, wollen wir mal auf einige Augenblicke in das Reich der Muthmaßungen und der Systeme verweisen; wir wollen, wenn es so seyn soll, annehmen, daß die Nachrichten von ihrer ersten Entstehung in einem undurchdringlichen Dünkel liegen; ja wir wollen den ehrwürdigen Brüdern erlauben, die Verdienste und den Ruhm ihrer Vorfahren zu erheben und zu preisen. Zum Unglück der Kinder aber, gelangen wir jetzt zu der Epoche, wo dieser ganze Ruhm sich verlöschet und verschwindet, und ihre Redner selbst ihnen zurufen werden:

„Brüder und Mitglieder, geben Sie ihrem Schmerz Raum, die Tage der unschuldigen Gleichheit sind vorbey. So heilig auch unsere Mysterien waren, die Logen sind entheiliget, beschmutzt. Brüder und Mitglieder, lassen Sie ihre Thränen fließen, und kommen Sie in ihren Trauerkleidern, wir wollen unsere Tempel schließen; die Profanen haben Gelegenheit gefunden hineinzudringen, und haben sie zu Zufluchtsorten ihrer Gottlosigkeit und zu Hölen ihrer Complots gemacht; sie haben ihre Frevelthaten und das Verderben der Völker darinn ausgeheckt; weinen lassen Sie uns über unsere Legionen, die sie verführet haben. Logen, die für diese Meuterer sich haben aufthun können, müssen auf ewig für uns, für einen jeden ächten Staatsbürger, verschlössen seyn."


Nicht von mir sind sie, diese traurige Klagen, diese trostlose Jammertöne; ich habe sie aus dem Munde der Venerablen (Logen-Meister) gehöret; sie sind die Leichen- Rede, welche in einer teutschen Loge in Gegenwart der zum letzten Male versammleten, und über das traurige Schicksal ihres Ordens seufzenden Brüder der Maurerey, gehalten worden (Rede eines maurerischen Redners, zum Schlüsse der Loge).

Zum Unglück für die Ehre der Brüder, können wir nicht verschweigen, wie so gerecht ihr Schmerz ist. Die Freymaurerey hat sich schuldig gemacht, welcher Art auch ihre Mysterien vorhin gewesen seyn mögen. Wenn sie es nicht durch sich selbst ist, so ist sie es durch Weishaupt. Sie hat mit sich, oder er hat mit ihr die allerunglücklichste Veränderung vorgenommen.

Diese fürchterliche Wahrheit kann nicht zurückgehalten bleiben; die Geschichte soll reden und ihre Beweise beybringen. Es ist dieses die stärkste Lehre, die sie über die Gefährlichkeit der geheimen Gesellschaften noch gegeben hat. Gleich in den ersten Zeiten seines Illuminatismus, hatte Weishaupt alle den Vortheil berechnet, den er für seine Anschläge aus der Menge der in Europa sich verbreiteten Freymaurer ziehen würde, wenn er je in ihre Verbindung sich einschleichen könnte.

„Ich will Ihnen etwas Neues sagen, schrieb er an seinen Adepten Ajax schon im Anfange des Jahrs 1777. Noch vor dem Carnaval werde ich nach München kommen und in den Freymaurer- Orden aufgenommen werden. Seyn Sie aber unbesorgt, unsere Sache gehet doch fort, wir lernen einen neuen Nexum [frz. un lien ou un secret nouveau] kennen, und werden dadurch reliquis fortiores [frz. plus forts que les autres] [„](Orig. Schr. 1. Th. 6t Br. an Ajax)

Er erhielt würklich die ersten Grade in der St. Theodor genannten Loge. Bis dahin sahe er nichts als das Spielwerk einer unschuldigen Brüderschaft, er sahe gleichwohl, daß bey diesem Spielwerke, die Gleichheit und Freiheit die Brüder sehr ergötzte, und vermuthete also weitere Mysterien. Vergebens sagte man ihm, daß alle religiöse und politische Verhandlungen in den Logen nicht gestattet würden, daß ein jeder wahrer Freymaurer seinem Fürsten und dem Christenthume in der That und Wahrheit getreu und ergeben sey. Er sagte seinen Novizen und Minervalen [à ses Novices & à ses Minervains] das selbige, und wußte wohl, was in seinem Illuminatismus aus allen diesen Versicherungen würde.

Er glaubte auch, daß es damit bey den Freymaurern eben die Bewandniß habe, und sein vertrauter Zwack verschaffete ihm bald bis Gelegenheit in ihre tiefsten Geheimnisse zu dringen, ohne nöthig zu haben, den gewöhnlichen Prüfungen sich zu unterwerfen. Dieser Adepte hatte zu Augsburg eine Zusammenkunft mit einem Abbé, Namens Marotti gehabt.

Marotti hatte ihm bey der Gelegenheit die hohen Grade und selbst die der Schottischen Logen ertheilet; alle Mysterien ihm erkläret mit der Versicherung, daß sie durchaus auf die Religion und die Kirchen-Geschichte gegründet wären. Cato Zwack belehret uns. wie sehr die Erklärung seine gottlosen Anschläge begünstige, indem er sagt, mit welcher Sorgfalt und Geschäftigkeit er sichs zur Pflicht gemacht habe, seine Entdeckung Weishaupt kund zu thun. (S. Diarium von Cato, im 1. Th. der Orig. Schr.)

Auf die bloße Anzeige, und ohne noch umständlich von der Zusammenkunft benachrichtiget, zu seyn, antwortete Weishaupt, der seiner Seits auch Nachforschungen angestellet hatte, dem vertrauten Adepten:

„Ich zweifle, daß Sie wirklich den wahren Zweck der Freymaurerey wissen; ich habe aber selbst Kenntnisse darüber erlanget, die ich in meinen Plan aufnehmen werde, aber erst in späteren oder höheren Graden. [„] (Ibid, 31t Br. vom 2ten Dec. 1778.)

Cato gab bald darauf seinem Meister umständliche Nachricht von gedachter Erklärung; und da schrieb ihm Weishaupt: „Die wichtige Entdeckung, die Sie in Augsburg an dem Abbate Marotti gemacht haben, erfreuet mich ungemein. Nutzen Sie diesen Umstand so viel möglich.[„] (Id. Br, vom 6ten Jan. folgenden Jahrs)

Wenn man alle diese Confidenzen lieset, so fräget sich ein jener natürlicherweise: Was bedeutet diese Freude der ungeheuersten Verschwornen, die je die Welt noch sahe, über die bloße Nachricht von verborgenen Mysterien in den höchsten Graden der Maurerey, und selbst in den Logen, die den Schottischen Brüdern am werthesten sind? Die Freymaurer sind also Weishaupt selbst, mit der Deutung, die er von ihren Sinnbildern macht, und die er wirklich in seine Mysterien aufgenommen hat, an die Hand gegangen. (S. den 3. Th. dieser Memoiren, den Epopten-Grad [Grade d’Epopte])

In diesen Freymaurer-Logen waren also schon, die Gottlosigkeit und die Complots von Zwack und Weishaupt, seltsam vorbereitende gottlose Complots vorhanden! Der Schluß ist allerdings betrübt, aber soll man sich selbst verblenden, und die Wahrheit sich verhehlen? Soll man um der Ehre der Freymaurer willen, die Fallstricke verschweigen, die man ihnen verbirget, und nichts desto weniger ihrer Religion und der der Völker leget? (34).

(34) Auch hier wollen wir diejenigen Männer ausnehmen, die an die drey ersten Grade sich halten, und die insbesondere, welche nur in diesen 3 Graden wahre Freymaurerey erkennen; aber selbst diese Maurer mögen nicht vergessen, daß eigentlich ihre Grade der großen Eindrängung (Intrusion) zum Deckmantel gedienet haben.

Von seiner Entdeckung weiter vergewissert, fing Weishaupt an, auf die Installirung einer Maurer-Loge für seine Zöglinge in München zu dringen. Von nun an befahl er allen seinen Areopagiten [Aréopagites], sich zu Freymaurern aufnehmen zu lassen. Er machte alle Anstalten, um zu Eichstädt und in allen seinen Colonien ebenfalls eine so nutzbare Einrichtung zu treffen. (Id. 32t Brief) Seiner vielen desfalsigen Bestrebungen ohngeachtet, ging dennoch das Werk langsam von statten. Er wußte nun die Geheimnisse der Freymaurer, und die Freymaurer wußten nicht um die seinigen; die Rosencreuzer sahen mit Verdruß eine neue geheime Gesellschaft sich erheben, die ihre Logen auf Unkosten der ihrigen bevölkerte, und die anfing ihren Credit zu schwächen, indem sie sich rühmte, alleine im Besitze der wahren Geheimnisse des Ordens zu seyn. So gottesvergessen die Rosencreuzer dieser Gattung waren, und obwohl ihr System zu gleichem Ziele führte, nemlich zur Ungültigkeit des Christenthums; so schlugen sie, doch einen ganz anderen Weg ein, als Weishaupt. Er verachtete alle ihre alchimistischen Thorheiten; er verabscheuete hauptsächlich ihre Theosophie. Ueber das doppelte Principium, über die guten und bösen Geister, deren so viele Rosencreuzer zu ihrer Magie, Cabale, und Lebens-Kraft [la faculté d’Abrac] (35), benöthiget waren, machte er sich lustig.

(35) Dieses von Abraxas contrahirte Wort ist nichts weiter, als von dem Alexandrinischen Sophisten und berüchtigten Ketzereystifter des 2ten Seculi Basilides ersonnene und zusammengesuchte Buchstaben, um die Zahl der 365 denkenden Wesen oder Geister, woraus er seinen Gott machte, auszudrücken. Abraxas, sagt Hieronymus, ist der erdichtete, durch Zahlen ausgedrückte, Gott des Basilides, und in der That deuten die Buchstaben, woraus das Wort zusammen, gesetzt ist, im Griechischen die Zahl 365 an.

A	B	R	A	X	A	Z
1	2	100	1	60	1	300

Basilides gründete seine ganze Magie auf die Zahl dieser Geister, und ist daher seine Magie die Abracs-Wissenschaft benahmt worden (S. Hieron. ad Lucifer-August in lib. de haeres: Tertul de Basilide).

Manes entlehnte eine Menge seiner Irrthümer von diesem Basilides, insbesondere seine Aeonen [ses Eons] und seine Magie. Diese Abracs-Kraft oder Magie findet sich auch in dem Maurerischen Manuskript zu Oxfort, und zeiget Brüder, die vor dreyhundert Jahren sich eben so damit beschäftigten, als viele moderne Rosencreuzer.

Mit einem Worte, des vielen Vortheils ohngeachtet, den Weishaupt in seinen Mysterien aus den maurerischen Sinnbildern und Deutungen zog, verwarf er mit Verachtung, alle Thorheiten und cabalistischen Träumereyen der Rosencreuzer. Alles was zur Irreligiösität führet, nahm er von ihnen an, und spottete ihrer Albernheiten.

Es war dieses der Kampf, der an der einen Seite, in die ungereimte Gottes-Leugnung, und an der andern in den abgeschmackten Aberglauben sich gestürtzt hatte. Daher rühren die Mishelligkeiten, die Jalousien, die Concurrenzen, wovon man die Spuren in den von Cato Zwack geschilderten Progressen des Illuminatismus gesehen hat.

Schwer war es zu sagen, welche von beyden Parteyen in diesem Kampfe die Oberhand gewinnen würde. Weishaupt ersann tausend Sieges-Mittel, aber er war, über den von seinem Siege zu machenden Gebrauch noch nicht mit sich einverstanden.
„Gleich Anfangs, schrieb er an Zwack, wäre ich für eine Constitution von London gewesen, und würde es noch seyn, wenn man sich auf die Capitularen in Athen verlassen könnte [si l’on pouvoit s’assurer du chapitre (Maçonnique) de Munich]. Jedoch wollen wir es probieren; ich kann aber noch nichts gewisses überhaupt in dieser Sache schreiben, bis sich die dermalen obwaltende Umstände näher entwickeln. Vielleicht halte ich mich ans Reformiren; vielleicht mache ich ein eigenes Maurer -System für uns. Vielleicht entschließe ich mich auch den Orden der Maurerey einzuflechten, und aus beyden Cörpern einen zu machen. Die Zeit muß uns belehren." (Br. 57 an Cato. vom März 1780.)

Um in diesen Ungewißheiten ihn zu bestimmen, hatte Weishaupt einen Mann nöthig, der durch die Abwägung und Ueberlegung der Schwierigkeiten sich weniger aufhalten ließ, und dem es weniger Mühe kostete, sie zu durchschneiden. Der böse Geist der Revolutionen und der Gottlosigkeit selbst, sandte ihm einen Hannöverschen Baron, mit Namen Knigge, zu. An diesem Namen erkennen die rechtschaffene teutsche Männer denjenigen, der auch sogar das brüderliche Spielwerk ihrer ersten Logen verpestete, und die Verderbniß ihrer gottlosen Rosencreuzer vervollkommnete.

In ihrem gerechten Unwillen, würden alle ehrliche Brüder Weishaupten beynahe verzeihen, um alle ihre Empfindlichkeit und alle Schande ihrer Gesellschaft, daß sie die große Pflanzschule des Illuminatismus geworden, auf Knigge allein fallen zu machen, und ihm zuzuwälzen; die Wahrheit ist inzwischen, daß bey dieser großen Intrusion, Knigge nur ein würdiges Werkzeug von Weishaupt gewesen. Was der eine ausführte, hatte der erste längst beschlossen; und ohne die von diesem tief ergrübelte Combinationen, würde wahrscheinlich alle Thätigkeit des letztern fruchtlos geblieben seyn.

Zusammen hatten, unglücklicher Weise, diese beyden Menschen gerade das, was erforderlich war, der eine um der schädlichsten aller Secten Gesetze zu geben, der andere um ihre Mysterien zu propagiren, und Schaaren von Adepten ihr zu verschaffen.

