Strikte Observanz

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Karl von Hund und die Anfänge der Strikten Observanz

Von Walter Hess

Die wahren Ursprünge der Strikten Observanz, dieses bedeutendsten und überraschend schnell entstandenen Systems in der kontinentalen Freimaurerei, liegen bis heute im Dunkel. Sein offizieller Name lautete „Hoher Orden der Ritter des Heiligen Tempels zu Jerusalem der Name Strikte Observanz wurde erst ab 1764 verwendet. Der Name spielt auf die unbedingte Gehorsamspflicht gegenüber den Ordensoberen an, die aber nur bei Übertritt aus anderen Systemen speziell gelobt werden musste.

Der Begründer des Systems ist unzweifelhaft der schlesische Baron Karl Gotthelf von Hund und Altengrotkau. Seine Aufnahme in die Freimaurerei am 18.Oktober 1741 in der französisch sprechenden Loge „Zu den drei Disteln" in Frankfurt a. M., seine Beförderung zum Meister in Gent am 21. Juli 1742 und die Aufnahme in den Schottengrad in Brüssel sind belegt, ebenso sein Aufenthalt in Paris 1743, wo er als Aufseher und Stuhlmeister mehrerer Logen angegeben ist. Hier in Paris beginnt seine Legende, die er, zuerst auf dem Konvent von Kohlo 1772 und dann immer wieder seinen Anhängern vorgetragen und auf dem Konvent von Braunschweig am 22.Juni 1775 gegenüber Zweiflern wie folgt bestätigt hat:

Er sei von Lord William Kilmarnock in Gegenwart von Lord Clifford in den geheimen, in Schottland weiterlebenden Templerorden aufgenommen und dem geheimen Oberen des Ordens vorgestellt worden, dem „Eques a Penna Rubra", den er für den Prätendenten Charles Edward Stuart gehalten habe. Den Großmeister habe man ihm nicht namentlich genannt, aber er habe angenommen, dass es Lord Kilmarnock sei.

Als Beleg wies v. Hund ein in Geheimschrift abgefasstes Dokument vor. Er habe den Auftrag erhalten, den Orden gemäß den Weisungen der geheimen Oberen in Deutschland als Coadjutor des Heermeisters Baron von Marschall auszubreiten. Diese Darstellung muss in manchen Punkten bezweifelt werden und wurde dies auch, besonders auf den Konventen von Kohlo und Braunschweig. Lord Kilmarnock, bekannt als Jakobit, war 1742 Großmeister der Schottischen Großloge und befand sich 1743 in Paris. Lord Clifford ist bekannt als der Ehemann von Ratcliffes Mutter. Prinz Charles Edward aber hielt sich 1743 mit Sicherheit nicht in Paris, sondern in Florenz und Rom auf und hat nach wiederholter späterer Bekundung nie etwas mit Freimaurerei zu tun gehabt; mindestens in diesem Punkt ist v. Hund offensichtlich getäuscht worden.

Später hat dies zu Spekulationen Anlass gegeben, der Orden betreibe insgeheim die Restauration der Stuarts; v. Hund hat dies nie behauptet. Das chiffrierte Schriftstück, seine Ernennungsurkunde, welches v. Hund mehrfach vorgezeigt hat und von dem ein Faksimile erhalten ist, wurde von Alfred Engel mit kryptanalytischen Methoden untersucht und zu einem kleinen Teil (Namen und Ritternamen v. Hunds „Eques ab Ense" und andere) entziffert; der Großteil bleibt nicht lesbar, wenn auch einige süddeutsche und sächsische Wortpartikel identifizierbar sind. Unterzeichnet ist das Dokument von einem „Georgius Eques a Sole" (Kilmarnock hiess William).

Überraschend gelang es 1987 Baigent und Leigh auf Grund eines zufällig aufgefundenen Briefes den „Eques a Penna Rubra" zu identifizieren: es war Alexander Seton, ebenfalls Mitglied einer jakobitischen Freimaurergruppe in Paris. Im übrigen bleibt es wohl immer zweifelhaft, ob von v. Hund eine Fälschung vorgelegt oder er selbst getäuscht wurde, ob er tatsächlich in ein jakobitisches Komplott eingeweiht wurde oder sich dies nur vorgemacht hat. Seinem angeblichen Auftrag ist v. Hund allerdings nicht sofort nachgekommen. Erst am 24. Juni 1751 gründete er die Loge „Zu den drei Säulen" auf seinem Gute Kittlitz und begann sein System zu entwickeln.

Er gab an, den ihm genannten Baron von Marschall (Eques a Tabula Designatoria), seinen angeblichen „Herrn und Antecessor" als Heermeister der VIL-Provinz aufgesucht zu haben. Dieser sei 1753 gestorben und habe zuvor seine Papiere mit Ausnahme der Ordensmatrikel und der Ordensstatuten verbrannt.

Später kamen mehrere Mitglieder der Naumburger Loge „Zu den drei Hämmern" hinzu. Dann aber setzte während des Siebenjährigen Krieges 1756-1763 eine fast völlige Untätigkeit ein; v. Hunds Besitzungen in Schlesien waren einmal von den Preussen, dann wieder von den Österreichern besetzt. Erst 1764 wird er wieder aktiv und jetzt in erstaunlicher Weise, nämlich durch die Übernahme des sog. Clermontschen Systems, dem in Deutschland damals 51 Logen anhingen.

Dessen „Großprior und Commissarius", der Betrüger Johnson, nahm Verbindung mit v. Hund auf und lud ihn im Mai 1764 zu seinem Ordenskonvent in Altenberge bei Kahlo, unweit von Jena, ein. Arglos glaubte v. Hund zunächst, endlich einen geheimen Oberen vor sich zu haben und huldigte ihm. Rasch erkannte er aber dann Johnsons wahre Natur und entlarvte ihn vor 40 Teilnehmern in einer dramatischen Sitzung als Betrüger. Johnson floh, wurde später verhaftet und von den weimarischen Behörden - ohne Gerichtsurteil - bis zu seinem Tod 1775 auf der Wartburg festgesetzt, v. Hund aber war nun der Mann der Stunde.

Fast alle Logen des Clermontschen Systems unterstellten sich ihm, wodurch die Strikte Observanz schlagartig zu einer großen Organisation wurde.


Was war der Inhalt von Hunds System?

Er behauptete, der 1312 aufgelöste Templerorden habe im Geheimen weitergelebt und sei dann - nach mehr als 400 Jahren - als Freimaurerei wieder ans Licht gekommen. Woher er diese Version der Templerlegende übernommen hat oder ob es seine eigene Erfindung war, lässt sich nicht mehr feststellen. Er habe nun den Auftrag, in Deutschland den Orden wiederzuerrichten.

Geleitet werde er von geheimen Oberen - eine Vorstellung, die sich auch bei den Rosenkreuzern findet. Er selbst sei Heermeister der VII. Ordensprovinz Niederdeutschland. Vielleicht glaubte v. Hund zunächst, im Dienste der Stuartschen Restaurationsbemühungen zu stehen, musste diese Vorstellung aber aufgeben, als er keinerlei Botschaften empfing und die Sache der Jakobiten mit der Schlacht von Culloden Moor am 16. April 1746 endgültig gescheitert war. v. Hund erklärte dann, seine Oberen müssten ihn verlassen haben, aber die Strikte Observanz hatte inzwischen soviel Eigendynamik gewonnen, dass es kein Zurück mehr gab. v. Hund legte als Beweis für die Herleitung seiner Organisation eine Liste der angeblichen geheimen Ordensgroßmeister seit dem letzten, 1314 hingerichteten Jacques de Molay vor; sie beginnt mit Pierre d'Aumont und George Harris, aber außer d'Aumont, „Prokurator der Auvergne" (was er nicht war), ist keine der Personen nachweisbar. An der Wiedererrichtung des Ordens hielt man fest, und diesem Ziel diente die große Organisation, die v. Hund und seine engsten Mitarbeiter nun zielstrebig aufbauten.


