Karl Gotthelf von Hund und Altengrotkau

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Hund, Karl Gotthelf

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)

Reichsfreiherr von Hund und Altengrotkau, * 1722, † 8. November 1776 in Meiningen, stammte aus einem schlesischen Geschlecht, das sich bis zum Jahre 1300 verfolgen läßt.
Sein Vater war Kursächsischer Kammerherr und Großgrundbesitzer. Karl Gotthelf Hund studierte von 1737-1739 in Leipzig, ging dann auf Reisen. Der Tod der von ihm verehrten Tochter seines Vormundes, Caspar Heinrich von Rodewitz, ging ihm derart zu Herzen, daß er völlig Zusammenbrach und den Beschluß faßte, nie zu heiraten. In Paris soll er unter dem Einfluß einer vornehmen Dame zum Katholizismus übergetreten sein.

Anläßlich der Kaiserkrönung Karls VII. in Frankfurt a. M. (1741) dort anwesend, soll er in den Freimaurerbund aufgenommen worden sein. 1743 leitete er in Paris eine Loge und fungierte am 25. August 1743 bei Einsetzung einer solchen als Erster Aufseher.
Sein ganzes Leben ist von Freimaurerei und der von ihm begründeten Strikten Observanz erfüllt. Diesem Zwecke opferte er alles, Zeit, Geld und Grundbesitz, 1776 reiste er, obzwar schon krank, nach Meiningen, um den regierenden Herzog Friedrich August der Strikten Observanz zuzuführen. Gleich nachher wurde er bettlägerig und starb an einer "hitzigen Krankheit". Er wurde im vollen Heermeisterornate in der Stadtkirche von Mellrichstadt (Unterfranken) beigesetzt. Am Finger trug er den goldenen Heermeisterring mit den Initialen N. V. I. O., d. i. ,nulla vi invertitur ordo' ("Durch keine Gewalt kann der Orden gestürzt werden").

Hund erklärte 1754 am Hofe des Prätendenten Karl Eduard Stuard (s.d.) von einem mysteriösen Ritter "a penna rubra" ("Von der roten Feder") in Gegenwart von Lord William Kilmarnock und Lord Clifford, zweier Anhänger des Prätendenten, die Weihen als Ritter des alten, in Schottland angeblich fortlebenden Templerordens empfangen zu haben und zum Heermeister (Provinzial-Großmeister) der VII. Ordensprovinz" (Deutschland) ernannt worden zu sein. Er sei diesem auch vorgestellt worden, der in der Folge den Eingeweihten als der höchste geheime Obere des Ordens, als der Oberste Großmeister und Träger der auf ihn überkommenen Templertradition, galt.

Als Beweis für diese, vielfach als unwahr bezeichneten Angaben legte Hund später ein genanntes Heermeisterpatent vor, durch das er auf einem bis heute nicht entzifferten chiffrierten Dokument als Heermeister von Deutschland bezeichnet und eingesetzt worden sein wollte. Nach Deutschland zurückgekehrt, begann Hund mit dem ihm befreundeten C. G. Marschall von Bieberstein auf seinen Besitzungen nach Pariser Muster zu arbeiten. Marschall von Bieberstein errichtete in Naumburg die Schottenloge "Zu den drei Hämmern", Hund in seinem Schlosse zu Kittlitz die später auf das Gut Unwürde in der Lausitz verlegte Loge "Zu den drei Säulen".

Man nährte die in Frankreich erdachte Fabel, daß die Freimaurerei in Wirklichkeit von dem Tempelherrenorden abstamme, als dessen geheime Fortsetzung aus dessen Trümmern errichtet worden sei, gab sich dem irrigen Bewußtsein hin Träger der hohen Sendung zu sein, den "Tempel" wieder in hellem Glanz erstrahlen zu lassen. Die Mitglieder der Logen gaben sich klingende Ordensnamen. Hund selbst führte in den Annalen seines Templerordens den Namen Carolus eques ab Ense oder Chevalier de l'epée. 1755 gab Hund dieser Gemeinschaft von Tempelrittern einen Operationsplan. Es sollten möglichst viele Personen hohen Standes herangezogen werden, außerdem wurde auch ein Finanzplan (ökonomischer Plan) entworfen, da der Orden bis dahin nur von den persönlichen Einkünften Hunds lebte. Strenger Gehorsam war Grundbedingung des Systems daher auch der Name:

Strikte Observanz

Es wurde eine eigene Ordenstracht festgelegt, die auf einem über weißwollenem Unterkleid getragenen weißen Mantel das rote Templerkreuz zeigte; als Uniform galt ein purpurroter Waffenrock mit neun kleinen, goldgestickten Schleifen und blauer Weste. Das von den angeblichen S. I. (Superiores Incogniti, Unbekannte Obere) geleitete System umfaßte die drei Johannisgrade, den Schottengrad und den Inneren Orient (I. O.). Letzterer hatte zwei Stufen: Novize und Rittergrad (Eques) (s. d.). Dazu kam etwa 1770, nicht allgemein anerkannt, der (rein katholische) Eques professus. Deutschland an der Elbe und Oder, einschließlich Dänemarks, Schwedens und Kurlands (Germania inferior) bildete die VII., Deutschland an der Donau, am Po und Tiber (Germania superior) die VIII. Provinz.
Ganz Europa gliederte sich auf dem Papier in neun derartigen Provinzen, fünf waren tätig, davon drei in Frankreich (V. Burgund [umfaßte auch die Schweiz], VI. Albernia, VII. Occitania).

Der Aufzunehmende, zu "Rektifizierende", hatte eine "Obödienzakte" zu unterzeichnen und unterzog sich Einweihungszeremonien, die denen der alten Ritterorden nachgeahmt waren. Der Siebenjährige Krieg brachte Hund und seine Freunde auf andere Gedanken, zumal Hund wiederholt von seinen Besitzungen fliehen mußte. Daß die Strikte Observanz nach dem Kriege wieder auflebte, verdankte sie mehreren merkwürdigen Persönlichkeiten. In Berlin hatten französische kriegsgefangene Offiziere eine eigene Freimaurerei, das sogenannte Clermontsche System, man darf wohl sagen, erfunden. Zum Vorkämpfer dieses Systems machte sich ein entgleister protestantischer Pastor, der ehemalige Konsistorialrat Philipp Samuel Rosa, der in Deutschland an mehreren Orten Kapitel gründete.

Der Hochstapler Johnson

Mit Rosa machte gemeinsame Sache ein gewisser Johann Samuel Leucht, einer der genialen Gauner des 18. Jahrhunderts, denen durch die Leichtgläubigkeit besonders der hohen adeligen Kreise ihre Wirksamkeit sehr erleichtert wurde. Leucht stellte sich 1763 in Jena als Georg Friedrich von Johnson-Fünen vor, gab vor, schottischer Edelmann und Großprior des wahren Ordens der Templerritter zu sein, der beauftragt sei, den schwindlerischen Ordenssystemen in Deutschland ein Ende zu bereiten.

Mit einer entwaffnenden Frechheit ausgestattet, brachte er nicht nur die Jenenser Freimaurer hinter sich, er "entlarvte" auch Rosa, der sich ihm unterwarf. Johnson verkündete nun, der Orden verfüge über ungeheure Geldmittel, er habe eine große geheime Armee, die sich zu einem Feldzuge gegen Cypern vorbereite. Nebenbei machte er Gold und lebte auf Kosten der ihm blind gefügigen Logenbrüder. Es ist bezeichnend für den Geist der Zeit, mit welch plumpen Mitteln Johnson seine Leute zu fesseln verstand. Hund sah in ihm entweder einen "gefährlichen Konkurrenten" den er sich gewinnen mußte, oder aber, was wahrscheinlicher ist, er war ebenso schwachsinnig wie die anderen und ging Johnson ins Garn. Auf einem Konvent zu Altenberge (s. Konvente), einem Gute bei Weimar, sollte nun die Begegnung der Templerpotentaten, H. und Johnson, stattfinden. Johnson ließ seine Templer in Altenberge tüchtig exerzieren, ließ sie bei Nacht alarmieren und durch die Thüringer Wälder reiten. Am 26. Mai 1746 erschien endlich Hund in Altenberge.