In seinen grimmigen Anschlägen würde Weishaupt die Stelle des, mit seinen Entwürfen wider das menschliche Geschlecht, beschäftigten Satans haben vertreten können; Knigge könnte an einen der bösen Geister erinnern, die beflügelt wie die Pest, mit Ungeduld allen Orten zueilen, wo der Fürst der Hölle, ihnen zeiget, daß Böses zu wirken sey. Weishaupt combiniret seine Complots langsam, berechnet seine Hülfsquellen, vergleichet seine gemachten Versuche, und um in seiner Wahl sicher zu gehen, schiebet er sie auf. Der leichtsinnige Knigge schreitet, vor der Ueberlegung, zum Werke; er siehet, daß Böses zu thun ist, und thut es gleich, bereit sich zurückzuziehen, wenn die ersten Mittel ihm fehlschlagen. Der erste siehet die Hindernisse, die er finden könnte, vor, und sucht sie zu heben; der andre setzt sich darüber hinaus, aus Furcht, beym Wegräumen, die Zeit zu verlieren. Der eine will keine Mängel, die seinen Lauf hemmen; der andere gehet immer vorwärts, unbekümmert über seine Fehltritte.

In seine Finsternisse gehüllet, würde es eine große Freude für Weishaupt seyn, die Welt aus ihren Angeln gehoben zu haben, ohne sie zu sehen, und ohne von ihr gesehen zu werden. Das Bewußtseyn der Frevelthaten ist für ihn, was für den rechtschaffenen Mann das Bewußtseyn der Tugenden ist. Seine Successe genügen ihm, das Vergnügen zu schaden, überwieget den Ruhm, der ihn hätte zurückhalten können.

Knigge ist einer von den Menschen, die sich allerwärts zeigen, die in alles sich mischen, und die immer, alles gethan zu haben, scheinen wollen. Alle beyde sind Gottesvergessene, alle beyde verabscheuen das Band der Gesetze; aber Weishaupt hat von Anfang seine Grundsätze festgestellet, und er wird glauben, nichts gethan zu haben, wenn er noch einige religiöse und gesellschaftliche Gesetze bestehen lässet.

Die Gottlosigkeit und der Empörungstrieb von Knigge, haben ihre Kindheit und ihre Gradation gehabt. Er hat successive die öffentlichen Schulen besucht, und die unterirdischen des modernen Unglaubens! er wird seine Lectionen zu verändern, und allen Charakteren sich anzuschmiegen wissen. Er wird Deiste, Skeptiker seyn, da, wo er nicht Atheiste seyn kann. Nach Beschaffenheit der Umstände, wird er alle Rollen der Sophisten spielen, und alle Stufen der Revolution willig ersteigen.

Für seine nomadischen Völker, seine gleiche und freye Menschen, will Weishaupt alles, die Religion, die Obrigkeiten, die bürgerlichen Gesellschaften, das Eigenthum aufopfern; Knigge wird weniger vernichten, wenn er nur das übrigbleibende beherrschen kann. In der Tiefe seiner Verborgenheit, hat der eine die Menschen besser beobachtet, und weiß besser, was er aus ihnen zu machen begehret; der andere hat sie bey seinen Ränken mehr gesehen, und begnüget sich leichter mit dem, was er aus ihnen machen kann. Weishaupt mischt seine Gifte besser, und Knigge bringt sie besser an Mann; beyde zusammen vermögen die ganze Welt zu vergiften.

Als der allgemeine Feind des menschlichen Geschlechts beyde Wesen zusammenbrachte, waren sie schon, der eine wie der andere, mit allem begabet, was ihre Vereinigung schrecklich machen konnte. Der Hannöversche Baron war fast zu eben der Zeit auf die Erde geworfen, als sie das Bayersche Ungeheuer gebar; und sein ganzes Leben schien nur eine anhaltende Vorbereitung zu der Rolle zu seyn, die er spielen sollte, um Weishaupt beyzustehen, und vorzüglich die Thore der von Morgen bis Abend, von Mitternacht bis Mittag zerstreueten Logen ihm zu öffnen, damit er in den Maurer-Hölen [dans les antres maçonniques] diejenigen Adepten auffinden könnte, welch, durch ihre Mysterien; den seinigen geneigt gemacht seyn mögten.

Knigge sagt uns selbst, daß er von Jugend auf einen großen Hang zu geheimen Gesellschaften gehabt, und schon Derozeit einen von den kleinen, unter den Zöglingen der protestantischen Universitäten, gänge und gebigen geheimen Ordens gestiftet habe. Diesen Hang hatte er vom Vater geerbet, den er von den Maurerischen Mysterien und von ihren vergeblichen Versuchen, den Stein der Weisen aufzufinden, eingenommen gesehen hatte. Das Gold des Vaters war im Schmelz-Tiegel verflogen, der Sohn fand nur die Schlacken; kaum hatte er das zu den Aufnahmen in die Logen erforderliche Alter erreicht, da ward er Freymaurer. Die Brüder, die ihren Mysterien ihn zuließen, waren von der so genannten Strickten-Observanz; er gelangte zu dem Grade der Tempelherren, die in der Hoffnung, mit der Zeit, die Besitzungen der alten Ritter dieses Ordens wiederzuerhalten, mittlerweile die Titel ihrer Comthureyen unter sich vertheilen.

Knigge ward auch Bruder-Comthur, unterm Namen des Ritter vom Schwan, Eques a cygno. Wider seine Erwartung, blieb dieser Titel für seine Glückumstande unfruchtbar; begierig den Abgang zu ersetzen, begierig insbesondere, wenigstens eine Wichtigkeit in den Logen sich zu geben, wornach er aller Orten vergeblich gestrebet hatte, um in den Mysterien hervorzustechen, ward er in Marburg ein Schüler des Charlatans, Schröpfer, des teutschen Cagliostro. Welcher Mensch, sagt er uns selbst, hätte bey diesem Schröpfer, ohne Gefühl für die Theosophie, die Magie und Alchimie bleiben können?

Das waren also die Mysterien der Stricten-Observanz. Feurig, fantastisch, leidenschaftlich, wie Knigge abermals sich selbst schildert, glaubte er im Alter von 25 Jahren an alle diese Mysterien, und ließ sich von den Geisterbeschwörungen und von allen Albernheiten der alten und neuen Cabale hinreißen. Bald wußte er nicht mehr, ob er daran glaubte, oder ob er daran glauben sollte.

Mitten in seinen Bezauberungen und seinen magischen Operationen hoffte er das Chaos der in seinem Kopfe umherirrenden Ideen sich entwickeln zu sehen Um sie zu entwickeln, hätte er alle Maurerische Logen besuchen mögen; ihre hohen Grade, ihre seltensten und mysterieusesten Manuscr. wußte er sich zu verschaffen, alle ihre Secten suchte er kennen zu lernen (S. seine endliche Erklärung [p. 24]).
Gleichsam als ob er alle Verirrungen des menschlichen Verstandes in sich alleine hätte vereinigen wollen, fügte er diesem Studio das der heutigen Sophisten hinzu, beschäftigte sein Gemüthe an der einen Seite mit allen cabalistischen Rasereyen [ces délires cabalistiques], und an der andern, mit allen philosophisch sich nennenden Gottlosigkeiten. Für seine Glücksumstände that er das, was er für die Wissenschaften that; er versuchte alles, ohne glücklicher zu werden.

Hofmann ohne Gunst verließ er seinen Fürsten, um Direktor eines Comödien-Hauses zu werden; er vertauschte das Theater mit dem Krieges-Dienst unter den Hessischen Truppen; sein unruhiger, Zänkerey-stiftender Geist brachte ihm seinen Abschied zuwege. Er warf sich zum Schriftsteller auf, und nachdem er seine Schmähschriften mit Verunglimpfungen der Catholiken angefüllet halte, ich weiß nicht zu welchem Glücksprojecte, legte er auf kurze Zeit ihr Glaubens-Bekenntniß ab; seine Projecte scheiterten; nun trat er wieder von den Catholiken ab, fing seine Ausfälle gegen sie von neuem an, kehrte zu den Protestanten zurück, und begonn als Deiste zu schreiben (Id. p. 25.),

So nach und nach, am Hofe, auf dem Theater, im Militair, unter den Maurern, den Sophisten, den Apostaten [des apostats], den Libellisten [des libellistes], sich herumtummelnd, hatte der Mann sich gebildet, an dem Weishaupt den würdigsten seiner Adepten und den thätigsten seiner Gehülfen finden sollte.

Zu der Zeit, als die beyden Menschen sich mit einander verbanden, ließen, durch ein seltsames Zusammentreffen der Umstände, eine neue Intrigue, eine wahre Conspiration von Knigge. und dessen Anschläge auf die Freymaurer, Weishaupten kaum die Ehre der Erfindung. Die Erzählung, welche Knigge selbst davon macht, verbreitet darüber das beste Licht.

Im Jahre 1780 ward, unter der Protection und Leitung des Herzogs Ferdinand von Braunschweig, eine allgemeine Versammlung von Freymaurer-Deputirten, auf das folgende Jahr, nach Wilhelmsbad zusammenberufen:

„Auf die Nachricht davon, sagt uns Philo Knigge, faßte ich die unermeßliche Menge Brüder ins Auge. Ich sahe sie aus Menschen von allen Ständen zusammengesetzt, aus Adelichen, Reichen, Vielvermögenden, aus Brüdern voller Kenntnisse und Betriebsamkeit. Ich sahe alle diese Menschen durch einen Gemein-Geist vereiniget, ohne daß sie den Zweck ihrer Vereinigung bestimmt angeben konnten; gebunden durch den Eid, ein wichtiges Geheimniß zu verschweigen, ohne eigentlich zu wissen, worinn solches bestehe; verschieden in ihren Meinungen, ohne darum mehr oder weniger zu wissen, wo der Irrthum stecke, oder welches das große Hinderniß sey, das der Freymaurerey im Wege stehe, so viel Gutes für das menschliche Geschlecht zu wirken, als sie hätte thun können.

Von welchem Umfange würde inzwischen dieses Gute nicht gewesen seyn, wenn man die Erfahrung von der Theorie getrennt, die Meinung dem Belieben eines jeden überlassen, und allgemeine Grundsätze, zum Besten der gesammten Menschheit, und der Brüder insbesondere, befolgt hätte? Wenn man über die gemeinsam zu beobachtende Regeln sich vereinbaret hätte, um einander beizustehen, um das unbekannte Verdienst ans Licht zu ziehen; um durch den Credit und den Einfluß des Maurer-Ordens, jedes große Project zu unterbauen, das Glück der Brüder zu befördern, und einen jeden derselben, im Staate anzustellen, nach dem Maaße ihrer Zähigkeit, und je nachdem sie die vortheilhafte Gelegenheit benutzt haben würden, welche die geheimen Gesellschaften darbieten, die Menschen kennen zu lernen, und ohne Gewalt und Zwang, sie zu beherrschen.(Endliche Erklärung von Philo, S. 28)

„Zufolge dieser Gedanken und meiner Reflexionen, fähret Philo Knigge fort, „hatte ich alle meine Umsorgungs-Plane entworfen, und sie nach Wilhelmsbad gesandt. Ich erhielt höfliche Antworten; man versprach mir, in der bevorstehenden Versammlung meine Arbeit in Ueberlegung zu nehmen. Aber ich glaubte bald wahrzunehmen, wie schlecht die wohlthätige, und uneigennützige Absichten der erhabenen Beschützer und Häupter des Maurers-Ordens würden unterstützt werden; wie viel Künste der Sectengeist und des Eigennutzes anwenden würde, um Systeme der Finsterniß gewisser Classen die Oberhand gewinnen zu machen; wie unmöglich es seyn würde, alle diese Köpfe unter einen Hut zu bringen.

Ich theilte inzwischen verschiedenen Maurern meine Projecte mit; oft gab ich ihnen meine Besorgnisse zu erkennen; als im Jul. 1680 [orig. 1780] ich in einer Loge zu Frankfurt am Mayn, mit Diomedes (Marquis de Constanza) Bekanntschaft machte, der von den Illuminaten in Bayern abgeordnet war, um Pflanzstätte in den protestantischen Ländern für sie aufzufinden. Ich eröffnete ihm meine Wünsche für eine General-Reform der Freymaurerey; ich fügte hinzu, daß, da ich voraussähe, der Convent zu Wilhelmsbad werde von gar keinem Nutzen, seyn, wäre ich entschlossen mit einer gewissen Anzahl in Teutschland zerstreuten Brüder, meiner treuen Freunde, an der Einführung meines Systems zu arbeiten.

Nachdem ich ihm solches entwickelt hatte, sagte er mir: Warum wollen Sie sich die unnütze Mühe geben, eine neue Societät zu stiften, da schon eine vorhanden ist, die bereits alles das gethan hat, was Sie thun wollen; die in allem Betracht, ihren Eifer für die Künste und Wissenschaften, und alle Ihre Wünsche, wirksam und nützlich zu seyn, befriedigen kann; die mit einem Worte im Besitze, aller zu Ihrem Zwecke erforderlichen Wissenschaften und Macht sich befindet [„] (Id. pag. 32. etc.).

Sie war nicht ungegründet diese Antwort des Marquis und Apostels von Weishaupt. Zwischen den Anschlägen seines Meisters und den von Knigge war eine auffallende Gleichheit. Der Codex von Weishaupt hob auch mit allen den Versprechungen an, das unbekannte Verdienst hervorzuziehen, der unterdrückten Tugend wieder aufzuhelfen, die Adepten die große Kunst zu lehren, die Menschen kennen zu lernen, die Völker glücklich zu machen, und sie ohnvermerkt zu beherrschen. Wie Knigge, hatte Weishaupt auch die unsichtbare Kette ersonnen, die aus der Tiefe eines unterirdischen Senats, allmählig über die Häupter und alle Stände des Staats sich ausdehnet, den Areopagus der Finsterniß, der seine Gesetze dictiren soll, und die verborgenen Brüder, die weder Mühe noch Ränke sparen sollen, um denselben in den Raths-Versammlungen der Könige Eingang zu verschaffen (Orig. Schr. erste Statuten des Illumin. und der Ill. Grad.).