Die Organisation der Strikten Observanz

Die Organisation ist weitgehend das Werk v. Hunds und seiner nächsten Mitarbeiter, vor allem von Zinnendorf und Schubart. Man versuchte nach Möglichkeit die Formen und die Organisation des alten Templerordens nachzuahmen, wobei als Quelle vor allem die 1703 erschienene „Historia Templariorum" diente. Ganz Europa wurde in 11 Ordensprovinzen eingeteilt , konnte aber nicht ganz derjenigen der alten Templer folgen, sondern schuf zwei große deutsche Provinzen, die VII. (Niederdeutschland „ad Albim et Oderam") und die VIII. Provinz (Oberdeutschland, die ganz Italien mit einschloss).

Die Hauptorte der Provinzen wurden nach den seinerzeitigen Ordensniederlassungen bezeichnet. Indessen täuschen die imposanten Organigramme der Provinzen; vieles bestand nur auf dem Papier. Die Provinzen waren unterteilt in Priorate und Unterpriorate, diese in Präfekturen und Kommanderien, von denen die einzelnen Logen („Häuser") abhingen.

Der Aufbau war streng hierarchisch und anfangs völlig undemokratisch. Gehorsam gegenüber den Oberen musste gelobt werden. Den Provinzen stand ein Provinzialgroßmeister oder „Heermeister" vor, der mit seinen Mitarbeitern, dem Doyen, Prior, Kanzler, Schatzmeister, Prokurator und Geheimschreiber das Kapitel oder Schottische Direktorium bildete.

Analog waren die Priorate und Präfekturen aufgebaut. Jede Pro¬vinz bekam ihr Wappen und eine Devise; die II. Provinz z. B. „Qui cupit", die III. „Prospero motu", die V. „Mors omnia aequat", die VII. „Labor viris convenit". v. Hund selbst war Heermeister der VII. Provinz; mit dieser Charge war auch der Posten des „Visitator Generalis", d. h. die Kontrolle aller anderen Provinzen verbunden. Als sein verlängerter Arm wirkten Visitatoren in den Provinzen und Prioraten. Daneben hielt man die Fiktion der geheimen Oberen aufrecht.

Jeder Ritter wählte ein Wappen, einen lateinischen Ritternamen und eine Devise. Für jeden Grad war eine ganz bestimmte Bekleidung vorgeschrieben, für die Rittergrade äußerst pompöse Kostüme. Die Rituale der ersten drei, d. h. der symbolischen Grade war sehr ähnlich den zeitgenössischen französischen, aber viele Symbole wurden im templerischen Sinne umgedeutet; z. B. sollten die Säulen J und B „Jacobus Burgundus", d. h. Jacques de Molay bedeuten.

Im Ganzen aber waren die Rituale der symbolischen Grade aufklärerisch und die Hinweise auf die Templerlegende hielten sich in Grenzen. Die Leitung oblag einer „Beamtenloge", der nur Mitglieder des inneren Ordens angehörten. Das Symbolbild des Ordens war eine abgebrochene Säule mit dem Spruch „Adhuc stat" und sollte die Wiedererrichtung des nie ganz verschwundenen Ordens darstellen.

Die Rituale des inneren Ordens waren sehr feierlich, katholisierend und enthüllten dem Novizen erstmals die Templerlegende; die Elemente waren großenteils von anderen Hochgradsystemen entlehnt. Der vierte Grad bildete eine eigene Loge, die nur zu Instruktionen und Aufnahmen zusammentrat und von einem deputierten, d. h. vom Inneren Orden ernannten Meister geleitet wurde. Der Name des Schottischen Meisters war „Notuma", ein Anagramm von d' Aumont, dem angeblich ersten Templer-Großmeister im Exil. Der Innere Orden regierte die symbolischen Logen, und erst im Novizengrad wurden die Brüder mit der ganzen Lehre des Ordens bekannt gemacht. Alle Ritter müssten von Adel sein, doch gab es viele Ausnahmen. Die ganze Organisation war bis ins Kleinste geregelt. Das ganze Regelwerk ist niedergelegt in sog. Roten Buch, das einen Code Maçonnique enthielt. Sein Original ist nie aufgefunden worden, aber viele Abschriften. Manche Präfekturen führten außerdem ihr eigenes Rotes Buch.


Viele dieser Organisationsformen sind - mehr oder weniger modifiziert - später vom RSR fortgeführt worden. Die alchimistischen und okkultistischen Praktiken wurden in der Strikten Observanz grundsätzlich abgelehnt, von vielen Mitgliedern aber, dem Zeitgeist entsprechend, weiterhin praktiziert. Um diese Entwicklungen einigermassen unter Kontrolle zu behalten, wurde 1755 ein Reglement erlassen „für die Brüder, welche sich mit Alchimie befassen wollen".


Innerhalb der Logen, Priorate und Präfekturen herrschte strenge Disziplin. Die Leiter herrschten autokratisch, aber mit Hilfe eines Rates von neun Mitgliedern: Prior, Subprior, Senior, Cancellarius, Visitator perpetuus, Procurator, Provisor Domorum und Thesaurarius.

Die Wiedererrichtung des Templerordens stellte man sich vor als eine internationale Organisation, errichtet mit der Zustimmung der jeweiligen nationalen Regierungen, allerdings als eine Art Staat im Staate, darin dem alten Templerorden nicht unähnlich.

Die Niederlassungen des Ordens bezeichnete man wenn irgend möglich nach den alten Namen der Ordenssitze. Dadurch wurden die ersten fünf Kontureien zu *Tempelberg (Kurland)

  • Gommern (Dresden)
  • Derla (Leipzig)
  • Brunopolis (Braunschweig)
  • Kallenberg (Hannover)

Am Kongress von Kohlo kamen dazu

  • Templin (Berlin)
  • Baruth (Görlitz)
  • Rittersfelde (Frankfurt a.M.)
  • Nistitz (Schlesien)
  • Ivenak (Hamburg)
  • Ratzeburg (Mecklenburg)
  • Templar (Kassel)
  • Supplinsberg (Ansbach-Bayreuth)
  • Danneberg (Weimar)
  • Binin (Kopenhagen)
  • Eydendorp (Schleswig).

Die Ausbreitung des Ordens

Schon in Altenberge begann v. Hund mit der Übernahme der restlichen Logen, die bisher dem Clermontschen Kapitel angehört hatten. Für ganz Norddeutschland ernannte er Prä¬fekten und Priore. Fast alle Logen schlossen sich seinem System an, weitere kamen hinzu. So lösten sich die Hamburger Logen unter ihrem Großmeister Jaenisch von der englischen Großloge und traten zur Strikten Observanz über.

1764 gehörten 18 Logen dem System an, 1766 waren es 25, 1768 bereits 40 und 1780 134. Diese rapide Ausbreitung war vor allem einem Mann zu verdanken, der vom Clermontschen Kapitel herkam und von Hund zum „Commendatoret Officialis Provisor domorum" ernannt worden war, Christian Schubart Als eifriger, gewandter und auch geschäftlich versierter Adept besuchte er in den Jahren 1764-1766 Berlin, Stettin, Rostock, Hamburg, Kopenhagen, Braunschweig, Dresden, Leipzig, Hannover und Mainz und führte überall das System der Strikten Observanz ein. Der Orden breitete sich auch in Polen, Böhmen, Österreich und der Schweiz aus.

Rasch zeigten sich aber auch Probleme, vor allem finanzieller Art. Ein erster „Operationsplan" dieser Art wurde schon 1754 erlassen. Die höheren Funktionäre wurden besoldet und erreichten durch Ämterkumulation z. T. beträchtliche Einkünfte. Die Mittel müssten durch happige Jahresbeiträge und Beförderungstaxen aufgebracht werden. Von Hund, der bisher einen Großteil der Kosten getragen hatte, war schwer verschuldet. Vergeblich bot er seine Güter dem Orden zum Kauf an; er musste an Profane verkaufen und war am Ende seines Lebens ein unbegüterter Mann.