Er huldigte kniend dem Johnson, der ihn darauf feierlich als Heermeister investierte. Nicht genug daran, bot er dem Orden ein Rittergut zum Kaufe an, um die immer mehr wachsenden Kosten des Ordens zu decken. Das vereinbarte Kaufgeld hat Hund niemals zu sehen bekommen. Aber es wurden in Altenberge noch andere große Finanzpläne geschmiedet; jeder Novize sollte sein gesamtes Allodialvermögen dem Orden hinterlassen, sich zu Adjutantendiensten verpflichten usw. Auch eine Besteuerung aller Ritter zugunsten der Ordenskasse wurde beschlossen. Da wurden schließlich diese traurigen Ritter stutzig. Sie weihten Hund in Einzelheiten aus dem Leben Johnsons ein, so daß Hund endlich dahinter kam, daß er es mit einem "formellen Filou" zu tun habe. Einer Forderung auf Degen und Pistolen entzog sich Johnson durch die Flucht. Er trieb sich dann lange Zeit unstet umher, seine Glorie war verblaßt, 1760 wurde er in Alsleben, Anhalt, von preußischen Soldaten verhaftet und an Weimar ausgeliefert. Geheimrat Fritsch ließ ihn auf die Wartburg bringen, wo er das Zimmer Luthers bewohnte und in Gefangenschaft bis zum Jahre 1775 auf Kosten des Ordens lebte, der die Verpflegungsgebühren für ihn zu bezahlen hatte.

Hund war nunmehr der Alleinherr. Er veranstaltete Konvente und hielt für den Orden einen "Geschäftsreisenden", den über aus eifrig um die Sache bemühten Landwirt und Kriegslieferanten Johann Christian Schubart, Edler von Kleefelde (Eques a struthione), der als Delegatus in Europa umherreiste, um das Templersystem zu verbreiten. Er hatte auch großen Erfolg, wenn er dabei auch nicht immer uneigennützig vorging. U. a. führte er dem Orden Johann Joachim Bode zu. Zahlreiche Logen schlossen sich, geblendet vom "Rittertum", der Strikten Observanz an, die unter der Maske von Freimaurern die Vernichtung der echten Freimaurerei betrieb. Eine große Zahl deutscher Fürsten schwor dem Orden, dem "Unbekannten Oberen" und Hund Treue und Gehorsam.

Auch v. Zinnendorf und mit ihm die Logen der Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln" und diese selbst ging vorübergehend zur Strikten Observanz über, bis er sich im November 1766 dann zwecks Einführung des Schwedischen Systems in Deutschland wieder lossagte. Auch sonst bekam das System neuerlich schwere Konkurrenz.

Das Klerikat

Es war der Gedanke aufgetaucht, nicht die Ritter des Tempelherrenordens seien im Besitze der wahren Templergeheimnisse (Magie und Alchimie!) gewesen, sondern ein geistlicher Zweig, die Kleriker. Ein Schwärmer wie Hund, der protestantische Theologe (aber heimliche Katholik), Freiherr Johann August von Starck wurde 1766 der Prophet dieser neuen Heilslehre und machte daraus ein neues, geistlichen Orden nachgebildetes Hochgradsystem, das Klerikale System, dessen Brr. die Fratres Clerisi Ordinis Templariorum waren, auch Klerikat genannt, mit katholisierenden Tendenzen. Hund, immer auf der Suche nach neuen Geheimnissen, strebte nach Verbindung mit Starck der sich bereit erklärte, sich mit dem "weltlichen Zweig' zusammenzuschlieffen, aber die Kleriker den Logen der Strikten Observanz übergeordnet wissen wollte. Vermittler waren geb. Ernst Werner von Raven und Freiherr v. Prangen. Aber die Ritterschaft war unsicher geworden. 1771 wurde der Herzog Ferdinand von Braunschweig für das System gewonnen. Auf dem Konvent zu Kohlo (s. Konvente) vom 4. bis 24. Juni 1772 erschien wohl H. noch in vollem Glanze.

Dort vollzog sich auch der formelle Anschluß der Kleriker. Aber sein Stern war im Sinken. Man wählte den Herzog Ferdinand von Braunschweig, der ein Jahr zuvor als Eques a Victoria beigetreten war, zum Magnue superior Ordinis per Germaniam inferiorem, Großmeister aller vereinigten Logen der VII. Provinz, und Großmeister aller vereinigten Schottenlogen. H. legte neuerlich sein Heermeisterpatent vor, das trotz der Chiffren als befriedigend und beweiskräftig angenommen wurde. Er blieb Heermeister über die Logen in Ober- und Niedersachsen, Dänemark und Kurland und Leiter der Zeremonie und des Titelwesens. Dagegen zog sich Freiherr v. Starck, dem es nicht gelungen war, an die Spitze der Strikten Observanz zu gelangen, allmählich zurück.