Bis dahin sind die Projekte, die Anschläge, die Mittel von Weishaupt und von Knigge sich gleich. Zwar fesselt Weishaupt, um aufzulösen; er dictiret nur seine Gesetze, um mit der Zeit zu seinen Menschen ohne Gesetze zu gelangen; zwar wird Knigge die Völker für frey genug achten, wenn's ihm gelinget, ihre Obrigkeiten, ihre Herrscher, allen aus der Maurer-Höle hervorgehenden Beschlüssen zu unterwerfen. Aber wenn die Freyheit des einen den Tod der bürgerlichen Gesellschaft gebieret, so gereicht derselben die Freyheit des anderen zur Schande.

Zwey Menschen, die das eine oder das andere haben bey sich beschließen können, sind für einander gemacht. Ihr Stolz kann wohl, im Betriebe ihrer Complots, gegen einander rennen; lange genug werden sie aber, zum Unglück der Völker, einen Gang gehen.

Knigge vermag seine Verwunderung und seine Freude nicht auszudrücken, als er vernahm, daß das, was er thun wollte, schon alles gethan sey. Er warf sich in die Arme des Illuminaten-Apostels, und ward unverzüglich den Graden des Aspiranten, des Novizen, und der Minerval-Academie initiiret.

Weishaupt erkannte bald die ganze Wichtigkeit dieser Acquisition; in Hinsicht der revolultonairen-Ruchlosigkeit [d’impiété révolutionnaire], fand er seinen Discipel beynahe weiter vorgerückt, als er es gewünscht hätte. Knigge fing an für die IIlluminaten alles zu thun, was er für seine eigene Conspiration würde gethan haben. Er übernahm die Mission oder den Auftrag des Bruders Diomedes, und nie war ein anwerbender Bruder einschmeichelnder und thätiger gewesen, als er. Die Liste der Novizen und Brüder, die er dem Orden verschaffte, wuchs mehr und mehr an; und er wählte sie nicht, wie Weishaupt, unter jungen, kaum aus der Schule gekommnen Leuten, sondern unter Männern von reifem Alter, deren ganzes Wesen nach seinem Sinn, er kennen zu lernen Gelegenheit gehabt hatte, und unter solchen, vorzüglich die, deren Meinung für die Mysterien der Finsternis, er in den Maurer-Logen bemerkt hatte.

In seiner ersten Bewunderung konnte Weishaupt nicht müde werden, seinen neuen Apostel gegen seine Aeropagiten zu lobpreisen:

„Philo Knigge, schrieb er ihnen, thut für sich alleine mehr, als sie insgesammt zu thun hoffeten. Philo ist der Meister, bey dem man in die Schule gehen muß — man gebe mir sechs Männer dieser Art, und ich gebe, mit ihnen, der ganzen Welt eine andere Gestalt (S. die Orig. Schr. 1. Th. 36. Brief etc. und die endliche Erklärung S.49.).

Was Weishaupt ganz besonders entzückt machte, war die Entdeckung der für seine Complots bereits reifen Menschen-Classe, die ihn großen Theils der Mühe entübrigte. die er sich gab, die Jugend dazu vorzubereiten. Wir sehen ihn auch in der Folge, seine Apostel ermahnen, in ihren Anwerbungen die Methode von Knigge nachzuahmen. (Orig. Schr. 2. Theil, 7. Brief.) Eine noch speciellere Freude machte ihm auch die Wahrnehmung, daß seine Secte, so zu sagen, von selbst und ohne Zwang, in die Maurer-Logen sich aufnehmen ließ, deren Eroberung ihm so sehr am Herzen lag. Aber aus diesen Successen selbst erwuchsen Inconvenienzen, die ihren Urheber abgeschreckt haben würden, wenn er nicht gerade der Mann gewesen wäre, den Weishaupt bedurfte, um ihnen abzuhelfen.

Von seinem anwerbenden Marquis hintergangen, wie dieser Marquis selbst von Weishaupt hintergangen war, glaubte Knigge fest an das Alterthum, und die Allmacht seines Illuminatismus; und da er nur noch die Vorbereitungs-Grade erhalten hatte, argwohnete er nicht, daß die anderen Grade, nur noch in Weishaupts Gehirn, oder in seiner Brieftasche vorhanden wären. Er sahe den großen Mysterien entgegen, und sollicitlrte sie für sich und für die alten Maurer, die es nicht Zeit mehr war, als bloße Schüler in ihrer Minerval-Akademie hinzuhalten.

Weishaupt bediente sich Anfangs aller der Ausflüchte, die bisher ihm so gut gelungen waren, seine Zöglinge über seine großen Mysterien in der Erwartung zu lassen. Je mehr er sie aber erhob, und neue Proben, neue Dienstleistungen begehrte, je dringender ward Knigge. Er stellete ihm vor, daß alle seine Prüfungen, und seine lange Vorbereitungen, in catholischen Provinzen nöthig seyn könnten, in protestantischen Ländern hingegen, die in der philosophischen Stimmung ungleich weiter vorgerückt wären, verhielte sich‘s nicht so. (Endliche Erklärung von Philo, S, 35 bis 55.)
Weishaupt suchte noch immer mit List ihn hinzuhalten; Knigge insistirte beständig: seine in der Entzieferung der Hyerogliphen geübte alte Freymaurer, sagte er, verlangten deren, die dem Enthusiasmus, den er ihnen einzuflößen gewußt hätte, entsprachen. Sie stünden auf dem Punkte, ihn für einen Charletan zu halten, wenn er, nicht Wort hielte; der Illuminatismus wäre verloren, wenn so viele Brüder zurückträten, in der Ueberzeugung, daß seine großen Mysterien nichts als nichtige Verheißungen wären.

Diese oft wiederholte Vorstellungen drangen endlich dem Weishaupt sein Geheimniß ab.<brr /> „Seine Briefe, sagt uns Knigge, brachten mir endlich das Geständnis;, daß dieser so alte Orden, im eigentlichen Verstande, nur noch in seinem Kopfe und in den Vorbereitungs-Classen existirte, die er in katholischen Ländern veranstaltet hatte; daß er aber eine Menge vortreflicher Materialien zu den höheren Graden vorräthig habe.

Indem er dieses Geständniß ablegte, bat er mich, seine kleine List ihm zu verzeihen; er fügte hinzu, vergeblich habe er bislang um würdige Mitarbeiter sich beworben; niemand sey noch soweit in seine Absichten hineingegangen als ich, und habe sie mit einer solchen Thätigkeit befördert, ich sey für ihn ein Abgesandte des Himmels; er werfe sich in meine Hände; er wolle alle seine Papiere mir übergeben, von nun an aufhören als meinen Obern sich zu betrachten, und sich begnügen unter mir zu arbeiten; die Brüder wären bereit die Reisekosten mir zu bezahlen, und erwarteten mich in Bayern, wo wir alle diensame Maaßregeln treffen könnten. [„] (Ibid.)

Wenn Weishaupt weniger versichert von Kniggen sich gehalten hätte, so würde ein solches Geständniß das einzige, diesem Conspirations-Geiste entwischte, Versehen seyn. Er war der einzige Mensch auf Erden, der seine hohen Grade und seine letzten Verführungs-Mittel noch für unvollendet ansehen konnte. Seine Mysterien und seine Vorbereitung zu dem Epopten-Grad waren fertig; grade alles das, was man in dem Kapitel von diesen Mysterien gelesen hat, fand sich darinn, so wie ichs angegeben habe (S. das Original selbst dieser Vorbereitung oder Abhandlung im 2ten Th. der Orig. Schr. 2te Abtheilung).

Knigge hat wohl die Gottlosigkeit und die verheerenden Grundsätze weiter verbreiten können, aber weder er, noch die Höllengeister konnten etwas hinzu setzen. So verhielt sichs auch mit seinen Verführungs-Mitteln. Alle seine Künste der insinuirenden, der dirigirenden Brüder fanden sich theils in seinen ersten Graden, theils in dem seiner Provinzialen (Ibid.).

Seine Unentschlossenheiten konnte» nur aus der Fruchtbarkeit seiner Mittel selbst, aus dem Aufwande in der Kunst zu verführen, wovon er alleine eine Vorstellung sich machte, erwachsen. Seine Verlegenheit bestand nur in der Wahl dessen das er gethan hatte, dessen das er allein noch betrachtete, als könnte es zum Gedeihen seiner Anschläge, besser gemacht seyn. Mit einem Worte, so wie sein Codex Derozeit beschaffen war, konnte er ihn nur überschicken. Knigge würde das, was er gemacht fand, benutzt, und nicht mal vermuthet haben, daß es besser gemacht werden könnte. Stolz auf die Ehre, einen Mann ans der Verlegenheit zu ziehen, dessen Anschläge und Systeme übrigens so gut mit den seinigen übereinstimmten, eilte er ihm zu Hülfe.

Er durchlief alle Papiere, die Weishaupt ihm übergab, erschien im Rath der Areopagiten, und in wenigen Tagen, betrachtete er alle Unentschlossenheiten über die Eintheilung der Classen und der Grade, der kleinen und großen Mysterien, zu einer festen Bestimmung. Der Haupt-Punct, und dessen, Entscheidung die Umstände noch eiliger machten, war der Rang, den man den Freymaurern, im Orden, zu geben habe, um des Eindringens in die Logen sich zu vergewissern.

Knigge hatte zu beweisen gewußt, daß in Ansehung der in den Logen zu findenden Menge der Brüder, man auf ihn sich verlassen könne; seine Meinung ward befolget, und die Zwischen- oder Mittel-Classe der Freymaurer für beständig angeordnet.
Die Deputirte der Freymaurer trafen von allen Seiten zu Wilhelmsbad ein. Weishaupt, und seinen Areopagiten war äußerst daran gelegen, daß in dieser Versammlung nichts vorgehe, das ihren Absichten auf die Freymaurerey Hinderniß in den Weg legen könnte. Um alle ihre Bewegungen zu leiten, um wenigstens von allen Beschlüssen dieses Congresses benachrichtiget zu seyn, hatte Knigge in die Wege gerichtet, daß der Adepte Minos mit zum Deputirten erkohren worden, nemlich der Cammergerichts-Assessor Ditfurt [orig. Dittfurt] in Wetzlar, derjenige unter den Brüdern, von welchem er wußte, daß er von dem größesten Eifer und Enthusiasmus für seinen Illuminatismus beseelet war. Für sich selbst fand er am gerathensten, schlechtweg der Versammlung beyzuwohnen, ihre Schritte zu beobachten, und mehr durch seine Vertraute, als durch sich selbst, darin zu wirken. Es ward gesagt, daß er hingehen werde, vor die Thore des Congresses sich zu lagern, und daß Weishaupt und seine Areopagiten, wegen der, nach Beschaffenheit der Umstände, zu nehmenden Maaßregeln, auf ihn sich verlassen würden.

Der dringendste Gegenstand war einstweilen, die letzten Abschnitte des Codex bald möglichst zu reguliren, und haupsächlich die den Maurern zu ertheilenden Grade, die schon in den Mysterien zu bewandert waren, um allen Prüfungen der Minerval-Schule unterworfen zu werden. Knigge brachte diesen ersten Theil seiner Mission zur Richtigkeit; seine leichte und geschwinde, alle Unentschlossenheit hassende, Feder, hatte bald in Weishaupts Brieftasche eine Wahl getroffen. Seiner Uebereinkunft mit den Areopagiten zufolge, ließ er zuerst alle Vorbereitungs-Grade, des Novizen, des Minervalen, des Illuminati Minoris, welche so viele Brüder schon erhalten hatten, in ihrer anfänglichen Beschaffenheit. Es hieß auch, daß er die drey ersten Maurer-Grade, die Mittel-Grade benannt worden, in ihrer gewöhnlichen Form lassen würde; den des Illuminati Majoris verband er mir den Schottischen Graden. Für die des Epopten und des Regenten[de Regent] sammlete er alles zusammen, was die Ausarbeitungen von Weishaupt, am gottlosesten, am aufrührerischsten in den Grundsätzen, und am ärgesten in den Mitteln, ihm darboten; woraus denn der Codex der Secte entstand: wovon ich in den vorherigen Bande Nachricht ertheilet habe.

Die Unentschlossenheiten wandelten Weishaupt von neuem in, aber er überlegte; Knigge wollte zum Werke schreiten. Der zweyte Theil seiner Mission, oder seine Successe bey den Freymaurern zu Wilhelmsbad, hingen hauptsächlich von einer zu fassenden Entschließung ab, die die Mysterien, die Grade des Epopten und des Regenten für immer feststelleten.

Weishaupt ward aber einst gedränget; und er genehmtgte alles; er setzte unter alles seinen Namen und das Ordens-Siegel.

Knigge hatte in seinem Apostolat zu Wilhelmsbad nun freye Hände. Bald werden wir ihm bey dem Maurerischen Congreß folgen; aber vorher muß ich sagen, aus was für Menschen diese Versammlung bestand, und was für Veranlassungen den Sieg, den Triumph der neuen Mysterien, über die der Freymaurer, schon vorbereitet hatten (36).

(36) Ueber dieses ganze Kapitel, lese man die Endliche Erklärung von Philo von S. 45 bis S. 123; ferner seinen ersten Brief an Cato, im 2ten Th. der Orig. Schr. und seine Uebereinkunft mit den Areopagiten, nach.

Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Jakobinismus (frz. 1797-1798; dt. 1800-1803) Vierter Theil

Viertes Kapitel.

Versammlung der Freymaurer zu Wilhelmsbad;

von ihren verschiedenen Sekten, und hauptsächlich von den der Illuminaten-Theosophen.

Auszug Seiten 123-137

Nicht eine unbedeutende Gesellschaft war es, deren Deputirte aus allen Welttheilen nach Wilhelmsbad eilten. In dieser Epoche glaubten viele Freymaurer, die Anzahl ihrer Initiirten auf drey Millionen rechnen zu können; die der Loge de la Candeur zu Paris schmeichelte sich allein in Frankreich eine Million zu finden [dans leur Encyclique du 31. Mai, 1782]. Herr Stark, einer der gelehrtesten Schriftsteller des Ordens, sagt uns für ganz bestimmt, in seinem Werke über die alten und neuen Mysterien, daß nach der gemässigsten Berechnung, man die Anzahl der Freymaurer wenigstens auf eine halbe Million schätzen könne (Kap. 15.).