Manche dachten daran, industrielle Betriebe zu errichten, Bleiminen auszubeuten oder durch alchimistische Operationen Gold zu erzeugen. Ein anderer Plan sah die Besiedlung russischer Gebiete durch deutsche Siedler vor. Schubart ließ auch Nichtadlige, vor allem Hamburger Kaufleute zum inneren Orden zu, sofern sie genügend zahlten. 1766 entwickelte er seinen „ökonomischen Plan Durch massive Neuaufnahmen und Beförderungen sollte dank hoher Gebühren ein Kapital angehäuft werden, dessen Zinsen nach wenigen Jahren jedem Ordensbeamten steigende Renten gesichert hätten, und das ab 1787 ausgereicht hätte, die symbolischen Logen zu schließen und auch territorial einen Templerstaat zu errichten.

Doch die finanzielle Ausbeutung der Brüder in den unteren Graden stieß auf entschiedenen Widerstand, obgleich Schubart selbst, der Kanzler Johann Wilhelm Mylius (Eq. a Stella), der Schatzmeister Ernst Gustav von Gersdorf (Eq. a Carduo) und der Prior Ernst Gottlob Kiesenwetter (Eques ab Adamante) sich mit ihren persönlichen Vermögen für die korrekte Verwendung der Gelder verbürgten.

Keines dieser Projekte kam zur Verwirklichung.

1767 versuchte eine weitere freimaurerische Sekte sich der Strikten Observanz anzuschließen, das sog. Klerikat. Sein Begründer, Johann August Starck und dessen Stellvertreter v. Raven setzten sich mit v. Hund in Verbindung und schlug die Aufnahme des Klerikats in die Strikte Observanz vor; dabei sollten die Kleriker von den Rittern unabhängig und direkt dem Heermeister unterstellt sein. Für die Strikte Observanz führte Franz von Prangen (Eq. a Pavone) die Verhandlungen, v. Hund zögerte, besonders weil Starck mit seinen Geheimnissen nicht herausrücken wollte, aber kräftige finanzielle Forderungen stellte. Er nahm aber schließlich einige Kleriker in seinen Orden auf und 1772 wurden die beiden Systeme auf dem Kongress von Kohlo durch das „Pactum fundamentale" offiziell vereinigt. Bald stellten sich Streitigkeiten, besonders mit Schubart, ein und schon 1778 trennten sich beide Systeme auf dem Kongress von Wolfenbüttel wieder. Die Streitereien hielten jedoch noch lange an.

1785, als die Strikte Observanz sich bereits aufgelöst hatte, erschien der Roman „Saint-Nicaise in welchem v. Hund, Schubart und die Strikte Observanz scharf kritisiert wurden; als Verfasser vermutete man - zu Unrecht - Starck. Darauf antwortete v. Hunds Freund Kessler von Sprengseysen mit der dreiteiligen Schrift „Anti-Saint-Nicaise".


1768 erstand der Strikten Observanz eine neue Konkurrenz. Johann Wilhelm Ellenberger, genannt Kellner von Zinnendorf, der Präfekt von Brandenburg gewesen war, verließ den Orden 1766 und gründete mit Hilfe der Rituale des Schwedischen Systems, die er für 200 Dukaten in Stockholm zusammen mit einer Vollmacht Eckleffs gekauft hatte, in Berlin und Potsdam 1768-1770 mehrere Logen dieses Systems.


Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland

1770 konnte er mit 11 Logen die „Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland" gründen, die in scharfe Konkurrenz zur Strikten Observanz trat. 1778 zählte sie bereits 34 Logen. Sie wurde von der Großloge von London anerkannt. Ihr Großmeister wurde 1772 Prinz Ludwig von Hessen-Darmstadt.

Hierauf machte v. Hund die symbolische Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln" (deren Stuhlmeister Zinnendorf einst gewesen war) und welche der Strikten Observanz angehörte, zur „Großen National-Mutterloge der Preussischen Staaten", während ihr innerer Orden die Präfektur Templin (Berlin) bildete. Da überdies die von England anerkannte Großloge „York zur Freundschaft" bestand, gab es in Preussen nicht weniger als drei Großlogen.


Provinzialkongress in Kohlo

1772 trat vom 4. bis 24.Juni ein Provinzialkongress in Kohlo in der Niederlausitz auf dem Gute des Barons Aloys v. Brühl zusammen. Grund war eine verbreitete Unzufriedenheit im Orden: die geheimen Oberen hatten sich als inexistent erwiesen und immer mehr Brüder waren inzwischen Ritter geworden, ohne die verheißenen höheren Aufschlüsse vorzufinden. v. Hunds Vollmachten wurden erneut in Frage gestellt, sein chiffriertes Patent untersucht. Er verteidigte sich schlecht und seine Stellung blieb geschwächt. Da man keinen unbekannten Oberen mehr gehorchen wollte, wurde Herzog Ferdinand von Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel , ein preussischer General und berühmter Heerführer, zum „Magnus Superior Ordinis Muratorum Electorum Templi per Germaniam inferiorem" gewählt, d. h. zum Großmeister der VII. Provinz.

Bald anerkannten ihn auch die anderen Provinzen als Oberhaupt des Ordens. Sitz des Provinzialdirektoriums wurde nun Braunschweig. Der Kongress von Kahlo leistete im übrigen gute Arbeit, bestätigte die Vereinigung mit dem Klerikat, leitete eine zaghafte Demokratisierung ein, straffte die Organisation und vergaß auch nicht den Erlass einer neuen (höheren) Gebührenordnung.


Von nun an wurde der Orden auch als „Rektifiziertes schottisches System" bezeichnet, was nicht zu verwechseln ist mit den späteren Rektifikationen in Lyon und Wilhelmsbad.


Zwischen 1772 und 1775 war der Orden auf seinem Höhepunkt. 1774 hatten sich die französischen Logen Willermoz' dem rektifizierten Ritus angeschlossen, wodurch der Orden auf einen Schlag drei neue Provinzen ( die II., III. und V.) eröffnen konnte. Er breitete sich in Italien, der Schweiz, Dänemark, Polen, Russland und Ungarn aus. Italien wurde zur VIII. Provinz Oberdeutschland geschlagen, Savoyen aber zur II. (Auvergne).

Die Schweiz gehörte zur V. Provinz, wurde aber 1779 zu einem unabhängigen Großpriorat (s. S. 54). Herzog Ferdinand, der ursprünglich Provinzialgroßmeister der Londoner Loge in Braunschweig gewesen war, löste die Strikte Observanz völlig aus der Abhängigkeit von England. Am Ordenskongress von Braunschweig vom 23. Mai bis 6. Juli 1775 waren nicht weniger als 22 deutsche Fürsten zugegen, darunter der Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preussen und Kurfürst Joseph Maximilian von Pfalz-Zweibrücken, der künftige König von Bayern. Allein in Deutschland zählte der Orden jetzt 16 Präfekturen. Ihm gehörten die meisten deutschen Logen an, mit wenigen Ausnahmen, z. B. der Loge „Zur Eintracht" in Frankfurt a. M. oder der 1772 wieder abgefallenen Hamburger Logen. Bereits aber begannen die Zeichen des Zerfalls sich bemerkbar zu machen. Das Misstrauen gegenüber v. Hunds Ausweisen blieb auch auf diesem Kongress bestehen, wenn man ihn auch nach außen unangetastet ließ, um dem Orden nicht öffentlich zu schaden.


Die Krise

Die Unzufriedenheit der Brüder wegen des Mangels an geistiger Tiefe, des Fehlens der erwarteten tieferen Aufschlüsse und der sich häufenden Skandale um Schwindler und Betrüger nahm zu. In Leipzig konnte der Schankwirt Johann Georg Schrepfer in einer Winkelloge Geister- und Totenbeschwörungen vornehmen, fand hochgestellte Beschützer, bis er, entlarvt, sich erschoss.

1776 erklärte der Freiherr von Gugomos (Eques a Cygno Triumphante), dass er allein die wahren Templerlehren aus Zypern und Italien mitgebracht habe. Er berief einen eigenen Konvent nach Wiesbaden, zu welchem viel maurerische Prominenz erschien, legte Patente, Urkunden, Siegel und Rituale seines Systems vor, die alle gefälscht waren. Von Heinrich von Rosskampff schließlich entlarvt, floh er und gestand den ganzen Schwindel ein. Solche und ähnliche Vorkommnisse schadeten dem Orden sehr.

