Johann Georg Schrepfer

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Schrepfer, Johann Georg (nach Lennhoff/Posner)

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)


auch Schrepffer und Schröpfer geschrieben, * 1739 [Anm. d. Red: Im Kirchenbuch Nürnberg ist Schrepfer mit 1738/Taufe verzeichnet - nach Angabe von O.W.F.], † 1774, preußischer Husar, dann Küfer und Kaffeehauswirt in Leipzig, ist eine der eigenartigsten Erscheinungen des 18. Jahrhunderts in der Deutschen Freimaurerei, weniger wegen seiner persönlichen Qualitäten, als wegen des Einflusses, den dieser an sich vollkommen bedeutungslose Mensch auf führende Freimaurerkreise gewinnen konnte. Daß er von den Gold- und Rosenkreuzern vorgeschoben wurde, um das diesen verhaßte System der Strikten Observanz zu stürzen oder zumindest ihm Ungelegenheiten zu bereiten, dürfte müßige Erfindung sein. Wahrscheinlicher ist, daß Schrepfer, als ein Mensch von starkem Geltungsbedürfnis, in Gegensatz zu der Leipziger Loge der Strikten Observanz geriet und von da an alles daransetzte, um sich zu behaupten.

Drohungen und Ausfälle

Wo und ob er überhaupt jemals regulär aufgenommen worden ist, bleibt vorläufig unbekannt.

Er tauchte 1772 in Leipzig als Maurer auf, hielt in seinem Kaffeehaus [Ergänzung: in der Klostergasse] schottische Logen ab und verlangte als Schotte Zutritt zur Loge "Minerva" der Strikten Observanz. Als zwei seiner Jünger nicht zugelassen wurden, erschien Schrepfer am 2. März 1773 mit der Pistole in der Hand in der Loge und beleidigte die anwesenden Brüder auf das gröblichste. Diese Beleidigungen wiederholte er auf Flugzetteln, die er im gleichen Jahre auf den Leipziger Straßen verteilen ließ [Ergänzung:, die auch den Herzog von Kurland betrafen]. Zugleich drohte er mit Enthüllung der Rituale der Strikten Observanz. Der Protektor der sächsischen Logen, Herzog Karl v. Kurland, ließ ihn darauf durch den Stadtkommandanten von Leipzig verhaften und ihm auf der Hauptwache Stockprügel verabfolgen, über die Schrepfer quittieren mußte. [Anm.d.Red.: Später behauptete er, er habe die Stockschläge nie bekommen, man habe sie ihm nach der Unterschrift erlassen.] Der Senat von Leipzig, den er um Hilfe und Genugtuung anging, ließ ihn im Stich, weil er es sich mit einem Prinzen von Geblüt nicht verderben wollte.

Magische Künste

Schrepfer verließ darauf Leipzig, lebte dann in Frankfurt a. M. und brachte es zuwege, daß sich der Herzog Ferdinand von Braunschweig für ihn interessierte, der ihn durch Beauftragte, v. Lestwitz (s. d.) und Schwarz, einvernehmen ließ. Den Herzog selbst hat er nicht zu Gesicht bekommen. In Braunschweig wurde auch die Versöhnung mit der Leipziger Loge "Minerva" angebahnt, die sich bereit finden mußte, Schrepfer mit allen Ehren zu empfangen, wogegen er versprach, fürderhin Ruhe zu geben. In seinem "System" behauptete er, die wahren Kenntnisse der Freimaurerei zu besitzen. Im wesentlichen trieb er mit seinen gläubigen Jüngern, unter denen sich ein Senator der Stadt Leipzig, Dr. jur. Marche, und ein Görlitzer Kaufmann, Christian Emanuel Frölich, besonders eifrig zeigten, magische Künste und Geisterbeschwörungen, wobei ihm seine Frau, ein Kellner und eine Laterna magica behilflich waren. Herzog Karl von Kurland ließ den Wundertäter durch seinen Kammerherrn, Johann Rudolf von Bischoffwerder (s. d.), verhören, der einen derart begeisterten Bericht an seinen Herrn erstattete, daß Schrepfer nach Dresden berufen wurde wo er in Hofkreisen, so auch beim Staatsminister v. Wurmb, großen Eindruck machte. [Ergänzung: Er ließ vorher Alkohol ausschenken und räucherte die Zimmer aus, daß die Anwesenden in eine ganz eigenartige Stimmung kamen.]