Der Geschichtschreiber mag an diese Berechnung sich halten, zu welcher Partheylichkeit er auch geneigt seyn könnte, bey dem Anblick der Deputirten einer, wenigstens aus einer Million Mitglieder, bestehenden geheimen Gesellschaft; bey dem Anblick, der von allen Seiten diesem mysterieusen Congreß zuströmenden Auserwählten; so stellen sich doch unserm Verstande, natürlicher Weise, nicht weniger viele ernsthafte, für die Völker und für die Regenten wichtige Betrachtungen dar.

Welch ein sonderbares Interesse, rufet in einen Winkel Teutschlands, aus allen Theilen von Europa, selbst aus dem Innersten von America, Africa und Asien, die Agenten, die Erwählten, von so vielen, alle durch einen Eid, des unverletzlichen Geheimnisses über die Natur ihrer Verbindungen, und über den Gegenstand ihrer Geheimnisse, vereinigten Menschen? Welche Wünsche und welche Entwürfe führen die Deputirte einer so zahlreichen Gesellschaft mit sich, die in der Stille um uns her, in den Städten, auf dem Lande, in dem Innersten unserer Wohnungen, und in allen Reichen, sich verbreitet hat?

Was wollen sie unter sich berathschlagen und verabreden, für, oder wider die Nationen? Wenn es für uns ist, oder für das allgemeine Beste der Menschheit, daß ihre Berathschlagungen sich vereinigen; aus was für einem Rechte wollen sie über unsere Religion, unsere Sitten, und unsere Regierungen berathschlagen? Wer hat ihnen unser Wohl und Wehe anvertrauet? Wer hat die Welt ihrer Beschlüsse und ihrer eingebildeten Weisheit unterworfen? Wer hat ihnen gesagt, daß wir handeln, denken, oder regieret seyn wollten, nach ihrem Gutfinden, oder heimlichen Anstiftungen, oder wie sie es nennen, nach ihrer künstlichen geheimen Einwirkung?

Wenn ihre Absichten und Wünsche auf Conspirationen, oder auf die Veränderung unsers Gottesdienstes, oder unsere Gesetze gerichtet sind; was berechtiget denn die hinterlistigen Brüder und treulosen Bürger, mitten unter uns, als Kinder einer und derselben Gesellschaft, und gleichen Obrigkeiten unterworfen, zu wohnen?

Wenn sie weder für uns noch gegen uns sind; wenn ihnen nur daran gelegen ist, die Bande ihrer Brüderschaft fester zu knüpfen, Gelübde der Wohlthätigkeit, und die allgemeine Menschen-Liebe zu verbreiten. (unverständige Menschen mögen diesen grundlosen Vorwänden Glauben beymessen. [im Orig. ergänzt: ad populum phaleras!]) Ihr die ihr an den Ufern der Seine oder des Tagus [du Tagu], oder an den der Tiber oder der Themse wohnet, habet ihr denn nöthtg, euch nach dem Rhein oder der Elbe zu begeben, um mit Menschen zusammen zu stossen, und Rath zu pflegen, die ihr bis dahin nicht gesehen, und ohne Zweifel nicht wieder sehen werdet? Und habet ihr nöthig solches zu thun, um zu lernen, die zu lieben und ihnen beyzustehen, mit denen Ihr beständig zusammenwohnet? Der Amerikaner, der Russe, und der Engländer kommen nach Teutschland, um in dem Innersten einer Loge zu lernen, in ihrem Vaterlands wohlzuthun?

Die Natur und das Evangelium reden also nicht deutlich genug außerhalb eurer freymaurerischen Zellen [Planches Maçonniques]! Oder aber, um das Vergnügen brüderlicher Gastmahle werdet Ihr Meere und Reiche durchstrichen haben! Um eure Gesundheit in Zikzack, in Winkelmaas auszubringen, um eure Loblieder zu Ehren der unschuldigen Gleichheit anzustimmen, werdet ihr für eure Mysterien die Höhle wählen, welche Verschwörer für ihre Mitverschworne würden gewählet haben! Findet andere Schutzgründe auf, oder verwundert euch nicht, wenn wir Verschwörung argwöhnen.

Dies ist es, was die Obrigkeiten, die Beherrscher der Völker, und jeder Staatsbürger berechtiget waren, den versammleten Freymaurern zu Wilhelmsbad zu sagen. Es ward nicht gesagt, wenn es aber gesagt wäre, würde es vielleicht die Freymaurer von dem nur zu gewissen Schimpfe gerettet haben, nur elende Werkzeuge und Mitschuldige von Weishaupt geworden zu seyn?

Wenn Derozeit die geistliche Ordens, wenn selbst die Bischöfe eine allgemeine Versammlung gehalten hätten; so würde der Landesherr des Rechts sich bedienet haben, Commissarien dahin zu senden; er würde ihnen aufgetragen haben, dahin zu sehen, daß unter dem Vorwande von geistlichen Alkgelegenheiten, nichts den Rechten des Staats zuwiderlaufendes vorginge; alle Fürsten sahen aber der Versammlung der Freymaurer zu Wilhelmsbad ruhig zu.

Die Brüder kamen von allen Seiten mit obrigkeitlichen Reisepässen versehen; während sechs Monaten, versammleten und beratschlagten sie sich in ihrer unermeßlichen und mit Finsternis bedeckten Loge, ohne daß die Obrigkeiten es der Mühe werth achteten, sich um das zu bekümmern, was in Beziehung auf sie, oder das Volk, darinn vorging.

Ohne Zweifel verließ sich die Politik auf die Fürsten, welche die Freymaurer mit unter ihre Brüder zählten. Aber sie wußte nicht, daß Adepten von diesem Rang, nur Halbvertrauete oder Unterrichtete sind. Es war ihr unbekannt, daß für die geheimen Ausschüsse (Comités) die hohe Namen nur eine Schutzwehr sind, wodurch man sich, selbst alsdann, weiß sicher zu stellen, wenn man mit dem Untergang dieses beschützenden Fürsten umgehet. Vornemlich wußte sie nicht, daß das wahre Mittel vor den geheimen Gesellschaften sich zu sichern ist, gar keine zu dulden; selbst diejenigen nicht, die an und für sich selbst unschuldig erkannt werden würden, weil die Verschworne keine bessere Freystätte haben als die Finsterniß, um sich der Unschuld anzuschmiegen und sie früh oder spät in ihre Complotte zu ziehen.

Was den Mächten, noch unglücklicherer Weise, unbekannt war, und in Ansehung dessen es Pflicht gewesen wäre, strenge Vorsichts-Maaßregeln zu nehmen, ist der Zustand der Freymaurerey zur Zeit ihrer berühmten Versammlung zu Wilhelmsbad. Die Tagebücher der Adepten zeigten sie weniger als jemals zu der Reform geneigt, die einige unter ihnen noch zu wünschen schienen, und die der Schottische Chevalier-Baronet André Michel Ramsey [auch im frz. Original: Ramsey; besser: Ramsay] schon vor vierzig Jahren zu machen versucht hatte. Gewiß ist es zwar nicht, daß die von diesem berühmten Ritter beabsichtigte Reform der Religion sehr vortheilhaft gewesen seyn würde. Um die Brüder auf einen nützlichen Gegenstand zu leiten, hatte er projectiret, durch die auf der ganzen Erde zerstreueten gelehrtesten Glieder des Freymaurer-Ordens eine Encyclopädie zusammentragen zu lassen (S. den aufgezogenen Vorhang der Freymaurerey Seite 302. [im Orig. ebenfalls dt.; die Schrift stammt von Johann J. Wierz und ist von 1790]).

Wenn die, Ramsey beygemessene, nach seinem Tode publiclrte Schriften aus seiner Feder geflossen find, wenn er der wahre Autor war der philosophischen Grundsätze, über die natürliche Religion und die Offenbahrung unter seinen Namen 1849 [orig. 1749 – dt. 1753], Sechs Jahre nach seinem Tode gedruckt; so würde ich mir nicht getrauen zu sagen, daß er nicht einen großen Theil des von Fenelon erhaltenen Unterrichts vergessen hätte, und daß damals eine Encyclopädie der Brüder Freymaurer besser gewesen seyn würde, als die der sophistischen Brüder Diderot und Alembert [d’Alembert]; ich würde alsdenn nicht dafür stehen, daß nicht der Irrwahn einer Seelenwanderung, und viele andere unchristliche Irrthümer nicht die einzige, mit den alten Mysterien der Logen vorgenommene Veränderung, ausgemacht haben würden.

Mit der von Ramsey beabsichteten Reform mag es nun aber beschaffen seyn, wie es wolle; so kündigte dem Anschein nach, alles an, daß diejenige, womit die Brüder zu Wilhelmsbad sich beschäftigten, auf die Vollführung der alten Rosencreuzer Mysterien oder Complots, am Ende hinauslaufen würde (37).

(37) Ich glaube hier der Bemerkungen erwehnen zu müssen, die mir von verschiedenen Freymaurern gemacht worden, über das, was man von ihren verschiedenen Graden, im zweyten Theil dieser Memoiren gelesen hat. Einige dieser Brüder behaupten, ich habe davon zu viel gesagt. Man kann daraus abnehmen, daß die ersten von der Zahl derjenigen sind, in Ansehung welcher ich die Ausnahme der zu rechtschaffenen Brüder, den höchsten Mysterien zugelassen zu werden, gemacht habe; und daß die andern zu denjenigen gehören, die, nachdem sie alles in den Hinterhalts- Logen gesehen haben, erröthen und es bereuen, die letzten Freymaurerischen Ehren-Erzeigungen verdient zu haben.

Den einen und den andern bin ich Dank schuldig. aber auch eine Antwort; vornemlich bin ich sie den teutschen Beobachtern schuldig. welche die Güte gehabt haben, über die Freymaurerey eben so aufrichtige, als verständige Erörterungen mir zukommen zu lassen. Sie sind zu vernünftig und zu billig, um sich es Wunder nehmen zu lassen, wenn ich bemerklich mache, daß ihr verneinendes Zeugniß, natürlicher Weise vor den ausdrücklichen Zeugen, die alles gesehen haben, und alles eingestehen, verschwinden müsse. Ein alter Freymaurer sagte mir von einer Loge, deren Mitglied er war:

„ich weiß, daß einige in allem Betracht, so wohl wegen ihrer religiösen und politischen Grundsätze, als wegen der Reinigkeit ihres Lebenswandels, achtungswürdige Freymaurer, dann und wann eine gewisse Loge besucht haben; aber ich weiß auch, welche Vorsicht man in ihrer Gegenwart, gebrauchte; und ich kann versichern, daß der größte Theil der Brüder, die diese Loge ausmachten, die eifrigsten Beförderer der Revolution waren. Einige von ihnen haben ausgezeichnete Rollen darinn gespielet, und einer derselben ist bis zum Ministerio gelanget."

Diese Vorsichten bescheiden alle diejenigen, die nichts gesehen haben, mit welcher Aufmerksamkeit sie auch in den Logen gewesen sind.

Aber meine teutsche Beobachter, indem sie den Zweck der Freymaurerey an sich selbst rechtfertigen wollen, sind auch zweytens so aufrichtig, zu gestehen, daß die Freymaurerey seit mehr als dreyhundert Jahren verschlimmert worden sey; das ist mehr als ich bedarf, um zu beweisen, welchen Complots sie Vorschub geleistet hat. Der Haupt-Einwurf dieser Herren ist, daß ich keinen Unterschied gemacht habe, zwischen der Freymaurerey, die nur aus drey Graden bestehet, und der alten und neuen Rosencreuzer und anderer Grade neuerer Schöpfung. Ich antworte darauf, daß, wenn nicht alle Freymaurer Rosencreuzer sind, so sind doch alle Rosencreuzer Freymaurer; daß ich in Ansehung der drey ersten Grade die Ausnahme gemacht habe, die sie verdienen, daß nichts desto weniger in dem Zustande, worinn seit langer Zeit wenigstens die Freymaurerey sich befindet, diese ersten Grade nichts anders, als ein Noviciat sind, um zu den der Rosencreuzer zu kommen.

Ich streite nicht über die Worte; man gebe mir ein anderes, um das Corps das Ganze der Lehrlinge, Gesellen, Meister, Elus und Rosencreuzer zu bezeichnen etc. Gerne will ich die Benennungen annehmen, einstweilen muß ich aber so reden, daß meine Leser mich verstehen. Ich weiß endlich, daß die Freymaurerey vor Zeiten ohne Rosencreuzer existiret hat; aber ich wünsche, daß man mir beweise, daß ihre drey Grade Derozeit nicht Geheimnisse hatten, die heutiges Tages in die Grade der Rosencreuzer gelegt, und für selbige zurück behalten sind.

Wenn ich es wollte, so, dünkt mir, das Gegentheil beweisen zu können, wovon das Resultat seyn würde, daß zu keiner Zeit, die Societät, oder das Ganze der Freymaurerey von sehr gefährlichen Geheimnissen, von wahren Complots, frey gewesen ist. Aber zu meinem Zweck ist es hinreichend, wenigstens gezeigt zu haben, was in unserm Zeitalter die Freymaurerey ist; und zuverlässig erhellet dieses aus der beurkundeten Beschaffenheit ihrer Hinterhalts-Grade.

Zu den Beweisen, welche ich davon gegeben habe, könnte ich noch jetzt die Nachrichten, die Briefe, und die förmlichsten Geständnisse der reuigen Freimaurer hinzufügen welche gewiß keine Männer sind, deren Zeugnisse in Zweifel gezogen werden können. Der eine ist jetzt eine ehrbare Magistrats-Person, welcher 1761 zum Freymaurer aufgenommen, den größten Theil seines Lebens in den Geheimnissen der Logen zugebracht hatte. Der andere ein Militair, ist nun eben so eifrig für die Religion, als er es ehedem für die Freymaurerey war. Jener bekennet, daß alles, was ich von den Freymaurern gesagt habe, die Wahrheit sey, und setzt nur noch hinzu, daß ich nicht alles gesagt hätte. Dieser hier schreibt mir, daß ich die Hinterhalts-Grade ehender gemildert, als übertrieben dargestellet habe.