Lessing schrieb im 4. Gespräch von Ernst und Falk, das 1778 enstand: „Das Logenwesen, so wie ich höre, dass es jetzt getrieben wird, will mir gar nicht zu Kopfe. Eine Kasse haben; Kapitale machen; diese Kapitale belegen; sie auf den besten Pfennig zu benutzen suchen; sich ankaufen wollen; von Königen und Fürsten sich Privilegien geben lassen; das Ansehen und die Gewalt derselben zur Unterdrückung der Brüder anwenden, die in einer anderen Observanz sind, als der, die man so gern zum Wesen der Sache machen möchte - wenn das in die Länge gut geht !... Der eine will Gold machen, der andere will Geister beschwören, der Dritte will die Tempelritter wieder herstellen..."

1776 starb der Baron von Hund in Meiningen. Um seine Nachfolge als Heermeister der VII. Provinz bewarb sich Herzog Karl von Södermanland, der Bruder des schwedischen Königs und 1774 Großmeister der seit 1756 bestehenden Großen Landesloge von Schweden. Diese hatte bereits einen Ableger in Deutschland in der Großen Landesloge in Berlin. Gleichzeitig sollte die schwedische Großloge mit der VII. Provinz der Strikten Observanz vereinigt werden. In mehreren Konferenzen in Kopenhagen, Hamburg und Maltisholm wurde die Vereinigung vorbereitet. Auf dem Ordenskongress von Wolfenbüttel wurde 1778 Herzog Karl zum Heermeister gewählt und Schweden zur IX. Provinz erklärt.


Aber schon 1781 trennte sich der Herzog wieder von der Strikten Observanz und seither entwickelte sich das schwedische System unabhängig. Es ist bis heute selbständig.


Alle diese Vorkommnisse zeigen deutlich, dass ungeachtet seiner Ausbreitung das System auf wankenden Füssen ruhte und in einer Krise steckte. Dies blieb auch dem Magnus Superior Ordinis, Herzog Ferdinand von Braunschweig, und seinem Stellvertreter, dem Prinzen Carl von Hessen, nicht verborgen. Nach 1777 reiften die Pläne, die Strikte Observanz durch eine umfassende Reform zu erneuern.

Man hat an der Strikten Observanz mit Recht scharfe Kritik geübt. Naive Gutgläubigkeit gegenüber Scharlatanen und Schwindlern, kritiklose Annahme historischer Legenden, lächerliche Suche nach immer neuen Geheimnissen und tieferen Aufschlüssen, die kindische Freude an Titeln, äußerem Prunk und Rittergehabe haben mit der ursprünglichen Freimaurerei kaum mehr etwas zu tun.

Es lässt sich aber nicht übersehen, dass sie über fast 20 Jahre das deutsche und weite Teile des europäischen Maurertums beherrscht hat. Trotz aller unerfreulichen Aspekte leisteten vor allem die symbolischen Logen gute maurerische Arbeit und waren in der Lage, die geistige Elite in Staatsverwaltung, Heer, Adel und Politik für sich zu gewinnen, z. B. die späteren Könige von Preussen und Bayern, Friedrich Wilhelm II. und Maximilian Joseph von Pfalz-Zweibrücken.

Die z. T. närrischen Auseinandersetzungen fanden vorwiegend in den Inneren Orden statt. Die Freimaurerei erfuhr in diesen Jahren eine große Ausdehnung. Zwischen 1760 und 1780 vervierfachte sich die Zahl der Logen und der Freimaurer in Deutschland und erreichte wahrscheinlich mehr als 10.000 Mitglieder, die meisten davon in der Strikten Observanz. Die symbolischen Logen arbeiteten kaum anders als zuvor und später und blieben offensichtlich von den Auseinandersetzungen in den Inneren Orden unberührt. Diese waren immer relativ klein und umfassten 1780 nur 1375 Personen. Es waren nicht nur kritiklose Männer, die sich zum Orden hingezogen fühlten. Dies zeigte sich vor allem, als erst in Lyon die französischen Provinzen über eine Reform berieten und später im Kongress von Wilhelmsbad eine umfassende Reform an die Hand genommen wurde.[1]

Strikte Observanz

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)

(s. Hund, Freiherr von), ein Hochgradsystem, wie zahlreiche andere im 18. Jahrhundert entstanden, das durch eine besonders günstige Verkettung von Umständen einen über seinen geistigen Inhalt weit hinausgehenden Einfluß auf die deutsche Freimaurerei erlangte.

Die Wurzeln des Systems sind in Frankreich zu suchen. Immer wieder wird behauptet, schottische und französische Jesuiten seien die Drahtzieher gewesen, die nicht nur der Partei des katholischen Prätenden in Karl Eduard Stuart in Frankreich eine gegen das protestantische Königshaus von England-Hannover gerichtete freimaurerisch organisierte politische Kerntruppe schaffen wollten, sondern dabei auch auf Stärkung des katholischen Einflusses in Deutschland abzielten.

Karl Gotthelf Reichsfreiherr von Hund auf Altengrotkau

Der einzige, der Genaueres darüber wissen konnte, Karl Gotthelf Reichsfreiherr von Hund auf Altengrotkau, schweigt sich in seinem im Archive der Loge "Minerva" in Leipzig erhaltenen Tagebuch darüber aus, vielleicht, weil er sich zum Schweigen verpflichtet hatte, vielleicht, weil er dahintergekommen war, daß er für fremde Zwecke mißbraucht wurde, wahrscheinlich, weil er sich gar keiner solchen Einflüsse bewußt war.

In der Freimaurerei hatte der Gedanke des Templertums um 1737 Wurzeln geschlagen. Man setzt den berühmten "Discours" des Chevalier Ramsay von 1737 gerne an den Anfang dieser merkwürdigen Entwicklung.

Der Inhalt der freimaurerischen Templerlegende besagt in Kürze, daß nach dem Pariser Autodafé des Jahres 1314, bei dem der letzte Templer-Großmeister, Jacques de Molay, als Opfer päpstlicher und königlicher Machtgier sein Leben auf dem Scheiterhaufen beendete, die Tempelritter in Schottland im geheimen weitergewirkt und ihre Lehre kommenden Geschlechtern erhalten hätten.

Herodom

So soll in Schottland ein templerisches Kapitel, Herodom - Killwinning, bestanden haben, wobei die Templer, um sich vor Vernichtung zu schützen, ihre Organisation in die der Freimaurerei hüllten. Historischer Kritik hält diese Legende nicht stand. (Schiffmann, Begemann u. a.) Aber sie wurde bereitwilligst geglaubt. Zahlreiche Hochgradsysteme klammerten sich an sie, und ebenso wie Hiram wurde de Molay ritualistische Legendenfigur, um die sich das System aufbaute. Die Lehre der Strikten Observanz enthielt angeblich ein streng zu hütendes Kunstgeheimnis, eine Vorspiegelung, die allen möglichen (mit Alchimie usw. operierenden) Schwindlern eine vortreffliche Handhabe bot.

Von Hund hat in Paris mit derartigen, auf das Templertum eingeschworenen Hochgradkreisen Verkehr gehabt. Er erklärte, er sei am Hofe des Prätendenten Karl Eduard Stuart in Gegenwart des Lord Kilmarnock und des Lord Clifford von einem Ritter von der roten Feder (a penna rubra) zum Tempelritter geweiht und gleichzeitig zum Heermeister der in der Freimaurerei wiedererstandenen templerischen VII. Ordensprovinz ernannt worden. Sein Heermeisterpatent trägt im Kopfe den Namen: "George Guillaume Chevalier du Soleil d'Or, Grand maître de tous les Templiers" und redet Hund als Provinzial Großmeister der Lande an Elbe und Oder an. Hierbei erscheint auch zuerst Hunds Rittername: Charles Baron de Hund, Chevalier de l'Epée (Ritter vom Degen, lateinisch: Eques ab ense).

