Memphis und Misraim
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Memphis und Misraim
Memphis-Ritus
Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)
(frz. Rite de Memphis) auch Ägyptischer Ritus genannt, Hochgradsystem, entstand als Konkurrenzsystem gegen den Misraim-Ritus und gehört wie dieser zum Kapitel der maurerischen Verirrungen.
Er nannte sich "Orientalischer Freimaurerorden von Memphis" und wurde von einem Abenteurer namens Samuel Honis aus Kairo 1814 in Frankreich propagiert. Nach einer Darstellung, die freie Erfindung war, ging der Orden auf den "Alten und Primitiven Ritus von Memphis" ("Dionysische Mysterien") zurück, der um 1060 v. Chr. von griechischen Eingeweihten nach Kleinasien gebracht worden sei. Zu Beginn der christlichen Zeitrechnung hatte der vom heiligen Markus zum Christentum bekehrte ägyptische Weise Ormus die Mysterien der ägyptischen Priester mit denen des Neuen Gesetzes vereinigt und den Rosenkreuzergrad begründet. Diese Vereinigung sei bis zu den Kreuzzügen die Bewahrerin der altägyptischen Maurerweisheit geblieben. Englische Kreuzfahrer, die "Ritter von Palästina" hätten dann den Orden nach Schottland gebracht und eine Großloge von Edinburgh gegründet, die Wiege der neuen Maurerei.
1815 stiftete Honis mit Baron Dumas Marquis de Laroque, Gabriel-Mathieu Marconis de Negre u. a. in Mont Auban (Departement Tarn) eine Loge "Les disciples de Memphis", deren Großmeister (Groß-Hierophant) Marconis wurde. Diese Bauhütte lebte aber kaum ein Jahr und wurde erst 1838 wieder erweckt, worauf es zur Gründung einer Großloge "Osiris" in Paris kam, an deren Spitze als Groß-Hierophant ("Großmeister des Lichts, heiliger Depositar der Überlieferungen, "höchster Auserwählter des heiligen Vorhangs") Jacques-Etienne Marconis (Sohn) trat, ein Mann, der sich mit den alten griechischen und ägyptischen Mysterien eingehend beschäftigt hatte und mancherlei zu schreiben wußte (z. B. "Rameau d'Or d'Eleusis", 1861).
95 Grade
Das neue, von ihm ausgebaute Monster-System hatte 95 Grade, die teilweise stark von orientalischer Mystik durchsetzt waren. Von dem höchsten Sanktuarium, einem neunköpfigen Obersten Rat, der "Mystischer Tempel" hieß, sollte alles Licht, alle Lehre ausgehen- in seinem "Heiligtum", so wurde gesagt, "befände sich auch die ehrwürdige Lade der Überlieferung, der Altar der höchsten Gelöbnisse und die "Geheimnisse aller Grade". Der Ritus gewann bald Anhänger in mehreren Ländern, stellte aber infolge polizeilicher Verfügung 1841 seine Arbeit ein.
Groß-Hierophant
Der Groß-Hierophant Marconis, der für sich selbst, bezw. seine Würde einen eigenen Grad geschaffen hatte, arbeitete aber unermüdlich an der Wiederherstellung des Ordens. Im Jahre 1848 begann dann die Tätigkeit aufs neue (Kapitelloge "Les Sectateurs de Menes" in Paris), die Zahl der Grade wurde auf 92 erhöht. Den Statuten nach sollten diese Grade streng nach Verdienst und Eifer unentgeltlich verliehen werden. Marconis hielt sich aber nicht an diese Bestimmungen und zog Großen Gewinn aus der Graderteilung.
1851 wurde der Orden abermals verboten, in Frankreich eingeschläfert, dafür in England etabliert und 1853 auch in Paris wieder eingesetzt.
Bald gab es mehr als ein Dutzend Unterabteilungen in mehreren Ländern. 1856 und 1860 erfolgte eine neuerliche Reorganisation. Die Grade wurden auf 97 erhöht, dann wiederholt reduziert und abermals erhöht. In den folgenden Jahren erfolgte eine Angliederung an den Grand Orient de France, der die Mitglieder des M.-R. regularisierte, ohne dessen Grade anzuerkennen. Marconus entsagte formell allen seinen Rechten und übertrug diese auf den Grand Orient.