Ersterer gibt mir in der That deutlichere Begriffe, von dem Unterschiede der Rosencreuzer und ihrer drey Grade; der eine ganz christlich, der andere genannt die Schmelzer [fondeurs], oder die Cabalisten, der dritte durchaus von der natürlichen Religion. Ein specieller Zweck dieses dritten Grades war:
1. Die Tempel-Herren zu rächen,
2. sich der Insel Maltha zu bemächtigen, um sie zum Vaterlande der natürlichen Religion zu machen.

Er sagt mir darüber Dinge, die man kaum glauben kann; er sagt mir zum Beyspiel ausdrücklich:
„Zu Endes des Jahrs 1773, oder im Lauf des Jahrs 1774 empfing die Loge, deren Venerable oder vorsitzender Meister ich Derozeit war, einen Brief von dem großen Orient, welcher uns versicherte, es sey die Copie des vom Könige von Preussen ihm neulich dem großen Orient geschriebenen Briefes. Er sollte nur den Rittern von Palästina, den Kadosh-Rittern und dem Schottischen Directorium mitgetheilet werden. Er wurde mir von den correspondirenden Logen zugesandt; obschon er in einigen Logen gelesen war, so hatte er dennoch nur drey Unterzeichnungen erhalten. In diesem Brief foderte man uns auf, zufolge des von uns geleisteten Eides, die Verpflichtung zu unterschrieben, auf die erste Requisition uns in Marsch zu setzen, um mit unsern Personen, und allen moralischen und physischen Kräften, zu der Eroberung der Insel Maltha, und aller der unter den beyden Hemisphären belegenen [besser: gelegenen] Güter beyzutragen, welche den Vorfahren des Freymaurer-Ordens zugehörig gewesen. Indem ich diesen Artikel las, sagte ich zum Autor dieser Schrift: wenn ich dies schreibe, wird man mir nicht glauben; man glaube euch oder nicht, erwiederte er, ich haben diesen Brief gesehen, und erhalten, den meine Loge gleichwohl sich weigerte, zu unterzeichnen. – Ich fügte hinzu, man glaube mir oder nicht, ich habe diese Schrift; und ich bin gewiß, dass sie von einem sehr geschätzten und würdigen Manne ist.

Was mein zweyter Beobachter, der reuige Freymaurer absonderliches mir saget, ist:

  1. Daß da, wo ich geglaubt, den Ursprung der Freymaurerey nur zu errathen, ich eine der Freymaurerischen Traditionen abgeschrieben habe, welche die Brüder belehret, daß Manes der wahre Stifter ihrer Logen gewesen.
  2. „Daß in den Logen des Ritters Kadosh, nach allen Eiden, allen Zurüstungen, und mehr oder weniger starken, merkwürdigen und gottlosen Ceremonien, der Ausgang der Scene ist, dem Aufzunehmenden, drey Figuren zu zeigen, Clemens den V. Philipp den Schönen, und den Groß-Meister von Maltha vorstellend. Ihre Köpfe sind mit den Attributen ihrer Würden bedeckt. Der unglückliche Schwärmer muß diesen drey geächteten Köpfen, Haß und Tod schwören, indem er zu ihren Nachfolgern redet, in Ermangelung ihrer. Er muss die drey Köpfe abschlagen, die, wie in dem Elu-Grade, entweder wahre Köpfe sind, wenn man deren sich hat verschaffen können, oder mit Blut gefüllet; - wenn es nur eines bloße figürliche Darstellung ist; und dabey Rache, Rache etc. rufen.“

Man siehet hier, daß ich in der That den Grad gemildert hatte, denn ich gab nur einen abzuschneidenden Kopf an.
Die Verfasser dieser beyden Brief werde ich nicht nennen; aber zwey andere Zeugen die ich nennen kann, sind die Herren Grafen von Gilliers und von Orfeuil. Jener hat lange Zeit mit großen Freymaurern Umgang gehabt, und im Grunde Spott mit ihnen getrieben, aber ihre Geheimnisse ihnen abgelocket, so daß er, ohne Prüfungen, Zutritt zu ihren Logen erhalten hat.

Er sagte ohnbewunden, daß er bey ihnen drey Viertel desjenigen, was ich davon gesagt, gesehen habe. Er erlaubt mir auch zu sagen, daß in der langen zeit seiner Logen-Meisterschaft er nur sehr geringen Unterschied wahrgenommen, zwischen den Graden der Rosencreuzer, wie ich sie geschildert, und denjenigen, die er ertheilet, und ertheilen gesehen hat.

Ich besitze würklich in diesem Augenblick zwanzig Original-Grade der Freymaurerey. Von den Rosencreuzern habe ich vier, zwey in Manuscript und zwey gedruckt. Den ersten haben ich aus Teutschland erhalten, den zweyten aus America, der dritte ist in Frankreich gedruckt, und der vierte in England; in allen ist ein merklicher Unterschied, aber ohngefähr funfzehn Reihen [quinze lignes] finden sich in allen gleich.

Es sind grade die allergottlosesten, oder diejenigen, die den Maurerischen Schlüssel zu der Inschrift INRI geben. Die Sammlung, die ich in meinem zweyten Theil benutzt habe, ist die, der von dem Abbé Franc bekannt gemachten Grade, in seinem aufgezogenen Vorhang, und seiner entdeckten Verschwörung. Ich wußte von unsern französischen Freymaurern, wie genau diese Sammlung mit dem übereinkam, was in ihren Logen vorging; jetzt weiß ich, wie er zu allen den Freimaurer-Graden gekommen ist, davon er die Ceremonien so richtig beschreibt, und habe es auf folgende Weise erfahren:

Einer, der ehrwürdigen Geistlichen, welchen die englische Nation eine Freystätte zuzustehen die Güte gehabt, einer der Männer, die mit einer großen Unschuld in ihren Sitten, die Kenntniß, und Ausübung ihrer Pflichten verband, Herr de la Haye, Pfarrer zu Fie [Fié], in der Dioces du Mans, nachdem er vernommen hatte, daß ich über die Freymaurer schriebe, aber ohne noch gelesen zu haben, was ich davon sagte, hatte die Güte, mir ein Werk vertraulich mitzutheilen, womit er sich über denselben Gegenstand beschäftiget hatte.

Als er wieder kam, meine Meynung darüber zu vernehmen. „Bis auf den Styl nach, sagte ich ihm, ist ihr Werk seit langer Zeit gedruckt; und den Autor haben die Jakobiner zur Belohnung, bey den Carmelitern an dem merkwürdigen 2ten Septbr. hingerichtet.“

Alsdann zeigte ich ihn, das Werk von le Franc, welcher in der That nur weniges dem seinigen hinzugefüget hatte, und hauptsächlich in demselben Irrthum über den Ursprung der Freymaurerey war, den der eine und der andere dem Socin beymessen.
„Das Werk des Herren le Franc war mir unbekannt, erwiederte mir dieser würdige Geistliche, aber ich kann Ihnen sehr leicht erklären, warum es so viele Aehnlicheit mit dem Meinigen hat. Ich hatte in meiner Gemeinde verschiedene Freymaurer; ich hatte besonders in meiner Nachbarschaft den unglücklichen Fessier, berühmter Bruder der Loge von Alençon, nachher der schreckliche Jakobiner und Intrus zu Seez [Intrus de Séez]. Verschiedene dieser Freymaurer erkannten ihren Irrthum, und zum Beweise ihrer gänzlichen Verzichtleistung auf die Logen, übergaben sie mir ihre Papiere und Freymaurer-Grade. Ich hatte über diese Grade eine Sammlung meiner Ideen gemacht; Herr le Franc, Derozeit in unserm Kirchspiel, bat mich, sie drucken zu lassen. Die Furcht vor den Freymaurern hinderte mich daran, und ich gab lieber eine Copie von allem an Herr le Franc, indem ich ihn bat, den Gebrauch davon zu machen, den er am nützlichsten finden würde.

Herr le Franc reisete nach Paris; die Revolution trat ein und ohne Zweifel glaubte er, daß es nun nützlich wäre, dasjenige bekannt zu machen, was er von mir hatte, wenn er ihm seinen Styl und seine Wendungen gäbe. Gewißlich hat er es besser gemacht als ich. Wenn solches etwas Gutes hat stiften können, so weiß ich es ihm herzlich Dank, aber es thut mir leid, daß es die Ursache seines Todes gewesen ist."

Dieses letztere Gefühl und die Aufmerksamkeit, Herrn le Franc von allen Mißbrauch des Zutrauens freizusprechen, schienen, mir diesen würdigen Geistlichen weit mehr zu beschäftigen, als die Begierde sein Werk zu vindiciren. Ich verhehlte ihm nicht, daß ich Herr le Franc sehr lobte, mehr Muth gehabt zu haben, und übrigens seinem Werke, den Styl und die Wendung eines Gelehrten gegeben zu haben.

Aber was bey dieser ganzen Anecdote, mich besonders interessirte, war einen neuen Beweiß der Glaubwürdigkeit der von Herrn le Franc bekannt gemachten Grade darinn zu finden, welche ich selbst mit so vieler Zuversicht bereits angegeben hatte.

Das Zeugniß der bekehrten Freymaurer gilt wohl eben so viel, als das der betrogenen Brüder, oder die noch in ihrem Irrthum beharren. — Ich adressire diese Note an diejenigen, die noch etwa die Authenticität der Freymaurer-Grade, so wie ich sie publicirt habe, in Zweifel ziehen mögten. Ich bevorworte bey den Adepten, daß, weit entfernt mich beleidiget zu finden, wenn sie glauben sollten, Beweise zu ihrer Vertheidigung mir entgegenstellen zu können, ich vielmehr über die Erscheinung einer nicht auf Albernheiten und Grobheiten, wohl aber auf vernünftige Gründe gebaueten Apologie sehr mich freuen würde.

Ich nehme wahr, daß man noch ein gutes Buch über die Freymaurerey schreiben könnte; ihre Briefe und meine Antworten, und viele andere Dinge, die mir zu sagen übrig bleiben, würden dazu vielleicht Materialien liefern.

Ohne im Grunde von ihrer Gottlosigkeit irgend etwas zu verlieren, hatten diese Mysterien und die der Schottischen Ritter nur eine neue Gestalt angenommen, um sich dem Geiste der Sophisten oder der Marktschreyer des jetzigen Zeitalters besser anzuschmiegen [pour se plier davantage au génie des Sophistes, ou bien des charlatans]. In Frankreich allein, unter der auf einander folgenden Protection der Prinzen Clermont, Conti und des Herzogs von Orleans, alle Großmeister des Ordens, waren die Clermontschen Brüder, die Africanischen Brüder, die Ritter des Adlers, der Adepte, der sublime Philosoph, alle dem National-Geist zu verdankende Acquisitionen für die Freymaurerey und jeder dieser Grade war nur eine mehr, oder weniger, nahe Vorbereitung zu unsern Revolutionen.

Teutschland schmolz alle diese Producte französischer Erfindung, nebst der Rosencreuzerey, bald mit allen Schottischen Mysterien zusammen; bald theilte es sich mit seinem Baron von Hund und Schubard, in stricte und late Observanz [elle se divisoit en observance stricte & observance late], woraus dann unter den Namen von Freymaurer-Tempel-Herren, den Päbsten und Königen, die die Tempel-Herren vernichtet hatten, immer mehr Gefahr drohende neue Grade erwuchsen. In Teutschland war auch der Doctor der Medecin Zinnendorff erschienen, und mit ihm kamen neue Rosencreuzer, mit ihren neuen Mysterien der Cabale, aus Schweden, während daß der Betrüger Jäger die seinigen in Regensburg verbreitete.

Von diesen neuen freymaurerischen Secten, war nicht eine, die nicht einige alte Systeme der Ruchlosigkeit oder der Rebellion wieder aufwärmte. Aber die schlimmste von allen war, eine andere Art Illuminaten, die sich für Theosophen ausgaben, und die ich nur zu oft mit den von Weishaupt verwechselt sehe. Sie sind nichts besser, dennoch unterscheiden sie sich. Die Nothwendigkeit, sie in der Geschichte zu unterscheiden, zwinget mich, zu ihrem Ursprunge mich zu erheben, und mit kurzen Worten ihre Geheimnisse bekannt zu machen.

Alle unsere heutige theosophischen Illuminaten in England, in Frankreich, in Schweden, in Teutschland, haben ihre Grundsätze von dem Baron Emanuel von Swedenborg entlehnet. Dieser Name schien lange Zeit wenig geeignet zu seyn, das Haupt einer Secte andeuten. Swedenborg wurde es, ohne vielleicht es zu wissen, und durch eine Zufall, den die Vorsehung dem Jahrhundert der Ruchlosigkeit vorbehielt, um den Stolz unserer Sophisten zu demüthigen. …

Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Jakobinismus (frz. 1797-1798; dt. 1800-1803) Vierter Theil

Fünftes Kapitel.

Intriguen und Successe von Knigge bey dem Freymaurer-Congreß;

officielle Berichte der Ordens-Obern; Menge der in dieser Epoche Illuminaten gewordenen Freymaurer.

Auszug Seiten 164-176

Von allen seit zwanzig Jahren gehaltenen General-Versammlungen der Freymaurer, zu Braunschweig, zu Wißbaden und in andern Städten Teutschlands, war keine noch der zu Wilhelmsbad gleich gekommen, theils in Ansehung der Zahl der dazu Abgeordneten, theils in Ansehung der verschiedenen Sekten, woraus sie bestand.

In gewisser Maaße waren es alle Elemente des Freymaurer-Chaos in einer Höhle vereiniget. Knigge sagt uns selbst, daß er auch die Ehre gehabt habe, Deputirter seiner alten Mitbrüder zu seyn; daß er also auch seine Stelle hätte bekleiden, und den Deliberationen beywohnen können; aber er sahe im Voraus alles, was sie seyn würden, und glaubte seinem neuen Illuminatismus nützlicher zu werden, wenn er die Rolle dirigirte, welche der Bruder Minos Dittfurt im Innern der Versammlung spielen sollte, und sich vorbehielt, sie zu beobachten, und außerhalb zu wirken.