Ordensprovinz

Es sei hier darauf hingewiesen, daß eine durchorganisierte Ordensprovinz anfänglich nur in Deutschland bestand. Von einer französischen Provinz, die Hund als Vorbild hätte dienen können war keine Rede. Hund hat also aus Paris höchstens die Idee — vielleicht auch das Heermeisterpatent mitgebracht, dessen Ausstellung andeutungsweise dem Stuart zugeschrieben wurde. 1775, auf dem Konvent in Braunschweig, drängten die Ritter in Hund, er möge den wirklichen Namen des Eques a penna nennen. Hund brach in Tränen aus und versicherte, das liefe wider seinen Eid und sein Gewissen , worauf der Konvent beschloß, "seiner Hochwürden und Gnaden nie wieder mit dergleichen Fragen beschwerlich zu fallen".

Siebenjähriger Krieg

Hund hat es jedenfalls verstanden, mit dem in Frankreich erhaltenen Pfunde zu wuchern. Sein erstes Kapitel, von Droissig genannt, bestand 1751 nur aus ihm und seinem Freunde, von Schönberg (eques a Leone rubro). Erst drei Jahre später wurde der Organisationsplan entworfen. Hier wirkten bereits sieben Brr. mit. Der Lage der Zeit (Siebenjähriger Krieg !) entsprechend, hatte Hund erst nur Sachsen zu Vertrauten: v. Schönberg, Mylius, v. Kiesewetter, Vitztum von Eckstadt, die beiden Brüder Schmidt u. a. Als seinen Antecessor, Vorgänger, von dem er die Ordensmatrikel übernommen habe bezeichnet Hund den Br. C. G. von Marschall Ritter vom Reißbrette (eques a tabula designatoria). Einen Organisationsplan hat er von diesem aber nicht übernommen, denn man merkt deutlich, wie sich die Strikte Observanz nur langsam aufbaut.

Templeridee

Grundgedanke ist die Templeridee. Man hielt sich für berechtigte Nachfahren der alten Tempelritter, die sich hinter dem Maurerschurz solange gedeckt haben sollten. Die Rituale der ersten vier Grade wurden aus Frankreich eingeführt. Den V. und VI. Grad hat Hund wie Runkel meint, aus dem Gedächtnis niedergeschrieben. Vielleicht hat er sie auch erfunden. Das Beispiel der Weltmacht der alten Templer und ihre Reichtümer wirkten vorbildlich. Man wollte auch materiell fundiert sein. Daher die verschiedenen Projekte ökonomischer Plane (s.d.) und die Idee durch Errichtung eines "Departements für Arbeiten in chymicis, mechanicis et commercialibus" zu Geld zu kommen.

Freimaurerisch aufgebautes Ritualsystem

Das freimaurerisch aufgebaute Ritualsystem umfaßte:

  • die drei Johannisgrade,
  • den IV., schottischen, Grad
  • als V. Grad das Noviziat (die Loge hieß daher Novizenhaus).
  • Der VI. Grad brachte den für würdig Befundenen die Ritterweihe. Der Kandidat erhielt hierbei die Ordenstracht und wurde mit Helm und Harnisch bekleidet.
  • Später (1770) kam als VII. Grad der eques professus (s. d.) (der Ritter des großen Gelübdes) dazu.

In Nachahmung des alten Templerbrauchtums wurde die Erde in Provinzen aufgeteilt. Die Kapitel der Ritter wurden Präfekturen, die mit den ältertümlichen Namen belegt wurden:

  • Berlin = Templin
  • Prag = Rodomskoi
  • Dresden = Gommern
  • Hamburg = Ivenack
  • Wien = St. Pölten

u.a.

[Anm.d.Red: ergänzend: Braunschweig = Brunopolis, Kopenhagen = Binin1, Leipzig = Derla1, Schlesien = Apfelstädt1
1(Quelle: Allgemeines Handbuch der Freimaurerei C. Lenning 1863)]

Die Ordenstracht bestand aus weißer Tunika und einem weißen Mantel mit dem roten Templerkreuz. Außerdem gab es eine Uniform (s. Ordenstracht): purpurner Rock mit goldenen Bändern, hellblaue Weste, Ritterkreuz mit rotem Band, Degen und Federhut. Die Ordensgebieter waren unter dem Heermeister Priore, Subpriore, Großkomture, Präfekten und Commendatoren. Die Loge führte den Namen Hauskommende, der Vorsitzende Meister den Titel Hauskomtur. Die Verpflichtung der Mitglieder geschah durch die sogenannte "Obödienzakte" , in der im Gegensatz zu den Logen "later Observanz" dem "rituali strictae Observantiae" unbedingter, blinder Gehorsam gelobt wurde.

Weiterentwicklung

Die historische Weiterentwicklung möge unter Hund nachgelesen werden. Hier kommt es im Wesentlichen auf Inhalt und Form der Strikten Observanz an. Man kann deren Initiatoren eine große organisatorische Begabung nicht absprechen. Hierher gehört auch, daß die Zentrale durch Sendboten Proselyten suchte. Einer dieser Apostel war Johann Christian Schubart von Kleefeld, der nach dem scharfen Urteile Bodes (a. d.) "die einträgliche Kommission" übernahm, umherzuziehen, um der Provinz kontribuale Menschen zu verschaffen". Dieser Schubart (s. d.) bereiste in Geschäften des Ordens die deutschen Lande und trieb dabei auch wie ein Steuerexekutor die Beiträge ein. Denn man hatte Große Pläne im Orden (s. Labrador) und insbesondere, wie bereits erwähnt, einen "ökonomischen Plan" (s. d.), eine Pensionskasse, die in ihrer Anlage beweist, daß die modernen Templer wohl gute Leute, aber sehr schlechte — Versicherungstechniker waren.

Immerhin mag dieser Plan manchen angelockt haben. Verbindungen derartiger handgreiflicher Vorteile mit dem Freimaurertum lagen im Geiste der Zeit (a. Ludwig von Hessen und die Grünstadter Lehrart). Man errechnete ein Kapital von 2,000.000 Talern und Leibrenten von 500 Reichstalern jährlich für jeden Ritter und dessen Nachkommen! Von Hund, der bereit war, zwei Güter, Unwürde und Kittlitz, zu schenken, war dem ökonomischen Plan nicht gewogen. Er sah darin eine zu materialistische Verwässerung seines idealen Zweckes. Um sich die Fürsten geneigt zu machen, dachte man auch an die Errichtung einer Militärakademie.

Trotz innerer Gebrechen erwies sich die Organisation nach außen hin bald gefestigt. Das beweist nicht zuletzt die Mühelosigkeit, mit der Konkurrenzunternehmungen aufgesaugt werden konnten. Betriebsame Hochstapler wie Rosa und Johnson wurden vom Licht angezogen und verbrannten. Ernster war die Auseinandersetzung mit dem Klerikat. Der Gegenseitigkeitsvertrag, der zustande kam, stellt beiden Teilen, Hund und Starck, ein Klugheitszeugnis aus. Nur mit dem selbstherrlichen Zinnendorf konnte kein Vergleich erzielt werden.

26 deutsche Fürsten

Ein großer äußerer Erfolg war es, als Herzog Ferdinand von Braunschweig 1772 zum Magnus superior ordinis per Germaniam inferiorem gewählt wurde. Als dieser 1775 in feierlicher Prozession zum Konvent von Braunschweig zog, gehörten 26 deutsche Fürsten seinem System an. Aber das System ging schließlich trotz dem äußeren Ritterprunk an seiner Inhaltslosigkeit zugrunde. Runkel (, Geschichte der Freimaurerei in Deutschland" I., 228) meint: "Jedenfalls war die Strikte Observanz in dem Lustrum von 1763—1768 die erfolgreichste Organisation, die geeignet schien, die freimaurerische Sehnsucht der damaligen Zeit zu erfüllen, bis etwas Besseres kam."

Ihr Ende fand sie im Abschied des "General-Orden-Convents gehalten zu Wilhelmsbad bei Hanau, in den Monaten Julius und August 1782", einem neuen, dehnbaren Statut, das allgemein nicht befriedigte. Die Mehrzahl der Großlogen und Logen sagte sich los. Der feudale Gedanke des Rittertums hatte ausgespielt, die Gedanken der bürgerlichen Revolution kundigten sich an. Die Ritter im Harnisch wurden Gespenster der Ahnengalerie, die nur noch mit vagen Vorstellungen von geheimen Oberen und ritterlichem Herkommen verbunden blieben.