Eine Zeitlang fand dann der Ritus in Amerika durch Harry J. Seymour, in England durch John Yarker Verbreitung. Mancherorts erfolgte Verschmelzung mit dem Misraim-Ritus.
Memphis- und Misraim-Ritus
Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)
Durch Erlaß vom 28. April 1876 wurde von John Yarker der Misraim-Ritus in England dem 1872 gegründeten Souveränen Sanktuarium für Großbritannien und Irland des Memphis-Ritus angegliedert. Der Misraim-Ritus bildete zwar eine selbständige Organisation innerhalb des Sanktuariums; seine Grade wurden aber (historisch) nur den Trägern der Memphis-Grade erteilt.
Als die Organisation Yarkers 1902 ein Patent für ein Sanktuarium erteilte, das sich "Orden der Alten Freimaurer vom Memphis- und Misraim-Ritus von Deutschland" nannte, wurden von dessen "Generalgroßmeister" Reuss die zwei Riten nach einiger Zeit wieder förmlich getrennt. Sie waren auch schon vorher nicht zusammen bearbeitet worden, es ist daher nicht korrekt, von einem Memphis- und Misraim-Ritus zu sprechen, wie dies oft geschieht.
Memphis-Misraïm-Ritus bei Wikipedia
Quelle: Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Memphis-Misraim-Ritus
Der Memphis-Misraïm-Ritus, auch Alter und Primitiver Ritus von Memphis-Misraïm oder kurz ägyptische Maurerei, beschreibt ein „irreguläres“ freimaurerisches Hochgradsystem. Bis 1881 arbeiteten der Memphis- und der Misraïm-Ritus separat. Ihre Vereinigung ist auf Bestreben von Giuseppe Garibaldi zurückzuführen.
Misraïm-Ritus
Der 1805 in Venedig begründete Misraïm-Ritus beinhaltete ein komplexes System aus 90 Graden. Damals suchte man den wahren Ursprung der Freimaurerei in den ägyptischen Mysterien. James Andersons Werk The Constitutions of the Free-Masons enthält neben den Pflichten eines Freimaurers eine ideelle Geschichte der Freimaurerei, in der er die Freimaurerei in Beziehung mit den ägyptischen Pyramiden setzt und betont, dass bei ihrer Errichtung viele Logen emporgekommen seien. Wichtige Impulse gingen in der Anfangszeit ebenfalls von Giuseppe Balsamos 1775 gegründeter ägyptischer Freimaurerei aus, die sowohl Männer wie Frauen zuließ. Durch sie verbreitete sich sein alchemistisch und magisch geprägtes Gradsystem.
Der Ritus konnte rasch in Städten wie Mailand, Genua und Neapel Fuß fassen. Um 1788 führte Cagliostro Luigi d’Aquino, den Großmeister der neapolitanischen Maurerei, in den Ritus ein. In der Folge verstärkte sich der templerische Gedanke und führte zur Ausgrenzung der ägyptischen Komponenten. Um 1803 bis 1805 wurden die Brüder Joseph Marc und Michél Bédarride in den Misraïm initiiert, die großen Anteil an seiner Weiterentwicklung hatten. Zu jener Zeit sah man sich als Nachfolger der Ritter Jerusalems und der Rosenkreuzer. In den folgenden Jahren wurde der Misraïm-Ritus für Jakobiner und Carbonari interessant, da sich in ihm antiklerikale und antimonarchische Tendenzen gebildet hatten. Dies führte unter anderem um 1817 zu seinem Verbot und bis 1881 zu einem rapiden Mitgliederaustritt.
Memphis-Ritus
Napoleons Ägyptenexpedition (1798–1801) verursachte ein großes Interesse der Gebildeten des 19. Jahrhunderts in Europa an der altägyptischen Kultur. Der 1814 durch den Abenteurer Samuel Honis aus Kairo in Frankreich propagierte Memphis-Ritus oder auch Orientalische Freimaurerorden von Memphis mit seinen 95 Graden ist ein Ausdruck davon. Die 95 Grade wurden in drei Orden mit jeweils 30 Graden unterteilt. Die letzten fünf galten administrativen Zwecken. Im ersten Orden standen die Morallehren, Bedeutungen der Symbole, Lehre über die Humanität und der Wissenschaft über die Natur im Mittelpunkt.