Sein erster Angriffs-Plan war gleich Anfangs auf die Freymaurer-Tempel-Herren von der stricten Observanz gerichtet, deren Geheimnisse er alle kannte, und die Logen besucht hatte, um durch sie die Mehrheit der Stimmen zu gewinnen. Wenn es ihm damit gelang, so ward Weishaupts Gesetz-Buch vom Congreß angenommen und decretirt, auf einmal, das der in der ganzen Welt verbreiteten Freymaurer; und Millionen Illuminirten-Brüder hielten sich in Bereitschaft, auf Befehl ihres Oberhaupts, aus ihren Hölen hervorzutreten. Bey der Darstellung dieses ersten Angriffs hat Knigge selbst die Mühe übernommen, seine Leser zu benachrichtigen, wodurch er bewogen worden, seinen Gang zu verändern.

„Ich gestehe, sagt er uns, daß ich stets gegen meine Brüder der stricken Observanz eine gewisse Zuneigung behielt. Ich hatte deren schon eine so große Anzahl illuminirt, daß ich mir schmeichelte, ihr System, mit den unsrigen vereinigen zu können. Wie leicht zu erachten, war meine Meinung nicht, dem Congreß selbst, alle unsere Schriften auszuliefern, und der Gnade aller Deputirten uns Preis zu geben, ich war auch dazu von meinen Comittenten nicht bevollmächtiget. Und wir überdem, die wir nicht eine auf Hoheit, Rang oder Reichthümer gegründete Macht beabsichtigten; wir die wir. nicht suchten in Aeußerem und in die Augen des Publicums leuchtenden Glanze zu regieren; wir die wir ganz darauf eingerichtet waren, in der Stille und Geheim zu handeln; wie sollten wir in die Unabhängigkeit eines Ordens treten, der in seinen Systemen so wenig Einigkeit hat?

Indessen bot ich meine Dienste an, ich that es mündlich und schriftlich; ich erhielt zu alleiniger Antwort: daß ich meine Schriften einsenden, oder sie dem Congreß vorlegen solle; daß man denn sehen würde, was davon zu gebrauchen stehe, und was man zurück zu lassen habe." (Endliche Erklärung von Philo S. 83 etc.).

Aufgebracht durch diese Geringschätzung, glaubte Knigge seiner Eide und aller Pflicht gegen seine alten Mit-Brüder entlediget zu seyn. Da er sich nun nicht mehr Hoffnung machen konnte, die Glieder auf einmal an sich zu ziehen, so entschloß er sich, sie eines nach dem andern anzugreifen, und den ganzen Cörper Logenweise zu gewinnen (Ibid.). Er kam mit dem Assessor Minos überein, daß von nun an, alle ihre Aufmerksamkeit, in Ansehung des Congresses. auf zwey Gegenstände sich beschränken solle, der eine zu verhindern, daß der Congreß keinen dem Interesse ihres Illuminatismus zuwiderlaufenden Entschluß fasse; der andere seinen Eintritt in die Logen vorzubereiten und zu erleichtern, und dabey so sich zu benehmen, daß kein Grad, selbst der Groß-Meister; die Bayerschen Brüder verhindern könne, darinn die Oberhand zu gewinnen, oder die Mittel sich zu verschaffen, über kurz oder lang, Ihren illuminirten Codex mit dem Codex der Freymaurer zu verbinden.

Dahin zielte der ganze Auftrag, den Knigge seinem Co-Adepten Minos ertheilte, indem er ihm comittirte von der Versammlung decretiren zu lassen:

  1. „In die drey ersten Freymaurer-Grade gewissermaaßen alle Systeme der Freymaurerey zusammengefaßt zu legen, dergestalt, daß ein in diesen drey Graden aufgenommner Freymaurer, in allen Logen als legitimirter Bruder anerkannt werde, zu welcher Ciasse und zu welchem System er auch übrigens gehört.
  2. Daß in der gewöhnlichen Freymaurerey niemals, so wenig der höheren Grade, als der unbekannten Obern Erwähnung geschehe.
  3. Daß alle Geld-Absendung an die Oberhäupter der Freymaurer untersagt werde.
  4. Daß an einem neuen Gesetz-Buche für die Brüder gearbeitet werde.
  5. Daß eine jede Loge die freye Wahl ihres Meisters und Directoriums habe, ist zu sagen der Hauptloge, welcher die ihrige untergeordnet seyn wolle." ( Or. Schr. Th. 2. Bericht von Philo; Dimet. 1132, Januar 1783).

Philo Knigge, indem er dem Minos die Sorge übertrug diese Artikel bey dem Congreß zu bewirken, spielte außerhalb die Rolle, des insinuirenden und forschenden Bruders. In. dem Bericht von seiner Mission an die Areopagiten sagt er immer selbst:

„ich suchte zu wissen, und ich wußte die Wendung, welche die Sachen in der Versammlung nahmen. Ich wußte alle die verschiedenen Systeme, welche man herrschend zu machen suchte. Ich eröffnete mit den Häuptern des Zinnendorffschen Systems einen Briefwechsel, den ich noch unterhalte. (Dieses Zinnendorffsche System ist ein unförmliches Gemisch der Schottischen Grade, der Tempel-Ritter, und der Johannes-Vertraueten, war Derozeit grade dasjenige, dem man in Teutschland am mehrsten anhing).

„Durch verschiedene Wege forschte ich die Bevollmächtigte der andern Classen aus, verschiedene kamen von selbst mich aufzusuchen, und ihre Geheimnisse mir anzuvertrauen, weil sie wohl wußten, daß meine Bewegungsgründe in der Sache selbst lagen, und nicht in persönlichem Interesse.— Endlich brachten die Deputirten, ich weiß nicht eigentlich wie, das Daseyn unsere Illuminatismus in Erfahrung, sie kamen fast alle zu mir, und baten mich sie aufzunehmen. — Ich fand es für gut, die gewöhnlichen Reverse [les lettres reversales] unserer Kandidaten von ihnen zu verlangen, indem ich ein strenges Stillschweigen ihnen auferlegte; aber ich hütete mich wohl, auch das mindeste von unsern geheimen Schriften ihnen mitzuheilen. Während der ganzen Zeit des Congresses redete ich nur in generalen Ausdrücken von unsern Mysterien gegen Sie." (Ibid.)

Dieses Benehmen von Knigge, und daß er dabey nicht verabsäumte, sich merken zu lassen, die Freymaurerey habe ohne Zweifel Mysterien von der größten Wichtigkeit; aber die wahren und kündigsten Maurer, die alleine im Besitze dieser Mysterien sich befänden, wären nicht in dem großen Congreß, sondern anderwärts zu suchen, vermehrte die Neugierde und den Eifer für seinen Illuminatismus. Seine Vorsicht, die Reverse sich geben zu lassen die Candidaten Eigenschaft das Versprechen, welches er nicht ermangelte zu gleicher Zeit von diesen Deputirten zu verlangen, keinem dem Interesse der neuen Brüder zuwiderlaufenden Vorschlag beyzutreten, waren hinlänglich, wegen aller von der Versammlung zu fassenden Beschlüsse, ihn zu beruhigen, und sicher zu stellen. Die Stimmung, die er bey eben diesen Deputirten wahrnahm, war übrigens, wohl geeignet, seine Hoffnung zu vermehren.

„Ich muß ihnen die Gerechtigkeit wiederfahren lassen, schrieb er an seinen Areopagus, daß sie größtenteils wenigstens den besten Willen haben; wenn ihre Aufführung nicht consequent war, so liegt solche« einzig und allein daran, daß sie in keiner guten Schule gewesen sind (Ibid.).

Ich hatte das Vergnügen zu bemerken, fügt er in seiner Endlichen Erklärung S. 85 hinzu, daß, wenn die vortreflichen Absichten, welche alle diese Menschen, aus allen Winkeln der Freymaurerey zusammengebracht hatten, nicht wirksamer waren, es daran lag, daß sie über die Grundsätze sich nicht zu vereinbaren wußten. Der größte Theil zeigte sich bereit einem jeden Systeme zu folgen, von dem sie sich versprechen zu können glaubten; daß er ihren Orden nützlicher und wirksamer machen würde, weil, nur dahin alle ihre Wünsche gerichtet waren.“

Welche Achtung auch der Geschichtschreiber gegen die Brüder-Freymaurer zu bezeigen, sich vorgesetzt haben könnte, so ist es doch nicht möglich zu verhehlen, daß die Schilderung außerordentlich stark wider sie zeuget, die Knigge hier von ihren Auserwählten, von ihren beglaubigtsten Adepten macht; von denjenigen insbesondere, welche die Brüder würdig geachtet hatten, sie in der feyerlichsten ihrer Versammlungen zu repräsentlren. In Kniggens Munde weiß man zur Gnüge, was der gute Wille, und die vortreflichen Absichten bedeuten. Sie zeigen Menschen, welchen nichts fehlet, als eine bessere Kenntniß, der zu der Revolution aller Gottlosigkeit und aller Verheerung diensamen Mittel. Diese weit ausgebreitete Freymaurer-Gesellschaft, war also in dieser Epoche zum wenigsten in ihren höchsten Mysterien schon sehr verderbet, sie war reif genug für Verschwörer von Weishaupts Gattung selbst. Von nun an, seiner Successe in der Folge versichert, schien Knigge die Versammlung einer gänzlichen Unordnung in ihren Berathschlagungen Preis zu geben.

Die Rolle, die der Illuminate Minos darinn spielte, brachte, aller seiner Unvorsichtigkeiten ohngeachtet, die Knigge ihm vorwarf, es dennoch dahin, daß die unter ihnen verabredete Haupt-Anordnungen von dem Congreß decretiret wurden. Man verbot den Brüdern sich unter einander zu verketzern [de se traiter mutuellement d’hérétiques]. Man kam überein in der Freymaurerey, nur ihre drey ersten Grade als wesentlich ihr angehörend zu betrachten; man ernannte Commissarien zum Entwurf verschiedener Reglements, wozu die Gesellschaft den Plan hergegeben hatte, und eines allgemeinen Gesetzbuchs.

Die Wahl der hohen Grade und ihrer Systeme ward den Logen überlassen. Die übrige Zeit des Congresses verstrich in so unordentlichen und nicht übereinstimmenden Deliberationen, als man es von der Mannigfaltigkeit der Secten, erwarten konnte.
Ueber diese Versammlung habe ich das Manuskript eines sehr gelehrten Freymaurers vor mich liegen, es enthält eben so viele Klagen und Seufzer, als Belehrung. Unter andern lese ich darinn, daß der Herzog Ferdinand von Braunschweig zum General-Groß-Meister der Freymaurerey proclamirt ward und daß ihn nur sehr wenig Glieder dafür erkannten. Noch lese ich, daß man das System der Freymaurer-Tempelherren, dessen Schändlichkeit und Geheimnisse ein falscher Bruder, in einem Werke, betitelt, der Stein des Anstoßes [la pierre de scandale], enthüllet hatte, aufheben wollen, daß aber sehr wenige Logen das Aufhebungs-Decret genehmigten. Endlich sehe ich daraus, daß man gesonnen gewesen, die Secten und Spaltungen zu unterdrücken und abzustellen; daß aber die Secten und Spaltungen fortwährten, und daß die Unordnung sich verdoppelte.

Man bemerke unterdessen, daß, wenn in dieser Versammlung, ein oder anders System vorzüglich begünstiget worden, es das der Philaleten, unzeitige Geburt von Swedenborg, war. Die berüchtigte Erleuchtete dieser Classe, Wilhermoz, St. Martin, und la Chappe de la Henrière, hatten in der That gesucht, mit dem Helden von Creveldt und von Minden sich zu verbinden; man behauptete auch, daß ihr Name der Philaleten und wohlthätigen Ritter [Chevaliers bienfaisans], den Fürsten für sie eingenommen habe. Auf seine Protection sich stützend, wandten sie und ihre Agenten alles an, um zu Wilhelmsbad zu triumphiren, sie fanden Beystand, und ihr Sieg wäre ohnfehlbar vollkommen gewesen, ohne die große Anzahl von Knigge bereits gewonnener Deputirten, Das Resultat dieser so hoch berühmten Versammlung würde also gewesen seyn, daß die Freymaurer-Logen, und mit ihnen alle europäische Staaten den Machinationen zweyer Gattungen Illuminaten wären Preis gegeben worden, die die schrecklichsten in ihren Systemen, die feurigsten in ihrem Eifer, die arglistigsten in ihren Mitteln, die zertrümmernsten und gottlosesten in ihren Verschwörungen gegen die Religion und der bürgerlichen Gesellschaft sind.

Ich weiß nicht, welcher unter den beyden Secten der Graf Virieux war initiiret worden, aber die eine, wie die andere, konnte ihm, die Art, womit er über das Resultat des Freymaurer-Congresses sich ausdrückte, einflöße.

Nach seiner Zurückkunft zu Paris, als man ihm zu den bewundernswürdigen Geheimnissen, welche er vermuthlich von seiner Deputation zurückbringe, Glück wünschte, und der Graf Gilliers, welcher in der Freymaurern noch keine andere Menschen gesehen haben wollte, als deren der Verstands und der gesunde Vernunft mit Recht spotte, durch seine Witzeleyen in ihn drang, antwortete endlich der Graf Virieux; ich werde Ihnen nicht sagen, was ich für Geheimnisse mitbringe, aber was ich glaube Ihnen sagen zu können, ist, daß alles dieses weit ernsthafter ist, als Sie wohl denken; es spinnet sich eine so gut angelegte und so wohl überdachte Verschwörung an, daß es der Religion und den Gouvernements sehr; schwer fallen wird. der Gefahr unterzuliegen, zu entrinnen. —

Glücklicherweise für ihn, fügte der Graf Gilliers hinzu, indem er diese Geschichte erzählte, war. der Graf Virieux ein grundehrlicher und redlicher Mann. Dasjenige, was er auf seiner Deputation vernommen hatte, gab ihm vor diese Geheimnisse einen solchen Abscheu, daß er ihnen gänzlich entsagt, und ein sehr religiöser Mann wurde.