Für Lessing war das System stets eine "Träumerei", für Goethe eine "weiß-rote Maskerade" gewesen.

In verschiedenen Atavismen der Deutschen Hochgradsysteme lebt das Rittertum der Strikten Observanz fort. Ihr letzter Ausläufer ist das helvetische Priorat des "Régime Rectifié" (des Rektifizierten Ritus) in Genf, das sich rühmen darf, ihr letzter direkter Sproß zu sein.

Man hat von Hund ungünstig beurteilt. Er war im gewissen Sinne ein "Besessener". Sicher kein Betrüger, wahrscheinlich ein Betrogener. Es fällt schwer, ihn als geistig vollwertig anzusprechen, aber Gewinnsucht lag ihm fern. Das hat sein finanzieller Bankrott genügend erwiesen. Was sich um ihn scharte, weist alle Gradstufen vom Industrieritter bis zum lebensuntüchtigen, weltfremden Idealisten auf.

Die Strikte Observanz ist ein Kapitel der Deutschen Freimaurergeschichte

Man tut ihm nicht Gewalt an, wenn man es als trauriges Kapitel bezeichnet. Vieles ist unklar an diesem Seitenzweig der Deutschen Freimaurerei. Von der Entstehung angefangen bis zu den eigentlichen Zielen. Was wollte von Hund mit einem Ritterspiel? War wirklich jesuitischer Einfluß im Gange?

Wollten die Diplomaten der Societas Jesu diesen kleinen leichtgläubigen Landjunker ihren Zwecken vorspannen, um in den Deutschen Adels- und Intelligenzkreisen den Katholizismus an Stelle des Protestantismus zu setzen? Das wäre immerhin eine ganz große Konzeption gewesen, die auch viel Menschenkenntnis verriete. Was wollte Starck mit seinem geistlichen Konkurrenzunternehmen?

All diese Fragen bleiben offen. Dafür bleibt ein Wust von Akten, Briefen, Protokollen, der menschliche Schwächen, Eitelkeiten, Eifersüchteleien aufdeckt. Vergebens sucht man nach irgendeiner Leistung. Vergebens nach einem klaren Plan, vergebens nach einem bleibenden Wert. Die innerlich großen Freimaurer der Zeit zogen sich zurück. Die Strikte Observanz hat nichts gefördert, aber alles in der Entwicklung verzögert. Sie starb zur rechten Zeit.

Pseudonyme der Strikten Observanz

Quelle: Allgemeines Handbuch der Freimaurerei C. Lenning 1863

Mit dem Vorsatz Eques a (Ritter vom), abweichende Bezeichnungen in Klammern (Anmerkung des Erfassers)

A:

  • Alexius, in der stricten Obervanz der Ordensname J. E. Hoehmuth's
  • Alis (Eques ab), in der stricten Observanz Ordensname v Metsch's
  • Andreas, in der Strikten Observanz, der Name des Prof. Dr. Lindner in Königsberg
  • Arbore Frugifera (Eques ab), in stricten Observanz der Name v. Bose's
  • Archidemides (ab Aquila fulva), in der Observanz der Name Starcks
  • Arcu ab in der Strikten Observanz Name des Barons v Dürckheim Provinzial Grossmeisters der fünften Provinz des Hundt'schen Tempelherrnsystems
  • Aesculapio ab, in der Strikten Observanz der Name Lavater's
  • Aquila alba in der Strikten Observanz Name Karl Adolf Graf v Brühl kurf sächs Generallieutenant
  • (ab) Aquila imperiali in der Strikten Observanz Name des Ad. Gottl. von Eyben Geheimrath und Kanzler zu Meiningen

(ab) Aquila coronata in der Strikten Observanz Name des von Osten

B:

  • Basilisco in der Strikten Observanz Name zweier Maurer: 1) Eques a Basilisco Kapitän Ferd. Thom. Marquis de Mossy de Moran in der Präfektur Turin mit dem Wahlspruch Cave aspectum (Hüte dich vor meinem Anblick) und mit der Inschrift Averte ocu los (Sieh weg) 2) Armiger a Basilisco Kam mersekretär Fr. Chr. Augspurg in Hannover mit dem Wahlspruch: Stultorum terror (Schrecken der Dummen)
  • Bilance (Wage), in der Strikten Observanz Name zweier Freimaurer: 1) Eques Bilance, David Jakob Hansen Lieutenant in der Präfectur Binin (Kopenhagen) 2) Armiger a Bilance, Sixtus Kapf, Professor in Tübingen mit dem Wahlspruch Nec huc nec illuc.
  • Bona spe, Pseudonym für Friedrich von Hahn, Präfekt Eydendorp Mecklenburg
  • Bias a Stella in der Strikten Observanz Name C. A. v. Plommenfeld

C:

  • Cancro aureo, in der Strikten Observanz Name des Hofraths und Leibmedicus Jahn in Dresden
  • Capite galeato, in der Strikten Observanz Name des Marquis de Chef de Bien
  • Capricorno, in der Strikten Observanz Name v Seckendorf's in Beireuth
  • Caprimulgo, in der Strikten Observanz Name des Prinzen Murusi
  • Carduo, in der Strikten Observanz Name v Gersdorf's
  • Ceraso, in der Strikten Observanz Name Wächter's
  • Cesto, in der Strikten Observanz Name des Grafen Moritz v Brühl
  • Clypeo, in der Strikten Observanz Name des Geheimen Raths v Fritsch in Weimar
  • Cochlea argentea in der Strikten Observanz Name v Goué's
  • Columna aurea, in der Strikten Observanz Name des Prinzen Wilhelm Adolf von Braunschweig
  • Corona aurea, in der Strikten Observanz Name v Morath's
  • Coronis in der Strikten Observanz Name des Herzogs Karl von Kurland
  • Cratere, in der Strikten Observanz Name des Geheimraths Goldbeck in Berlin
  • Cygno in der Strikten Observanz Name des Freiherrn v Knigge
  • Cygno triumphante so nannte Gugomos
  • Cuniculo in der Strikten Observanz Name von Loos

D:

E:

  • (ab) ense in der Strikten Observanz Name des Heermeister Freiherr von Hund

F:

  • Falce in der Strikten Observanz Name v Hippel's
  • Falce aurea in der Strikten Observanz Name des Herzogs Leopold von Braunschweig
  • Firmamento, in der Strikten Observanz der Name Pierre Jacques Astruc's Conseiller maitre de la souveraine Cour des Comptes aydes et Finances de Languedoc in Montpellier. Er war unter diesem Namen Sous administrateur des Helvetiens und Prior von Montpellier in der dritten Provinz des v Hund schen Tempelherrensystems
  • Flamma, in der Strikten Observanz Name des Barons v Landsberg in Strasburg
  • Flore turcico, in der Strikten Observanz Name des Majors Schneller in Braunschweig
  • Fonte irriguo, in der Strikten Observanz Name des Geheimraths v Kortum
  • Mauritius Eques a cestra Moritz Graf von Brühl, Ritter vom Streithammer oder Mauritius Eques a cesto Moritz Ritter vom Kampfriemen
  • Falcone, in der Strikten Observanz Name Vogt´s
  • Falcone II, Nach der Erklärung C. A. von Plommenfeld's (Bias a Stella) auf dem Convente zu Wolfenbüttel 1778 sollte unter diesem Namen der Grossmeister verborgen, und dieser selbst der deutsche Kaiser Joseph II. sein.
  • Falcone alba in der Strikten Observanz der Name des nachherigen Grossherzogs Karl von Sachsen Weimar

P:

R:

Die strikte Observanz bei Wikipedia

Bei der Strikten Observanz handelt es sich um ein freimaurerisches Hochgradsystem, das ab Mitte des 18. Jahrhunderts die meisten deutschen und eine Vielzahl europäischer Freimaurerlogen ihrem Einfluss unterwarf. Im Gegensatz zum schlichten englischen Drei-Grad-Freimaurersystem bot die strikte Observanz ein sehr stark auf Elementen des Templerordens und einer hierarchischen Ordnung basiertes Lehrsystem.