Das System hatte seinen Höhepunkt erreicht. 26 deutsche Fürsten gehörten ihm an, als H. in feierlichem Zuge am 22. Mai 1775 vor seinen in Rittertracht erschienenen Brr. zum Konvent im Ordenshause zu Braunschweig zog. Zweifel an der Echtheit seiner Urkunden, die er unter Tränen verteidigte wurden jedoch abermals laut. Er schilderte auf Verlangen aller Präfekturen, wie er in Paris geweiht worden sei, weigerte sich aber, sein Gelöbnis zu brechen, den Namen des "Ritters von der roten Feder" zu nennen. Man ließ ihn dann wohl nicht fallen, aber man war unzufrieden und dachte an eine Reform der durch ihn verbildeten Freimaurerei, und stellte ihn in allen Ehren kalt.

Gugomos

H. nahm an dem Konvent von Wiesbaden (s. Konvente) nicht mehr teil, zu dem die Ladung 1776 von einem Mann ergangen war, der sich dann ebenfalls als übler Scharlatan entpuppte, dem Freiherrn von Gugomos, der Kammerjunker des Markgrafen von Baden gewesen war und nach dem Konvent von Braunschweig die Prinzen Georg und Ludwig von Hessen-Darmstadt auf einer Reise nach Frankreich und Italien begleitete, die Studien über den wahren Zweck der Freimaurerei galt. Zur Begründung der Notwendigkeit des von ihm einberufenen Kongresses erklärte er, er sei nach Braunschweig gekommen, um zu ergründen, ob unter den Anwesenden wirkliche Angehörige des Ordens seien. Seine geheimen Zeichen seien jedoch nicht verstanden worden.

Er aber sei in fernen Landen zum wahren Tempelherrn geweiht worden, um das deutsche Volk zu retten, das se viel Gutes in der Seele besitze und gerne auf Vollendung hinarbeite. Auf dem Konvent zeigte er eine vom "heiligen Ordensstuhl von Cypern ausgestellte Vollmacht und andere Urkunden vor, die beweisen sollten, daß man sich mit den bisherigen Versuchen, den Tempelherrenorden wiederherzustellen, auf einem falschen Weg befunden habe. Die volle Belehrung in den höheren Wissenschaften (d. h. der Alchimie), konnte niemals von Strikten Observanz, sondern nur vom wahren Haupt auf Cypern kommen, das auf einem gefälschten "Commissorium als "Wilhelmus Albanus Gregorius, Supremus M. T. A. figurierte, und nur in einem "Adytum sacrum" (s. d.) gegeben werden, das erst gebaut werden müsse.

Der Konvent zeigte das Bild völliger Verwirrung. Manche hielten Gugomos vom Anfang an für einen Schwindler, andere ließen sich gegen teures Geld einweihen; der Zweifler wurden aber immer mehr, als Gugomos nur zwei Aufgenommenen den Plan des Adytum mitteilen und dann nach Cypern reisen wollte, um die notwendigen Geschirre zu holen. Als der Konvent geschlossen wurde, war der Schwindel den meisten offenbar geworden.

H. starb zwei Monate später. Nach seinem Tode brach Konkurs über seinen Nachlaß aus seine Mobilien wurden öffentlich versteigert, sein letztes Gut, Lipsa, kam an den Grafen v. Röder.

Das Ende der Strikten Observanz

Das System überlebte den Stifter nicht lange. Herzog Ferdinand von Braunschweig erklärte das Amt des Ordensgroßmeisters so lange verwalten zu wollen, bis der wirkliche Obere Großmeister bekanntgemacht und sich legitimiert habe. Im Nachlaß H.s fanden sich keine Andeutungen darüber, ausgenommen, daß dieser tatsächlich an die Ordensmeisterschaft des Prätendenten Karl Eduard glaubte. Dieser aber erklärte v. Wächter (s. d.) in Florenz, er sei nicht der Ordensmeister, wisse von diesem nichts und gehöre dem Freimaurerbund überhaupt nicht an. Was ihn aber nicht hinderte, später dennoch als Großmeister des Hohen Ordens vom Logentempel aufzutreten, den Herzog von Ostgotland zu seinem Statthalter für die Ritter- und Freimaurerlogen des Nordens zu ernennen und 1783 König Gustav III. von Schweden (s. d.) zum Koadjutor und Nachfolger im Großmeistertum des Freimaurerordens für alle Logen im Norden zu nominieren.