In den ersten Orden wurden dabei nur Freimaurer mit abgeschlossenen Meistergrad aufgenommen. Man betrachtete die blaue Johannisfreimaurerei als Teil des ersten Ordens im Misraïm-Ritus. Im zweiten Orden wurden Philosophie und Geschichte des Ordens vertieft. Es wurden die antiken Mythen und die indische Philosophie miteinbezogen. Der dritte Orden widmete sich ausschließlich der höheren Philosophie. Man sprach hier allgemein von der Wiederherstellung des Feuers und der großen Offenbarung des Lichts (Erleuchtung).
Unter den Expeditionsteilnehmern fanden sich viele Anhänger freimaurerischer Vereinigungen, was zur damaligen Zeit keine Seltenheit war. Nach ihrer Rückkehr beschloss man, eine von der englischen Mutterloge unabhängige Obödienz aufzubauen. 1835 konstituierte sich der Memphis-Ritus unter Jacques Etienne Marconis de Nègre als Gegenstück zum Misraïm.
In ihn flossen Teile der ägyptischen und alchemistischen Mythologie sowie auch templerische Elemente ein. Unter der Amtszeit Ludwig Philipps wurde die Arbeit des Ritus von 1841 bis 1848 stillgelegt. Ab 1856 fasste der Memphis-Ritus auch in den USA Fuß. Ähnlich wie im Misraïm, fand man auch hier revolutionäre Kräfte in den Logen. Mit dem Sturz der Pariser Kommune im Jahr 1871 kam es auch hier zu einem Mitgliederschwund der Logen in Frankreich.
Die Zusammenführung
1881 wurde der italienische Freiheitskämpfer Giuseppe Garibaldi Großmeister beider Obödienzien. Durch ihn wurden letztlich beide Hochgrad-Systeme aufeinander abgestimmt und zusammengeführt. Bereits 1872 kam es zur Gründung einer Souveränen Großloge des Memphis und Misraïm-Ritus durch den Freimaurer John Yarker.
Am 24. September 1902 konstituierte sich die deutsche Großloge des Memphis-Misraïm Ritus aus der sich kurze Zeit später der OTO abspaltete. Die Gründungsmitglieder des deutschen Memphis-Misraïm waren Theodor Reuss, Heinrich Klein und Franz Hartmann.
Der Begründer der Anthroposophie, Rudolf Steiner, wird am 15. Juni 1907 zum amtierenden General-Großmeister des Ritus ernannt. Mit Beginn des 1. Weltkrieges löste Steiner den Memphis-Misraïm Ritus 1914 in Deutschland auf. Auch heutzutage wird der Ritus in Deutschland nicht mehr bearbeitet.
Weltweit gibt es nach dem Handbuch der Freimaurerei der Forschungsgruppe Alpina Lausanne aus dem Jahr 2002 etwa 7000 Mitglieder, die sich auf Länder wie Frankreich, Belgien, Niederlande, Schweiz, Kanada, Argentinien, Chile, Bolivien, Venezuela und Australien verteilen.
Siehe auch
Links
- Memphis-Misraim The International Sovereign Sanctuary — International Coordination of The Ancient and Primitive Rite of Memphis-Misraïm
Zu Reuss und Steiner
- Vertrag zwischen Theodor Reuß und Rudolf Steiner über die Aufnahme Steiners in die Yarker- Freimaurerei Quelle: Steiner, Rudolf; Zur Geschichte und aus den Inhalten der erkenntniskultischen Abteilung der Esoterischen Schule 1904 - 1914; Hrsg. Hella Wiesberger. Dornach/Schweiz 1987 (GA 265) Seite 82f
- Auf der gleichen Seite: Öffentliche Ernennung Rudolf Steiners zum Generalgroßmeister des Ägyptischen Ritus von Misraim in Deutschland.
Dokumente
- Das Blavatsky-Patent http://web.archive.org/web/20060714180503/members.aol.com/dilloo/Blavapatent.html Quelle: H.P. Blavatsky, Collected Writings 1874-1878, Volume One, The Theosophical Press, Wheaton Ill, USA 1966 S. 305