Französische Legende und Suicid

Von Dresden zurückgekehrt, war ihm der Glanz des höfischen Lebens etwas zu Kopf gestiegen, er trat in französischer Uniform auf und gab sich für den natürlichen Sohn eines französischen Prinzen aus, was den französischen Gesandten zu einem Protest veranlaßte. Inzwischen war man ihm auch hinter seine spiritistischen Schliche gekommen, er kam auch aus der Mode und geriet in Not.

Am 8. Oktober 1774 ging er mit vier seiner Anhänger, darunter Bischoffwerder, nachdem er in der Nacht noch Loge gehalten hatte, ins Rosenthal bei Leipzig und erschoß sich in deren Gegenwart [Anm.d.Red: im Leipziger Stadtarchiv sind alle Dokumente der gerichtlichen Untersuchung nach dem angeblichen Selbstmord Schrepfers aufbewahrt, in Dresden sind neue aufgetaucht - nach Angabe von O.W.F.].
Seine Lebensgeschichte schließt mit einem witzigen Epitaph in den Protokollen der Loge "Minerva":

Ci-git frappé d'un coup mortel
Schreppfer qui terminait sa route
Sans avoir expliqué le doute
S'il était cafétier ou colonel.

Magische Schriften

Schrepfer hat auf die Entwicklung der Deutschen Freimaurerei vielleicht mehr und verhängnisvolleren Einfluß genommen, als heute [1932] bereits vollends erkannt werden kann.

Er besaß magische Schriften. Von einem Exemplar des bekannten Zauberbuches des Dr. Faust ist dies sichergestellt (Freimaurermuseum, Bd. ÜI/92). Für die von ihm ausgelöste Bewegung war von Bedeutung, daß der berüchtigte Schwindler Gugomos (s. d.) sich der schrepferschen Ideen bemächtigte. Die oben erwähnten Senator Dr. Marche und Bischoffwerder erschienen auch auf dem Wiesbadener Konvent, den Gugomos 1776 abhielt. Auch Frölich lebte noch lange als Apostel der Ideeen Schrepfers.

Zu den Gläubigen gehörte — man darf sagen selbstverständlich — auch der schwachsinnige Ludwig von Hessen-Darmstadt (s. d.), der noch 1775 in einem Briefe an Ferdinand von Braunschweig die "wahren principia" des Schrepfer anerkennt, wenn er auch die Betrügereien bei den Palingenesien (Geisterbeschwörungen) zugibt. Gugomos selbst gab Schrepfer in seinem Ordenssystem als Ordensprior aus. Später scheint er die Verdunklung des eigenen Ruhms gefürchtet zu haben, denn er spricht von der "Magia diabolicea", nach welcher "der berühmte Dieb unserer Geheimnisse, Schrepfer, zu arbeiten pflegte".

Schrepfer darf den traurigen Ruhm für sich in Anspruch nehmen, der Freimaurerei die weiße und schwarze Magie aufgepfropft zu haben. In dieser Beziehung ähnelt er dem ihm allerdings als Persönlichkeit weit überlegenen Cagliostro. Wenn in Logenarchiven, wie beispielsweise in Brünn (s. d.), ganze Sammlungen magischer Instrumente auftauchen, so spukt da Schrepfers Geist oder Ungeist durch die Freimaurergeschichte. Leute von seinem Schlage hat es immer gegeben, und sie haben auch, wie ja auch Erfahrungen aus unserer eigenen Zeit bekunden, immer ihr Publikum gefunden.

Die historische Bedeutung Schrepfers liegt daher auch nicht in seiner Person und seinen magischen Künsten, als vielmehr in dem trüben Symptom einer Zeit, die aller Aufklärung zum Trotz wundergläubig war und ihre Wunschträume in magischen Erlebnissen zu realisieren trachtete.