Zunächst bewarb sich nach dem Tode H.s der Ordensmeister des Schwedischen Kapitels, Herzog Karl von Södermanland (der spätere König Karl XIII.) der Bruder des Königs Gustavs III., um das erledigte Heermeisteramt. Man beschloß, trotz vieler Bedenken, der Bestellung zuzustimmen, wenn der Herzog die Zinnendorf erteilte Bewilligung zur Gründung der Berliner Großen Landesloge zurückziehe, die sich als unliebsame Konkurrenz geltend machte. Die Schwedische Großloge gab eine befriedigende Erklärung ab, worauf 1777 nach einer Zusammenkunft in Hamburg ein Vereinigungsvorschlag der Schwedischen Großloge mit dem Oberdirektorium der Strikten Observanz vom Herzog Ferdinand genehmigt, und durch ein Schreiben des Herzogs von Södermanland, als Großmeister der schwedischen Freimaurer, unterstützt wurde.

Der Vorschlag wurde auf dem Konvent von Wolfenbüttel (1778) angenommen und die Wahl des Herzogs vollzogen. Da aber eine Vereinigung mit der Schwedischen Großloge unter dem fremden Prinzen als Heermeister der Strikten Observanz auch sonst nicht mehr holden Großen National-Mutterloge in den preußischen Staaten, genannt "Zu den drei Weltkugeln", wegen der sich daraus ergebenden politischen Folgerungen untragbar erschien, und diese 1779 den Beschluß faßte, die Hochgrade des v. Hundschen Systems nicht mehr zu bearbeiten, ferner die dänischen Logen feierlich gegen die Wahl des Herzogs protestierten, und in Schweden selbst Bedenken auftauchten, wurde der Vereinigungsvertrag durch einen Freundschaftsvertrag auf Gegenseitigkeit ersetzt, wobei aber Herzog Karl endgültig Heermeister der VII. Provinz wurde.

Die Folge war allgemeine Verwirrung. Herzog Ferdinand von Braunschweig berief für September 1780 einen allgemeinen Freimaurerkonvent aller Großlogen ein, um eine Rettung zu versuchen. Dieser sollte die Fragen des Ursprungs des Ordens und der vermeintlichen Oberen zu lösen verauchen. Der Herzog von Södermanland untersagte als Heermeister die Abhaltung der Tagung. Braunschweig hielt am Gedanken fest, worauf Herzog Karl das Heermeisteramt niederlegte. Der Konvent trat schließlich am 16. Juli 1782 in Wilhelmsbad (s. d.) zusammen. Er bedeutete für die Strikte Observanz den Todesstoß. Das Märchen von der Abstammung vom Templerorden wurde fallen gelassen. An Stelle des bisherigen Systems wurde aber die Johannisgrade das sog. "rektifizierte System" der "Ritter der Wohltätigkeit" (s. d.) gesetzt. (Vergl. Albin Freiherr von Reitzenstein Die Strikte Observanz", Berlin, dessen Darstellung wir teilweise folgen.)

H., dessen Charakterbild schwankt, wird mitunter als betrogener Betrüger hingestellt. Das war er sicher nicht. Er war vielmehr eine pathologisch leichtgläubige Persönlichkeit mit großem Geltungsbedürfnis. Wahrscheinlich hat er den Zauber, der ihm in Paris vorgemacht worden war — falls er überhaupt dort aufgenommen wurde geglaubt und ehrlich danach gehandelt - Durch seine Tätigkeit hat er der Freimaurerei unermeßlichen Schaden bereitet. Er hat sie vollkommen von ihrer natürlichen Entwicklung abgezogen. Der Name der Strikten Observanz, die Märchen von den Geheimen Oberen gehen auf seine kindliche Erfindungsgabe zurück. Die Forderungen des unbedingtes Gehorsams, "ohne zu ergründen, warum dieses geschehen, jenes unterbleiben soll", die gesamte Korrespondenz von den Oberen kontrollieren zu lassen und die auferlegten Strafen willig und ohne Widerrede auf sich zu nehmen, hat dem System den Namen gegeben. Sie hat aber auch in der Nachwelt die Vorstellung einer geheimnisvollen, von einer zentralen Oberbehörde geleiteten Maurerei erweckt.

Und so ist die Person eines vor dem Richterstuhle der Psychiatrie sicherlich als schwachsinnig zu bezeichnenden Menschen wieder einmal einer geistigen Bewegung als dauernde Belastung geblieben.

Siehe auch