Die Mitglieder der Strikten Observanz wähnten sich von sogenannten „Geheimen Oberen“ geführt und betrachteten sich als Nachfolger der Templer,[Anm. 1] was einer historischen Überprüfung nicht standhält. Sie wird heute von keinem relevanten freimaurerischen System mehr behauptet. Das Vorhandensein freimaurerischer Templer bereits im Jahre 1743 wird als Erfindung des Reichsfreiherrn Karl Gotthelf von Hund und Altengrotkau angesehen, der selbst nachweisbar erst 1751 den ersten freimaurerischen Templerorden gründete.

Ausbreitungsphasen

Die Gründung der Strikten Observanz wurde 1761 in Deutschland durch den Reichsfreiherrn Karl Gotthelf von Hund initiiert und als Hochgradsystem etabliert. Die Ausbreitung kann in vier Phasen eingeteilt werden.

In der ersten Phase (1751–1762) wurde das System entwickelt. Hierbei war vermutlich nur eine kleine Gruppe von Personen beteiligt, die sich überwiegend um die Person von Hunds bewegten. Für diese frühe Zeit ist eine Verbindung zu wahrscheinlich oppositionellen schottische Gruppierungen nachgewiesen. Letztere hatten vermutlich das Ziel die englische Position in Nordamerika zu schwächen.

Mit dem Ende des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) konnte die kleine Gruppierung (etwa 20 Personen) um Freiherr von Hund die von den abziehenden preußischen Truppen zurückgelassenen Freimaurerlogen des „Clermont'schen Systems“ 1764 übernehmen. Im selben Jahr wurde Freiherr von Hund auf dem Konvent von Altenberge bei Kahlaals als Führer der Strikten Observanz bestätigt. Damit begann in den Thüringer Kleinstaaten, Kursachsen und in Sachsen-Weimar-Eisenach der Expansionskurs der Strikten Observanz.

In dieser Organisation sammelten sich Personen, die zusammenfassend als Ständeopposition bezeichnet werden können: Personen aus Adelsfamilien oder auch hohen Verwaltungsbeamten mit mindestens einem Ratstitel – also ein elitärer Zirkel, ein „Neo-Adel“. Die Strikte Observanz bot die Möglichkeit sich mit einem (nicht-weltlichen) Rittertitel zu schmücken. Daneben bot den beteiligten Personen ein Netzwerk, das Unterkunft und Kontakte bei kleindiplomatischen Reisen ermöglichte und so auch der Ständeopposition eine Vernetzungsmöglichkeit gegenüber ihren latent absolutistischen und nach dem Siebenjährigen Krieg hoch verschuldeten Landesfürsten ermöglichte. Hier wurde also Politik betrieben, mit all ihren Nebenwirkungen: so entschloss sich die Organisation, die mittlerweile aus gut 200 Personen bestand, ihre Arbeit einzustellen, als eines ihrer Mitglieder für den Mainzer Kurfürstenstuhl kandidieren konnte und die um dieses Amt konkurrierenden politischen Gruppen die Strikte Observanz in diesem Zuge hätten versuchen können zu zerschlagen.

Erst nach Beendigung dieser Krise konnte sich die Strikte Observanz ab 1772 wieder neu aufstellen. Nach der Ersten Teilung Polens von 1772 entdeckten auch die regierenden Fürsten ihren Bedarf an einem Vernetzungsinstrument. Die Reichsverfassung schien mit der Rivalität zwischen Österreich und dem nun groß gewordenen Preußen in ihrem Bestand gefährdet. Freiherr Johann August von Starck (1741–1816), der 1761 in Göttingen zum Freimaurer aufgenommen wurde, behauptete, er sei in Besitz des eigentlichen „klerikalen Systems“ der Tempelherren. Freiherr von Hund begrüßte diese Neuerung, schloss sich mit ihm zusammen und 1772 fand auf einem Konvent auf dem Rittergut Kohlo in der Niederlausitz die Vereinigung mit Starcks klerikalem System statt. Freiherr von Hund wurde das Heermeisterpatent zuerkannt und Herzog Ferdinand von Braunschweig übernahm als Magnus superior ordinis und Großmeister aller schottischer Logen die leitende Rolle.

Damit begann die Fürstenphase der Strikten Observanz. 1775 waren bereits 26 Fürsten Mitglied geworden. Es waren typischerweise nicht-regierende Kandidaten, denen der Orden der Strikten Observanz eine Art Ersatzherrschaft bot. Dies galt jedoch auch für die anderen Mitglieder, denen der Orden in allen Stufen Würden verlieh, die ihnen im realen Leben versagt blieben. Die Organisation expandierte stark und wuchs in den folgenden 10 Jahren auf etwa 1.300 Mitglieder aus regierenden Häusern oder anderen einflussreichen Positionen an. Die stärke politische Nutzung der Organisation führte zu einer schweren Krise: Das erstarkende Schwedische Königshaus weitete unter Gustav III. seine Macht in Skandinavien aus. Der Bruder des schwedischen Königs, der Herzog von Södermanland, versuchte als „Heeresmeister“ der Strikten Observanz, auch Dänemark dem Einfluss derselben zu unterwerfen. Dies führte nicht nur zu erheblichem dänischen Widerstand, auch die deutschen Fürstenhäuser fürchteten die Ausdehnung des politischen Einflusses Schwedens. Mit Hilfe des Landgrafen von Hessen–Kassel wurde 1781 die Abspaltung vom Schwedischen Systems herbeigeführt. Neben den politischen Motiven bestand auch inhaltliche Differenzen. Das schwedische Lehrsystem behauptete ebenfalls im Besitze des letzten Geheimnisses der Tempelritter zu sein. Freiherr von Hund versuchte erfolglos mit Johann Wilhelm Kellner von Zinnendorf, dem Begründer des schwedischen Systems in Deutschland, einen Gegenseitigkeitsvertrag zu schließen. Beide Systeme entwickelten einen regelrechten Systemkampf, der eine Zusammenarbeit ausschloss.

Die unbekannten Oberen

Die Gründungszeit der Strikten Observanz ist mit Beziehungen zur britischen Insel verbunden. Organisationsgründer Karl Gotthelf von Hund wurde 1741 in Frankreich in die Freimaurerei aufgenommen und hielt sich lange Zeit in Paris auf, wo er in die schottischen Hochgrade aufgenommen wurde.[3] In diesem Zusammenhang behauptete er, ein „unbekannter Oberer“ der „Templer-Freimaurerei“ in Paris mit der Bezeichnung „Ritter von der roten Feder“ (Lat.: „eques a penna rubra“) habe ihn in dieser Zeit (zwischen Dezember 1742 und September 1743) in die Hochgrade eingeführt und ihn zum Heermeister („Chevalier Templier“) der siebten Provinz, also für Deutschland, ernannt. Freiherr von Hund sollte später behaupten, er sei von den „unbekannten Oberen“ im Stich gelassen worden, und gründete 1751 auf seinem Gut Kittlitz eine eigene Loge, wo er ein neues Hochgradsystem einführte, um den Tempelherrenorden wieder aufleben zu lassen.

Obwohl Freiherr von Hund die „unbekannten Oberen“ nicht identifizierte, wurden sie immer wieder mit dem Haus Stuart und insbesondere Charles Edward Stuart in Verbindung gebracht, insbesondere da Hund ja die Jakobiten Lord Clifford Chudleigh und Earl of Kilmarnock als Teilnehmer an der Zeremonie in Paris genannt hatte.

Die angenommene jakobitische Verbindung beherrschte die Organisation in großem Maße und immer wieder wurde versucht mit Delegationen dieser Verbindung nachzugehen. Jede Delegation ließ die Verbindung unwahrscheinlicher erscheinen, aber nie führte sie zur Einstellung der Suche. Am 12. September 1777 traf Karl Eberhard von Wächter auf den inzwischen im italienischen Exil lebenden Charles Edward Stuart. Das von beiden unterzeichnete Protokoll ging an Herzog Ferdinand. 1780 wandte sich der Herzog von Södermanland schriftlich an Charles Edward Stuart und bat ihn um die Bestätigung seiner Wahl zum Heermeister der siebten Provinz. Charles Edward antwortete, dass er dies nicht bestätigen könne, angeblich nach Korrespondenz mit Wächter. Jene, die die Identifikation der Stuarts mit den „unbekannter Obereren“ für wahr halten, begründen diese Weigerung damit, dass Charles Edward damals die Hoffnung auf eine Restauration aufgegeben hatte und von der Unterstützung des Papstes, der jedoch 1738 die Logenmitgliedschaft von Katholiken verboten hatte, abhängig war. Andere sehen in der Weigerung einen Beleg gegen die Rolle der Stuarts in der Strikten Observanz.