Diesem Abscheu haben wir, selbst den Eifer zu verdanken, welchen er in der Folge gegen die Jakobiner zeigte. Zum Unglück für die Staaten und die Religion, fehlte viel daran, daß dieselbigen Complots, allen Freymaurer-Deputirten den nemlichen Abscheu eingeflößt hätten.

Als der Congreß geendiget war, eilte Philo Knigge die Früchte seiner Intriguen einzuerndten. Auf gewisse Weise übertrafen sie seine Erwartung. Alle Deputirten kamen nun zu ihm, und ersuchten um die Zulassung zu seinen Mysterien.

Dergleichen Candidaten bedurften der langen Prüfungen seiner Novizen und seiner Minerval-Logen nicht; mit ihnen mußte zu den Mysterien geschritten werden. Er nahm sie auf in die Grade der Epopten und der Regenten, und alle, versicherte er, empfingen sie mit Enthusiasmus.

„Die höhern Grade wurden mit Enthusiasmus aufgenommen [im Orig. deutsch geschrieben]. Alle waren sie bezaubert von unsern Epopten- und Regenten-Graden; alle waren sie entzückt über diese Meisterstücke, so nannten sie die Grade. Nur zwey allein machten nur leichte Anmerkungen über einige Ausdrücke, welche man leicht verändern kann, nach den Local-Umständen (vornemlich in den katholischen Ländern). Jedermann war zufrieden — meine Leute waren entzückt über diese Meisterstücke [im Orig. deutsch geschrieben]." (Endliche Erklärung S. p. 125 und 132. Or. Schr. 1 Br. von Philo an Cato etc.)

Wenn ich nicht befürchtete, die rechtschaffenen Freymaurer in Erstaunen und Betrübniß zu versetzen, so würde ich sie hier beschwören, einen Augenblick folgende Worte zu erwegen.
Alle waren sie bezaubert, alle enthusiasmiret! Elus und Rosencreuzer, Tempel-Brüder, Zinnendorfer-Brüder, und Johannis-Brüder; Ritter der Sonne, und Ritter Kadosh, vollkommene Philosophen; alle höreten und empfingen mit Verwunderung die Ausspräche der hierophantischen Epopten; indem sie die alten Mysterien in ihr uranfängliches Licht wiederstellten, in ihrem Hyram, ihrem Mac-Benac, und ihrem polirten Stein, die ganze Geschichte der uranfänglichen Freyheit und Gleichheit, die ganze Moral darstellten, die nichts anders ist, als die Kunst, die Fürsten, die Staats-Regierungen, die Religion und das Eigenthum zu entbehren.
In alle Oriente zurückgekehrt, werden diese insgesammt, von nun an in alle Freymaurer-Direktorien, aller unserer Provinzen, in alle Ihre Logen diese alten Complots, hinführo Ihre Mysterien genannt, bringen.

Verlassen Sie demnach die Höhlen; und in denjenigen, welche Sie bisher mit Ihrem Zutrauen beehret haben, lernen Sie doch endlich große Verschwörer kennen, die Sie hintergehen und Ihrer spotten, so wie sie suchen, dermaleinst aller Mächte zu spotten. Lernen Sie doch endlich in diesen angeblichen Brüdern, eine Bande Verschworner zu sehen, welcher seit langer Zeit nichts weiter, als ein Kopf wie der von Weishaupt, zu den Frevelthaten unserer Revolutionen fehlete.

Von der Zeit und dem Augenblick an, wo alle diese Freymaurer-Deputirten illuminirt waren, wurden die Fortschritte der Secte in Bayern drohend, und sie sind so um sich greifend, daß bald der ganze Erdboden mit Verschwornen wird angefüllet seyn. Ihr Centrum ist von nun an zu Frankfurt bey Knigge, wenigstens in Ansehung der Betriebsamkeit. Knigge zählte der illuminirten Adepten, beynahe Fünfhundert, und allesammt Freymaurer. (Or. Schr. Th. 2. Br. von Philo an Cato.) Um ihm herum, vermehren sich bald die Logen; Frankenland, Schwaben, die Kreise des Ober- und Nieder-Rheins, Westphalen, alle haben sie ihre Epopten, und beynahe in jeder Stadt ihre Minerval-Schüler.

Die von Wien und die von Berlin, kündigen bevnahe unmittelbarer Weise an, daß Oesterreich und Preußen vom Illuminatismus inficiret werde. Tyrol ist es schon, und derselbe Apostel bringt ihn nach Italien. In Norden bearbeiten andere Adepten, Logen in Brüssel und in Holland; noch andere machen sich bereit, Weishaupts Mysterien nach England zu führen; schon sind sie in Liefland [Livonie]; Unterhandlungen werden gepflogen, um ihnen alle Stärke der Conföderationen in Polen zu geben. Wenn die Reihe an Frankreich noch nicht gekommen ist, so rühret es daher, daß man tiefer angelegte Plane damit hat. Seine Zeit wird kommen, und ganz Europa wird endlich erfahren, warum sie verzögert worden.

Aber ich bin der Geschichte deutliche Beweise schuldig; darum ist es nicht genug, den Codex von Weishaupt dargestellt zu haben, sondern ich muß auch zeigen, wie die Secte sich ausbreitet von Morgen bis Abend, von Norden bis Mittag, sowohl ihre Verschwörungen als ihre Mysterien fortpflanzt, und wie sie überall die Menge der Arme und Hände sich verschaft, deren sie zu unserer Revolutionen bedurfte. Ich verlasse also ihre eigene Annalen nicht; sie sind zwar verstümmelt, aber immer drohend und demonstrativ.

Noch kein Jahr war, seit Beendigung des Congresses zu Wilhelmsbad, verflossen, und schon standen fünf, nach allen Gesetzen des Spartacus eingerichtete Provinzen, unter der General-Direktion von Knigge, mit dem Illuminaten-Areopagus in voller Correspondenz. (Or. Schr. 3. Br. von Philo an Weishaupt 2. Th.)

Selbst während des Congresses siehet man schon in den Original-Schriften, nicht allein einzelne Briefe über die Progressen einiger Candidaten, sondern auch officielle Berichte, und gegebene Rechenschaft der Provinzialen, über den allgemeinen Bestand in ihren Provinzen, über die Progressen ihrer Novizen, ihrer Initiirten, und ihrer Emissarien. …

Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Jakobinismus (frz. 1797-1798; dt. 1800-1803) Vierter Theil

Siebentes Kapitel.

Dritte Epoche des Illuminatismus. Die Secte wird entdecket.

Auszug Seiten 231-237

Es war nicht ohne Grund, daß Weishaupt über die Uebereilung. mit welcher Knigge so viele Candidaten den Mysterien der Secte zugelassen hatte, Unruhe bezeigte; mit noch mehrerem Grunde warf aber Knigge ihm vor, daß er nicht immer gewartet, bis die Candidaten zu den höchsten Mysterien gelanget wären, um ihnen die ganze Rolle blicken zu lassen, die der Atheismus darinn spielet, indem er ihnen, als dem Orden schätzbare Bücher, die unter dem Namen von Boulanger publicirte Schriften empfahl. (Or. Schr. Th. 2. Br. 2. von Phils an Cato.)

Seine Successe hatten Weishaupt so kühn gemacht, daß er über die Religion, auch mit seinen Minerval-Schülern keine Schranken beobachtete. Schon seit dem Jahr 1781 hatte der Bayersche Hof einigen Verdacht von der neuen Secte gefaßt. Er hatte selbst Untersuchungen verordnet, welchen aber die Illuminaten auszuweichen, oder sie fruchtlos zu machen wußten. (It. Br. 1. von Epictetes). Um weiteren Untersuchungen vorzubeugen, faßte Weishaupt den Gedanken, den Churfürsten selbst zum Schutz-Adepten seiner Complotte zu machen.

„Ich bin der Meynung, schrieb er an seine Areopagiten. daß um uns sicher zu stellen, Sie eine Deputation an den Churfürsten veranstalten, das Protektorat der Ecclectischen [hier ausnahmsweise wieder mit „cc“ geschrieben] Logen ihm anzubieten. Die Brüder Ulysses, Apollo, und andere der ausgezeichnesten Mitglieder, selbst Celsus, würden die Deputirte seyn können. Wenn der Fürst es annimmt, so sind wir gegen alle Verfolgung gedeckt. — Und niemand wird mehr Bedenken tragen, sich Ihnen zuzugesellen, und die Logen zu besuchen." (It. Br. vom 7. Febr. 1783.).

Wenn diese Deputation statt gefunden hätte; so kann man urtheilen, wie sie würde aufgenommen worden seyn, nach Maaßgabe der Aufnahme, die ein vorhin schon geschehener Vorschlag ähnlicher Art, bey dem Churfürsten gefunden hatte. Er residirte noch zu Manheim, als einer seiner Minister, unter einem scheinbareren Vorwande, ihm vorschlug, alle Derozeit berühmte Philosophen an seinen Hof zu rufen, sie zu pensioniren, sie um sich zu haben, und endlich alles für diese vorgebliche große Männer zu thun, was Ludewig XIV. für die Gelehrten seines Zeitalters gethan hatte.
Dieser ihm vorgespiegelte Ruhm schien gleich Anfangs dem Fürsten zu schmeicheln; er zog aber weise verständige Männer zu Rathe, und sahe ein, daß alle Herrlichkeit dieses Projects, nur auf die Vergrößerung einer gegen Gott und die Regenten gleich feindselig gesinnten Secte hinauslaufen würde. Carl Theodor wollte von dem Protectorat der Sophisten nichts weiter hören.

Diese Geschichte wissen wir von Männern, die sie aus dem Munde des Ministers selbst vernommen haben, der sich so eifrig für unsere sogenannten Philosophen verwendet hatte. Man weiß gar nicht, wie der Hof zu München seine Nachrichten von dem Illuminatismus erhalten hat. Sie waren indessen nicht umständlich genug, um den Geist der Secte daraus zu erkennen; aber im Ganzen machten sie wenigstens die Gefährlichkeit der heimlichen Gesellschaften begreiflich. Den zwey und zwanzigsten Junius, Eintausend sieben Hundert vier und Achtzig, ließen Ihre Churfürstliche Durchlauchten, in ihren Staaten ein unbedingtes Verbot aller geheimen Zusammenkünfte, Gesellschaften und Brüderschaften, welche die Gesetze nicht autorisirten, publiciren.

Die wahren Freymaurer gehorchten, und schlossen ihre Logen; die Freymaurer-Illuminaten, welche ihre Adepten selbst bey Hofe hatten, glaubten sich stark genug, um dem Verbot zu trotzen, und fuhren fort, ihre Versammlungen zu halten. Eine in eben dem Jahre von dem Professor Babo in München unter dem Titel (Ueber die erste Warnung der Freymaurer [im Orig. dt.: über frey maurer erste warnung]) herausgegebene Schrift, fing an die Projecte der neuen Adepten mehr zu entwickeln. Der Graf Joseph von Törring griff sie bald nachher mit mehrerem Nachdruck an. Die Illuminaten begnügten sich nicht, diesen ersten Angriffen vergebliche Rechtfertigungs-Schriften entgegen zu stellen.

Die Kunstgriffe, durch welche sie sich schmeichelten, das Ungewitter abzuwenden, siehet man deutlich aus den Briefen von Weishaupt an seine Adepten. „Er schrieb ihnen den 18ten December 1784:

„Hören Sie meinen Rath.“ Wenn es zur gerichtlichen Untersuchung kömmt, so bin ich der Meynung, daß keiner der Oberhäupter auf Umstände und Particularitäten sich einlasse, sondern ohnbewunden erkläre, daß keine Gewalt in der Welt sie dahin bringen werde, jemanden anders als dem Churfürsten selbst die nöthigen Eröffnungen zu thun. Hiernächst müßte man ihm, nemlich dem Churfürsten, meine zwey Grade der höchsten Mysterien zu lesen geben.
So werde ich es wenigstens machen, wenn man sich an mich wendet. Sie werden alsdenn sehen, welche glückliche Wendung unsere Sachen nehmen werden. Sie haben gesehen, was der Bruder D. von meinem ersten Grade dachte. Ich bin gewiß, der Churfürst werde eben so davon urtheilen; ich hoffe alles von der Güte meiner Sache, voll Muth und ohne Besorgniß, weiß ich wenigstens zum Voraus, daß, wenn ich unterliegen sollte, es immer mit Ehren geschehen werde, sollte mir es auch meinen Kopf kosten.

Zeigen Sie sich in gleichem Maaße, und machen Sie den andern Muth. - Hier ist eine schöne Gelegenheit, Größe der Seele zu zeigen; lassen Sie solche nicht unbenutzt uns entwischen. — Ich habe mit dem Bruder Cromwel [Frère Cromwel] von meinem Vorhaben bey dem Churfürsten gesprochen; er vermuthet davon die besten Folgen. Wohl verstanden inzwischen, daß man es nicht dazu kommen lassen müsse, als bis auf den letzten Augenblick." (Brief vom 18ten December 1784. Or. Schr.)

Dieses Vertheidigungs-Mittel abseiten Weishaupts, würde unbegreiflich seyn, wenn man nicht wüßte, daß die zwey Grade, welche er dem Churfürsten zu Gesichte kommen zu lassen gedachte, nichts anders als die falschen Grade waren, welche er zu bereiten Sorge getragen hatte, um die Fürsten zu täuschen, diejenigen nemllch, worinn die Illuminaten das ausgemerzt hatten, was empörend für gewisse Candidaten seyn würde.

Bisweilen merzten sie den Abschnitt von den Mysterien aus, alle Reden des Hyerophanten, und ließen nichts stehen, als ein unbedeutendes Ceremoniel. Ein zweyter Brief von Weishaupt seine Areopagiten, entwickelt die ganze Arglist, noch deutlicher.