Der Operationsplan

Ebenfalls zur Gründungsphase gehört der Operationsplan. Dieser wurde später, als sich Freiherr von Hund von diesem Plan distanzierte, zu einem Ökonomischen Plan. In seiner Grundkonzeption sah dieser Plan vor, unter den Anhängern der Strikten Observanz, die sich aus bestehenden Freimaurerlogen zusammensetzten, hohe Mitgliedsbeiträge zu kassieren, die möglicherweise zur Gründung einer Kolonie in Nordamerika genutzt werden sollten. Diese Kolonie sollte den Plänen zufolge eine Adelskolonie werden, in der sich die Regenten strikt an eine (liberale?) Verfassung halten.

Die Mitglieder der Strikten Observanz sollten dann den Regierungsapparat stellen. Die Forschung lässt für den Operationsplan noch viele Fragen offen: Es bestanden zur Zeit des frühen Operationsplans tatsächlich Beziehungen nach England und diese Personen waren auch in wirtschaftliche Aktivitäten in Nordamerika verstrickt. Vielleicht sollte das Geld aber auch nur gegen die Englischen Truppen im Siebenjährigen Krieg eingesetzt werden. Ab 1762 und dann noch mal ab 1764 wurde der Operationsplan überarbeitet (durch Schubert). Jetzt wird von Kapitalakkumulation gesprochen, die mithilfe von Manufakturgründungen und Fernhandel durchgeführt werden soll, und die ihren Mitgliedern Rentenkasse und Versicherung ist. Freiherr von Hund distanzierte sich von diesen, seiner Ansicht nach „zu materialistischen Plänen“. Da die Führungsmacht von Hunds jedoch bereits gebrochen war, änderte sein Widerstand nichts an der Umgestaltung des Plans, der von nun an als Ökonomischer Plan bezeichnet wird.

Lehre und Grade

Die Lehre der Strikten Observanz enthielt angeblich ein streng gehütetes Geheimnis. Grundgedanke war dabei ein Bezug zu den Tempelrittern. So will von Hund in Paris mit Hochgradkreisen verkehrt haben, die auf die Templer eingeschworen waren. Er gab vor, am Hof Charles Edward Stuarts in Anwesenheit von Lord Clifford und Lord Kilmarnock von einem Tempelritter Von der roten Feder zum Templer geweiht worden zu sein. Zugleich sei er zum Heermeister der reaktivierten VII. Ordensprovinz (Deutschland) der Templer innerhalb der Freimaurerei ernannt worden.

Auf dem Konvent von Kahla kam es zur Vereinigung des Systems des Freiherrn von Hund mit dem klerikalen System des Freiherrn von Stark. Hierbei wurden die Rituale und die ersten drei Grade revidiert.

Insgesamt gab es sechs, später sieben Grade, von denen die Rituale der ersten vier Grade aus Frankreich stammten, den fünften und sechsten Grad hat von Hund selbst erfunden. Diese Grade nannten sich: Lehrling, Geselle, Meister; Schotte, Novize und Tempelritter, später kam noch ein siebter Grad des Eques professus hinzu. In den Ritualen wurde stets auf Unbekannte Obere Bezug genommen, ohne darüber aufzuklären.

Wilhelmsbader Konvent und Zerfall

Mit dem Wilhelmsbader Konvent vom 16. Juli 1782 sollte wieder Ordnung in die Strikte Observanz gebracht werden. Hier planten 35 hohe Mitglieder der Organisation die zukünftige Struktur der Organisation. Der Konvent kam zu sehr sinnvollen Ergebnissen, wie der verstärkten wohltätigen Arbeit und der Abkehr vom Namen der Strikten Observanz – die Organisation sollte von nun an „Wohltätige Ritter“ heißen.[2]

Es fehlte ein schlüssiges Konzept für die Zeit nach dem Konvent. Man beschloss die Riten, Grade und sogar den Name zu ändern und gewährte den angeschlossenen Logen eine Frist von einem Jahr, ob sie dem System der Wohltätigen Ritter beitreten wollten. Jedoch war nicht klargestellt worden, wie die neuen Grade genau bearbeitet werden sollten. Das neue dehnbare Statut überzeugte die Mitglieder nicht. Man ließ die Legende der Abstammung vom Templerorden fallen, und Johann Christoph Bode bezeichnete die „Unbekannten Oberen“ als Erfindung von Johann Christian Schubart. Damit verlor die Strikte Observanz einen wesentlichen Teil ihrer Anziehungskraft. Das System ging „trotz des äußeren Prunks an seiner Inhaltslosigkeit“ zugrunde.

Die Mehrzahl der Freimaurerlogen und Großlogen entsagten der Strikten Observanz. Noch ehe Abenteurer wie Alessandro Cagliostro und der Graf von Saint Germain auftraten, kam es zu Betrügereien und deren anschließender Entlarvung. Als selbst von Hund nach seinem Tod der Scharlatanerie verdächtigt wurde, begann der Zerfall der Strikten Observanz, die sich nur noch mit sich selbst beschäftigte. Nach einem letzten Reformversuch zerbrach die Strikte Observanz im Jahre 1782.


Als Reaktion auf die desolaten Zustände innerhalb der Strikten Observanz wurde bereits 1776 im Stillen der Illuminatenorden gegründet.


Literatur

  • Joachim Bauer, Gerhard Müller: „Des Maurers wandeln, es gleicht dem Leben“. Tempelmaurerei, Aufklärung und Politik im klassischen Weimar. Hain-Verlag, Rudolstadt u. a. 2000, ISBN 3-89807-007-7, (Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte Beiheft 32).
  • Ludwig Hammermayer: Der Wilhelmsbader Freimaurer-Konvent von 1782. Ein Höhe- und Wendepunkt in der Geschichte der deutschen und europäischen Geheimgesellschaften. Schneider, Heidelberg 1980, ISBN 3-7953-0721-X, (Wolfenbütteler Studien zur Aufklärung 5, 2).
  • René Le Forestier: Les Illuminés de Bavière et La Franc-Maçonnerie Allemande. Hachette, Paris 1914, (Auch Nachdruck: Slatkine-Megariotis, Genf 1974).
  • Eugen Lennhoff, Oskar Posner: Internationales Freimaurerlexikon. Überarbeitete und erweiterte Neuauflage (Stand Februar 2000) der Ausgabe von 1932. Herbig, München 2000, ISBN 3-7766-2161-3.
  • Ferdinand Runkel: Geschichte der Freimaurerei. 3 Bände. Hobbing, Berlin 1932, (Auch Nachdruck: Mit einem aktuellen Nachwort von Peter Broers: Edition Lempertz, Königswinter 2006, ISBN 3-933070-96-1).
  • Hermann Schüttler: Zum Verhältnis von Ideologie, Organisation und Auswanderungsplänen im System der Strikten Observanz. In: Monika Neugebauer-Wölk, Richard Saage (Hrsg.): Die Politisierung des Utopischen im 18. Jahrhundert. Vom utopischen Systementwurf zum Zeitalter der Revolution. Niemeyer, Tübingen 1996, ISBN 3-484-81004-1, (Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung 4), S. 143–168.

Siehe auch

Persönlichkeiten in der Strikten Observanz

Links


Literaturnachweise

  1. Reinhold Taute. Der Wilhelmsbader Konvent und der Zusammenbruch der Strikten Observanz. Nach Originalakten und zuverlässigen Quellen dargestellt. Reprint 1909. 2. Auflage. Giovanni Grippo Verlag. Oberursel 2021.
  2. Giovanni Grippo. Der Wilhelmsbader Konvent und seine Auswirkung auf die europäische Freimaurerei. 1. überarbeitete Auflage. Oberursel 2021.