„Meine Brüder, sagt er ihnen, die Maaßregeln, die ihr ergreifen wollet, sind gut, und den Umständen angemessen. Die Vorstellung unsers Menélaus [frz. Ménélaus] (des Raths Werner in München) ist sehr schön und sehr gut. Nur bitte ich Sie, noch hinzuzufügen, daß Sie Ihre Grade keinem andern als dem Churfürsten zu zeigen haben würden. Diejenigen, welche man ihm geben kann, sind,

  1. des Novizen;
  2. des Minervals;
  3. des Illuminati minoris. Nota Béne; hier muß man die Worte, dummster Mönch [im Orig. dt.] in dummster Mensch [im Orig. dt.] verwandeln;
  4. des Illuminati majoris ganz, mit Ausnahme der Worte gleichwohl, welche Sie wegzustreichen haben. Die Priester und die bösen Fürsten stehen ihnen im Wege;
  5. des dirigirenden Illuminaten. Aber in diesem müssen Sie nur das Ceremoniel der Aufnahme und meine Rede vorzeigen, von allem übrigen ganz und gar nichts;
  6. von dem Priester-Grade lassen Sie nichts sehen, als die auf die Wissenschaften sich beziehende Instruction, Sie müssen sie dennoch wohl durchlesen, und keine Anweisung, keine Anspielung auf das Uebrige, stehen lassen."

„Da man jetzt die Paquete von Ephesus (von Ingolstadt) öffnet, so sehe ich wohl, daß es mir gelten soll. - Ich werde Morgen an Alfred (an den Minister Seinsheim) schreiben. — Dieser Brief wird dem Hofe im Voraus verkündigen, auf was Art ich gesonnen bin, mich zu zeigen. — Sagen Sie dem Churfürsten frey aus, daß unser Orden ein Werk seiner Staaten ist, und daß ich der Stifter davon bin. Alsdann wird die Sache an mich kommen. Ich zweifele aber, daß man zu einer personellen gerichtlichen Untersuchung schreiten werde, bevor man nicht data habe, welche man nicht anders erhalten kann, als durch die Oefnung der Briefe. Zeigen Sie sich groß, standhaft, und ohne Furcht. Meine Aufführung wird Ihnen sagen, was ich zu seyn verstehe. — In der Instruction des Priester-Grades geben Sie wohl Acht auf den die Geschichte betreffenden Theil; lassen Sie darinn nichts, was die Beraubung der Archive bestätiget."

Dieser Brief war vom 2ten Februar 1785 datirt; alle Ränke, welche Weishaupt darinn vorschrieb, waren vergebens. Der Hof hatte zuverlässige Nachrichten genug eingezogen, um mit Vorsichts-Maaßregeln gegen diesen Anführer der Secte den Anfang zu machen.

Wenige Tage nachdem er seinen Areopagiten alle jene Rathschläge gegeben hatte, wurde er seines Lehrstuhls als Professor der Rechte in Ingolstadt entsetzt, um ihn wenigstens als berüchtigten Logen-Meister, und Rebellen gegen die, wider alle geheime Versammlungen und Gesellschaften, ergangenen Befehle zu bestrafen.

Seine Mysterien waren unterdessen, insonderheit, noch nicht enthüllet; allgemein bekannt war nur; daß verschiedene Mitglieder seines Illuminatismus, durch seine Lehre oder Projecte aufgebracht, von 1783 an seinen Logen entsaget hatten. Diese waren unter andern, der Priester Cosandy [Cosandey], der Abbé Renner, der eine und der andere Professor der Schul-Wissenschaften in München. Welchen Abscheu, das, was sie von der Secte, ohne zu ihren großen Mysterien gelanget zu seyn, in Erfahrung gebracht, ihnen auch eingeflößet hatte; so scheinet es doch nicht, daß ein bestimmter Schritt wider dieselbe abseiten ihrer bis dahin geschehen sey, wenigstens hatten sie sich nicht umständlich genug geäußert, um den Justiz-Höfen des Souverains hinlängliches Licht zu geben; als sie den 30ten März 1785 von Ihro Churfürstlichen Durchlauchten, und von ihrem Bischof von Freysingen den Befehl erhielten, vor dem Ordinariat zu erscheinen, um allda eidlich auszusagen, alles, was sie bey den Illuminaten widriges gegen die Religion und Sitten gesehen hätten.

Man stellte sich noch nicht vor, daß die Conspiration absonderlich gegen das Gouvernement gerichtet sey.
Die Herren Cosandy und Renner thaten ihre gerichtliche Aussage, der eine den 3ten, und der andere den 7ten April 1785. …

Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Jakobinismus (frz. 1797-1798; dt. 1800-1803) Vierter Theil

Neuntes Kapitel.

Neue Oberhäupter oder Anführer; neue Hülfs-Mittel der Illuminaten.

Erfindung der Jesuitischen Freymaurerey; Folgen dieser Fabel.

Auszug Seiten 291-299

Mitten unter diesen geheimen Schriften, welche die Secte vergebens gesuchet hatte, den Augen der Justiz zu entziehen, fand sich dieses merkwürdige Postscript von Zwacks eigener Hand geschrieben:

„Um unsere Sachen wieder herzustellen, ist es nöthig, daß unter den, unserm Unstern entkommenen Brüdern, einige der Geschicktesten in die Stelle unserer Stifter treten; sich der Misvergnügten entledigen, und, im Einverständniß mit Neu-Erwählten, sich bestreben, unserer Gesellschaft ihre erste Stärke wiederzugeben." (Or. Schr. Th. 1. letzte Seiten.)

Weishaupt selbst war weit von Ingolstadt mit der Drohung entwichen, daß er denen, die ihn verjaget hätten, eines Tages alle ihn Freude in Weinen verkehren würde; (Brief an Fischer) es war also einleuchtend, daß die Illuminaten an nichts weniger dachten, als ihrer Conspiration zu entsagen. So schrecklich und drohend inzwischen die Secte sich auch gezeiget hatte, hätte man dennoch sagen mögen, daß alle Mächte geneigt wären, ihr alle Mittel zu lassen, mit neuer Wirksamkeit die Conspiration fortzusetzen.

Außer Weishaupt, der seinen Richtern zu entkommen gewußt hatte, ward keiner der Verschwornen in Bayern härter, als mit Landes-Verweisung, oder mit, kurze Zeit daurendem, Gefängniß bestraft. In allen übrigen Theilen von Teutschland, von Hollstein bis Venedig, von Liefland bis Strasburg, war nicht die geringste Nachsuchung in ihren Logen geschehen; die mehresten der für die strafbaresten erkannten Adepten hatten mehr Schutz als Verachtung, selbst bey denen gefunden, gegen welche alle ihre Complots gerichtet waren.
Der authentischten und augenfälligsten Beweise der Untreue gegen seinen Landes-Herrn (Felonie) ohngeachtet, und selbst einige wenige Tage nachher, daß man im Besitz aller dieser Beweise gegen ihn, sich befand, erhielt und producirte Zwack Certificate seiner Redlichkeit und treuen Befolgung der Gesetze seines Fürsten, davon man ehender würde gesagt haben, sie wären von seinen Mitbrüdern unterzeichnet, als von Mitgliedern eines Hofraths; (S. seinen Apendix zu den Or. Sehr. p. 35 und 36.) und der Fürst von Salm-Kyrburg rief ihn an seinen Hof, um von ihn bedient zu seyn, ohne Zweifel mit derselbigen Treue. Die Mitverschwornen Brutus Savioli, und Diomedes Constanza [Brutus-Savioli & Diomède-Constanza] konnten überall, außer Bayern, zu ihrer Conspiration Adepten bilden, selbst auf Unkosten des Fürsten, welcher sie in seinem Lande entdecket hatte.

Der Tiberius Merz [Ce Tibère-Merz], dessen Ehrlosigkeit die Original-Schriften bezeugen, führte sie triumphirend mit ihren Anschlägen im Gefolge des kayserlichen Gesandten bis nach Kopenhagen. Der Adepte Alfred Seinsheim verwechselte nur die Gunst seines Fürsten mit der des Herzogs von Zweybrücken, und schon vermittelte die Intrigue seine Zurückkunft nach München.

Selbst Spartacus genoß ruhig in seiner Freystätte, die ihm vermachten Pensionen, bey Fürsten, die mehr noch, seine Schlachtopfer, als Zöglinge waren.

Niemals war eine Conspiration ungeheurer gewesen, und so öffentlich enthüllet worden; niemals hatten Verschworne so viel Mittel gefunden, sie fortzusetzen, selbst unter dem Schirme derer, welche sie hauptsächlich bezielte. Alles verkündigte demnach, daß die Flucht Weishaupts für die Secte nichts mehr und nichts weniger seyn würde, als was für den Ismalismus die Flucht Mahomets aus Mecca, Hegira genannt, gewesen war, nämlich der Anfang neuer und größerer Successe.

Hier fehlen mir aber ihre geheimen Annalen, um ihr selbst in ihren unterirdischen Hölen zu folgen.

Durch Erfahrung bestimmte Vorsicht, hat Weishaupt, auf eine noch gründlichere oder verstecktere Art, combinirte Mittel an Hand gegeben, um nach seiner Lieblings-Maxime, in seinem neuen Heiligthum, allen Anschein der Muße, mit der wirksamsten Tätigkeit in Einklang zu bringe.

Vielleicht auch zufrieden den Grund seiner Complotte gelegt zu haben, und nun dahin gekommen zu seyn, wo er vorausgesehen, daß er allen Mächten würde Trotz bieten können, sein Werk zu zernichten.

Vielleicht zufrieden, Männer gebildet zu haben, die von nun an in seinen Areopagus das Präsidium führen konnten, hat er sich nur vorbehalten, bey wichtigen Gelegenheilen seinen Rath zu ertheilen, und die geringeren Sachen, sammt der Würde gewöhnlicher oder gemeiner Obern, anderen Adepten zu übertragen. Es sey darum, wie es wolle, wäre auch die Endschaft seiner Arbeiten als Oberhaupt, in der Wahrheit begründet, und wären die Acten der Secte noch tiefer vergraben, so wird es uns doch nicht an Beweisen fehlen, daß sie noch fortfähret, mit ihren Anschlägen sich zu beschäftigen.
In Ermangelung ihrer geheimen Schriften, werden wir ihre öffentlichen Denkmähler haben. Die Adepten waren benannt; es war also von da an, weit leichter ihr Thun und Lassen zu beobachten, und ihren Kunstgriffen nachzuspüren; sich desfalls beeifernde Schriftsteller in Teutschland, sind uns in dieser Bahn zuvorgekommen: die Geschichte wird auch noch überzeugende Beweise darbringen.

Die größte Sorge der Illuminaten, nach Bekanntmachung ihrer geheimen Schriften war, ganz Teutschland zu überreden, daß ihr Orden nicht mehr existire, daß alle Adepten nicht allein allen ihren Conspirations-Mysterien entsaget hätten, sondern auch alle Gemeinschaft unter einander, in der Eigenschaft als Mitglieder einer geheimen Gesellschaft. Sie waren nicht mehr die vorherigen Räuber, noch die vorigen Sectirer, und verlangten, daß man ihre Existenz als chimärisch ansehen sollte, eben zu der Zeit, als sie am thätigsten bemühet waren, ihre Complots und ihre Grundsätze fortzupflanzen.

Aber der Irrwahn hat hier selbst in dem Munde seiner eifrigsten Vertheidiger, sich Lügen gestraft. Bey der ersten Erscheinung der Schriften, durch welche in England, die von den Illuminaten veranstaltete, und in den Maurerischen Hinterhalts-Logen verfolgte Conspiration kündbar geworden ist, haben die eifrigen Brüder an den Ufern der Themse, die teutschen Brüder zu Hülfe gerufen, um den Eindruck zu vernichten, den das Leben von Zimmermann, das Werk von Herrn Robison. und unsere Denkwürdigkeiten in London machten. Die Klage der Englischen Brüder, und die Hülfs-Antwort des Bruders Böttiger, sind in dem Teutschen Mercur (No. 11. p. 267) befindlich.

Die nemliche Antwort mit geringer Verschiedenheit ist übers Meer gekommen, um die Engländer, durch ihre Monthly Magazin No. 27. Januari 1798 zu belehren, daß ein jeder mit der Entlarvung des Illuminatismus sich beschäftigender Mensch nur noch eine Chimäre verfolge oder längst in tiefe Vergessenheit begrabene Gegenstände, daß man seit 1790 aufgehöret habe, die mindeste Attention auf die Illuminaten, zu nehmen; daß seit dieser Epoche in den teutschen Logen keine Rede mehr davon sey, und daß endlich augenfällige Beweise dieser Behauptung in Bodens Schriften sich fänden, welcher das Oberhaupt dieses Ordens geworden, und 1784 gestorben sey. (Monthly Magazin No. 27. Jan.1798. Br. von Böttiger.)

In diesen Aeußerungen des Herrn Böttiger findet sich zuerst ein merkwürdiges Geständniß, das schon in Teutschland, zur Bestürzung der Adepten, aufgemutzet worden. Aufmerksame Schriftsteller haben ihnen gesagt: Ihr gestehet jetzt, daß die Mysterien der Illuminaten, die der Freymaurer-Logen geworden, und daß sie es, wenigstens bis zum Jahr 1790 geblieben sind; die Journale und die Schriftsteller, die nicht aufgehöret haben, die Achtsamkeit der Fürsten auf die Illuminaten rege zu machen; Zimmermann, Hoffmann, Starke [Zimmerman & Hoffman, M. Starck], und viele andere, deren Werke die Secte sich angelegen seyn lässet zu unterdrücken, hatten also Grund, das Publicum zu benachrichtigen, daß sie nicht zur Zelt der Entdeckung ihrer Complotte im Jahr 1786, oder gar 1785, wie alle Scribenten, ihre Adepten, oder in ihrem Solde, ohne Aufhören publiciret hatten, aufgehoben oder vernichtet sey. (S. Eudemonia Th.6. No. 2.)

Dermalen setzen die Verschwornen voraus, daß es genug sey, ihre Existenz seit 1790 für chimärisch betrachten zu machen, um fortzufahren, ihre Complotte ohne Widerstand zu verfolgen. Dieser Kunstgriff soll auch vereitelt werden, und die Völker sollen wissen, daß die Secte wohl ihre Gestalt hat verändern können, daß sie aber nur ihre Kräfte und Verführungs-Mittel verstärket hat.

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